notizen beim und nach dem sehen:
ziemlich verquere sache, das. aber spannend. gerade die seltsamkeit ist ja manchmal — eigentlich oft — faszinierend … und seltsame dinge gehen da genug vor sich. kulturelle differenz sicher eine rolle: mit den augen eines japaners wahrscheinlich wesentlich weniger exotisch. oft verrückende mischung aus choreographiert scheinenden bewegungen und gleichzeitig dokumentarischem charakter.
grandiose, starke bilder jedenfalls. von anfang bis ende eigentlich ununterbrochen. deren faszinosum durch die intensive mischung von originalton mit musik noch potenziert wird. musik ist hier auch wesentlich. und extraklasse. funktionierte ja auch solo schon (als “offizielles” björk-album). und entfaltet im film dennoch ganz besondere magie.
massen — individuen kaum auszumachen — , spielen genau wie die symmetrien (vor allem der maschinen bzw. anlagen überhaupt) eine große rolle offenbar.
ausnahme: zwei hauptrollen. aber die sind auch keine wirklichen individuen. schlüpfen von einer rolle in die andere mit aufwendigem metamorphosen-prozess, nämlich ver-/umkleidung in irgend eine entpersönlichte (?) figur. irgendwann beginnen sie dann, bis zu hüfte in der alles überflutenden vaseline-lösung sitzend, mit ihren messern gegenseitig im körper des anderen herumzuschlitzen und zu stochern und teile von sich selbst und des anderen zu essen.
gerade diese beiden haben viele archaische elemente. nicht nur die. überhaupt große teile des filmes. der religiöser ernst, mit dem die kunst hier zelebriert wird: sie ist nicht mehr (nur) ersatzreligion, sie ist glaubenssystem pur. und wahrscheinlich auch eine form der metaphysik — nur welcher? und daher rührt wohl der heilige ernst aller (!) handlungen und bilder. pseudo-mythische überhöhung im (pseduo-)zeremoniell?
und die suspendierte zeiterfahrung eines normalen menschen: nach 15 minuten des knapp zweieinhalbstündigen films immerhin schon der titel. dann gerät immerhin aber auch schon der walfänger in den blick. erzählung gibt es kaum, bzw. erst in riesigen zeitspannen (vergleichsweise zu anderen filmen v.a.) zu erkennen.
anderer punkt: ausbeutung der natur als neben(?)-thema: erntender mensch … — aber irgendwie doch im wechselseitigen einklang (vielleicht zumindest?): „In Japan, we recognize ourselves as part of nature. And by accepting the impermanence of our existence we try to gain a deeper understanding of the world” weiß der meister der teezeremonie — dem einzigen teil des filmes, in dem gesprochen wird.
ein film ohne worte zeigt, dass der sprache viel zu viel bedeutung zugeschrieben wird …
seltsame metamorphosen bestimmen alles: wo ausgangspunkt genauso wie ziel unklar bleibt, ganz zu schweigen von sinn …
achja, dann ist da noch die parallel-handlung: die entstehung bzw. metarmophose eines bzw. mehrere seltsamer gebilde (kunstwerke?) aus vaseline oder so auf dem schiff, das erst entsteht und sich dann auch wieder auflöst, sowieso nie eine einzige, gültige form hat/annimmt …
und noch ein paar verweise: die film-homepage, einige gesammelte kritiken und „no restraint”, die doku über den film und eine übersichts-seite zu matthew barney
matthew barney: drawing restraint 9.2005.
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