»Nächstens mehr.«

Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Dinge

Beitrag oben halten

„Wir suchen über­all das Unbe­ding­te, und fin­den immer nur Dinge.“
—Nova­lis, Blüt­hen­staub (1798), § 1

Regen

War­um fällt jetzt die­ser Regen? Arno Schmidt, Zet­tel 10505 zu „Julia“

Arno Schmidt, Zet­tel 10505 zu „Julia“

Technologieerfahrung

Dou­glas Adams hat eine gute Faust­re­gel für die Reak­ti­on auf neue Technik/​Technologien auf­ge­stellt, wie ich gera­de lernte:

I’ve come up with a set of rules that descri­be our reac­tions to technologies:
1. Any­thing that is in the world when you’­re born is nor­mal and ordi­na­ry and is just a natu­ral part of the way the world works.
2. Any­thing that’s inven­ted bet­ween when you’­re fif­teen and thir­ty-five is new and exci­ting and revo­lu­tio­na­ry and you can pro­ba­b­ly get a care­er in it.
3. Any­thing inven­ted after you’­re thir­ty-five is against the natu­ral order of things.Dou­glas Adams, The Sal­mon of Doubt: Hitch­hi­king the Gala­xy One Last Time (2002)

so schrieb er in The Sal­mon of Doubt – und ich glau­be, das ist ziem­lich genau und rich­tig beob­ach­tet – das deckt sich zumin­dest mit mei­nen Erfahrungen …

nachsommer

die letz­ten war­men tage im sep­tem­ber. noch ist die son­ne nicht
über die höhen und eine dun­kel­heit streicht um die fens­ter, als ob
sie sie zu sich nach drau­ßen rie­fe: weni­ge lau­te, kei­ne vögel.

die blau­en fer­nen der schwä­bi­schen alb. es rauscht der traum
ver­wir­rend aus der tie­fe. im ers­ten mor­gen­licht die könig­stra­ße lang
und hoch zum markt, zum schwar­zen tor, vor­bei am kapu­zi­ner und

der gäns­brun­nen­gas­se, und erst am hoch­turm ruht sie auf der bank
wo sich schon ein­ge­färb­te blät­ter um die schu­he ran­ken. und
stil­le, wecke nicht, es war, als schlie­fe in der hoch­turm­gas­se noch

der geist der stadt. im kon­fek­ti­ons­haus bal­le steht die stun­de still.
geht dort ein mäd­chen durch die wald­tor­stra­ße, vor­bei am schild
von vik­tor hezin­ger fla­sch­ner, vor­bei am pflug­bräu, alte post, und

nur der grü­ne heiß­luft­bal­lon grüßt, als schwe­be er nie­mals davon.
sie schlägt den weg zjm müns­ter ein. kurz vor lau­des, kei­ne stim­men
hat sie die orgel ganz für sich allein und kann kein kreuz im mor­gen

schla­gen, aber das lech­ten­de rot der gewän­der strahlt von den
hohen kir­chen­fens­tern und schiebt sie in die lorenz­gas­se vor
zur kapel­le an die neckar­schlei­fe und weckt den lei­sen strom

von zau­ber­klän­gen, als ob die blei­chen und die müh­len sän­gen
rings von der alten schö­nen zeit. vom via­dukt ein kur­zer blick.
die letz­ten war­men tage im sep­tem­ber. es rauscht der traum

ver­wir­rend aus der tie­fe und von den vögeln tönt jetzt ein gesang
im ers­ten mor­gen­licht die könig­stra­ße lang: es ist, als ob die son­ne
sie aus ihrem innern rie­fe. sie kehrt ins zim­mer unterm dach zurück. 

Nad­ja Küchen­meis­ter (in: Unter dem Wachol­der. Frank­furt am Main: Schöff­ling 2020, S. 91.)

Heimfahrt mit dem Rad: 300 Kilometer, 2100 Höhenmeter

Die Idee trieb mich schon län­ger um: Wäre es nicht mög­lich, von Regens­burg in die Hei­mat, also nach Erbach im Oden­wald, an einem Tag mit dem Fahr­rad zu fah­ren? Ers­te Test mit Komoot und BRou­ter erga­ben: Das sind unge­fähr 300 Kilo­me­ter. Das soll­te doch mach­bar sein! Mei­ne längs­te Tages­stre­cke bis­her war 240 Kilo­me­ter lang – und von da bis 300 Kilo­me­ter sind es ja nur noch ein Katzensprung …

Also habe ich das mal ins Auge gefasst und ange­fan­gen, eine Rou­te aus­zu­ar­bei­ten. Wie bei lan­gen Stre­cken­tou­ren habe ich die Rou­te zunächst mit Bik­e­rou­ter (also BRou­ter-Web) erstellt (mit dem Renn­rad­pro­fil für mini­ma­len Ver­kehr, das hat mir bis­her immer gute Diens­te geleis­tet) und den Track danach in Komoot noch mini­mal bear­bei­tet. Vor allem bei den Orts­durch­fahr­ten, gera­de bei Dör­fern und klei­nen Städ­ten, macht BRou­ter oft etwas unnö­ti­ge Umwe­ge über Sei­ten-/Wohn­stra­ßen, wo ich die direk­te­re Durch­fahrt bevor­zu­ge. Aber viel habe ich nicht geän­dert, bevor die Stre­cke auf mei­nen Gar­min kam. Am Tag zuvor hat­te ich die groß­ar­ti­ge Idee, noch ein­mal alles zu upda­ten – und da hat Gar­min Express wohl Mist gemacht, denn trotz Erfolgs­mel­dung hat­te ich am nächs­ten Tag ein­fach über­haupt kei­ne Kar­te auf dem Gerät (abge­se­hen von der Base­map, die ja über­haupt nicht hilft für irgend­et­was). Das merk­te ich aber natür­lich erst, als ich unter­wegs war – und dann war es zu spät. Also fuhr ich den gan­zen Tag nur mit Brot­kru­men­na­vi­ga­ti­on. Das ging aber übeer­ra­schend gut: Klar, mit Kar­te ist es ange­neh­mer, vor allem an unüber­sicht­li­chen Stel­len und ver­zwick­ten Abzwei­gen. Aber mit nur weni­gen Fehl­in­ter­pre­ta­tio­nen, bei denen mich der Gar­min ja schnell auf die Stre­cken­ab­wei­chung hin­wies, habe ich den Weg auch so gut gefunden.

Dann war nur noch ein geeig­ne­ter Ter­min zu fin­den … Das es im Juni/​Juli sein soll­te, war schnell klar – ich brau­che ja einen lan­gen, hel­len Tag für so eine lan­ge Tour, um mög­lichst wenig mit Licht fah­ren zu müs­sen. Und ein Sams­tag soll­te es wer­den: Da erwar­te­te ich etwas weni­ger Ver­kehr, aber die Läden sind den­noch offen und bie­ten mir ein­fa­che Mög­lich­keit, mich unter­wegs (nach) zu ver­sor­gen, so dass ich nicht immer auf Fried­hö­fe aus­wei­chen muss.

Da ich ja „heim“ fuhr, woll­te ich mit mini­ma­lem Gepäck fah­ren und habe Klei­dung für die nächs­ten Tage per Post vor­aus­ge­schickt. So hat­te ich am Rad nur die klei­ne Sat­tel­ta­sche und eine Ober­rohr­ta­sche für zusätz­li­che Rie­gel und eine Power­bank, denn mein Gar­min (Edge 520 Plus) hält auf kei­nen Fall so lan­ge durch, ich brau­che also Strom, um unter­wegs nach­la­den zu kön­nen. Außer­dem habe ich das Varia-Rück­licht (das ich ja vor allem wegen des Radars habe) um ein klei­ne­res, star­kes Rück­licht ergänzt und ein Front­schein­wer­fer ergänzt, der unten an der Com­pu­ter­hal­tung zum Hän­gen kam.

In gewohn­ter und erprob­ter Manier habe ich dann zwei 0,75-Liter-Flaschen im Rah­men gehabt und eine zusätz­li­che Was­ser­fla­sche glei­cher Grö­ße im Tri­kot. Das Tri­kot trug außer­dem eini­ge Cliff-Bars und zusätz­lich noch etwas Gel-Vor­rat (Ham­mer­gels und Sankt Bern­hard Liquid Ener­gie Pur in den etwas gewöh­nungs­be­dürf­ti­gen Tuben).

Dann ging es also los: Der Wecker klin­gel­te um 4 Uhr, ein kur­zes Früh­stück und ein Becher Tee soll­ten schon noch sein. Die Abfahrt war dann doch erst um 4.45 Uhr und nicht wie ange­peilt 15 Minu­ten frü­her. Das war aber früh genug … Und noch rich­tig frisch drau­ßen, in kur­zer Bib und kur­zem Tri­kot. Auf den ers­ten Kilo­me­tern war ich erst ein­mal allein, nur an der Eisen­bahn­brü­cke Sin­zig arbei­te­te die Nacht­schicht an der Bau­stel­len­ein­rich­tung. Die Rou­ter führ­te mich zunächst ent­spannt von Regens­burg an der Naab ent­lang nach Etterz­hau­sen. Da ging es dann das ers­te Mal spür­bar berg­auf, in Rich­tung Undorf aus dem Naab­tal her­aus und hin­über in das Tal der Laaber. Da blieb ich aber auch nicht lang, son­dern mach­te mich auf in Rich­tung Hemau über Hohen­scham­bach. Da oben, auf der Ebe­ne, wur­de es dann ruck­ar­tig wär­mer: Die Son­ne kam über den Hori­zont und fing an, spür­bar zu wär­men. Vom Son­nen­auf­gang bekam ich aller­dings kaum etwas mit, die Son­ne war ja in mei­nem Rücken, denn mei­ne Rou­te führ­te mich ja nach Wes­ten und Nordwesten.

So peda­lier­te ich also durch die Ober­pfalz, die Orte wach­ten lang­sam auf … Und schon war es Zeit für mei­ne ers­te Pau­se. Mein Plan war, unge­fähr alle 50 Kilo­me­ter eine kur­ze Pau­se ein­zu­le­gen, wenn es sich anbot – um kurz zu ent­span­nen und den Gar­min nach­zu­la­den. Das hat genau ein­mal geklappt, beim ers­ten Mal – die zwei­te Pau­se war dann schon etwas ver­spä­tet, bei etwa 120 Kilo­me­ter. Und danach habe ich den Plan ganz auf­ge­ge­ben und eher nach Gefühl pau­siert. Also dann, wenn es mir zweck­dien­lich erschien oder wenn ich Nach­schub brauch­te. Das hat natür­lich zu ungleich­mä­ßi­gen Pau­sen geführt. Aber sei’s drum, es zwingt mich ja kei­ner zu irgend etwas. Na gut, ich mich selbst. Denn sobald ich wirk­lich unter­wegs war, gab es kaum mehr ein Zurück: Ein Abbre­chen wur­de zuneh­mend schwie­rig, je län­ger ich unter­wegs war. Gut, ich kam am Rand von Nürn­berg vor­bei, da hät­te ich auch zum Bahn­hof fah­ren kön­nen. Aber spä­ter wur­de das zuneh­mend unrea­lis­ti­scher bis unmög­lich, weil kei­ne mach­ba­ren Ver­bin­dun­gen, weder zurück zum Start noch zum Ziel, mehr an der Stre­cke erreich­bar waren. Ich war mir also selbst aus­ge­lie­fert … Zunächst hat­te ich ja auch durch­aus Zwei­fel, ob das so alles klap­pen wür­de: Die Stre­cke selbst war ja län­ger als alles, was ich bis dahin gefah­ren bin. Und kurz vor Schluss kam noch der längs­te und höchs­te Anstieg, der sich lei­der abso­lut nicht anders pla­nen ließ, irgend­wie muss­te ich ja in den Oden­wald und ins Müm­ling­tal gelan­gen. Aber irgend­wann am Nach­mit­tag ver­schwan­den die Zwei­fel zuneh­mend, gera­de jen­seits der 200-Kilo­me­ter-Mar­ke wur­de all­mäh­lich klar: Das bekom­me ich irgend­wie schon hin. Und so war es ja dann auch …

Aber so weit war ich noch nicht. Zunächst ging es wei­ter ein wenig auf und ab, ich kam gut vor­an. Zwi­schen­durch wur­de es merk­lich wär­mer – in zwei Schü­ben gegen 11 Uhr und am Nach­mit­tag, gegen 15 Uhr schien die Tem­pe­ra­tur jeweils zu sprin­gen. Aber trotz Wer­ten um 30 °C war das noch gut aus­zu­hal­ten. Nur war ich recht viel – mehr als ich erwar­te­te – in der direk­ten Son­ne unterwegs.

Zwi­schen­zeit­lich fin­gen die Rad­hand­schu­he an zu ner­ven. Nun, da ich unter­wegs war, erin­ner­te ich mich, war­um ich doch immer wie­der bevor­zugt die alten, fast aus­ein­an­der­fal­len­den benutz­te. Denn die neue­ren Exem­pla­re von Rose haben die unan­ge­neh­me Eigen­schaft, anch eini­gen Stun­den Tra­ge­zeit sich in die Zwi­schen­räu­me der Fin­ge förm­lich hin­ein­zu­fres­sen. Und zwar so, dass das durch­aus weh tut. Also bin ich über wei­te Stre­cken ab spä­ten Vor­mit­tag ohne Hand­schu­he gefah­ren. Zum Glück hat­te ich kurz vor der Tour das Len­ker­band neu gewi­ckelt. Mit dem alten, schon fast aus­ein­an­der­fal­len­den Exem­plar, wäre das nicht so ange­nehm gewe­sen. Den­noch, die Hän­de und, nicht ganz so stark, die Füße wur­den im Lau­fe der Zeit die größ­ten Schmerz­punk­te. Die Hän­de müs­sen ja viel Gewicht abstüt­zen, dass sind sie nicht so aus­dau­ernd gewöhnt. Und die Füße waren Stun­de um Stun­de in den Rad­schu­hen ein­ge­sperrt. Mit ein wenig Locke­run­gen in den Pau­sen ging das dann noch. Immer­hin mach­te mein Hin­tern mir kei­ne Pro­ble­me. Die gute und bewähr­te Me-Hose von Ever­ve sorg­te da für unpro­ble­ma­ti­sches lan­ges Sit­zen im Sattel.

Nach­mit­tags hat­te ich dann zuneh­mend und für län­ge­re Zeit Gegen­wind, meist schräg von links vor­ne. Das kam mir vor, als wür­de es gar nicht auf­hö­ren … Natür­lich war ich zu dem Zeit­punkt auch alles ande­re als frisch. Die Sprit­zig­keit und die ech­te Kraft für den Druck auf den Peda­len war sowie­so schnell weg. Ich hat­te mir im Wis­sen um die lan­ge Stre­cke vor­ge­nom­men, so lan­ge wie mög­lich mit eher mäßi­ger Kraft zu fah­ren und gera­de klei­ne­re Stei­gun­gen und Wel­len nicht ein­fach mit hohem Kraft­ein­satz weg­zu­drü­cken, son­dern bewusst her­un­ter­zu­schal­ten und die Ver­lang­sa­mung in Kauf zu neh­men. Das hat auch anschei­nend gut geklappt, denn auch nach­mit­tags und in den Abend­stun­den konn­te ich noch pro­blem­los peda­lie­ren. Ergän­zend hat­te ich immer einen Blick auf den Puls, um den nach Mög­lich­keit gar nicht erst in die obe­ren Berei­che zu trei­ben. Erfah­rungs­ge­mäß dau­ert es dann näm­lich, gera­de bei gro­ßer Wär­me, doch recht lan­ge, bis der wie­der her­un­ter geht. Das hat sicher­lich auch gehol­fen, die lan­ge Stre­cke gut durchzustehen.

So führ­te mich also mein Weg, von Regens­burg durch die Ober­pfalz vor­bei an Pars­berg und Neu­markt (wo ich mich beim Ein­gang zum Fir­men­ge­län­de von Max Bögl kurz ein wenig ver­hed­der­te) in den Süden Nürn­bergs. Die eigent­lich Stadt konn­te ich ver­mei­den, aber die Außen­be­zir­ke und dann vor allem der Hafen und das umge­ben­de Gebiet mit den mit­tel­mä­ßi­gen Rad­we­gen haben mir schon gereicht. Von Nürn­berg aus ging es west­wärts durch die Fel­der und Wie­sen, knapp an Bad Winds­heim vor­bei über die Mili­tär­stra­ßen bei dem ame­ri­ka­ni­schen Stütz­punkt in Ille­sheim nach Uffen­heim. Dort nutz­te ich die Gele­gen­heit für einen kur­zen Zwi­schen­stopp im Super­markt, frisch­te mei­ne Was­ser­vor­rä­te auf und gönn­te mir ein Eis ;-)

Wei­ter ging es durch eine Bau­stel­le (zum Glück waren die Bür­ger­stei­ge, im Gegen­satz zu der Stra­ße in Goll­ho­fen, nicht auf­ge­ris­sen) in leich­ten Bögen oder Zick-Zack-Wen­dun­gen nach Nord­wes­ten. Bei Son­der­ho­fen fiel die 200-Kilo­me­ter-Mar­ke, der Wind nerv­te so lang­sam. So gelang­te ich schon bald ins Tau­ber­tal und schlich mich an Tau­ber­bi­schofs­heim vor­bei. Die­ses Mal hat­te ich mei­ne Rou­te über König­heim und Schwein­berg geplant – aus dem Tau­ber­tal wie­der her­aus­zu­kom­men, ist immer mit gewis­sen Anstren­gun­gen ver­bun­den ;-) So auch hier, obwohl das die bes­se­re Vari­an­te schien. Denn der Anstieg ist lan­ge recht kon­stant in einer annehm­ba­ren Stei­gung, nur gegen Ende wird das mal (aber auch nur ver­hält­nis­mä­ßig kurz) deut­lich steiler.

Jetzt stieß ich auch wie­der in bekann­te Gefil­de vor. Zwi­schen Nürn­ber und Tau­ber­bi­schofs­heim bin ich ziem­lich ori­en­tie­rungs­los, auch wenn ich Tei­le der Rou­te von frü­he­ren Fahr­ten immer­hin wie­der erkann­te. Spä­tes­tens ab Hard­heim – wo ich noch ein­mal einen schnel­len Ein­kaufs­stopp ein­leg­te – hät­te ich aber auch ohne Gar­min nach Hau­se gefun­den. Dabei führ­te mich mei­ne Rou­te von Hard­heim zunächst über das Erftal nach Mil­ten­berg. Das war, gera­de jetzt, nach knapp 260 Kilo­me­tern, ein Traum: Kon­stant in leich­tem Gefäl­le auf guter Stra­ße mit wenig Ver­kehr berg­ab. Da konn­te ich tat­säch­lich mal mei­nen Schnitt etwas hoch­trei­ben. Die Rou­te über Mil­ten­berg ist zwar nicht der direk­tes­te Weg nach Amorbach,aber die Alter­na­ti­ve über Wall­dürn hat einer­seits mehr Stei­gung und ande­rer­seits vor allem deut­lich mehr Verkehr.

In Mil­ten­berg selbst muss­te ich mich dann dum­mer­wei­se mit­ten durch die Alt­stadt (und Kopf­stein­pflas­ter!) quä­len, weil die Main­stra­ße wegen Volks­fest gesperrt war. Aber auch das ging vor­über und ich war wie­der auf dem Weg Rich­tung Amor­bach. Kurz vor Amor­bach ging es dann auf die B47 und – nach einer kur­zen Ver­pfle­gungs­pau­se – hin­auf in die größ­te Stei­gung des Tages. Die ließ sich aber erwar­tungs­ge­mäß so gut fah­ren, wie ich das auf­grund der Daten erwar­te­te: Die Stei­gung ist zwar über meh­re­re Kilo­me­ter kon­stant, aber recht gleich­mä­ßig und nicht zu extrem. Mit 9–10 km/​h ließ sich das noch alles schön gemäch­lich und gleich­mä­ßig durch­ge­hend im sel­ben Gang peda­lie­rend bewäl­ti­gen. Die Autos waren auch gar nicht so schlimm, nur ein paar Motor­rad­spin­ner nerv­ten bei der ein­setz­ten­den Dun­kel­heit mit extrem dich­ten Über­ho­len und aus­ge­prägt über­höh­ten Geschwin­dig­kei­ten. Über­haupt waren die aller­meis­ten Autofahrer*innen zumin­dest bemüht, aus­rei­chend Abstand ein­zu­hal­ten – nur weni­ge haben das deut­lich unterschritten.

Irgend­wann – genau­er gesagt, nach einer knap­pen Drei­vier­tel­stun­de, war dann die Höhe von Box­brunn erreicht. Nach einer letz­ten Pau­se am Wald­rand ging es dann in den letz­ten Abschnitt. Zunächst auf der Höhe nach Eul­bach und dann geschwind hin­un­ter nach Erbach. Zum Glück war zu die­ser Uhr­zeit sehr wenig Ver­kehr, da konn­te ich wun­der­bar mei­ne Geschwin­dig­keit fah­ren. Nur ein paar weni­ge Autos kamen mir ent­ge­gen – die dach­ten sicher, da ist ein ganz schö­ner Spin­ner unter­wegs, im Dun­keln mit dem Renn­rad auf die­ser Stre­cke … Aber der Front­schein­we­fer hat sich hier gut bewährt, auch bei über 60 km/​h war das hell genug aus­gegleuch­tet. Der letz­te Kilo­me­ter in Befrie­di­gung über die voll­brach­te Tat kei­nen Abbruch mehr tun.

Die Daten:

  • 307 Kilo­me­ter
  • +2.047/-2.162 Höhen­me­ter (Gar­min hat mehr, ca. 2.400 m Anstieg)
  • 13:27:50 gefah­re­ne Zeit
  • 17:46:59 ver­stri­che­ne Zeit (also mit Pau­sen – das macht sich, obwohl ich die auf 15–20 Minu­ten beschränk­te, doch sehr bemerkbar …)
  • 3 Bun­des­län­der ;-)

Die Stre­cke:

Gefahrene Strecke von Regensburg nach Erbach, eingefärbt in gefahrener Geschwindigkeit
Gefah­re­ne Stre­cke von Regens­burg nach Erbach

Tage Alter Musik Regensburg 2025

Eini­ge weni­ge sub­jek­ti­ve und unge­ord­ne­te An- und Bemer­kun­gen zu mei­nem Besuch der Tage Alter Musik (TAM) in Regens­burg in der vier­zigs­ten Aus­ga­be an Pfings­ten 2025.

  1. Das Fes­ti­val bot wie­der eine wun­der­ba­re Viel­falt im Pro­gramm zwi­schen gewal­tig-bom­bas­tisch-pom­pö­sen Prunk­mu­si­ken und inti­men Kammermusiksettings.
  2. Mei­ne Tage waren die­ses Mal sehr katholisch ;-).
  3. Es nerv­te micht erstaun­lich stark, wenn die ange­ge­be­ne Kon­zert­dau­er so über­haupt nicht stimm­te. Ich war in eini­gen Kon­zer­ten, bei denen die Musiker*innen deut­lich über­zo­gen. Eigent­lich ist das ja zunächst mal über­haupt nicht schlimm, irgend­wie hat es mich – und auch eini­ge ande­re, mit denen ich sprach – doch ein wenig ver­stimmt. Ver­mut­lich, weil die Erwar­tungs­hal­tung dann ein­fach nicht mehr pass­te. Meis­tens war das ja auch nicht wild: 90 Minu­ten statt 70 sind ja kein Welt­un­ter­gang (son­dern mehr gute Musik!). Am Sams­tag Abend, bei Solomon’s Knot, war mit 2,5 Stun­den der Bogen aller­dings deut­lich überspannt.
  4. Die klei­ne­ren, unschein­ba­re­ren Pro­gram­me haben mir die­ses Mal durch die Bank deut­lich bes­ser gefal­len als die ganz „gro­ßen“ Acts.
  5. Vie­le Pro­gram­me spie­len mit oder ver­su­chen zumin­dest eine irgend­wie his­to­ri­sche Über­hö­hung der Musik: Ver­bo­ten, ver­ges­sen, ver­hin­dert, ver­steckt, – und dann ein­ma­lig und ganz beson­ders in der Wie­der­auf­le­bung und so wei­ter. Das wird durch die musi­ka­li­sche Sub­stanz aus mei­ner Per­spek­ti­ve nicht immer wirk­lich gedeckt, kann man aber als Wer­be­maß­nah­me auch getrost ein­fach ignorieren.
  6. His­to­ri­sche Räu­me haben oft erstaun­lich unbe­que­me Sitz­ge­le­gen­hei­ten, Bän­ke und Stüh­le glei­cher­ma­ßen. Die Kir­chen­bän­ke der Drei­ei­nig­keits­kir­che aus dem 17. Jahr­hun­dert ste­chen da beson­ders heraus.
  7. Drei Nacht­kon­zer­te hin­ter­ein­an­der mit Beginn jeweils um 22.45 Uhr sind für mich, der ich um die­se Zeit nor­ma­ler­wei­se schon schla­fe, doch anstrengend.
  8. Die Orga­ni­sa­ti­on der TAM ist sehr sou­ve­rän, die haben das alles per­fekt im Griff. Kein Wun­der, das war ja auch schon das vier­zigs­te Mal.
  9. Das Pro­gramm­heft mit 160 Sei­ten im A4-For­mat ist für mich etwas unprak­tisch und unhand­lich. Ich hät­te mir eine pdf-Ver­si­on gewünscht. Und bei so eini­gen Pro­gram­mein­füh­run­gen ein biss­chen mehr Tief­gang in ana­ly­ti­scher und musik­ge­schicht­li­cher Hin­sicht. Ich bin mir recht sicher, das Publi­kum der TAM wür­de das ver­kraf­ten. Und: Ich habe irgend­wie im Gedächt­nis, das frü­her die Pro­gramm­fol­ge auch ohne das offi­zi­el­le Pro­gramm (auf der Web­site?) zugäng­lich war. Die am Ein­gang jeweils aus­ge­teil­ten gesun­ge­nen Tex­te sind aber eine gro­ße Hilfe.
  10. Das/​Der Hathor Cons­ort mit den Sopra­nis­tin­nen Doro­thee Mields und Han­na Blaží­ko­vá mit einer Aus­wahl von Bar­ba­ra Stroz­zi, eine der weni­gen Kom­po­nis­tin­nen der Alten Musik, war ein wun­der­ba­rer Auf­takt für mich im ers­ten Nacht­kon­zert am Frei­tag. Das war ein stim­mi­ges Pro­gramm mit guter Dra­ma­tur­gie, prä­zi­se, leben­dig und sehr far­big gesun­gen war das eine gro­ße Freu­de mit (mir) unbe­kann­ter Musik.
  11. Sams­tag Nacht, im zwei­ten Nacht­kon­zert, fei­er­te der Ten­ebrae Choir Pal­estri­nas 500. Geburts­tag mit sei­ne Mis­sa Viri Gali­laei im Mit­tel­punkt. Ein sehr schö­nes und aus­ge­wo­ge­nes Pro­gramm, in dem der wun­der­bar into­nie­ren­de Ten­ebrae Choir in der schö­nen früh­go­ti­schen St. Bla­si­us kla­re Lini­en in gelas­se­ner Ruhe und klang­li­cher Schön­heit ent­fal­te­te – ein ruhi­ger, fast medi­ta­ti­ver Abschluss des Tages.
  12. Für das drit­te Nacht­kon­zert luden Cap­pel­la Pra­ten­sis und das mir schon von frü­her als famos bekann­te Soll­az­zo Ensem­ble ins Brau­haus am Schloss. Nun­ja, das Set­ting war zwar von der Idee her pas­send und nahe­lie­gend: Das Pro­gramm war eine Rekon­struk­ti­on des „Schwa­nen­mahls“ der Mari­en­gil­de in ’s‑Hertogenbosch. Aber mich hat das ein wenig gestört. Der Raum war arg über­be­legt, es war schon im Nor­mal­zu­stand kaum ein Durch­kom­men zwi­schen den Tischen. Was hier pas­siert wäre bei einem Unglück mag ich mir kaum aus­ma­len, zumal auch der ein­zi­ge Not­aus­gang mit einem Tisch zuge­stellt war (die gan­ze Bele­gung kann mei­nes Erach­tens feu­er­po­li­zei­lich nicht geneh­mi­gungs­fä­hig gewe­sen sein). Die Bedie­nun­gen haben trotz anders­lau­ten­der Ankün­di­gung im Pro­gramm noch die ers­ten 15 Minu­ten des Kon­zer­tes (das es ja doch war und auch sein soll­te!) bedient, das war sehr stö­rend. Aber die Musik! Die fünf Män­ner der Cap­pel­la Pra­ten­sis san­gen Mess­tei­le, direkt aus Fak­si­mi­les der ori­gi­na­len Quel­len (und nicht aus moder­nen Tran­skrip­tio­nen). Das heißt ja auch, dass sie alle aus einem Exem­plar san­gen, sich also dort her­um ver­sam­meln. Und das setzt natür­lich vor­aus, dass alle die his­to­ri­schen Nota­tio­nen (die ja nach heu­ti­gen Stan­dards eher rudi­men­tär sind und viel Zusatz­wis­sen um die kor­rek­te Les­art erfor­dern) genau­so beherr­schen wie die Umset­zung in Klang. Ich weiß nicht, ob das wirk­lich einen ent­schei­den­den Unter­schied macht, aber sie beherr­schen die Kunst und ihre rei­nen Stim­men auf jeden Fall bis ins letz­te Detail. Das war wirk­lich fas­zi­nie­rend in jedem Augen­blick und jedem Detail. Und zusam­men mit dem Soll­az­zo Ensem­ble erge­ben sich noch zusätz­li­che wun­der­ba­re Farb­kom­bi­na­tio­nen, die auch sehr inten­siv und direkt mit­ein­an­der agie­ren. Das gilt natür­lich gnaz beson­ders, wenn sie so etwas wie Scherz­cou­plets mit schlüpf­ri­gen Andeu­tun­gen auf­füh­ren. Ein wirk­lich wun­der­ba­rer Aus­flug ins 15. und 16. Jahr­hun­dert, der mich sehr entzückte!
  13. Mei­ne Skep­sis gegen­über Rekon­struk­tio­nen ver­lo­ren gegan­ge­ner Musik hat sich zumin­dest teil­wei­se bestä­tigt. Schon im letz­ten Jahr hat­te mich die Bach-Rekon­struk­ti­on nur halb über­zeugt, in die­sem Jahr gar nicht: Für Solomon’s Knot hat Chad Kel­ley die Trau­er­mu­sik Bachs für Leo­pold von Köthen, sei­nen ehe­ma­li­gen Dienst­her­ren, rekon­stru­iert oder neu geschrie­ben. Über­lie­fert ist nur das Libret­to von Pican­der und der Hin­weis, dass Bach für die Trau­er­mu­sik (unter ande­rem) aus der Mat­thä­us­pas­si­on par­odiert hat. Das war ja gän­gi­ge Pra­xis und gibt heu­ti­gen Spe­zia­lis­ten viel Mög­lich­keit, Pseu­do-Bach neu zu schrei­ben. Ob es dann tat­säch­lich so klang, ist in der Regel rei­ne Spe­ku­la­ti­on – was genau er und vor allem wie par­odiert hät­te, ist ja gera­de nicht bekannt. Jeden­falls hat die Köthe­ner Trau­er­mu­sik also eini­ge Hits aus der Mat­thä­us­pas­si­on. Da kann man lus­ti­ges Erken­nen spie­len. Aber der Text ist halt doch rein situa­ti­ons­be­zo­gen, weist eigent­lich nie wirk­lich über den kon­kre­ten Anlass, das Begräb­nis des Fürs­ten, hin­aus, tran­szen­diert das also über­haupt nicht vom kon­kre­ten Trau­er­fall in all­ge­mei­ne­re Ideen, Glau­bens­sät­ze oder Inhal­te zu Tod oder Trau­er. Die Kom­bi­na­ti­on dann, also rein situa­ti­ver Text mit Musik, die aus ande­ren Kon­tex­ten sehr gut bekannt ist, mach­te das Werk für mich weit­ge­hend unin­ter­es­sant (zumal das auch noch recht umfang­reich war). Obwohl Solomon’s Knot das aus­ge­spro­chen groß­ar­tig musi­ziert haben! Die vor­an­ge­stell­te Trau­er-Ode fand ich wesent­lich inten­si­ver, fas­zi­nie­ren­der und berührender.
  14. Musi­ka­li­sche Wit­ze kön­nen auch ner­vend wer­den. Das ita­lie­ni­sche Ensem­ble Zefi­ro unter dem Obo­is­ten Alfre­do Ber­nar­di­ni hat ein Pro­gram „Fol­lia“ prä­sen­tiert, das mir ein wenig arg auf die komi­sche und wit­zi­ge Vari­an­te hin­aus­lief, die – vor allem in der wie­der­hol­ten Kom­bi­na­ti­on – dann doch etwas platt geriet. Viel­leicht bin ich dafür aber nur zu sau­er­töp­fisch, die Musiker*innen selbst und das Publi­kum schie­nen viel Spaß zu haben …
  15. Immer wie­der aber groß­ar­tig die Ensem­bles, die sich mit viel Ein­satz und Genau­ig­keit der Musik und ihren Pro­gramm ver­schrie­ben. The Beggar’s Ensem­ble mit/​unter Augus­tin Luss­on prä­sen­tie­ren „Meis­ter des fran­zö­si­schen Barocks“ – Orches­ter­stü­cke von Rameau und Vio­lin­kon­zer­te von Jean-Marie Leclair und Joseph Bodin die Bois­mor­tier. Das war nicht nur (gera­de in den Kon­zer­ten) hoch­vir­tu­os, son­dern vor allem aus­ge­spro­chen far­big, obwohl ein rei­nes Strei­cher­en­sem­ble. Aber die Pla­si­zi­tät und Aus­drucks­kraft, die The Beggar’s Ensem­ble aus ihrem Pro­gram her­aus­hol­ten, hat mich durch­weg begeis­tert. Grandios.
  16. Wirk­lich schön auch das Pro­gramm „Il Con­cer­to Segre­to“ von La Néré­i­de. Mit drei Sopra­nis­tin­nen und eher zurück­hal­ten­der (und klein besetz­ter) Beglei­tung führ­ten sie eine schö­ne Aus­wahl der Madri­ga­le von Luz­zas­co Luzaa­schi und Kol­le­gen aus Ita­li­en kurz vor 1600 auf. Das war mir ein völ­lig unbe­kann­tes Reper­toire, das die Mino­ri­ten­kir­che aber schön, fein­sin­nig und im durch­aus vir­tuo­sen Gesang auch sehr klang­sin­nig füll­te. Zum Glück stör­te das Mar­tins­horn erst beim Ende der zwei­ten Zugabe.
  17. Nicht alle Aus­gra­bun­gen sind beson­ders zwin­gend. Xenia Löff­ler und die Batz­dor­fer Hof­ka­pel­le haben sich in der Biblio­thek der Thurn-und-Taxi’schen Hof­ka­pel­le umge­se­hen und eine Aus­wahl sin­fo­ni­scher Musik mit beson­de­rer Berück­sich­ti­gung der Obo­en in St. Emer­am auf­ge­führt (also fast am his­to­ri­schen Ort der Urauf­füh­rung im Schloss Thurn und Taxis). Ins­be­son­de­re Theo­do­re von Schachts Con­cer­tan­te mit 3 Obo­en ist in Bezug auf die ver­lang­te und hier tadel­los vor­ge­führ­te Viruo­si­tät durch­aus bein­dru­ckend. Sowohl Haydns „Schulmeister“-Sinfonie als auch die Sin­fo­nia von Johann Gott­lieb Graun waren für mich nun aber kei­ne unbe­dingt zwin­gen­de Ausgrabungen.
  18. Immer wie­der wahr: Begeis­te­rung und Hin­ga­be der Aus­füh­ren­den erzeugt fast zwangs­läu­fig Begeis­te­rung auch beim Publikum.
  19. Das Prunk­pro­gramm „Sple­ndor Aus­triae“ von Ars Anti­qua Aus­tria und den St. Flo­ria­ner Sän­ger­kna­ben unter Gunar Letz­bor mit Mes­sen und ande­ren geist­li­chen Wer­ken von Bene­dikt Auf­schnai­ter und Hein­rich Ignaz Franz Biber hat mich nur teil­wei­se begeis­tert. Gera­de die 32-stim­mi­ge Ves­per­ae von Biber konn­te sich für mich nicht so recht ent­fal­ten, da ging mir zu viel ver­lo­ren – was viel­leicht auch an mei­nem Platz auf der Empo­re lag. Das war kei­nes­falls schlecht, son­dern in der Ernst­haf­tig­keit durch­aus auch beein­dru­ckend (auch wenn Letz­bor mir ein wenig zu sehr Ram­pen­sau war), hat mich aber jen­seits der tech­ni­schen Exe­ku­ti­on nicht so recht berührt oder erreicht.
  20. Die dies­jäh­ri­gen TAM hat­ten einen sehr spek­ta­ku­lä­re Schluss mit Le Con­cert Spi­ri­tuel, die unter Her­vé Niquet die Rekon­struk­ti­on der musi­ka­li­schen Tei­le einer Fest­mes­se in den schö­nen Raum von St. Bla­si­us brach­ten. Fünf jeweils acht­stim­mi­ge Chö­re (also 40 Sän­ge­rin­nen und Sän­ger) und ein blä­ser­las­ti­ges Instru­men­tal­ensem­ble füll­ten die Kir­che mit sehr erha­be­nen und erhe­ben­den Klän­gen. Schon die Ein­gangs­pro­zes­si­on der Musiker*innen mit einem gre­go­ria­ni­schen Cho­ral und dann auch der gan­ze Rest ver­mit­telt mehr als eine Andeu­tung des­sen, was die Florentiner*innen bei einer Mes­se zum Johan­nis­fest um 1560 gehört haben könn­ten. Im Detail ging für mich im hin­te­ren Drit­tel des Publi­kums aber viel ver­lo­ren, die Mehr­chö­rig­keit war dort nur noch andeu­tungs­wei­se wirk­lich zu erle­ben.
    Das ist ja ein gene­rel­les Pro­blem die­ser oft extrem artis­tisch aus­ge­feil­ten Musi­ken, sei es in ita­lie­ni­schen Städ­ten oder in Kir­chen des Reichs. Das ist oft an sehr bestimm­te archi­tek­to­ni­sche und akus­ti­sche Gele­gen­h­ei­en gebun­den (das Mus­ter­bei­spiel ist natür­lich S. Mar­cus in Vene­dig mit sei­nen meh­re­ren Empo­ren) und lässt sich so heu­te kaum ent­spre­chend rekon­stru­ie­ren. Zumal auch schon unter ori­gi­na­len Gege­ben­hei­ten das natür­lich nur für ver­hält­nis­mä­ßig weni­ge genau so wie inten­diert erfahr­bar war. Es bleibt aber im Ide­al­fall doch genü­gend gro­ße und groß­ar­ti­ge Musik, die auch unter sub­op­ti­ma­len Hör­be­din­gun­gen berüh­ren und gefal­len kann. Und das gelang Le Con­cert Spi­ri­tuel definitiv.

Nur 5: Self-Hosted Software

Über „Nurein­blog“ und „Jan­sens Pott“ bin ich auf die Idee gebracht wor­den, mei­ne fünf wich­tigs­ten selbst-gehos­te­ten Softw­wa­re­pa­ket vorzustellen.

Das ist mei­ne Liste:

  1. Mini­flux: Ein schö­ner, zuver­läs­si­ger RSS-Rea­der für den es auch pas­sen­de Android-Apps gibt. Vor lan­ger Zeit hat­te ich zunächst Tiny-Tiny-RSS im Ein­satz, da ist der Ent­wick­ler dann aber etwas selt­sam abge­bo­gen, wesehalb ich wechselte.
  2. Gro­cy: ERP für den Kühl­schrank: Sehr coo­les Tool zur Ver­wal­tung von Lebens­mit­teln, Ein­käu­fen und Lis­ten, aber auch Rezep­ten. Erfor­dert zunächst etwas Arbeit und Ein­ge­wöh­nung, ist aber wirk­lich hilf­reich für mich.
  3. Wal­la­bag: als Read-Later-Ser­vice, funk­tio­niert sehr gut, auch wenn die Instal­la­ti­on ein paar Eigen­hei­ten hat.
  4. Doku­wi­ki: Die­ses Datei-basier­te Wiki benut­ze ich schon lan­ge als Tage­buch und Wis­sens­ar­chiv – das läuft ein­fach und läuft und läuft …
  5. Pi-hole: Das habe ich noch nicht so lan­ge im Ein­sazt, ist aber inzwi­schen auch unver­zicht­bar: Über zwi­schen­ge­schal­te­tes DNS wird dadurch Wer­bung und Track­ing radi­kal unter­bun­den – bei mir fängt Pi-hole momen­tan über 70 % (!) aller Requests ab. Das ist Wahn­sinn, wenn man sieht, wer da so alles rum­späht und überwacht …

Pi-hole ist dabei als ein­zi­ges im stren­gen Sin­ne kom­plett selbst­ge­hos­ted, näm­lich auf einen Raspber­ry Pi neben der Friz​.Box. Alle ande­ren Diens­te lau­fen auf Uber­spaces, also eigent­lich in Shared-Hosting-Umgebungen. 

Und das sind mei­ne zusätz­li­chen Bonus-Fünf (damit ist die Lis­te dann auch wirk­lich fast komplett):

  1. Next­cloud: Kalen­der, Kon­tak­te, ein wenig Datei­syn­chro­ni­sa­ti­on (das meis­te der Syn­chro­ni­sa­ti­on erle­digt aber Syn­c­thing im loka­len Netz direkt zwi­schen den Gerä­ten). Bin inzwi­schen am Über­le­gen, ob ich Next­cloud nicht auf­ge­ben und auch auf spe­zi­lai­sier­te­re Diens­te wechs­le (z.B. Bai­kal und Seafile)
  2. Word­Press für das Blog hier und eini­ge Neben­pro­jek­te. Eigent­lich will ich das auch auf­ge­ben und migrie­ren, vor­zugs­wei­se zu einem Sta­tic-File-Gene­ra­tor wie Hugo, das liegt im Moment aber auf Halde.
  3. Snap­py­mail als schö­nes Web­mail-Front­end für mei­ne diver­sen E‑Mail-Kon­ten.
  4. Fire­fly-III als Buch­hal­tung, bis­her und momen­tan nur sehr rudi­men­tär genutzt.
  5. Kimai als Zeit­er­fas­sungs­tool, nur fall­wei­se für Pro­jek­te und ähn­li­ches genutzt

Ich bin gera­de noch am Über­le­gen, eine Fedi­ver­se-Instanz für mich selbst zu hos­ten (z.B. GoTo­So­cial). Da bin ich aber noch nicht ganz mit mir selbst im Rei­nen, ob das den Auf­wand wert ist …

The day the music died

Pflicht­hör­pro­gramm für den 3. Febru­ar:

Don McLean – Ame­ri­can Pie

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube übertragen.

Trauer auf dem Wäschedraht im Januar

Ein Stück Draht, krumm
aus­ge­spannt, zwi­schen zwei
kah­len Bäu­men, die

bald wie­der Blätter
trei­ben, früh am Morgen
hängt dar­an eine

frisch gewa­sche­ne
schwar­ze Strumpfhose
aus den verwickelten

lan­gen Bei­nen tropft
das Was­ser in dem hellen
frü­hen Licht auf die Steine.

Rolf Die­ter Brinkmann

Tor August

schwer­fäl­li­ger mahlt
der gros­se motor som­mer
gedan­ken kau­en­der tor
zum abend geneigt
steht mit­tag im feld
prackt­voll sinkt rot
unterm wol­ken­bro­kat
schon am herbst­saum
trei­ben die wie­sen
das tor in den tag
ange­lehnt
du ich zwi­schen
tür und angel

Ste­fan Döring (aus: Mona­te Jah­re (in: WENN WELT. Ber­lin, Schupf­art 2024 (rough­books 064), S. 83.))

Seite 1 von 208

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén