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spinnennetz mit tau (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (25.9.)

Ins Netz gegan­gen am 25.9.:

Ins Netz gegangen (19.8.)

Ins Netz gegan­gen am 19.8.:

Zukunft

Die Zukun­ft enhält nicht nur jede Menge schwarz­er Schwäne, sie ist selb­st ein­er.

—Ulrike Draes­ner

Aus-Lese #27

Tino Hanekamp: So was von da. Köln: Kiepen­heuer & Witsch 2011. 302 Seit­en.

Der Klap­pen­text ver­heißt großes: “Ham­burg, St. Pauli, 31.12. Auf dem Kiez begin­nt die irrste Nacht des Jahres. Nur Oskar Wro­bel würde lieber liegen bleiben. Geht aber nicht. Weil ihm gle­ich sein Leben um die Ohren fliegt.” Hanekamps sprach­lich und for­mal nicht weit­er bemerkenswert­er Roman ist eine schnelle Lek­türe, die mit dur­chaus pack­en­dem Dri­ve die Geschichte der let­zten Par­ty eines Clubs in Ham­burg erzählt. Ganz schön die Deck­ung von erzählter Zeit und Tem­po der Erzäh­lung, die sich in der Steigerung bis zum Kol­laps im Rausch (der Ver­nich­tung) nieder­schlägt — dann fol­gen einige leere/blanke Seit­en, bevor der Erzäh­ler in ein­erresümieren­den Abschluss­be­merkung, die lei­der total schwach und banal ist, noch ein­mal das Wort ergreift. Viel bleibt davon nicht, aber eine nette Zeit kann man mit dem Buch schon ver­brin­gen.

Hen­ning Ahrens: Kein Schlaf in Sicht. Frank­furt am Main: S. Fis­ch­er 2008. 92 Seit­en.

Die ersten Seit­en emp­fan­gen mich mit lauter Plattheit­en in banaler Sprache — eigentlich ist das (im Kern) Prosa, noch dazu prä­ten­tioös und leer. Und so geht es lei­der weit­er: Man schleppt sich als Leser fort durch den Band, ein paar (sehr) wenige ordentlich Gedichte sind dabei, aber viel als Mit­tel­maß noch gelobtes prägt den Leseein­druck. “Stille satt”, aus dem die Titelzeile kommt, gehört noch zu den besten Gedicht­en hier. Und Kein Schlaf in Sicht stimmt lei­der über­haupt nicht — ein­er der lang­weilig­sten und ein­schläfer­nd­sten Lyrik­bände, die ich las: Nichts zün­det, alles bleibt irgend­wie reine Deskrip­tion, die auch sprach­lich über­haupt nicht imag­i­na­tiv scheint, keine neuen (Denk-/Vorstellungs-)Räume öffnet, son­dern nur „Welt“ ohne Poet­isierung bietet. Das hat mich über­rascht, den als Erzäh­ler habe ich Hen­ning Ahrens dur­chaus schätzen gel­ernt.

Rein­hard Jir­gl: Nichts von euch auf Erden. München: Hanser 2012. 510 Seit­en.

Hm, irgend­wie ver­lässt er mich hier: Selb­st als Jir­gl-Fan kann ich damit wenig anfan­gen. Klar, das ist dur­chaus handw­erk­lich geschickt. Aber auch reich­lich lang­weilig. Das liegt unter anderem daran, dass es in wesentlichen Teilen furcht­bar lan­gat­mig und weitschweifig ist. Auch seine orthografis­che Stilis­tik (oder stilis­tis­che Orthografie) hil­ft hier nur beschränkt — irgend­wie passt sie in ihrer Ver­langsamungs- und Inten­sivierung­s­ten­denz nicht zum Stoff, der eher nach Tem­po und Geschwindigkeit ver­langt. Zu durch­schaubar erscheint mir auch die Pro­jek­tion heutiger Prob­leme (ökol­o­gis­che, gesellschaftliche, poli­tis­che) gle­ich ins 25. Jahrhun­dert. Anderes miss­fällt ein­fach — so bleiben die Geschlechter­rollen etwa total im Klis­chee: Frauen­fig­uren gibt es eh‘ nur wenige, dazu noch totale alt­modis­che Rol­len­klis­chees, wie “die-eine” oder auch die begeg­nung mit der Mar­sianer­in IO, die Erfül­lung dann nur im „weib­lichen“ find­et und sich dem Mann/Sohn opfert ..

Der ganze Text scheint mir durch­zo­gen von einem (kultur-)pessimistischen Men­schen­bild, vor allem eine deut­liche Ver­ach­tung der Menge & Masse, die hier eher als Art Pöbel auf­taucht — und Objekt der Manip­u­la­tion der Herrschen­den (auf allen Ebe­nen) ist, bricht sich immer wieder Bahn. Das gipfelt dann in ein­er Endzeit, der total­en Hybris der Men­schen: Die Flucht ins All vor den Prob­le­men der Men­schheit (die vor allem aus ihren Massen resul­tieren …) schlägt fehlt, kippt in eine Art Apoka­lypse. Über­lebt wer­den Unter­gang von Mars & Erde nur von den sich selb­st (fort-)schreibenden “mor­fol­o­gis­chen Büch­ern” im “Roman der Zukun­ft”.

Hans-Ulrich Thamer: Die Völk­er­schlacht bei Leipzig. Europas Kampf gegen Napoleon. München: Beck 2013 (C.H.Beck Wis­sen). 126 Seit­en.

Thamer begin­nt seine kleine Geschichte der Völk­er­schlacht mit ein­er sehr umfassenden und präzisen Schilderung der Hin­ter­gründe, alsoe die Entwick­lun­gen und Stel­lun­gen Europas am Beginn des 19. Jahrhun­derts. So beschreibt er die Völk­er­schlacht im Rah­men der Befreiungskriege, die Thamer vor allem als Kabi­netts- und Koali­tion­skriege wertet und dabei insofern „neue“ Kriege darstellen, als sie Massenkriege sind, die neue Bru­tal­ität freiset­zen und in der Folge eine neue Erin­nerungskul­tur, worauf Thamer eben­falls Wert legt: Der “Wan­del der Kriegs­deu­tung und Kriegser­fahrung” (115) zu ein­er “Ide­ol­o­gisierung des Krieges” im vater­ländis­chen Inter­esse ist ein zen­traler Punkt sein­er Darstel­lung.

Die eigentliche Schlacht wird dabei sehr gedrängt geschildert, ein oder zwei Karten hät­ten dem noch ganz gut getan. Zum Glück bleibt er aber nicht dabei ste­hen, son­dern fügt ein kurzes Kapi­tel zu den “Kul­turen der Gewalt” an und schließt eben mit einem großen Überblick über die Entwick­lung “vom Schlacht­feld zum Erin­nerun­gort”, das sich vor allem mit der zeit­enös­sis­chen und späteren Sin­nge­bung und Mythi­fizierung, der Ein­bet­tung in und Nutzung der Völk­er­schlacht für poli­tisch-religiöse nation­al­is­tis­che und lib­erale Diskurse beschäftigt.

außer­dem gele­sen:

  • Zeit Geschichte #3–2013 mit dem The­ma “Faschis­mus”
  • Text+Kritik 201: Ulrike Draes­ner

Ins Netz gegangen (16.7.)

Ins Netz gegan­gen (15.7.–16.7.):

  • “Wahrschein­lich habe ich ein­fach ein Ohr dafür” — Ver­leger Engel­er über seine Liebe zur Lyrik und | The­ma | Deutsch­landra­dio Kul­tur — Gespräch mit Urs Engel­er, u.a. über gute Gedichte:

    Inter­es­sante Gedichte, die haben bei jedem Lesen neue Erleb­nisse auf Lager für uns. Es gibt ganz viele Dinge zu beobacht­en, das heißt, man muss schon sehr geduldig sein, um hin­ter diese Qual­itäten zu kom­men, aber qua­si je nach­haltiger ich beschäftigt werde durch einen Text, desto inter­es­san­ter scheint er mir, und unterm Strich würde ich dann auch sagen, desto mehr Qual­itäten scheint er mir zu haben, sprich, desto bess­er ist er.

  • 100 Jahre Tour de France | ZEIT ONLINE — Schneefall im Juli: “Die Zeit” bere­it­et ihre Tour-de-France-Reportage(n) nach dem Snow-Fall-Mod­ell der New York Times hüb­sch auf (trotz des kleinen Fehlers in der Über­schrift …)
  • 30 Jahre Spex — taz.de — Diedrich Diederich­sen im taz-Inter­view über den Jubiläums­band der “Spex” und die “Spex” über­haupt:

    Etwas war so begeis­ternd, es gibt so viel darüber zu wis­sen, man muss viel weit­er in die Tiefe gehen. Wenn man eine Güter­ab­wä­gung macht zwis­chen gelun­gener Kom­mu­nika­tion, also zwis­chen soge­nan­nter Ver­ständlichkeit und der Treue zum Gegen­stand, oder der Treue gegenüber der eige­nen Begeis­terung, bin ich für Let­zteres. Die Rezep­tion­sek­stase hat bei mir immer Vor­rang vor dem gelun­genen Kom­mu­nika­tionsvor­gang. Ein­er, der in eine Rezep­tion­sek­stase gerät, ist doch viel inter­es­san­ter zu beobacht­en als jemand, der Infor­ma­tio­nen verteilt.

  • 7 Tage — 7 Fra­gen – FIXPOETRY.com — Nora Gom­ringer beant­wortet sieben Fra­gen Ulrike Draes­ners — z.B. so:

    Die Stimme ist die Schlange im Hals.

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