Frankreich hat viel zu bieten – auch musikalisch. Wirklich bekannt und gut vertreten in den deutschen Konzertsälen ist davon aber nur sehr wenig. Allein schon deshalb ist die Frankreich-Reise des Philharmonischen Orchesters unter Catherine Rückwardt sehr zu begrüßen
Ohne sich aus den bequemen Theatersesseln erheben zu müssen, darf man das Orchester beim 6. Sinfoniekonzert auf eine kurze tour d’horizon begleiten. Die Reiseleiterin Catherine Rückwardt hatte die Schäfchen ihrer Reisegruppe dabei permanent fest unter Kontrolle. Und sie bot eine überaus sachkundige Führung durch die fremden musikalischen Landschaften und Sehenswürdigkeiten.
Die erste Station war die Orchesterbearbeitung des Prières op. 20 von César Franck. Mit viel Ruhe und voller Innigkeit strahlten die satten Streicherklänge und bezauberten die solistischen Einlagen der Holzbläser.
Für die zweite Attraktion zog die Reiseleitung noch die Hilfe eines externen Experten hinzu: Der junge Violinist Barnabás Kelemen sorgte für den richtigen Blickwinkel auf Henri Dutilleux Nocturne „Sur le même accord“. Dieses obsessives Kreisen um einen Akkord hat viele lange und getragne, melancholisch-verhangen umherschweifende Passagen. Aber auch so einige Brüche und raue Kanten finden sich hier – ein sehr vielseitiges Gebilde, ein inneres Panoptikum. Im Staatstheater gab es sich filigran ziseliert, oft fast verschnörkelt. Kelemen sorgte mit druckvollem Strich und exakt dosiertem Einsatz dafür, dass es nicht zu verspielt wurde. Seine Ernsthaftigkeit und Geradlinigkeit führte immer wieder zu verblüffenden Klangeffekten.
Viel Zeit zum Staunen blieb allerdings auch hier nicht, denn schon ging es weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit. Noch blieb der Geiger zur Unterstützung des Orchesters bei der dritten Station. Hier waren die Rollen jetzt klarer verteilt, in Camille Saint-Saens „Introduction et Rondo capriccioso“: Kelemen führte dieses Mal mit Überschwang und wilden Engangement – selbst Rückwardt schaute gebannt immer wieder hinüber, was der Solist denn da so trieb. Und beide berauschten sich am forschen Spielwitz und vitalen Klangsinn des Konzertstücks.
Danach konnte die Dirigentin wieder alleine die Führung übernehmen. Und wie sie das tat: Francks Sinfonie d‑Moll setzte noch einmal ganz neue Akzente. Wie eine gruselige Schauermusik, düster und mächtig, führt das Orchester diese Sinfonie mit beeindruckender Geschmeidigkeit und elegant ausgeformten, streichelzarten Samtklängen aus weiter Ferne ins Mainzer Theater. Und so ging der spannende Ausflug ins Nachbarland schon wieder zu Ende – schade, dass es nur eine kurze Stippvisite war.
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