Eine Frage, die angesichts der gerade kulminierenden Luther- und Reformationsfeierlichkeiten eine besondere Bedeutung hat: Wie steht es eigentlich mit der Reformation und uns? Wie wichtig ist die heute noch? Oder so:
Wie relevant ist die Reformation noch, um die heutige kulturelleund politische Situation in der EU — und im globalen Zusammenhang — zu verstehen? War sie mehr als eine regionalgeschichtliche Ausdifferenzierung in den nordalpinen Regionen, die einige Jahrhunderte 8zum Teil blutige) Relevanz hatte, aber heute nicht mehr zu Verständnisproblemen innerhalb der westlichen Gesellschaften führt und für das Verständnis der Probleme des heutigen Europa weit weniger relevant ist als etwa das Ost-West-Schisma von 1054? Würde die Reformation auch dann noch einen so hohen Kredit für die Geschichte der Säkularisierung bekommen, wenn nicht immer schon feststünde, dass mit der Reformation die Neuzeit beginnt? Bernhard Jussen, Richtig denken im falschen Rahmen? Warum das “Mittelalter” nicht in den Lehrplan gehört. In: GWU 67 (2016), 571
Der insgesamt sehr anregende und interessante Beitrag von Bernhard Jussen beschäftigt sich eigentlich mit dem makrohistorischen Konzept Mittelalter, seiner seit langem bekannten und unbestritten Unsinnigkeit und Unhaltbarkeit und dann mit der Überlegung, warum es sich trotzdem hält und aber eigentlich gar keine Rolle mehr spielen sollte und dürfte, sondern durch geeignetere Modelle abgelöst werden muss — und zwar unbedingt nicht nur in der Forschung, sondern auch und gerade in Schulbüchern und im Unterricht.
Diese Thematisierung der Reformation gibt mir außerdem Gelegenheit, auch noch auf den aktuellen Blog von Achim Landwehr hinzuweisen, der sich in interessanten Beiträgen mit dem aktuellen Reformationsjubiläum vor allem unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung für unsere momentane Geschichts- und Gedenkkultur auseinandersetzt: Mein Jahr mit Luther. Unterwegs in der deutschen Geschichtskultur.
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