ja, so kann es manchmal gehen: der cellist ist krank geworden – da wird auch dem kammermusikabend natürlich nix mehr. die pianistin hat sich erbarmt und spielt einfach ein soloprogramm – und ein ziemlich überzeugendes. das meine ich dazu:
halbe sachen sind je meist kein grund für besonderes freundeausbrüche. halbe konzerte schon gar nicht. aber manchamal sind sie ein ganz besonderer, unverhoffter genuss. so sollte das vom mainzer haus burgund und dem erbacher hof veranstaltete konzert im rahmen des festival musical des grand crus de bourgogne eigentlich musik für cello und klavier bieten. der cellist herni demarquette musste allerdings das bett hüten und ließ seine klavierpartnerin claire désert allein. das war allerdings alles andere als eine katastrophe. denn désert zauberte im erbacher hof einen beeindruckenden klavierabend hervor. schon die programmauswahl ließ aufmerken. diese pianistin muss sich ihrer fähigkeiten sehr sicher sein: clara schumanns variationen op. 20, robert schumanns davidsbündlertänze, beethovens sonate nr. 17 und noch zwei preludes von claude debussy das ist bestimmt keine verlegenheitslösung. und claire désert hat sich mit diesem technisch und musikalisch anspruchsvollen programm auch nicht überhoben. nur der kleine flügel setzte deutliche limits. mit einem bessere instrument wären die klangfluten, die aus den händen der pianistin entstanden, sicher noch beeindruckender gewesen. auch so war die schiere mächtigkeit, die überbordende fülle ihres spiels allerdings schon auf rein physischer ebene sehr überwältigend. das ist oft ein richtiggehendes tönendes schlachtengemälde: das donnert und blitzt mit erschreckender realität auch ohne technische kino-effekte. die musik wird hier zur reliefkunst: mit ausgesprochen deutlicher plastizität werden ecken und kanten, wohlbekannte und bizarr-erschreckende formationen hörbar.: eine unermüdliche folge von ganz sorgfältig gearbeiteten, scheinbar unmittelbaren schalleruptionen. diese musik ist offenbar auch weniger von intellektuellen überlegungen, sondern von forscher, unverhohlener musikalität gesteuert. für die beethoven-sonate ist das allerdings nicht ganz hinreichend, das bleibt zu einseitig, zu stark auf den stürmisch drängenden impuls der sonate konzentriert. für schumanns davidsbündlertänze hätte es allerdings kaum passender sein können. in ganz natürlichem kolorit und mit geschickter balance zwischen anmut und unverhohlender kräftdemonstration fließt die musik vollkommen frei und unbeschwert, als könnte es gar nicht anders sein und das alles andere als eine halbe sache.
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