Ehrbachklamm: Hier geht's losEigentlich wollte ich am Mon­tag noch ein­mal raus, bevor es richtig Herb­st wird. Kurzfristige Arbeit hat das dann aber ver­hin­dert: Also am Mittwoch. Der Wet­ter­bericht legte dann noch eine weit­ere Ver­schiebung nahe — am Don­ner­stag sollte es trock­en, über­wiegend son­nig und etwa 20 °C haben — bestes Wan­der­wet­ter also. Das passt, den ins Auge gefasst habe ich die “Traum­schleife” der Ehrbachk­lamm. Und die ist ange­blich der beste Wan­der­weg im let­zten Jahr in Deutsch­land — zumin­d­est in der Punk­twer­tung des Deutschen Wan­derin­sti­tuts. “Traum­schleife” heißen übri­gens die kurzen Touren (“Pre­mi­um-Wan­der­wege” …) rund um den Saar-Hun­srück-Steig.

Aber der Start war natür­lich in Mainz, mor­gens erst ein­mal mit dem Zug den Rhein hinab. Da hat­te ich gle­ich etwas Pech: defek­te Brem­sen erzwan­gen eine kurze Pause und einen Reboot des Zuges in Ingel­heim. Die Ver­spä­tung störte mich aber über­haupt nicht, denn in Bop­pard hat­te ich sowieso mehr als eine halbe Stunde Zeit, bevor es mit der Hun­srück­bahn weit­erg­ing. Die fuhr dann allerd­ings auch noch später als geplant (wenn es schon mal nicht klappt, dann auch richtig …). Und sie schlich und schlich, müh­sam krax­elte sie über Viaduk­te und durch Tun­nel die aus­ge­sprochen malerische Strecke von Bop­pard nach Buch­holz (Bop­pard-Buch­holz heißt der Bahn­hof …, qua­si direkt hin­ter der Auto­bahn) hin­auf. Da wurde ich dann doch etwas hip­pelig, denn der Bus, der mich zum Start der Wan­derung nach Oppen­hausen brin­gen sollte, fuhr qua­si direkt nach der plan­mäßi­gen Ankun­ft des Zuges — und die war schon da, ein Bahn­hof aber noch lange nicht in Sicht. Das machte aber nix, denn auf dem Land funk­tion­iert der ÖPNV ja anders — zum Glück war der Bus (oder bess­er: das Buss­chen, das außer mir noch ein paar alte Frauen auf­sam­melte) noch da, die fre­undliche Fahrerin set­zte mich dann auch direkt am Start-Park­platz der Traum­schleife ab.

Ehrbachklamm: Blick über die Oppenhausener FelderUnd zack, war ich unter­wegs. War ja auch schon 10 Uhr — früher kommt man von Mainz da nicht hin, zumin­d­est nicht ohne Auto. Aber Zeit hat­te ich mir genug einge­plant. Nun ging es also los, mit der “Traum­schleife”. Der Anfang ist ganz unspek­takulär: Ein kurz­er Bogen am Ort­srand von Oppen­hausen über die Wiesen, dann in den Wald — und hin­unter und hin­unter. Schließlich muss ich ja erst­mal zum unteren Ende der Ehrbachk­lamm. Der Weg dahin schon typ­isch “neue” Wan­der­wege: Aus­geschildert bis zum Über­maß (die Min­destab­nah­memenge für die Schilder war wohl hoch, die hin­gen gefühlt an jedem zweit­en Baum & Pfahl, selb­st da, wo man sich beim besten Willen nicht ver­laufen kon­nte …). Und es gab, das habe ich auf Wan­der­we­gen noch nie gese­hen, tat­säch­lich eine Kilo­me­trierung. Das ist für mich schon fast ein biss­chen viel — mir sind ja die Kilo­me­terangaben mit exak­ter Nachkom­mas­telle an jed­er Wegkreuzung schon fast zu viel, da komme ich immer so leicht in den Mess-Modus … (und den Lauf-Wet­tkampf-Modus). Aber das ist halt mein Prob­lem.

Typ­isch für einen absichtlichen “Pre­mi­um-Wan­der­weg” ist auch die Wegführung: Große Wege wer­den um jeden Preis ver­mieden. Das ist ja nicht verkehrt, hat aber manch­mal doch Auswüchse, die ich etwas lächer­lich finde, wenn dann der “Pre­mi­um-Wan­der­weg” direkt neben einem vol­lkom­men in Ord­nung und ordentlich zu laufen­d­em Weg etwa hier über die Stier­wiese geführt wird (mit Trep­pen­stufen und allem Pipa­po), um ja möglichst hohe Bew­er­tun­gen abzus­tauben …

Ehrbachklamm: Der PfadUnmit­tel­bar danach geht’s in die Klamm an sich. Und allmäh­lich wird der Wiesen­grund enger, der Weg ist längst zu einem Pfad gewor­den, der sich am Rand des Ein­schnitts mehr oder weniger auf Wasser­höhe hin­schlän­gelt. Und in der Klamm ist es wirk­lich schön: ein biss­chen Wass­er, viel Natur, malerisch drapierte umher­liegende Bäume im und neben dem Wass­er … So stellt man sich einen richti­gen deutschen Wan­der­weg vor … und selb­st hier, wo es gar keine anderen Möglichkeit­en gibt, tauchen immer wieder die Weg­markierun­gen auf. Und natür­lich die Kilo­me­terzahlen.

Ehrbachklamm: Der Pfad schlängelt sichDer Weg führt, Über­raschung, Überaschung, teil­weise direkt im Ufer, auf Wasser­höhe, dann aber auch mal über Schiefer­felsen und Tritte und Leit­ern und Holzbrück­en, mit in den Stein geschla­ge­nen Trit­tlöch­ern und ges­pan­ntem Seil zum Fes­thal­ten die Klamm hin­auf. Ich hat­te ja fast damit gerech­net, dass die Ehrbach aus­getrock­net ist — aber dort hat es offen­bar mehr gereg­net, es floss zwar nicht über­re­ich­lich, aber angemessen viel Wass­er. Und an eini­gen Stellen war der Weg sog­ar aufgewe­icht. Und ich tapfer mit meinen Teva-San­dalen über Stock und Stein, Felsen und Matsch. Das war aber auch kein Prob­lem, ich bin da sta­bil genug unter­wegs, auch wenn alle Beschrei­bun­gen und Schilder “festes Schuh­w­erk” empfehlen (allerd­ings auch nicht zu Unrecht, in der Klamm gibt es einige Stellen, wo das empfehlenswert ist.)

Ehrbachklamm: Ausblick nach AufstiegDas Ende der Klamm war dann fast zu schnell erre­icht. Da geht es dann rabi­at nach oben: Der Weg knickt zur Seite ab und sucht sich einen Auf­stieg — ein steil­er, sehr steil­er Auf­stieg, der jet­zt auch schön exponiert in der noch gut wär­menden Mit­tagssonne liegt. Dafür belohnt er aber auch mit her­rlichen Aus­blick­en über das wal­dre­iche Tal und seine Mühlen.

Noch bevor die Höhe erre­icht ist, heißt es abbiegen auf die Schö­neckschleife. Denn die Ehrbachk­lamm­schleife ist mir dann allein doch zu wenig. Die Erweiterung führt nun über einen angenehmen Wald­weg (der ist zwar bre­it­er als der Pfad in der Klamm, aber kaum fahrbar — bei uns wäre der längst anders aus­ge­baut …). So geht es eine Weile hin am Hang, bevor noch mal ein steil­er Auf­stieg zur Schö­neck hin­auf fol­gt — dieses Mal im Wald­bo­den über einige Kehren. Oben belohnte ich mich mit ein­er kurzen Ver­schnauf­pause, genoss erneut die schö­nen Aus­blicke, die auch durch die Mil­itärhub­schrauber nur wenig gestört wur­den. Bewun­dern durfte ich auch wieder die Win­dräder, die sich hier von jedem Punkt aus fast in alle Him­mel­srichun­gen über den Hor­i­zont erstreck­en — und die Leute leben immer noch dort, die Touris­ten kom­men auch noch (für (Süd-)Hessen wäre das unvorstell­bar, die wür­den da wohl die Rev­o­lu­tion aus­rufen …).

Ehrbachklamm: Schloss Schöneck von der SchwedenschanzeUms Schloss Schö­neck herum wird der Weg noch ein­mal fast alpin … (Naja, was mir als alpin gilt …). Auf der anderen Seite erre­icht man dann schnell die Schwe­den­schanze — der Name ver­rät es, von hier aus haben die Schwe­den ver­sucht, Schö­neck zu erobern — dementsprechend hat man nochein­mal einen schö­nen Blick zurück auf das exponiert liegende Schloss und seine Umge­bung.

Kurz vor Wind­hausen biegt der Weg am großen Wan­der­park­platz ab und macht sich sozusagen auf den Rück­weg. Da war jemand tat­sälich so ver­rückt und hat das Weglein geki­est — als wären wir auf dem Fried­hof … Dann geht es mal wieder raus aus dem Wald, über einige Felder und im Bogen vor­bei an Hübin­gen zum Aus­sicht­spunkt und Ruhe­bank Höchst (das heißt wohl tat­säch­lich so, ste­ht zumin­d­est auf den Schildern. Dort machte ich dann endlich (war schon etwas spät gewor­den) meine kleine Mit­tagsrast.

Im weit­en Bogen ging es weit­er über die Felder — ger­adeaus wär’s natür­lich auch mal wieder gegan­gen. Aber so darf man bei den Wegen ja nicht denken, die haben das Laufen um des Laufens wil­lens wirk­lich zur Kun­st­form erhoben

Ehrbachklamm: PeterslayUnd dann ging es mal wieder hin­unter, in den Wald, Rich­tung Ehrbach. Ganz führt der Weg da aber nicht mehr hin. Zuvor kommt auf jeden Fall noch mal der Abzweig Traumschleife/Schöneckschleife, wo ich für ort­skundig gehal­ten wurde und einem älteren Ehep­aar den Weg weisen durfte … Über Peter­slay — wo der Schiefer schön zutage liegt — geht es dann noch ein­mal ordentlich runter in die Teufelss­chlucht. Die ist aber ganz nicht so schreck­lich ;-) Der größte Schreck­en bestand darin, dass klar war, dass es danach gle­ich wieder hoch geht — denn Oppen­hausen, das langsam wieder näher rück­te, liegt ja oben auf dem Plateau. Dum­mer­weise habe ich da unten auf die Uhr geschaut und kam dann auf die Idee, dass ich ja vielle­icht noch den Bus um 14 Uhr erwis­chen kön­nte. Also machte ich auf dem Auf­stieg rich­tung Oppen­hausen noch mal Dampf machen und gab den Ober­schenkeln etwas Druck.

Und das nur, um dann im Ort zu merken: Der Bus ist zwei Minuten zuovr abge­fahren — aus­gerech­net der war jet­zt pün­klich … Naja, alles halb so schlimm, eine Stunde später geht ja der näch­ste. Und es war ja noch früh am Tag — da ich nur vier Stun­den gebraucht habe, deut­lich früher als geplant. Also lungerte ich noch etwas am gut beset­zen Park­platz herum, freute mich angesichts der zunehmenden Bewölkung und des ziem­lich frischen Windes, dass ich den schöneren Teil des Tages genutzt hat­te und ließ meinen Ebook-Read­er arbeit­en.

Der Weg und die Land­schaft — von der gibt es da mehr als genug — ist aber wirk­lich schön. Beim näch­sten Mal kön­nte ich dann vielle­icht doch gle­ich nach Bop­pard runter laufen — das sind noch mal ca. 13 Kilo­me­ter auf dem Saar-Hun­srück-Steig, habe ich unter­wegs bei Wind­hausen gese­hen. Da war ich mir dann aber unsich­er, ob’s noch hin­haut, weil ich den Weg nicht kenne (und vor allem nicht, wieviel Höhen­meter auf der Strecke noch lauern, auch wenn es ten­den­ziell stark bergab geht) und habe deshalb lieber am Plan fest­ge­hal­ten. Der sah dann vor — und das hat auch geklappt -, wieder mit dem Bus nach Buch­holz, mit der Hun­srück­bahn nach Bop­pard und mit der Mit­tel­rhein­bahn nach Mainz und mit dem Fahrrad nach Hause …

Das Höhen­pro­fil sieht ziem­lich deftig aus. Die Anstiege sind teil­weise auch knack­ig, aber ander­er­seits nie sehr lang, so dass das alles halb so schlimm ist:
höhenprofil ehrbachklamm
Die dazuge­hörige gpx-Datei liegt hier: Wan­derung.

Die restlichen Fotos (ich hab’ viel geknipst, aber halt nur mit dem Tele­fon und ohne Ahnung …)