Seltsam. Rafael Behr, Professor für “Polizeiwissenschaften” (im Plural!) in Hamburg, schreibt in der Zeit 44/2011 (S. 17, jetzt auch online — natürlich sofort von den erwartbaren Kommentarreflexen überschwemmt …) einen eigentlich recht vernünftigen Text über die angebliche Zunahme der Gewalt gegen Polizisten, weist zu Recht darauf hin, dass diese Zunahme sich durch nichts belegen lässt und verweist — etwas diffus — auf gesellschaftlichen Wandel, dem sich die Polizei (und ihre Ausbildung) anzupassen habe. Aber etwas ist mir mittendrin aufgestoßen: Da spricht Behr auf einmal von “Insubordination”:
Es ist also nicht die Gewalt, die den Polizisten Schwierigkeiten bereitet, sondern die aggressive Kommunikation der Bevölkerung, mit der es Polizei zu tun hat. Ich nenne es Insubordination, ein Ungehorsam, der um sich greift und auf den Polizisten nicht gut vorbereitet sind.
Und genau das offenbart ein Teil des Problems: Insubordination kann es in diesem Zusammenhang gar nicht gegen. Insubordination, also so etwas wie “Befehlsverweigerung”, gibt es nur zwischen Untergeordneten und Vorgesetzten, im strengeren Sinne eigentlich nur in militärischen Kontexte. Im Duden heißt es z.B.: “mangelnde Unterordnung; Ungehorsam gegenüber [militärischen] Vorgesetzten”. Und das kann ich bei der Kommunikation zwischen Polizei und Zivilisten nicht einfach so unterstellen — das ist ja gerade der Punkt: Auch im Kontakt mit Polizisten verfüge ich als Bürger über Freiheiten. Schön brav gehorchen muss ich vielleicht (nicht einmal das unbedingt!) im Militär, nicht aber in einer modernen Gesellschaft. Und auch wenn er selbst den Rekurs auf die Zeiten, in der der Schutzmann (Frauen spielen natürlich keine Rolle hier) noch quasi unangefochten über Autorität verfügte, zurückweist, unterschlägt er — wie fast alle in solchen Diskussionen — einen Punkt, den ich nicht ganz unwichtig finde: Das Auftreten heutiger Polizisten ist mit dem eines “Schutzmannes” — für mich (!) eine Institution, die es seit 50–60 Jahren nicht mehr gibt — nicht zu vergleichen. Man muss sich nur mal die Ausrüstung eines normalen Streifenpolizisten anschauen: Der ist so ausgestattet, als ob er jeden Moment mit sehr viel Gewalt rechnet. Sicherlich aus guten Gründen. Oft genug schlägt sich das aber auch in der Haltung und in der initialen Kommunkation von Polizisten nieder — un provoziert natürlich ganz selbstverständlich eine entsprechende Abwehrhaltung und angepasste Kommunikation im Gegenüber. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, wie oft und nonchalant sich Polizisten im Alltag über die von ihnen gehüteten Gesetze hinwegsetzen (und sich natürlich immer im Recht wähnen), wundert es mich fast, dass sie nicht mehr Gewalt erfahren …