Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: detlef kuhlbrodt

Ins Netz gegangen (31.10.)

Ins Netz gegan­gen am 31.10.:

  • Größen­wahn ǀ Der reiche Mann und das Meer — der Fre­itag — geschicht­en aus ein­er fer­nen welt. heute: als besatzung auf ein­er supery­acht. …

    Häu­fig wird von Exzessen berichtet. Jed­er hat min­destens eine haarsträubende Geschichte auf Lager, schw­er zu sagen, was davon wahr ist und was über­trieben. Das Schwein, das aus Däne­mark einge­flo­gen wird, weil jemand einen Brat­en wün­scht. Der Besitzer, der Klein­wüch­sige anheuert, damit sie zu sein­er Belus­ti­gung um das Boot herum Wasser­s­ki fahren. Die Wäsche, die per Lear­jet zur Reini­gung nach Paris geht. Der kün­stliche Strand, der jeden Tag im Heck ein­er Yacht angelegt wird. Die Deck­ies, die das umgebende Meer per Hand nach Quallen absuchen, ehe ein Gast eine Runde schwimmt. Jed­er Wun­sch ist Befehl.

  • USA: Kul­turkampf um den Geschicht­sun­ter­richt « DiePresse.com — schlimm:

    Seit Amerikas Kon­ser­v­a­tive als Reak­tion auf die ihrer Ansicht nach exzes­siv­en gesellschaftlichen Bewe­gun­gen der 1960er-Jahre die „Cul­ture Wars“ erk­lärt haben, ist das in Schulen und Uni­ver­sitäten ver­mit­telte Geschichts­bild eine der am wildesten umfocht­e­nen Fra­gen. Je mehr die Geschichtswis­senschaft sich um ein dif­feren­ziertes Ver­ständ­nis der Ver­gan­gen­heit bemüht, desto stärk­er sehen sich rechte Anhänger der Idee von Amerikas Aus­nah­merolle in der Welt von linken Defätis­ten umzin­gelt, die die Jugend mit Hass auf das Vater­land zu indok­trinieren ver­suchen.

  • Vielle­icht später: Eine Reise — LOGBUCH (Suhrkamp-Blog) — schön (detlef kuhlbrodt unter­wegs. immer ein inter­es­santes vergnü­gen für den betrachter/leser)
  • Krawalle in Köln: Har­monie mit Hooli­gans | ZEIT ONLINE — “Wenn Recht­sradikale, die sich zu Tausenden ver­sam­meln, keine poli­tis­che Ver­anstal­tung sind, … ?” >
  • Marc-André Hamelin: Keine Angst vor Extrem­is­ten | ZEIT ONLINE — volk­er hage­dorn lässt sein­er (abso­lut gerecht­fer­tigten) begeis­terung von marc-andré hamelin freien lauf:

    Die Hand ist es, die diese Musik spielt, nicht der Pianist. Man sieht förm­lich ein Lebe­we­sen über die Tas­ten rasen, krabbeln, sprin­gen, sich in sie hine­in­stürzend wie in Wogen. Keine Bewe­gung zu viel, wie ein Tier, das sich in Jahrhun­derten der Evo­lu­tion vol­len­det seinem Biotop angepasst hat.

  • Dan Visel on Twit­ter: “I am not a som­me­li­er, but you know you are drink­ing Fine Wine when there is “Lorem Ipsum” on the label: http://t.co/fntrp92lEO” — RT @dbvisel: I am not a som­me­li­er, but you know you are drink­ing Fine Wine when there is “Lorem Ipsum” on the label

Aus-Lese #17

Buch als Mag­a­zin #1: Die Ver­wand­lung.

Eine schöne Idee: Rund um einen klas­sis­chen Text — bei der ersten Num­mer ist es Franz Kafkas “Die Ver­wand­lung” — sam­meln die Mag­a­z­in­mach­er Texte, Inter­views, Grafiken und Fotos. Die hän­gen an einzel­nen Aspek­ten der “Ver­wand­lung”, an Assozi­a­tio­nen oder Inter­pre­ta­tion­san­sätzen. Schöne Lek­türen, auch ein schön gemacht­es Mag­a­zin.

Elke Erb: Men­sch sein, nicht. Gedichte und andere Tage­buch­no­ti­zen. 2. Auflage. Basel, Weil am Rhein, Wien: Urs Engel­er Edi­tor 1999. 136 Seit­en.

Das Gedicht erscheint
Sobald es erschienen ist,
ist es ver­schwun­den. (90)

Schon der Unter­ti­tel ver­weist auf die typ­is­che Erb-Form: Gedichte als Tage­buch. Men­sch sein, nicht ver­sam­melt unheim­lich viel davon — so viel, dass es mir manch­es Mal zu viel war, dieser unge­heure Mate­ri­al­berg oder ‑wust. Ein­fälle und Gedanken in den ver­schieden­sten For­men — als knappes „Gedicht“, als klein­er Essay, als Erin­nerung­spro­tokoll, als … rei­hen sich hier aneinan­der und aneinan­der. Hin und wieder fiel es mir schw­er, in den Textfluss hineinzukom­men: Manch­es fängt mein Auge, trifft eine Stim­mung in mir — vieles bleibt mir zunächst — d.h. beim ersten Lesen — fremd, lässt mich rat­los oder (fast noch unan­genehmer …) unbeteiligt, so dass der Ein­druck erst ein­mal zwiespältig bleibt. Aber vielle­icht ist das ja auch das Ziel:

Das Gefühl des Gewinns
bei der Über­legung, Gedichte seien Erken­nt­nisträger:

näm­lich hast-du-nicht-gese­hen schwimmt schul­ter­hoch
und umgebend teich­gle­ich ein all­ge­meines Inter­esse
so, als habe es im Sinn, zu erkun­den, was ist,
und existiere gewiß (19)

Detlef Kuhlbrodt: Umson­st und draußen. Berlin: Suhrkamp 2013. 198 Seit­en.

Ich bin eine in einem Tage­buch auf­be­wahrte Erin­nerung. (117)

Umson­st und draußen ist ein schönes Buch. Auch wenn nicht ganz klar ist, was das eigentlich ist. Nicht ohne Grund ste­ht da nichts anderes auf der Titel­seite, nicht “Roman”, nicht “Noti­zen”, nicht “Tage­buch” — obwohl all das seine Berech­ti­gung hätte. Kuhlbrodt lebt und wan­delt in Berlin. Oder bess­er gesagt: Der Erzäh­ler tut dies. Denn das Ich ist nicht das Ich selb­st, es blitzt immer wieder der Spalt der Dif­ferenz zwis­chen Erzäh­ler-Ich und Autor-Ich, zwis­chen “Ich” und Detlef Kuhlbrodt, auf. Dis­tanziert, aber beteiligt sind diese Berlin-Noti­zen, das Berlin-Tage­buch mit großen Lück­en, aber in Tages­form: Beobach­tun­gen und Empfind­un­gen mis­chen sich, sind aber immer knapp und lakonisch, ja unsen­ti­men­tal geschildert. Melan­cholie ist die Grund­stim­mung: Ver­lust und Trauer prä­gen die Zeit und das Erleben, aber eine ARt pos­i­tive Trauer: Das Erken­nen der Real­ität als gegebene, als fast unauswe­ich­liche hängt damit zusam­men. Und das Nicht-vol­lkom­men-ein­ver­standen-Sein damit, aber ohne Druck/Wille zur Revolte: Abseits statt mit­ten­drin oder (aktiv) dage­gen bewegt sich der Erzäh­ler im Leben. Stephan Wack­witz hat das in der taz recht gut auf den Punkt gebracht, näm­lich als “entspan­ntes Gel­tenlassen”.

Um authen­tisch schreiben zu kön­nen, war es oft notwendig, Dinge zu tun, von denen ich nicht genau wusste, ob ich sie tat oder ob ich eine Rolle übte. (148)

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