Dies ganzen “Was wir wissen”-Listen und ‑Live-Blogs der Qualitätsmedien sind doch eine einzige erbärmliche Bankrotterklärung — auch wenn sie für “das Beste, was uns einfällt” gehalten werden. Erstens: Wäre es nicht das Ziel guten Journalismus, überhaupt immer (nur) das zu schreiben, was man (oder eben, wenn man unbedingt emotional manipulieren will, wir) weiß? Zweitens: Wäre es, wenn schon der erste Punkt nur ein Wunsch, eine Zielvorstellung ist, erstrebenswert, wenigstens in diesen “Was wir wissen”-Texten sich auf Wissen zu beschränken — und zwar journalistisch abgesichertes Wissen (also zum Beispiel: ordentliche Quellen, von einander unabhängig Quellen (und der Plural ist da wichtig))? Stefan Niggemeier hat das bei “Übermedien” schon gut aufgezeigt. Und drittens: Wäre es nicht sowieso viel sinnvoller, mal ein bis drei Gänge zurückzuschalten bei solchen Ereignissen? Denn: Wie relevant ist die permanente Flutung mit (Eil-)Meldungen für die Bevölkerung in Deutschland den wirklich, insbesondere in den Stunden direkt nach der Tat? Selbst “Zeit” und “Süddeutsche” “unterhalten” ihr Publikum den ganzen Tag mit einem konstanten Strom an Quasinachrichten. Nur: Ändert sich für die Menschen denn wirklich so viel? Klar, wenn es Hinweise gäbe, dass es keine Einzeltat war — dann soll und muss natürlich entsprechend gewarnt werden. Aber sonst? Kann man die Polizei nicht wenigstens zunächst mal ihre Arbeit machen lassen und vernünftige Ermittlungen durchführen lassen? (Ich bin bisher gut damit gefahren, nach solchen Ereignissen mir selbst sozusagen eine kurzzeitige “Medienquarantäne” zu verordnen. Was über Twitter reinkommt, ist schon mehr als genug, da muss ich nicht noch als Klickvieh dienen … Und tatsächlich ist das — auch wenn’s etwas hart klingt — für mein psychosoziales Empfinden/Wohlbefinden ausgesprochen dienlich.) Natürlich kann — und muss! — diese Arbeit auch journalistisch begleitet und hinterfragt werden. Das heißt aber auch nicht, dass man alles nachplappert, was irgendein Polizei- oder Politfunktionär, der mit dem konkreten Fall nichts zu tun hat, gerade für mitteilenswert hält.
Das alles, was ich eigentlich ganz banal unter “journalistisches Handwerk” subsumieren möchte, hätte nicht nur einen qualitativen Vorteil für die Medien. Sondern auch für die Menschen: Sie müssten sich nicht unnötig ängstigen — und dann auch nicht von den gleichen Medien, die Panik und Furcht verbreiten (um des Geschäftes willen, offensichtlich) ermahnt zu werden, der Angst keinen Raum zu geben …