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Schlagwort: walter benjamin

walter benjamin, einbahnstraße (cover)

Buch und Schrift

Die Zeit ste­ht, wie in Kon­tra­post zur Renais­sance schlechthin, so ins­beson­dere im Gegen­satz zur Sit­u­a­tion, in der die Buch­druck­erkun­st erfun­den wurde. Mag es näm­lich ein Zufall sein oder nicht, ihr Erscheinen in Deutsch­land fällt in die Zeit, da das Buch im emi­nen­ten Sinne des Wortes, das Buch der Büch­er durch Luthers Bibelüber­set­zung Volksgut wurde. Nun deutet alles darauf hin, daß das Buch in dieser überkomme­nen Gestalt seinem Ende ent­ge­genge­ht.
[…] Die Schrift, die im gedruck­ten Buche ein Asyl gefun­den hat­te, wo sie ihr autonomes Dasein führte, wird uner­bit­tlich von Rekla­men auf die Straße hin­aus­gez­er­rt und den bru­tal­en Het­eronomien des wirtschaftlichen Chaos unter­stellt. Das ist der strenge Schul­gang ihrer neuen Form. Wenn vor Jahrhun­derten sie allmäh­lich sich niederzule­gen begann, von der aufrecht­en Inschrift zur schräg auf Pul­ten ruhen­den Hand­schrift ward; um endlich
sich im Buch­druck zu bet­ten, begin­nt sie nun eben­so langsam sich wieder vom Boden zu heben. Bere­its die Zeitung wird mehr in der Senkrecht­en als in der Hor­i­zon­tale gele­sen, Film und Reklame drän­gen die Schrift vol­lends in die dik­ta­torische Ver­tikale. Und ehe der Zeitgenosse dazu kommt, ein Buch aufzuschla­gen, ist über seine Augen ein so dicht­es Gestöber von wan­del­baren, far­bigen, stre­i­t­en­den Let­tern niederge­gan­gen, daß die Chan­cen seines Ein­drin­gens in die archais­che Stille des Buch­es ger­ing gewor­den sind. Heuschreck­en­schwärme von Schrift, die heute schon die Sonne des ver­mein­ten Geistes den Großstädtern verfin­stern, wer­den dichter mit jedem fol­gen­den Jahre wer­den.
Wal­ter Ben­jamin, Ein­bahn­straße [1928], Abschnitt “Verei­digter Bücher­re­vi­sor”

Ins Netz gegangen (11.7.)

Ins Netz gegan­gen am 11.7.:

  • Wal­ter Ben­jamin — Pas­sagen­pro­jekt — coole idee: wal­ter ben­jamins “pas­sagen” nach stich­wörtern und sym­bol­en geord­net
  • Emser Depesche: Die Berlin­er Entz­if­fer­ung | Aktenkunde — Hol­ger Berwinkel schre­it­et in sein­er detail­lierten aktenkundlichen analyse der emser depesche fort — inzwis­chen ist das telegramm schon zu bis­mar­ck gelangt.

    Aktenkundlich zu arbeit­en bedeutet bei aller Akri­bie das genaue Gegen­teil von Aktengläu­bigkeit, die unter His­torik­ern lei­der ver­bre­it­et ist.

  • NSA-Affäre: Einen Diplo­mat­en ausweisen? Wie niedlich. | ZEIT ONLINE — “Der Ele­fant NSA ste­ht mit­ten in den bun­des­deutschen Wohn- und Schlafz­im­mern, und nie­mand in der Bun­deregierung will darüber reden.”
  • Nachgerech­net: Bringt die Pkw-Maut wirk­lich 600 Mio. / Jahr? » Zukun­ft Mobil­ität — so etwas hat der medi­alen berichter­stat­tung zu den maut-plä­nen (entschuldigung: “infra­strukurab­gabe) dobrindts (bish­er) gefehlt — und es wäre eigentlich nötig gewe­sen: mal nachrech­nen, ob dobrindts angekündigte ein­nah­men über­haupt möglich, wahrschein­lich und real­is­tisch sind. dann kön­nte man näm­lich auch zu dem ergeb­nis kom­men:

    Es darf daher bezweifelt wer­den, ob dem Bun­de­shaushalt durch die Ein­führung ein­er Infra­struk­turab­gabe pro Jahr wirk­lich über 600 Mil­lio­nen Euro zufließen (unter der Prämisse der voll­ständi­gen Kom­pen­sa­tion in Deutsch­land Kfz-steuerpflichtiger Kfz-Hal­ter).

  • SPRENGSATZ _Das Poli­tik-Blog aus Berlin » Zirkel des Irsinns — Jed­er weiß, dass es irrsin­niger Unsinn oder unsin­niger Irrsinn ist (je nach Präferenz) — und kein­er stoppt es:

    Die PKW-Maut ist ein Muster­beispiel dafür, wozu pop­ulis­tis­che Wahlver­sprechen ein­er Region­al­partei am Ende führen.

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