und ein biss­chn depres­siv. oder zumin­d­est res­ig­na­tiv. wenn man sich “mei zua­s­tand” anhört und das mit “im regen live” (mein­er mei­n­ung nach wohl seine beste veröf­fentlichung), dann läuft’s einem fast kalt den rück­en hin­unter: das ist ein ganz ander­er men­sch, offen­bar nur noch ein rest des ein­sti­gen manns­bilds. gebrochen klingt er, schw­er­fäl­lig fast, wie er sich mühevoll aufrafft, in gemäch­lichen tem­pi alte lieder zu sin­gen — das ist schauer­lich. vor allem wenn man noch das unbeugsame energiebün­del im ohr und vor augen hat, das söll­ner ein­mal war, der sich schon aus prinzip mit allem und jedem angelegt hat. hat ihn die macht des staates (die war es ja vor allem, gegen die er kämpfend/schreiend/singend auf­begehrte) doch gebrochen? es mag fast so scheinen. richtig trau­rig ist das, wenn er so — ja, man muss es so sagen: so gezähmt lieder singt wie “für meine buam”, die vom auf­s­tand sin­gen, von unbeugsamkeit und prinzip­i­en­fes­tigkeit bis zum bit­ter­sten ende. die stimme ist jet­zt brüchig und die auf­nahme im kalt (man möcht hier fast sagen: see­len­los) klin­gen­den stu­dio — schön sauber, fein pro­duziert, zart gespielt vom bayaman’sissdem — hil­ft da auch nicht (aber söll­ner war live schon immer bess­er). auch der reg­gae hat jede farbe und jedes strahlen ver­loren, ist löchrig gewor­den und blass, oft sog­ar fad klingt er nun, fast wie eine pflichübung manch­mal, nicht mehr wie eine tiefe inner­ste überzeu­gung.

ein alter­swerk ist “mei zua­s­tand”, ohne zweifel. aber gebraucht, gebraucht hätte es das nicht … söll­ner zuzuhören, wie er sich im “win­ter­traum” ver­liert (“oin win­ter in mir, der koi ende mehr nimmt” ) — ich kann mich nicht entschei­den, ob das trau­rig, fol­gerichtig oder ein­fach der lauf der dinge ist …

und dann noch das cov­er. das sieht söll­ner aus wie ein alter indi­an­er-häuptling. bald wird er in weisen sprüchen und zun­gen zu uns reden, unser neuer gott. oder, wenn man ins digi­pack hinein schaut: söll­ner als der alte, der weise vom berge, der aus der ferne geruh­sam beobachtet und scharf urteilt … — mit solchen klis­chees spielt nicht nur die ver­pack­ung, das atment auch die musik immer. und er wird uns bis zum — nicht mehr fer­nen — let­zten atemzug ermah­nen, jet­zt doch mal endlich, endlich aufzuste­hen, mal was zu tun, gegen all die bösen, bösen missstände, und gegen die blö­den und bös­er bolit­iger mal so eine richtige rev­o­lu­tion anzuzetteln und die macht der liebe zu ent­fes­seln und das uni­ver­sum entschei­den lassen (ja, das ist dann halt söll­ners pri­va­tre­li­gion. dafür muss man sich wahrschein­lich erst ein paar dutzend jahre bek­if­f­en …). inhaltlich war das natür­lich schon immer mehr oder weniger quatsch. aber jet­zt klingt es lei­der auch noch so, als ob söll­ner das selb­st so sähe — und dann hat das ganze natür­lich über­haupt keinen sinn mehr.

hans söll­ner: mei zus­tand. trikont 2011.