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Schlagwort: hass

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Ins Netz gegangen (5.12.)

Ins Netz gegan­gen am 5.12.:

  • Poli­ti­cal Cor­rect­ness: Genug mit dem dum­men Geschwätz! | Zeit → wie­der eine sehr gute & tref­fen­de kolum­ne von Mely Kiyak

    Poli­ti­cal Cor­rect­ness kann man weder über­zie­hen noch über­trei­ben. Es sei denn, man hat genug vom Den­ken und von der Lust, Gleich­heit unter Men­schen zu schaf­fen. Genug davon, Viel­falt als Gleich­wer­tig­keit zu betrach­ten. Wer degra­die­ren­de Begrif­fe für Schwar­ze, Homo­se­xu­el­le oder Mus­li­me im poli­ti­schen Dis­kurs für unver­zicht­bar hält, muss von vorn begin­nen. Nicht die­je­ni­gen, die die­sen Zivi­li­sa­ti­ons­sprung schon hin­ter sich gebracht haben, müs­sen sich den poli­tisch Unkor­rek­ten anpas­sen, son­dern umge­kehrt.

  • Poli­ti­cal cor­rect­ness: how the right inven­ted a phan­tom ene­my | Guar­di­an → moira weigel vom „guar­di­an“ unter­sucht sehr aus­führ­lich und mit viel hin­ter­grund das kon­zept der „poli­ti­schen kor­rekt­heit“ als vor­wurf und ankla­ge

    None of the sto­ries that intro­du­ced the men­ace of poli­ti­cal cor­rect­ness could pin­point whe­re or when it had begun. Nor were they very pre­cise when they explai­ned the ori­g­ins of the phra­se its­elf. Jour­na­lists fre­quent­ly men­tio­ned the Soviets – Bern­stein obser­ved that the phra­se “smacks of Sta­li­nist ortho­do­xy”– but the­re is no exact equi­va­lent in Rus­si­an. (The clo­sest would be “idein­ost”, which trans­la­tes as “ideo­lo­gi­cal cor­rect­ness”. But that word has not­hing to do with dis­ad­van­ta­ged peo­p­le or mino­ri­ties.) The intellec­tu­al his­to­ri­an LD Bur­nett has found scat­te­red examp­les of doc­tri­nes or peo­p­le being descri­bed as “poli­ti­cal­ly cor­rect” in Ame­ri­can com­mu­nist publi­ca­ti­ons from the 1930s – usual­ly, she says, in a tone of mockery.

    The phra­se came into more wide­spread use in Ame­ri­can lef­tist cir­cles in the 1960s and 1970s – most likely as an iro­nic bor­ro­wing from Mao, who deli­ver­ed a famous speech in 1957 that was trans­la­ted into Eng­lish with the title “On the Cor­rect Hand­ling of Con­tra­dic­tions Among the Peo­p­le”.

    But soon enough, the term was rebran­ded by the right, who tur­ned its mea­ning insi­de out. All of a sud­den, ins­tead of being a phra­se that lef­tists used to check dog­ma­tic ten­den­ci­es within their move­ment, “poli­ti­cal cor­rect­ness” beca­me a tal­king point for neo­con­ser­va­ti­ves. They said that PC con­sti­tu­ted a left­wing poli­ti­cal pro­gram­me that was sei­zing con­trol of Ame­ri­can uni­ver­si­ties and cul­tu­ral insti­tu­ti­ons – and they were deter­mi­ned to stop it.

  • Der Hass ist nicht neu. Für uns nicht. | Ueber­me­di­en → noch ein­mal mely kiyak, hier ihre rede von der ver­lei­hung des otto-bren­ner-prei­ses, in der sie auf pro­ble­ma­ti­sche ent­wick­lun­gen in gesell­schaft und v.a. den medi­en hin­weist, die immer noch nicht ras­sis­mus ras­sis­mus nen­nen wol­len und anders­ar­tig­keit oder ver­schie­den­heit immer noch nicht ver­ste­hen
  • Es gibt kei­ne digi­ta­len Grund­rech­te |algorithmwatch.org → algo­rith­m­watch ana­ly­siert den vor­schlag für eine eu-char­ta digi­ta­ler grund­rech­te. ich ten­die­re dazu, mit die­ser ana­ly­se (und eini­gen ande­ren kri­tik­punk­ten, u.a. bei tante.cc) über­ein­zu­stim­men …

    Wir brau­chen nicht neue Grund­rech­te, wir brau­chen eine Revi­si­on der vor­han­de­nen Kri­te­ri­en für deren Anwen­dung im digi­ta­len Zeit­al­ter.

Ins Netz gegangen (18.10.)

Ins Netz gegan­gen am 18.10.:

  • „Stendhal hät­te es mit einem Agen­ten ver­mut­lich leich­ter gehabt“ | Voll­text → aus­führ­li­ches inter­view mit dem ehe­ma­li­gen lek­tor und piper-ver­le­ger mar­cel hart­ges, der jetzt lite­ra­tur­agent ist, über ver­la­ge und markt, lite­ra­tur und autoren (ja, in ers­ter linie die männ­li­chen …)
  • How Did Walm­art Get Clea­ner Stores and Hig­her Sales? It Paid Its Peo­p­le More | New York Times → lan­ge repor­ta­ge über walm­art und sei­ne ver­su­che, umsät­ze zu stei­gern – durch die bes­se­re behand­lung & bezah­lung sei­ner mit­ar­bei­ter (wer könn­te auch dar­auf kom­men …)

    But in ear­ly 2015, Walm­art announ­ced it would actual­ly pay its workers more.

    That set in moti­on the big­gest test ima­gi­nable of a basic argu­ment that has con­su­med ivo­ry-tower eco­no­mists, uni­on-hall orga­ni­zers and cor­po­ra­te exe­cu­ti­ves for years on end: What if pay­ing workers more, trai­ning them bet­ter and offe­ring bet­ter oppor­tu­ni­ties for advance­ment can actual­ly make a com­pa­ny more pro­fi­ta­ble, rather than less?

    und auch wenn das, was walm­art macht, sicher nicht das best­mög­li­che (für die arbei­ten­den) ist, so scheint es doch in die rich­ti­ge rich­tung zu gehen. und sich auch für das unter­neh­men zu loh­nen …

  • SPIE­GEL-Gespräch: „Mit der Sor­ge kommt die Blind­heit“ | Spie­gel → caro­lin emcke im gespräch mit dem spie­gel:

    Die Aggres­si­vi­tät und Miss­ach­tung betref­fen nicht nur die­je­ni­gen, auf die Brand­an­schlä­ge ver­übt wer­den, vor deren Moscheen oder Syn­ago­gen Schweins­köp­fe abge­legt wer­den. Sie betref­fen nicht nur Homo­se­xu­el­le oder Trans­per­so­nen, die sich fürch­ten müs­sen, auf der Stra­ße ange­grif­fen zu wer­den. Alle, die in einer libe­ra­len, zivi­len Gesell­schaft leben wol­len, sind betrof­fen.

    Ich sehe nicht ein, war­um ich mich intel­lek­tu­ell und emo­tio­nal ver­stüm­meln las­sen soll­te durch die­sen Hass. Ich den­ke, es braucht Ein­spruch, Wider­spruch, aber einen, der all das mobi­li­siert, was den Fana­ti­kern der „Rein­heit“, den Dog­ma­ti­kern des Homo­ge­nen und angeb­lich Ursprüng­li­chen abgeht: näm­lich die nicht nach­las­sen­de Bereit­schaft zu dif­fe­ren­zie­ren und das, was Han­nah Are­ndt ein­mal „lachen­den Mut“ nann­te. Eine gewis­se hei­te­re, muti­ge Freu­de dar­an, auch mal Ambi­va­len­zen aus­zu­hal­ten, Selbst­zwei­fel zuzu­las­sen, auch ein Zutrau­en in die Fähig­keit, gemein­sam zu han­deln.

    Wir dür­fen uns als Gesell­schaft doch nicht zurück­zie­hen, nur weil wir die Aggres­si­ven auf der Stra­ße nicht errei­chen. Für die gewalt­be­rei­ten Fana­ti­ker sind die Poli­zei und die Staats­an­walt­schaf­ten zustän­dig. Aber für all die klei­nen, schä­bi­gen Ges­ten und Gewohn­hei­ten des Aus­gren­zens sind alle zustän­dig. Es wür­de auch schon hel­fen, wenn man­che Par­tei­en sich nicht dar­in über­bie­ten wür­den, einer poli­tisch radi­ka­len Min­der­heit die Arbeit abzu­neh­men. Durch Anbie­de­rung ver­schwin­det Popu­lis­mus nicht.

  • Und ich so: Was habt ihr gegen Oba­ma? | taz → der gan­ze gegen­wär­ti­ge us-ame­ri­ka­ni­sche irr­sinn in einem satz:

    Im Bio­un­ter­richt schrei­ben wir eine Arbeit über den Urknall. Als Ash­lie alle Fra­gen durch­streicht und dafür die Schöp­fungs­ge­schich­te aus der Bibel hin­schreibt, bekommt sie die vol­le Punkt­zahl.

    auch der rest des tex­tes einer schü­le­rin über ihr aus­tausch­jahr in den usa, dass sie in die pam­pa von min­ne­soat führ­te, ist sehr inter­es­sant & gut
    (via wirres.net)

Ins Netz gegangen (31.10.)

Ins Netz gegan­gen am 31.10.:

  • 9Nov38 – ein Expe­ri­ment auf Twit­ter | Schmalenstroer.net – Auch Micha­el Schma­len­stroer hat noch ein paar Absät­ze zu sei­nem Pro­jekt @9Nov38:

    Es ist aber etwas ande­res, eine küh­le Ver­wal­tungs­ak­te zu lesen, in der mit aller ver­wal­tungs­tech­ni­schen Akri­be die Ent­re­chung, Ermor­dung und Berau­bung von Men­schen aus­ge­ar­bei­tet wird. In einem nor­ma­len Geschichts­buch wird von “Het­ze und Pro­pa­gan­da” in den Zei­tun­gen geschrie­ben. Das zu lesen, kann schon an die Nie­ren gehen.

    Das ist ja gera­de das, was ich an Twit­ter, Blogs etc so lie­be: Man kann sol­che „Klei­nig­kei­ten“ aus den Quel­len ein­fach mal vor­stel­len, zei­gen, zitie­ren und erzäh­len, ohne gleich ein rich­ti­ges „The­ma“ oder eine For­schungs­fra­ge haben zu müs­sen (oder die gar beant­wor­ten zu müs­sen).

  • Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums Acta Borus­si­ca – Das von 1994 bis 2003 täti­ge Aka­de­mien­vor­ha­ben „Die Pro­to­kol­le des Preu­ßi­schen Staats­mi­nis­te­ri­ums (1817–1934/38)“ hat in 12 Reges­ten­bän­den über 5.200 Sit­zungs­pro­to­kol­le der obers­ten Kol­le­gi­al­be­hör­de des preu­ßi­schen Staa­tes wis­sen­schaft­lich erschlos­sen.
    Die gesam­te Edi­ti­on fun­diert auf Quel­len­be­stän­den des Gehei­men Staats­ar­chivs Preu­ßi­scher Kul­tur­be­sitz Ber­lin-Dah­lem sowie des Bun­des­ar­chivs Ber­lin-Lich­ter­fel­de und ist im Ver­lag Olms-Weid­mann erschie­nen – alle online frei zugäng­lich als pdfs.
  • Neue Dis­count­mar­ke “Ohne teu­er”: Real will jetzt auch bil­lig kön­nen | Super­markt­blog – „(Klei­ner Tipp: Weni­ger Phil Coll­ins könn­te die Kun­den­fre­quenz von allei­ne dras­tisch erhö­hen.)“ #wahr­heit >
  • Kommt ein Imam in eine Kir­che… « Radi­ka­le Ansich­ten – Manch­mal ist Deutsch­land ein­fach nur ver­rückt:

    Kommt ein Imam in eine Kir­che …
    … dann gibt es mitt­ler­wei­le immer öfter Ärger. Zuletzt im pfäl­zi­schen Ham­bach, als wäh­rend einer Anti-Kriegs­mes­se ein isla­mi­scher Gebets­ruf erklang. Für selbst­er­nann­te “Islam­kri­ti­ker” ein Anlass zur Hys­te­rie.

    Yas­sin Mush­ar­bash bei Zeit-Online über die total hys­te­ri­schen (und die Wahr­heit mehr als ein­mal kräf­tig ver­dre­hen­den) Pro­tes­te anläss­lich der Auf­füh­rung einer Mes­se von Karl Jenk­ins.

  • » @9Nov38: Ein Pro­jekt als Kom­pro­miss – @hellojed erklärt das span­nen­de Pro­jekt, über Tweets den 9.11.1938 (und etwas Vor­ge­schich­te) zu – nun ja, wie soll man’s nen­nen? – erzäh­len, ver­ge­gen­wär­ti­gen, leben­dig zu machen oder zu hal­ten
  • Schluss mit Lus­tig? Über die sehr gerin­gen Chan­cen, vor Lachen einen kla­ren poli­ti­schen Gedan­ken zu fas­sen. | Das Schöns­te an Deutsch­land ist die Auto­bahn – Georg Seeß­len schreibt einen sehr lesens­wer­ten, nach­denk­li­chen und besorg­ten Text über unse­re Zeit:

    Ich bin gespal­ten. Ich wün­sche mir kei­ne Rück­kehr der Sau­er­töp­fe und der Recht­ha­ber, schon gar kei­ne der Sta­li­nis­ten und Semi­na­ris­ten. Zu Recht miss­traut die Kul­tur des Unerns­tes den gro­ßen Welt­er­zäh­lun­gen und heroi­schen Mythen der Geschich­te, zu Recht miss­traut sie Lösun­gen, Model­len, Pro­jek­tio­nen, Hel­den und Vor­den­kern; zu Unrecht aber glaubt sie, man kön­ne sich durch Iro­nie, Mode­ra­ti­on und Distanz von der Ver­ant­wor­tung für den Lauf der Din­ge befrei­en. Zu Unrecht glaubt sie an eine Mög­lich­keit, sich raus­zu­hal­ten und trotz­dem alles zu sehen. Zu Unrecht glaubt die Kul­tur von Abklä­rung und Unernst, den Mäch­ti­gen sei am bes­ten mit tak­ti­scher Nach­gie­big­keit und einem Hauch von Sub­ver­si­on zu begeg­nen. Lei­den­schaft­li­che und zor­ni­ge Ges­ten erschei­nen in der Kul­tur als kin­disch, vul­gär und unan­ge­nehm.
    […] Bis­lang hat doch noch ein jeder zu Ende gedach­ter Gedan­ken nichts als Ter­ror oder Wahn mit sich gebracht. Bis­lang ist aus jeder Über­zeu­gung eine Ideo­lo­gie, und aus die­ser ein neu­er Unter­drü­ckungs­ap­pa­rat gewor­den.

    Es ist ja auch ver­rückt: Alles hat sei­ne Dia­lek­tik, alles hat sein Gegen­teil. Und Extre­me sowie­so. Viel­leicht müs­sen wir uns wirk­lich wie­der ganz weit zurück besin­nen. Zum Bei­spiel auf die Niko­ma­chi­sche Ethik des Aris­to­te­les? Aber deren polii­ti­sche Impli­ka­tio­nen sind viel­leicht auch nicht unbe­dingt unser Ding (und unser Heil wohl auch nicht …). Es ist eben schwie­rig, das alles. Und Aus­we­ge gibt es viel­leicht auch gar nicht. Denn die Gefahr ist immer dar. Im Moment zum Bei­spiel so:

    Aber sie ist auf dem bes­ten Weg, eine Gesell­schaft der grau­sa­men Gleich­gül­tig­keit zu wer­den, eine Gesell­schaft, die aus lau­ter Iro­nie und Mode­ra­ti­on der poli­ti­schen Lei­den­schaf­ten gar nicht mehr erkennt, dass sie sel­ber zu etwas von dem gewor­den ist, was sie fürch­tet. Denn auch die Abklä­rung hat so ihre Dia­lek­tik, auch sie kann zum Dog­ma und zum Wahn wer­den.

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