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Schlagwort: tourismus

fischernetz

Ins Netz gegangen (4.9.)

Ins Netz gegan­gen am 4.9.:

  • I used to lead tours at a plan­ta­ti­on. You won’t belie­ve the ques­ti­ons I got about slavery. | Vox → inter­es­san­ter bericht über ras­sis­mus und feh­len­des wis­sen über das wesen der skla­ve­rei von einer füh­re­rin auf einer plantage

    Regard­less of why they were espou­sed, all the mis­con­cep­ti­ons dis­cus­sed here lead to the same result: the asser­ti­on that slavery was­n’t real­ly all that bad („as long as you had a god­ly mas­ter,“ as one guest put it). And if slavery its­elf was benign—slavery, a word which in most par­lan­ces is a short­hand for unjust hard­ship and suffering—if even slavery its­elf was all right, then how bad can the strug­gles faced by modern-day Afri­can Ame­ri­cans real­ly be? Why feel bad for tho­se who com­plain about racist sys­tems today? The mini­miza­ti­on of the unjus­t­ness and hor­ror of slavery does more than sim­ply keep the bad fee­lings of guilt, jea­lou­sy, or anger away: It libe­ra­tes the deni­er from social respon­si­bi­li­ty to slaves’ descendants.

  • Rene­ga­ten, Ver­rä­ter, Kon­ver­ti­ten, Über­läu­fer oder Über­zeu­gungs­tä­ter | Get­idan → georg seeß­len macht sich (ein biss­chen weit­schwei­fig) gedan­ken, war­um men­schen (meis­tens män­ner) vom lin­ken zum rech­ten werden
  • Tou­rist: Hau ab! | NZZ → gott­lieb höpli über die aus­wüch­se des (massen-)tourismus und die sich for­mie­ren­den pro­tes­te dagegen:

    In den Stras­sen von Bar­ce­lo­na und am Strand von Beni­dorm wird offen­kun­dig, was Pro­spek­te und Rei­se­platt­for­men im Inter­net nie zei­gen: die Zer­stö­rung des Tou­ris­mus durch den Tou­ris­mus, vor der der Ber­ner Tou­ris­tik­pro­fes­sor Jost Krip­pen­dorf schon vor Jahr­zehn­ten gewarnt hat.

    Der Tou­ris­mus ist seit­her eine Ein­bahn­stras­se geblie­ben, die sich vom Pan­ora­ma­weg längst zur wenig attrak­ti­ven viel­spu­ri­gen Auto­bahn aus­ge­wei­tet hat. Will man nicht irgend­wann gegen eine schwar­ze Wand don­nern, täte man gut dar­an, sich nach einer Aus­fahrt zu erkundigen.

  • Mob­bing durch Design | NZZ → wolf­gang ulrich meint, man­che klei­dungs­stü­cke sind absicht­lich häss­lich und geschmacklos:

    Viel­leicht ist es lang­wei­lig oder sogar demo­ra­li­sie­rend, fort­wäh­rend Zeug für Leu­te unter­pri­vi­le­gier­ter Milieus her­zu­stel­len, die wenig Geld und noch weni­ger Gespür besit­zen? Viel­leicht kommt des­halb der Wunsch auf, mal alle Sorg­falt fahrenzu­lassen und ech­ten Trash zu pro­du­zie­ren? Und die­je­ni­gen, die sol­che Tops tra­gen, der Lächer­lich­keit preiszugeben?

    Man braucht kei­ne Ver­schwö­rungs­theo­rien in die Welt zu set­zen, wonach eine Unter­schicht aus­drück­lich als sol­che kennt­lich gemacht wer­den soll. Aber man darf zu dem Schluss gelan­gen, dass es den Pro­du­zen­ten hier nicht um das Wohl ihrer Kun­den geht. Statt sich ver­ant­wort­lich dafür zu füh­len, dass nie­mand auf­grund sei­nes Aus­se­hens dis­kri­mi­niert wird, betrei­ben sie Mob­bing durch Design.

  • Hohe Kul­tur (8) | Pop-Zeit­schrift → tho­mas hecken klopft die par­tei­pro­gram­me der wich­tigs­ten deut­schen par­tei­en auf ihren kul­tur­be­griff (und des­sen unbe­stimmt­hei­ten und wider­sprüch­lich­kei­ten) ab

Ins Netz gegangen (26.5.)

Ins Netz gegan­gen am 26.5.:

  • Bibel­stun­de – Sprach­log – Kor­pus­lin­gu­is­tik, leicht zweckentfremdet:

    Aber in den Vor­be­rei­tun­gen für den nächs­ten Par­tysmall­talk kom­men Sie mit Kor­pus­lin­gu­is­tik halt etwas flot­ter und auf­wands­är­mer zur text­struk­tu­rel­len Erkenntnis:

    Im Alten Tes­ta­ment war mehr Gemetzel.

  • Wahl­recht – News – Euro­pa­wahl am 25. Mai 2014 (Stimm­zet­tel, Hoch­rech­nun­gen und Pro­gno­sen, usw.) – Neu­es vom Nie­der­gang des „Qua­li­täts­jour­na­lis­mus“: Der „Zeit“-Chefredakteur weiß nicht, wie man/​er rich­tig wählt
  • Urlaub auf Mal­lor­ca : Darf man den Bal­ler­mann ver­bie­ten? – DIE WELT – Kath­rin Spoerr zeich­net in der „Welt“ ein schö­nes, nur ganz leicht iro­ni­sches Bild dess, was deut­sche Tou­ris­ten am Bal­ler­mann unter „Urlaub“ verstehen.

    Und wer unse­re Art Strand­le­ben nicht mag, der muss ja nicht kommen.

  • Leit­ar­tik­ler und Macht­eli­ten | Tele­po­lis – Mar­cus Klöck­ner setzt sich sehr aus­führ­lich mit der momen­ta­nen Dis­kus­si­on um die Inte­gra­ti­on wich­ti­ger deut­scher Jour­an­lis­ten in mehr oder min­der ver­schwie­ge­ne Zir­kel der Macht­eli­ten aus­ein­an­der – und kommt zu dem Schluss:

    Es ist an der Zeit, dass die Distanz zwi­schen Jour­na­lis­ten und Macht­eli­ten grö­ßer wird.

  • Ste­pha­nie Grimm: David Bowie ist kein Rock­star – LOGBUCH (Suhr­kamp-Blog) – Ste­pha­nie Grimm über David Bowie, sei­ne Fähig­kei­ten und sei­ne Beson­der­hei­ten als Pop-/Rock-/Kunst­star:

    Iden­ti­tä­ten und Deu­tungs­zu­sam­men­hän­ge sind bei Bowie stän­dig im Fluss. Dank sei­nes Selbst­ver­ständ­nis­ses, immer im Über­gang, nie ange­kom­men zu sein, und sei­ner Fähig­keit, Absei­ti­ges nach­voll­zieh­bar zu machen, leg­te Bowie für sein Publi­kum Fähr­ten in ande­res, bis dahin frem­des kul­tu­rel­les Ter­rain – viel­leicht war die­se Hal­tung, nicht sei­ne Songs, das größ­te Geschenk, das er sei­nen jugend­li­chen Fans gemacht hat.

    Und über ein wei­te­res Ele­ment sei­nes Erfol­ges und Einflusses:

    Kon­se­quent hat Bowie sich anver­wan­delt, was ihm an Inter­es­san­tem in die Fin­ger kam. Er unter­schied nicht zwi­schen Hoch- und Pop­kul­tur. Auch das war ein Grund für sei­nen Appeal. Schließ­lich hat­te er sei­nen Fans, als die Ver­spre­chun­gen der Sech­zi­ger­jah­re schal gewor­den waren, gezeigt, dass es mehr zu ent­de­cken gab als eine Sub­kul­tur, mit der sie sich einst vom Rest der Welt hat­ten abgren­zen woll­ten, aber in einer Sack­gas­se gelan­det waren. Bowie zeig­te, dass man sich auch aus der Hoch­kul­tur das holen konn­te, was man eben brauchte.

  • Chan­cen­los « Die MEDIENWOCHE – Das digi­ta­le Medi­en­ma­ga­zin – Lothar Struck beschäf­tigt sich aus­gie­big mit dem Ska­nal beim „Lite­ra­tur­club“ des SRF:

    Tat­säch­lich pral­len mit Zwei­fel und Hei­den­reich zwei Wel­ten auf­ein­an­der. Inso­fern ist die Ablö­sung Zwei­fels nicht nur eine Ent­schei­dung gegen die Per­son des Mode­ra­tors. Es ist auch eine Ent­schei­dung wie man den «Lite­ra­tur­club», wie man Lite­ra­tur im Fern­se­hen posi­tio­nie­ren will: Hier das lus­ti­ge, harm­lo­se Lese­emp­feh­lungs­ge­quat­sche ohne beson­de­ren Tief­gang. Dort die inter­es­sier­te, neu­gie­ri­ge, nicht immer sofort in ein Kli­schee ein­setz­ba­re Rede über ein Buch. Hier Face­book-Plau­de­rei und Kaf­fee­kränz­chen, dort der Ver­such, Tex­ten und ihrer Kom­ple­xi­tät (sofern vor­han­den) gerecht zu werden.

Ins Netz gegangen (2.5.)

Ins Netz gegan­gen am 2.5.:

wie man aus einer normalen mittelgebirgslandschaft deutschlands ein verwunschenes geisterland macht

wil­li weiss reis­te für die süd­deut­sche zei­tung durch den oden­wald. und es schon inter­es­sant, so etwas mal zu lesen, wenn man das ziel­ge­biet etwas kennt. da kom­men näm­lich so eini­ge unge­nau­ig­kei­ten und ver­zer­run­gen zutage.

zum bei­spiel steht da: erbach wur­de im spä­ten mit­tel­al­ter zum zen­trum der elfen­bein­schnit­zer. franz I, graf von erbach, der dafür maß­geb­lich ver­ant­wort­lich war, leb­te lei­der erst 1754–1823 – also unbe­deu­tend spä­ter (übri­gens, um den abstand zum mit­tel­al­ter zu ver­deut­li­chen: franz I. war auch der letz­te graf vor der media­ti­sie­rung der graf­schaft erbach). im spä­ten mit­tel­al­ter war im oden­wald noch nicht so viel los mit spe­zia­li­sier­ter wirt­schafts­po­li­tik und so …

was mich aber am meis­ten stört (abge­se­hen von der unge­nau­en dar­stel­lung der geschich­te um die fusi­on von erbach und michel­stadt): der oden­wald ist hier eine ein­zi­ge wald­idyl­le, nahe­zu men­schen­leer – abge­se­hen von den weni­gen hier hau­sen­den ori­gi­na­len, den künst­lern auf der suche nach „kon­tem­pla­ti­on“ und den alten bau­ern -, stän­dig wer­den mythen und aber­glau­ben des 18. und 19. jahr­hun­derts zitiert und evo­ziert, die im oden­wald fak­tisch kaum noch jemand kennt …und sonst: vor allem lau­ter abge­le­ge­ne dörf­chen, ein­zel­ne höfe, alte scheu­nen etc. – das der oden­wald inzwi­schen ziem­lich groß­flä­chig zuge­baut wur­de, erfährt man da kaum. statt­des­sen heißt es dann: „was­ser­rei­che wäl­der, aus denen immer wie­der hügel mit bur­gen oder fach­werk-städt­chen … auf­tau­chen“ – nun ja. so vie­le bur­gen tau­chen da nicht auf. und fach­werk-städt­chen auch nicht so oft. aber das wäre ja zu nor­mal und wür­de nicht in die rezep­ti­on des oden­wal­des als magisch-ver­wun­sche­ne land­schaft pas­sen, in der auch heu­te noch die bau­ern schau­er­ge­schich­ten erzäh­len, wenn sie dem vor­bei­schau­en­den rei­sen­den aus der fer­nen groß­stadt koch­kä­se auf­ti­schen – wie das gespräch mit dem land­wirt in ober-kains­bach wirk­lich abge­lau­fen ist, wür­de ich ja schon ger­ne wis­sen. und ob weiss wirk­lich glaubt, dass sei real, was er hier schreibt und andeutet.

der arti­kel mit dem pas­sen­den titel „der rit­ter der lüf­te“ will sich aus­weis­lich sei­ne run­ter­zei­le dem „roden­stei­ner land im oden­wald“ wid­men. selt­sam, dass weiss dann auf ein­mal in hes­sen­eck und am kräh­berg auf­taucht – das ist doch eine ziem­lich ande­re ecke. immer­hin hat er mit­be­kom­men, dass der oden­wald ein grö­ße­res pro­blem mit gehirn­am­pu­tier­ten motor­rad­fah­rern hat, die sich wie die lem­min­ge auf den stra­ßen in den tod stür­zen. aber selbst die­ser ziem­lich moder­ne irr­sinn wird dann wie­der in das aber­gläu­bi­sche, mythisch-ver­wusche­ne bild des oden­wal­des ganz naht­los ein­ge­passt: „Was sind das für Geräu­sche? Sind es fer­ne Motor­rä­der oder ist es anschwel­len­des Geschrei aus der Höhe? [Weiss soll­te sich mal im Som­mer an einem sonn­tag an einem ziem­lich belie­bi­gen ort im oden­wald raus­set­zen – er wird den krach der motor­rä­der schnell ken­nen­ler­nen] Bel­len Hun­de? Klir­ren Schwer­ter? Man kann da nicht so sicher sein – im Oden­wald.“ na ja, eil­li weiss viel­leicht nicht – man schon.

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