Sorgfalt geht dem Quar­tett über alles. Fast so, wie man es von Bankern und Baus­par­ern erwartet. Denn die Vil­la Musi­ca hat mit dem von ihr geförderten Stre­ichquar­tett Bian­co-Quar­tett einen Aus­flug von der Bastei ins Zen­trum gemacht. Schade nur, dass das offen­bar kaum jemand gemerkt hat: Das Foy­er der LBS blieb weit­ge­hend leer. Dabei hätte sich ein Besuch dur­chaus gelohnt. Denn das Bian­co-Quar­tett ist zwar noch sehr jung – sowohl das Ensem­ble als auch die einzel­nen Musik­er –, aber den­noch schon erstaunlich reif.

Der erste Beweis kam von Franz Schu­bert: Ern­sthaftigkeite strahlt das Es-Dur-Quar­tett mit jed­er einzel­nen Note aus. Mit weich abgerun­de­tem Klang und doch ordentlich dosiertem Druck verzichtete das Bian­co-Quar­tett auf jedes ober­fläch­liche Auftrumpfen. Sie ver­sagten sich aber auch ganz und gar dem Versinken in der Gemütlichkeit: Strenge Nüchtern­heit prägte alle vier Sätze. Schu­bert als Klas­sik­er – das ist ein­fach Musik, und son­st nichts.

Das sel­ten gespielte ersten Stre­ichquar­tett von Peter Tschaikowsky machte dann eigentlich noch deut­lich­er, auf welchem Niveau die vier unter­wegs sind. Beson­ders die Gle­ich­berech­ti­gung der Stim­men, für die das Stre­ichquar­tett immer wieder gerühmt wird, nah­men sie wesentlich wörtlich­er als dies viele Ensem­bles tun. Dadurch erhiel­ten die Mit­tel­stim­men und das Cel­lo ver­gle­ich­sweise großes Gewicht. Aber doch blieb ihre Geschlossen­heit und ihr aus­ge­wo­gen­er Klang immer erhal­ten. Der visuell inspiri­erten Musik Tschaikowskys tat das sehr wohl: Immer wieder neu liessen sie ihren Blick über das weite Land schweifen und macht­en das Pub­likum auf neue Merk­würdigkeit­en und Schön­heit­en aufmerk­sam, ohne den belehren­den Zeigefin­ger zu benöti­gen. Und wie sie dann zart schmelzend, fast verge­hend die köstlis­che Mis­chung aus Tristesse, Melan­cholie und eben immer auch ein­er Spur Hoff­nung, gespeist aus der Erin­nerung an ver­gan­ge­nes Glück, des Andante aus­bre­it­eten, das war hin­reißend. Das Ende solchen Genuss­es ist immer schmer­zlich – aber mit dem defti­gen Finale, vom Bian­co-Quar­tett stel­len­weise fast derb zupack­end, die Bögen über die Sait­en reißend, gespielt, kon­nten sie dann genau die richtige Dosis Tem­pera­ment und orches­traler Klang­pracht auf­bi­eten, um die Zuhör­er wieder zurück­zu­holen – zurück in die Wirk­lichkeit. Und selb­st das gelang dem Quar­tett noch mit ein­er Ele­ganz, die den Ver­lust der Traumwelt schnell vergessen machte.

(gehört & geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung.)