„glücklich unperfekt“ — darauf muss man erst einmal kommen. vor allem, wenn man sein metier so gut beherrscht. von „unperfekt“ kann man bei sängerin sharon brauner eigentlich nicht sprechen. aber glücklich macht sie ihr publikum in der mainzer synagoge schon. vor allem fühlt sie sich offenbar wohl auf der schrägen bühne im schrägen bau – nur die schrägen töne blieben aus.
sharon brauner, die berliner sängerin, ist dabei fast allein. nur eine ganz minimalistische band hat sie dabei – einen uralten e‑bass, ein ganz, ganz kleines schlagzeug und ein klavier – mehr ist nicht nötig. na ja, ab und an schon: wenn sharon brauner zwischendrin mal eben zur jane hendrix von berlin wird und sich für eine kurze weile auf der ukulele austobt. zum beispiel im verkupplungslied über die jüdische mutter, die nicht nur obst und gemüse, sondern immer wieder auch einen heiratskandidaten für ihre tochter vom markt mit nach hause bringt. oder wenn sie till brönner, der leider, leider nicht mehr ins auto passte, mit der spielzeugtrompete so gut ersetzt, dass man ihn fast gar nicht vermisst.
immer ist das lebendige energiebündel nett bis in die zehenspitzen und immer singt sie entspannt mit viel spaß, ohne nachlässig zu werden. und immer wird sie sorgsam unterstützt von ihrer band, vor allem dem inspirierten helmut bruger am klavier.
nett – und größtenteils unverfänglich – auch ihre musik: alte jiddische lieder, etwas chanson, eine menge swing: ein wilder stilmix ist ihr programm, der auch vorm tango nicht halt macht. der aber, vor allem durch die professionalität der musiker, die überall fit sind, eine runde mischung ergibt — eine wohltuend lebendige sogar, die wunderbar für einen abend angenehmer unterhaltung geeignet ist. und die nebenbei noch eine kleine einführung oder auffrischung ins jiddische liefert.
das passiert mal ausgesprochen furios oder auch etwas derber, ein anderes mal auch einühlend und behutsam, wie in ihrer version von bodo wartkes „an dich“. und auch die ein oder andere schnulze dazwischen darf nicht fehlen. schließlich geht es vor allem um eines: die liebe mitsamt ihren höhen und tiefen, ihren launen und überraschungen. und davon weiß sharon brauner eine ganze menge lieder zu singen und geschichten zu erzählen.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung.)