Hexen, Trolle, Prinzessinnen und Außerirdische tollen durch die Phönixhalle. Sie lieben und streiten sich – aber nur in der Phantasie. Die Sinfonietta Mainz hat unter dem Motto „ZauberFilmMusik“ zur Verzauberung aufgerufen. Und fast, als ob sie ihren eigenen Fähigkeiten nicht traute, hat sie mit Christoph Demian noch Verstärkung organisiert. Dessen Fähigkeiten kann man nun wirklich nicht trauen: Man weiß bei diesem Illusionisten nie, was als nächstes passiert. Und was gerade geschehen ist, versteht man sowieso nicht.
Die Musik der Sinfonietta hätte allerdings auch alleine schon gereicht, das Publikum zu bezaubern und zu verzaubern. Das groß besetzte Amateurorchester hat nämlich für so ziemlich jeden Geschmack etwas in sein Programm gepackt: Von dem fast unvermeidlichen Zauberlehrling von Paul Dukas und dem Hexensabbath aus Hector Berlioz’ Symphonie fantastique über die Ouvertüre zu Hänsel und Gretel von Engelbert Humperdinck bis zu John Williams, Howard Shore und Klaus Badelt reichte das ausgesprochen umfangreiche Programm. Nicht nur in ihren eigenen Gewässern – der klassischen Musik – fischen sie. Gezaubert wird schließlich gerade im Film ganz besonders viel. Und deshalb war auch ganz viel phantastische Filmmusik zu hören, von Lord of the Rings über Harry Potter bis zum Fluch der Karibik.
Dass so eine ordentliche Verzauberung allerdings auch viel Arbeit sein kann, wurde ebenso gewürdigt: Oberbürgermeister Michael Ebling zeichnete die Erste Vorsitzende der Sinfonietta, Nicola Wöhrl, mit dem Mainzer Pfennig aus. Über zwanzig Jahre und damit von Beginn an ist sie im Vereinsvorstand dabei – und natürlich immer auch auf der Bühne, als eine der Hornistinnen. Als „Motor einer kontinuierlichen Aufwärtsentwicklung“ lobte Ebling in seiner kurzen Laudatio ihre Arbeit, die ein „wichtiger Beitrag zur Kulturvielfalt in Mainz“ sei.
Das war nicht die einzige Unterbrechung der Musik. Denn da war ja auch noch Christoph Demian: Der Solist, der kein Instrument dabei hatte. Nur mit dem Dirigentenstab von Michael Millard spielte er: Er ließ ihn verschwinden und auftauchen, aus dem Feuer auferstehen und zeigte auch sonst so einige Illusionen – damit die Zauberei nicht nur in der Phantasie des Publikums stattfand. Dazu gehörten auch Aufgaben aus Harry Potters Abschlussprüfung wie das magisch schwebende Tischchen – raffiniert und mit garantiert live gespielter Musik auch überhaupt nicht alltäglich.
Die Hauptlast lag aber bei der Sinfonietta Mainz und ihrem Dirigenten Michael Millard. Und die hatten keinerlei Probleme, der Phantasie zu ihrem Recht zu verhelfen. Sie können nämlich so ziemlich alles: Geister beschwören, Zaubersprüche raunen, übersinnliche Ereignisse schildern, bedrohliche Zeichen malen oder satanische Tänze anfeuern – alles kein Problem. Millard treibt die Sinfonietta in der Phönixhalle zu sehr plastischem und vielseitigem Spiel. Geschmeidig wechselt er mit ihr zwischen den vielfältigen Stimmungen. Am besten aber klingt das immer dann, wenn die Musiker es so richtig krachen lassen können: Die massive Klangausbeute der Sinfonietta nutzt Millard sehr geschickt – so raffiniert, dass man oft gar nicht mehr viel Phantasie benötigt, sondern einfach verzaubert ist.
(geschrieben für die mainzer rhein-zeitung.)