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Schlagwort: marathon

marathon als training: 1. darmstadt-marathon 2008

nach dem muskelfaser­riss am rennsteig war mir ziem­lich bald klar, dass ich für den darm­stadt-marathon nicht mehr rechtzeit­ig und genug trainieren würde kön­nen. da ich aber nun mal schon angemeldet war und das start­geld schon einge­zo­gen war, plante ich den von der sparkasse organ­isierten marathon ein­fach als lan­gen lauf in mein train­ing ein. das war aber ein­fach­er gesagt als gelaufen ;-). denn das heißt, dass ich keinen meter geta­pert habe, son­dern auch die let­zte woche voll im train­ing geblieben bin. und um dem ganzen noch die kro­ne aufzuset­zen, hat­te ich mir in den kopf geset­zt, am fre­itag nach­mit­tag mit dem liegerade von erbach nach darm­stadt zu fahren — auch noch ein­mal ca. 50 km mit eini­gen gifti­gen anstiegen (aber auch ein­er wun­der­schö­nen abfahrt, von böll­stein nach brens­bach). beson­ders erholt war ich also nicht, als ich mich heute mor­gen um 7 uhr in darm­stadt (mein brud­er hat mir fre­undlicher­weise ein bett zur ver­fü­gung gestellt, so dass zumin­d­est die anreise kurz blieb) aus dem bett quälte, ein paar scheiben brot aß und schon ein­mal wass­er tank­te. mit bus und straßen­bahn ging es dann — zusam­men mit ein­er meute ander­er laufwütiger — zum hochschul­sta­dion am böl­len­fall­tor. dort rei­hte ich mich noch ein­mal in die toi­let­ten­schlange ein (kein schnelles unternehmen, wie immer bei solchen ver­anstal­tun­gen) und ver­suchte meinen klei­der­beu­tel abzugeben. die helfer dort waren freilich etwas über­lastet — nicht das let­zte mal, das mir das an diesem tag auffiel. fre­undlich und hil­fs­bere­it waren sie trotz­dem alle. so ließ ich meinen sack also ein­fach auf dem großen haufen vor der sporthalle — im ver­trauen darauf, dass er tat­säch­lich noch richtig ein­sorti­er wer­den würde (das hat auch pri­ma geklappt). und dann war es auch schon nicht mehr lange bis 8.30 uhr — also auf zur star­tauf­stel­lung. die hielt gle­ich die näch­ste über­raschung bere­it: dort war näm­lich nicht ein­mal dicht gedrängt platz für alle läufer. beson­ders schlimm ist das ja nicht, die zeit wird ja eh’ erst bei über­querung der star­tlin­ie gemessen. ner­ven tut so etwas aber schon ein biss­chen. genau wie der umstand, dass der junior­cup sich kurz vor dem start durch die gesamten läufer­masse durch­quetschen musste — das war ein­fach falsch geplant …

über­haupt die läufer­massen. schnell stellte sich näm­lich nach dem pünk­tlich erfol­gtem startschuss (den ich natür­lich nicht hörte, dazu war ich zu weit hin­ten) her­aus, dass doch arg viele läufer mit­macht­en. denn die strecke wurde schon nach weni­gen kilo­me­tern immer schmaler, bis sie irgend wann (ich glaube, so ca. bei km 5) ein nor­maler feld­weg war. und das war arg eng, denn es dauerte gefühlte ewigkeit­en, bis sich das feld halb­wegs sortiert hat­te. und die ständi­ge über­holerei und lück­en­sprin­gerei ist halt auf dauer nicht nur anstren­gend, son­dern auch ner­vend. ein pas­sage fand ich — angesichts von über 6000 teil­nehmern in allen wet­tbe­wer­ben — arg eng: hier war näm­lich nur eine fahrbahn­spur der straße für die läufer abges­per­rt. und aus­gerech­net dieser teil wurde in bei­de rich­tun­gen belaufen, so dass wirk­lich kaum noch platz war … aber sei’s drum, ich war ja nicht da, um eine reko­rdzeit zu laufen. dem hätte auch das wellige höhen­pro­fil nicht so sehr gedi­ent, das vor allem in der zweit­en runde (die mit leicht­en abwand­lun­gen dier ersten 21 km vari­ierte) doch ordentlich kraft forderte. merk­bar war die volle strecke allerd­ings auch an den labesta­tio­nen: in der ersten runde war im mit­telfeld (in dem ich mich wäh­nte, vielle­icht irre ich mich dabei aber auch) kaum noch wass­er zu kriegen — weil die helfer ein­fach nicht nachka­men mit dem ein­füllen. das ist so etwas, das ich eher ärg­er­lich finde bei so einem organ­isierten wet­tkampf. bei der reich­halti­gen verpfle­gung (obst, müs­liriegel) war dage­gen immer viel platz vor den tis­chen …

aber da wollte ich ja nicht hin: im train­ing gibt’s während des laufens nur wass­er. na gut, ab km 30 habe ich auch ein­mal pow­er­rade pro­biert (viel zu süß, löscht den durst über­haupt nicht gut) und einige kilo­me­ter vor schluss mir dann doch auch noch den cola-boost gegön­nt. denn zwis­chen­zeitlich hat­te ich zu kämpfen. dass es anstren­gend wer­den würde, merk­te ich schon am beginn der zweit­en run­den, die den eigentlich eher leicht­en anstieg der bun­desstraße am böl­len­fall­tor hin­aufging. so unge­fähr ab kilo­me­ter 30 wurde es dann richtig schw­er — zumin­d­est men­tal. so arg viel an geschwindigkeit habe ich da nicht einge­büßt. aber dafür so einige ver­wün­schun­gen aus­gestoßen und mich über meine blöd­heit, im train­ing einen marathon laufen zu wollen, aufgeregt. zum glück habe ich aber durchge­hal­ten — auch wenn ich mehrmals kurz davor war, abzubrechen (aber was macht man dann mit­ten im wald?) -, denn so unge­fähr ab kilo­me­ter 36 lief es wieder ziem­lich gut. vielle­icht lag es ja auch daran, dass ich schon mit­ten in den zwanzigern ange­fan­gen hat­te, rück­wärts zu zählen — das ist nicht sehr hil­fre­ich, glaube ich. so ab 32,33 kilo­me­tern ist das ok, dann wird der rest über­schaubar, aber bei km 24 wartet doch noch eine ganze menge an weg auf einen …

jeden­falls schaffte ich es doch ziem­lich gut, mein tem­po zu hal­ten. auch wenn ich eigentlich nicht im plan war — viel zu früh war ich (nach den sehr gemütlichen ersten drei kilo­me­tern) zu schnell gewor­den. doch ganz falsch lag ich nicht, denn auf der zweit­en runde (also nach dem halb­marathon) wurde ich nur von einem läufer über­holt — ich selb­st sam­melte dage­gen dutzende ein (hun­dert waren es ganz bes­timmt …) ins­ge­samt habe ich auch einen ordentlich negat­tiv­en split hin­bekom­men: der erste halb­marathon mit unge­fähr 1:52 stun­den, der zweite dage­gen mit 1:45 doch einige minuten schneller. für’s train­ing ok war auch der schnitt von 5:07. eigentlich wollte ich näm­lich jen­seits der 5:10 bleiben. aber dafür fehlte mir eben wieder ein­mal die diszi­plin — das kon­trol­lierte langsam­laufen habe ich immer noch nicht so ganz im griff. nun ja, bei ein­er gesamtzeit von 3:38:23 sollte ich nicht zuviel meck­ern, das ist immer­hin eine neue per­sön­liche bestzeit auf der marathondis­tanz.  und ein wahnsin­nger platz 9 mein­er alter­sklasse — kann ich kaum ver­ste­hen …

nun ja, damit wäre dieses exper­i­ment also auch erledigt. zur nachah­mung empfehlen kann ich es nur bed­ingt — ein marathon bleibt halt immer ein marathon. auch im train­ing. und der tag ist damit doch weites­ge­hend gelaufen …

zum schluss noch die fotos von sporton­line-foto:

wovon haruki murakami schreibt, wenn er vom laufen schreibt

ein schönes kleines buch, in dem so ziem­lich alles rund ums laufen ste­ht. und noch ganz nett geschrieben, klar und präzise, flüs­sig zu lesen.

das inter­es­sante sind hier aber natür­lich die inhalte, die reichen erfahrun­gen, die muraka­mi als langjähriger läufer gemacht. dabei geht es gar nicht so sehr um tech­nis­che details — das buch wen­det sich schließlich an ein all­ge­meines pub­likum, nicht nur an läufer. son­dern vor allem um per­sön­lich­es, um verän­derun­gen der eigen- und fremder­fahrung. natür­lich spie­len auch ver­meintliche kleinigkeit­en immer wieder hinein. etwa die auswahl passender schuhe, wenn muraka­mi vom “psy­chol­o­gis­chen vorteil” guter schuhe berichtet (übri­gens ist er, wie ich auch, offen­bar ein mizuno-fan).

muraka­mi ist zwar kein streak­läufer, prak­tiziert aber trotz­dem das tägliche laufen — mit unter­brechun­gen — als ziel und meth­ode. auch wieder ein sym­pa­this­ch­er zug an ihm. vor allem aber die offen­heit, mit der er nicht nur von den schmerzen des vor­bere­i­t­en­den train­ings berichtet, son­dern auch die erfahrung und ver­ar­beitung von nieder­la­gen erläutert, sind gute pas­sagen. ger­ade das let­ztere, die aus­dauernde und tiefe refk­lek­tion der nieder­lage — die ja beim laufen weniger mit dem “ver­lieren” im wet­tkampf  als mit dem nichter­re­ichen eines per­sön­lichen zieles zusam­men­hängt — ist wohl etwas wirk­lich läufer­typ­is­ches: läufer scheinen sich viel inten­siv­er mit diesen erfahrun­gen auseinan­derzuset­zen als andere hob­bysportler. wohl ein­fach deshalb, weil langstreck­en­läufer — wenn sie nicht außeror­dentliche begabun­gen sind — nie da herumkom­men, irgend­wann eine oder die andere zu erfahren. und im gegen­satz zu wet­tkampf- und/oder mannschaftss­portarten ist man halt immer wirk­lich selb­st schuld — es gibt sozusagen keine ausre­den. aber genau dieses moment ist es auch wieder, dass das laufen so wertvoll macht: man lernt, mit solchen rückschlä­gen umzuge­hen — man muss es ler­nen. man lernt sozusagen so etwas wie “demut”: auch wenn man auf der einen seite die erfahrung der enor­men leis­tungs­fähigkeit eines men­schlichen kör­pers (und ihrer steigerungs­fähigkeit) macht, so lernt man eben auch die gren­zen dieses kör­pers immer wieder ganz unmit­tel­bar ken­nen. das ist eine wesentliche erfahrung, die jed­er halb­wegs ambi­tion­ierte läufer macht. und die beschreibt muraka­mi sehr gut — ich glaube, anhand seines textes kön­nen das auch nichtläufer nachvol­lziehen …

auch die vielfälti­gen verän­derun­gen durch und im laufen kom­men bei ihm nicht zu kurz: die verän­derun­gen der wahrnehmung etwas, von sich selb­st und der umge­bung, die man anders — inten­siv­er gar nicht unbe­d­ingt, aber direk­ter, näher — erfährt — z.b. den wan­del der zeit, der jahreszeit­en, der jahre … natür­lich auch die verän­derun­gen des eige­nen kör­pers. aber auch die verän­derun­gen des “geistes” — die (konzentrations-)stärke (die hm die par­al­lele zum schreiben ziehen lässt) zum beispielt, das durch­hal­tev­er­mö­gen, die forderung der eige­nen fähigkeit­en, die aus­lo­tung von gren­zen und der ver­such, diese gren­zen im rah­men der möglichkeit­en zu ver­schieben. all das ste­ht in diesem kleinen, sym­pa­this­chen büch­lein auf ganz unauf­dringliche, per­sön­lich gefärbte weise geschrieben.

haru­ki muraka­mi: wovon ich rede, wenn ich vom laufen rede. köln: dumont 2008.

der ultramarathonmann

als vor­bere­itung auf den rennsteig-super­marathon sozusagen schon ein­mal passende lek­türe: dean kar­nazes’ ultra­ma­rathon­man. aus dem leben eines 24-stun­den-läufers (riva 2008). einige beein­druck­ende lauf­schilderun­gen ver­sam­melt er dort, vor allem die erfahrung seines ersten offiziellen ultras, des 100 meilen-laufes west­ern states endurance. danach wird’s dann etwas, nun­ja, ver­rückt: bad­wa­ter halte ich ja schon für gren­zw­er­tig, aber einen marathon zum süd­pol — das ist schon etwas selt­sam. und es hat ja selb­st für solche läufer nur mit biegen und brechen funk­tion­iert. anson­sten ganz nettes büch­lein (lei­der nicht sehr inspierend über­set­zt — höhenangaben in fuß helfen mir nicht sehr viel …), das immer wieder um den gedanken kreist, warum men­schen eigentlich solche extreme dinge tun. und das vor allem so ehrlich ist, darauf keine wirk­liche antwort zu haben. angenehm auch, dass er rein auf sich selb­st fix­iert bleibt: platzierun­gen und ergeb­nisse spie­len (fast) gar keine rolle: hier — zumin­d­est in dem buch — geht es kar­nazes um das erleb­nis des laufens, die erfahrung der über­win­dung aller möglichen schmerzen …

so einiges wahres ste­ht da drin: “Laufen bedeutete in erster Lin­ie: raus­ge­hen und Erfahrun­gen sam­meln. Ich sah, wie Gebäude ent­standen, wie die Vögel nach Süden zogen, un ich Wech­sel der Jahreszeit­en sah ich die Blät­ter fall­en und die Tage kürz­er wer­den” (s. 30) — es ist im prinzip banal und so ziem­lich jed­er läufer hat dies wohl schon bemerkt. aber es stimmt. naja, von der art gibt es eine menge beobach­tun­gen und mei­n­un­gen hier.

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