Ich glaube, da muss Sascha Lobo noch mal nachsitzen und nachlesen. So interessant seine Kolumne oft ist, die gestrige enttäuscht mich. “Ein Archiv des Grauens” ist sie übertitel und geht eigentlich von einem folgerichtigen (und auch durchaus naheliegendem) Gedanken aus: Das Internet macht mehr und mehr Kommunikation öffentlich oder zumindest potenziell öffentlich, was wiederum heißt, dass wir mehr und mehr “Skandale” wahrnehmen/sehen/entdecken können … Aber dazwischen schleichen sich Fehler ein. Ich finde schon das Bild des “Archivs” nicht sehr angebracht — ein Archiv ist etwas anderes als ein (großer oder gewaltiger oder wie auch immer) Speicher — zumindest der Idee und dem Anspruch nach. Das scheint mir Lobo allerdings zu unterschlagen. Und dann natürlich mal wieder die Fehlrepräsentation des radikalen Konstruktivismus, da bin ich aber auch empfindlich ;-). Trotzdem: Aus dem (radikalen) Konstruktivismus geht noch lange nicht hervor, dass es “egal” ist, ob man aus der Geschichte lernen kann, muss oder soll. Lobo stellt das so dar — und er ist damit nicht alleine -, als ob aus der Annahme des Konstruktivimus automatisch eine Indifferenz gegenüber der Welt einherginge. Das ist aber nicht der Fall, zumindest nicht zwangsläufig und nicht theorie-notwendig. Doch diesen Fehler wird der Konstruktivismus in der öffentlichen Wahrnehmung wohl nicht mehr los …
Sascha Lobo
Also, ich gebe zu, dass ich in der Mensch-Maschine nicht immer schaffe, ganz begriffsauber zu arbeiten, aus verschiedenen Gründen.
Aber hier möchte ich zweifach widersprechen. Über den ersten Widerspruch kann man diskutieren, sicherlich, er lautet: im Text ist der Begriff “Archivierung” präziser verwendet. Die Überschrift soll ja ein bisschen zuspitzen, da ist Flockigkeit erlaubt, finde ich.
Beim zweiten Punkt aber muss ich heftig widersprechen. Es handelt sich für jeden Leser erkennbar um eine Art von scherzhafter Annäherung. Direkt darunter steht ja auch: “Es ist kompliziert (Postmoderne)”. Und das heisst nicht, dass Postmoderne bedeutet, immer und überall “es ist kompliziert” dranzukleben. Vielmehr habe ich versucht, die gängigen (Vor-)Urteile zu den jeweiligen philosophischen Richtungen anklingen zu lassen. Mir da jetzt nur für den “Radikalen Konstruktivismus” einen Strick draus zu drehen, naja.
matthias
ok, zugestanden. da war ich selbst wohl nicht genau genug beim lesen. ich bin aber, wie schon gesagt, etwas empfindlich was die vorurteile (und fehleinschätzungen) des konstruktivismus angeht — und da kann es mir passieren, dass ich zu scharf zurückschieße, fast wie im reflex …