Der dunkle Herbst kehrt ein voll Frucht und Fülle,
[…]—Georg Trakl, Der Herbst des Einsamen
Vergilbter Glanz von schönen Sommertagen.
Ein reines Blau tritt aus verfallener Hülle;
Der Flug der Vögel tönt von alten Sagen.
Gekeltert ist der Wein, die milde Stille
Erfüllt von leiser Antwort dunkler Fragen
Schlagwort: gedicht
Ins Netz gegangen am 17.2.:
- SENSATIONSFUND ERSTEN RANGES: NEUES TRAKL-GEDICHT ENTDECKT! — bei einer bibliotheksauflösung in wien wurde ein bisher auch den trakl-spezialisten unbekanntes gedicht von georg trakl entdeckt: „hölderlin“ hat trakl auf dem vorsatz eines bandes seiner hölderlin-ausgabe (wohl in reinschrift) notiert. die salzburger „Georg Trakl Forschungs- und Gedenkstätte“ hat das erworben und als foto, in einer transkription und mit einem kommentar hier veröffentlicht.
- Silicon Valley: Jenseits von Awesome | Zeit — davd hug, literaturredakteur der „zeit“, hat das silicon valley besucht. und eine herrliche reportage darüber geschrieben, voller sanftem spott, ironischer distanz und präzise treffenden formulierungen über eine seltsame mischung aus utopie der technologischen zukunft und härten des alltäglichen lebens der gegenwart
- KarikaturenWiki — Karikaturen gehören zu den schönsten wie zugleich zu den anspruchsvollsten Quellen im Deutsch‑, Geschichts- oder Politikunterricht. Sie sind deshalb so scher zu entschlüsseln, weil sie sich einer Zeichen- und Symbolsprache bedienen. Diese Zeichen und Symbole konnten in ihrer Zeit meist bei den Leserinnen und Lesern der Zeitungen und Zeitschriften, in denen die Karikaturen erschienen sind, als bekannt vorausgesetzt werden. Einige dieser Zeichen benutzen wir heute auch noch, andere nicht mehr.
Dieses Wiki soll dabei helfen, die Entschlüsselung von Karikaturen in der Schule einfacher zu machen.
- „Versteckte Kamera“ im ZDF: Das muss eine Parodie sein | Süddeutsche Zeitung — hans hoff zerreißt die „versteckte kamera“ von zdf mit aplomb und häme:
Außerdem trägt er einen Hipster-Bart, also irgend so eine Wuschelbehaarung, die man von Angehörigen der Taliban und arbeitslosen Berliner Drehbuchautoren kennt.
[…]
Wenn man etwas Gutes über Steven Gätjen sagen möchte, könnte man anmerken, dass er ein guter Oberkellner wäre. Er kann sich Sachen merken, kann Sätze unfallfrei aussprechen, und hier und da hat er sogar eine kecke Bemerkung parat. […] Das wirklich Gute an Gätjen ist aber vor allem seine Diskretion. Kaum hat er seine Ansage vollendet, verschwindet er komplett aus der Erinnerung des Zuschauers und belästigt diesen nicht mit eventuell zu befürchtenden Eruptionen von Charisma oder Originalität. So wie sich das für einen ganz dem Dienstleistungsgedanken verpflichteten Oberkellner nun mal gehört.
[…]
Für diese beiden Momente hat sich Die versteckte Kamera 2016 gelohnt. Für alles andere nicht. - Och, schade: die taz darf nicht zu „Cinema for Peace“ | taz Hausblog
Ins Netz gegangen am 23.4.:
- Bislang unveröffentlichte Wehrmachtsakten jetzt online zugänglich — das dhi moskau und das zentralarchiv des russ. verteidigungsminsteriums haben bisher unveröffentlichte wehrmachtsakten digitalisiert und stellen sie (in kürze) online zur verfügung
Der Bestand der deutschen Dokumente im Zentralarchiv des Verteidigungsministeriums umfasst ca. 28.000 Akten und ist insgesamt in 50 Findbücher gegliedert. Nach dem Abschluss der ersten Projektphase werden am 29. April 2015 die für die Forschung besonders wichtigen Unterlagen des Oberkommandos der Wehrmacht (271 Akten) und des Heeres (988 Akten) sowie der Heeresgruppe Mitte (852 Akten) weitgehend online zugänglich gemacht. Ausgenommen sind bislang großformatige Karten, deren Digitalisierung besonders aufwändige Technologien erfordert. In einer zweiten Projektphase folgen in Kürze die Bestände der Heeresgruppe „Weichsel“ (54 Akten), des Amts Ausland/Abwehr im OKW (52 Akten), der Waffen-SS und Polizei (120 Akten) sowie Beutedokumente der Aufklärungsverwaltung beim Generalstab der Roten Armee –GRU (332 Akten).
- Bundesnachrichtendienst: Neue NSA-Affäre erschüttert BND — SPIEGEL ONLINE — Überwachung: Neue Spionageaffäre erschüttert BND (und mich auch …)
- We Can’t Let John Deere Destroy the Very Idea of Ownership | WIRED — wenn urheberschutz (und so etwas wie software-patente …) wild laufen, freuen sich konzerte — denn dann kommt so etwas heraus:
John Deere and General Motors want to eviscerate the notion of ownership. Sure, we pay for their vehicles. But we don’t own them. Not according to their corporate lawyers, anyway
- 31 Theorieansätze: Woran erkennt man ein Gedicht? — NZZ — der verleger jochen jung (von jung & jung) hat 31 “theorieansäatze” (man könnte sie auch thesen nennen) über das wesen von gedichten notiert:
Gedichte strahlen in ihrer Herrlichkeit, sie können blenden (aber nicht blind machen). Bisweilen sind sie auch Blender.
- Journalismus als Katastrophe | Lesen was klüger macht — eine erklärende abrechnung mit dem zustand des journalismus heute von georg seeßlen
Einen Unterschied zwischen „Qualitätsjournalismus“ und Boulevard kann es dann nicht mehr geben, wenn alle Nachrichtenmedien einerseits aus den gleichen Interessen und den gleichen Quellen entstehen, und wenn sie andererseits alle an die gleichen Kunden (Anzeigen auf der einen, Leute die Kaufen, einschalten, klicken usw. auf der anderen) wollen, wenn sie Downgraden von Niveau und Respekt als Überlebensstrategie rechtfertigen. Dabei werden die Tricks der Nachrichtenerzeugung aus mehr oder weniger nichts immer selbstzerstörerischer.[…]
Kann denen mal vielleicht jemand sagen, dass die Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem Journalismus nicht darin liegen kann, dass man letzte Grenzen der Niedertracht überschreitet oder nicht, sondern darin, dass man seine Arbeit und seinen Auftrag grundsätzlich anders versteht? - Auf Kante gepresst — Warum der Vinyl-Hype die Schallplatte kaputtmacht | Das Filter — interessante einblicke in die schwierigkeiten, die es mit sich bringt, ein “veraltetes” medium wie die schallplatte weiter zu produzieren — v.a. die probleme, die fehlender neubau von produktionsmaschinen und ‑werkzeug verursachen (von der frage nach material für zwischenstufen ganz abgesehen) …
Gegen die Bildungshuberei, die viele Interpreten vor ihre Lektüren von Gedichte stellen, schreibt Jahn Kuhlbrodt1 auf “Postkultur” in einer kleinen Thesensammlung zur rezipientenorienten Hermeneutik lyrischer Sprachwerke (wenn man das alles so nennen mag …):
Verstehen setzt Bildung nicht voraus, sondern ist die Bildung. Der Rezipient also bildet sich im Erschließen des Textes selbst, entwickelt sein Vokabular und Werkzeug, und somit sich selbst.
Und gegen die Behauptung der “Unverständlichkeit”, die ja tatsächlich auch theoretisch gar nicht so einfach zu fassen ist, setzt er die ganz und gar klare, unzweideutige Ansage:
Es gibt keine unverständlichen Gedichte (kein einziges).
Und damit ist schon klar: Zum Lesen von Lyrik braucht es keine besonderen Kenntnisse, kein spezielles Expertenwissen um die literatur- und motivgeschichtlichen Zusammenhänge, kein wie auch immer geartetes Spezialwerkzeug im Umgang mit dem Text, sondern nur ( — ja, nur! Wenn das immer so einfach wäre!) einen offenen Verstand und die Bereitschaft, sich auf den jeweiligen Text auch wirklich einzulassen und ihn nicht nur abzufertigen (meiner Erfahrung nach ist das aber schon der schwierigste Schritt überhaupt bei jeder Lektüre: Sich auf den Text und seine Verfasstheit, seine Strukturen und seine Gemachtheit, seine Bilder, Gedanken und all das wirklich ganz einzulassen — das gelingt beileibe nicht immer!). Dann ist aber auch der dritte Punkt Kuhlbrodts sowieso schon klar, nämlich:
Jedes Gedicht ist konkret.
Tja. So ist das eben. Wirklich.
Im Cultmag hat Carl Wilhelm Macke 10 sehr sinnige Regeln bzw. Gebote über das richtige, angemessene und zulässige Rezitieren von lyrischen Texten niedergeschrieben. Sie seien jedem Veranstalter, Rezitator und Lyrikliebhaber unbedingt ans Herz gelegt. Da heißt es unter anderem:
1. Während der Lesung eines Gedichts ist aus feuerpolizeilichen und versicherungsrechtlichen Gründen das Anzünden von Kerzen strengstens untersagt.
[…]
3. Ob ein Gedicht stehend, sitzend, liegend, knieend oder auf dem Kopf stehend, in gebückter oder gerader Haltung vorgetragen wird, muss dem jeweiligen Rezitator überlassen werden.
[…]
4. Ein nützliches Gedicht ist ein schlechtes Gedicht und sollte deshalb möglichst nicht vorgetragen werden. Das Rezitieren von Propagandagedichten ist nach dem Fall der Berliner Mauer, den Twin-Tower-Anschlägen vom 11. September 2001 strengstens untersagt.
Auch die anderen Gebote sind so scharf und treffend formuliert. Man sollte sie eigentlich vor jeder Rezitation als Pflichtteil ebenfalls vortragen …
Winternacht. 1. Vor Kälte ist die Luft erstarrt, Es kracht der Schnee von meinen Tritten, Es dampft mein Hauch, es klirrt mein Bart; Nur fort, nur immer fortgeschritten! Wie feierlich die Gegend schweigt! Der Mond bescheint die alten Fichten, Die, sehnsuchtsvoll zum Tod geneigt, Den Zweig zurück zur Erde richten. Frost! friere mir ins Herz hinein, Tief in das heißbewegte, wilde! Daß einmal Ruh mag drinnen seyn, Wie hier im nächtlichen Gefilde! 2. Dort heult im tiefen Waldesraum Ein Wolf; – wie’s Kind aufweckt die Mutter, Schreit er die Nacht aus ihrem Traum Und heischt von ihr sein blutig Futter. Nun brausen über Schnee und Eis Die Winde fort mit tollem Jagen, Als wollten sie sich rennen heiß: Wach auf, o Herz, zu wildem Klagen! Laß deine Todten auferstehn, Und deiner Qualen dunkle Horden! Und laß sie mit den Stürmen gehn, Dem rauhen Spielgesind aus Norden!
Wenn der Schimmer von dem Monde nun herab
In die Wälder sich ergießt, und Gerüche
Mit den Düften von der Linde
In den Kühlungen wehn;
So umschatten mich Gedanken an das Grab
Der Geliebten, und ich seh in dem Walde
Nur es dämmern, und es weht mir
Von der Blüthe nicht her.
Ich genoß einst, o ihr Todten, es mit euch!
Wie umwehten uns der Duft und die Kühlung,
Wie verschönt warst von dem Monde,
Du o schöne Natur!
“Die Rache
der Sprache
ist das Gedicht”
(Ernst Jandl)