Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: staat

Ins Netz gegangen (7.4.)

Ins Netz gegan­gen am 7.4.:

  • christian2 | Pro­jek­tbeschrei­bung — an der hab wolfen­büt­tel wird ein fürstlich­es tage­buch aus dem 17. jahrhun­dert ediert:

    Die dig­i­tale Edi­tion der Tage­büch­er des reformierten Fürsten Chris­t­ian II. von Anhalt-Bern­burg (1599–1656) aus dem Zeitraum von 1621 bis 1656 erschließt einen quan­ti­ta­tiv wie qual­i­ta­tiv ganz einzi­gar­ti­gen Brenn­spiegel der deutschen und europäis­chen Geschichte sowie der vielfältig­sten Diskurse während der ersten Hälfte des 17. Jahrhun­derts. Darüber hin­aus weist die Quelle einen außergewöhn­lich hohen Anteil an ver­bal­isiert­er zeit­genös­sis­ch­er Sub­jek­tiv­ität auf, der dem Text stel­len­weise sog­ar lit­er­arische Qual­ität ver­lei­ht. Die trans­diszi­plinäre Bedeu­tung des Werkes bet­tet sich in eine Vielzahl von Forschungsin­ter­essen und ‑kon­tex­ten ein. Dazu zählen nicht nur die jüng­sten Unter­suchun­gen zur klas­sis­chen Poli­tik- und Mil­itärgeschichte, zu früh­neuzeitlichen Selb­stzeug­nis­sen, zur Sozial‑, All­t­ags- und Geschlechtergeschichte, zur Kon­fes­sion­al­isierung, zu ver­schiede­nen Aspek­ten des Dreißigjähri­gen Krieges, zur Hof- und Adels­forschung oder zur Sprach‑, Lit­er­atur- und all­ge­meinen Kul­turgeschichte, son­dern auch zu The­men wie der Geschichte der Emo­tio­nen und des Traumes in jen­er Epoche. Als eine den gegen­wär­ti­gen wis­senschaftlichen Stan­dards entsprechende dig­i­tale Edi­tion wird sie den ver­schieden­sten Forschungsper­spek­tiv­en eine Vielzahl von Anknüp­fungspunk­ten bieten kön­nen.
    Das in quan­ti­ta­tiv­er wie qual­i­ta­tiv­er Hin­sicht unübertrof­fene, im Lan­deshauptarchiv Dessau-Roßlau auf­be­wahrte Diar­i­um beste­ht aus 23 Bän­den mit unge­fähr 17.400 größ­ten­teils eigen­händig in deutsch­er (ca. 87%), franzö­sis­ch­er (ca. 11%), ital­ienis­ch­er (ca. 1%), lateinis­ch­er, spanis­ch­er und nieder­ländis­ch­er Sprache beschriebe­nen Seit­en.

    das ist ein ziem­lich aufwendi­ges, großes und langes pro­jekt:

    Das auf 12 Jahre angelegte DFG-Pro­jekt begin­nt mit ein­er drei­jähri­gen Pilot­phase, inner­halb welch­er zunächst die knapp 1.500 Seit­en umfassende Peri­ode vom Jan­u­ar 1635 bis August 1637 tran­skri­biert und veröf­fentlicht wird. Deren beson­ders dichte und viel­seit­ige Nieder­schriften stellen ein geeignetes Feld zur Bewährung und Justierung der edi­torischen Grund­satzentschei­dun­gen hin­sichtlich der Wieder­gabe und Kom­men­tierungstiefe der Texte in den Gren­zen des zeitlich Möglichen dar. Außer­dem ver­sprechen sie einen Ertrag, der par­a­dig­ma­tisch die wis­senschaftliche Bedeu­tung des gesamten Fürstent­age­buch­es zeigt.

  • Ver­schol­lene Büch­er zum Ersten Weltkrieg ent­deckt — georg giers­berg erzählt in der faz (etwas wirr) die geschichte der offiz­iösen wirtschafts­geschichte des ersten weltkrieges aus den zwis­chenkriegs­jahren nach, die offen­bar so brisant war, dass die veröf­fentlichung damals nach dem druck unter­sagt wurde und die entsprechen­den stu­di­en (fast) ver­schwun­den sind
  • Bruck­n­er Online — das bruck­n­er-archiv hat was online gestellt:

    bruckner-online.at ist ein umfan­gre­ich angelegtes Anton Bruck­n­er-Inter­net­por­tal (Webarchiv), in dem neben der elek­tro­n­is­chen Doku­men­ta­tion hand­schriftlicher Quellen auch Kom­po­si­tio­nen, rel­e­vante Per­so­n­en und Orte enthal­ten sind. Zudem wer­den von allen Hand­schriften, Erst­druck­en und der Alten Gesam­taus­gabe voll­ständi­ge Dig­i­tal­isate zur Ver­fü­gung gestellt.

  • David Gar­rett: Habt mich bitte lieb! | ZEIT ONLINE — julia spin­o­la hat sich david gar­ret mit den brahmssonat­en ange­hört und war nicht begeis­tert. deshalb schreibt sie einen erstk­las­si­gen ver­riss:

    David Gar­rett will endlich wieder als ser­iös­er Musik­er ver­standen wer­den und geht mit den Vio­lin­sonat­en von Johannes Brahms auf Tournee

    sehr amüsant auch die leserin­nen­stim­men — unter den fan­boys und ‑girls find­en sich so ziem­lich alle pseudoar­gu­mente gegen kri­tik, die seit jahrhun­derten wider­legt sind … (und viel hass auf jeman­den, der ihr idol nicht vergöt­tert) — sehr amüsant …

  • Vom Mythos der tech­nis­chen Insti­tu­tion « Michalis Pan­telouris — michalis pan­telouris liefert ein paar hin­ter­gründe zu legit­i­ma­tion, zie­len und prob­le­men (u.a. demokrati­ethe­o­retis­che, von den ökonomis­chen ganz abge­se­hen) der teil­nehmer der “troi­ka”:

    Poli­tis­che Insti­tu­tio­nen sind niemals ein­fach tech­nisch, aber die hierzu­lande weit­ge­hend unkri­tis­che Darstel­lung der Troi­ka-Insti­tu­tio­nen als solche, die ein­fach nur die Ein­hal­tung von bere­its aus­ge­han­del­ten Verträ­gen überwachen sorgt dafür, dass jed­er ihr Wider­sprechende automa­tisch als Ver­trags­brech­er wahrgenom­men wer­den muss. Das ist es, was viele Medi­en mit der neuen griechis­chen Regierung machen: Um eine Diskus­sion um ihre Poli­tik zu ver­mei­den, ziehen sie die Diskus­sion ins Unpoli­tis­che, ins Tech­nis­che: Verträge sind einzuhal­ten; Die Regierung ist inkom­pe­tent (was man poli­tisch ja kaum sein kann); Sie wollen “Refor­men zurück­drehen”.
    Die Wahrheit ist eine andere: Die Troi­ka hat eine Poli­tik vertreten, eine Ide­olo­gie, die in Wahrheit nir­gends in Europa eine Mehrheit hat. Es gibt auch in Deutsch­land keine neolib­erale Mehrheit. Es sind zwei unter­schiedliche Dinge, ob man auf die Ein­hal­tung von Verträ­gen pocht, oder ob man einem anderen Land eine Poli­tik aufzwingt, und dann eine, die ganz expliz­it von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Mit dem Mythos der rein tech­nis­chen Ein­griffe wird die Abschaf­fung der Demokratie ver­schleiert.

  • Grabun­gen in der St. Johan­niskirche in Mainz — markus schug über die spek­takulären aus­grabun­gen unter der johan­niskirche in mainz, wo schon zu merowinigis­ch­er zeit eine große kirche stand …
  • Peti­tio­nen: Peti­tion 58168 — eine wun­der­bare peti­tion (die sich­er erfol­g­los bleiben wird, aber trotz­dem — im sinne der bewusst­seins­bil­dung — notwendig ist): Der Deutsche Bun­destag möge beschließen, dass homöopathis­che Behand­lungsmeth­o­d­en nicht mehr als Satzungsleis­tung von geset­zlichen Krankenkassen gezahlt wer­den dür­fen. — das ist übri­gens schon der gesamte text der peti­tion.
  • Klage gegen Kruz­i­fix-Pflicht in Bay­ern: Karl­sruhe vertrödelt heik­les Urteil — taz.de — hört sich sehr pein­lich & feige an, wie das bun­desver­fas­sungs­gericht unter voßkuh­le & müller mit dieser klage umge­ht
  • Ein­führung in den Fefis­mus. | H I E R — mspr0 erk­lärt fefe (und den “fefis­mus”) und rech­net gle­icht mit ihm ab — und ver­bal­isiert damit ziem­lich genau mein eigenes unbe­ha­gen mit fefe …

    Fefe ist mehr als der Men­sch, es ist mehr als das Blog. Zusam­men mit seinem Leser­mob ist es eine Has­s­mas­chine. Diese Shit­stormkul­tur gegen alles, was ihnen Fremd ist, ist kaum noch ohne God­wingepulle zu beschreiben.[…] Die Nerd­szene lei­det extrem unter dem Fefis­mus. Es wird Zeit, dass es in ihr zu ein­er Form der Selb­staufk­lärung kommt. Ne…

Ins Netz gegangen (23.8.)

Ins Netz gegan­gen am 23.8.:

  • Matthew Shipp >< Kei­th Jar­rett, Gary Pea­cock, Jack DeJohnette — The Talk­house — Der großar­tige Matthew Shipp hat sich das neueste Trio-Album von & mit Kei­th Jar­rett ange­hört und war wenig begeis­tert. Seine Ablehnung scheint ähn­liche Gründe zu haben wie die meinige — was ihn mir ja nur noch sym­pa­this­ch­er macht:

    There is some nice stuff on Some­where — although some of it sounds like watered-down Muzak to me — and if you buy into Jarrett’s uni­verse you will most like­ly like this record, but if you don’t there is noth­ing here to get you pass the tremen­dous pre­tense.

  • Miranda’s Rights: A Guide for the Per­plexed Cit­i­zen — Miranda’s Rights: A Guide for the Per­plexed Cit­i­zen (via Pub­lished arti­cles)
  • #3 Emck­es Expe­di­tio­nen: Auf der Suche nach der Demokratie: Was hat sie gesagt? | ZEIT ONLINE — Car­olin Emcke ist weit­er auf Expe­di­tion für die “Zeit” — und hat sich für die dritte Folge in der Sprache Merkels ver­loren — keine sehr angenehme Gegend. Und sie bringt gut auf den Punkt, was bei der Bun­deskan­z­lerin los ist — und warum sie so schädlich für den poli­tis­chen Diskurs ist:

    Angela Merkel domes­tiziert Kri­tik durch simulierte Freude an einem Diskurs, den sie nicht führt.

    Oder später, eben­falls eine m.E. sehr tre­f­fende Beobach­tung:

    Angela Merkels Sprache arbeit­et mit ein­er per­ma­nen­ten Immu­nisierung gegen jede Berührung, jeden Zweifel, sie agi­tiert gegen alles Offene, alles Unfer­tige – und damit gegen das, was eine freie Gesellschaft und eine delib­er­a­tive Demokratie ger­ade aus­macht.

    — und das Schlimme ist ja dann immer wirk­lich, wie viel Zus­tim­mung solch eine Art, Poli­tik zu treiben und zu ver­mit­teln, immer (noch) find­et. Da muss einem wirk­lich regelmäßig angst und bange wer­den.

  • Staat­sex­trem­is­mus | Wortis­tik — Detlef Gürtler anlässlich der Reak­tio­nen auf das Urteil über Man­ning:

    Staat­sex­trem­is­mus ist eine Ide­olo­gie, bei der die Inter­essen des Staates und aller sein­er Insti­tu­tio­nen grund­sät­zlich Vor­rang vor den Inter­essen der Bürg­er haben, ob einzel­ner, viel­er oder aller. Auf den kürzesten Nen­ner gebracht: “Der Staat hat immer Recht.”
    In den Vorgän­gen um Assange, Man­ning und Snow­den haben sich für mein Gefühl deut­lich die Gefahren des Staat­sex­trem­is­mus gezeigt. Wenn der Staat, ob Deutsch­land, Großbri­tan­nien oder die USA (oder Rus­s­land oder Chi­na oder oder) die Sicher­heit sein­er Bürg­er bewahrt, indem er ihre Frei­heit ein­schränkt, wenn er ihr Leben schützt, indem er ihr Leben ausspäht, wenn er gegen jour­nal­is­tis­che Tätigkeit mit Anti-Ter­ror-Geset­zen vorge­ht, wenn er die Aufdeck­er staatlich­er Krim­i­nal­ität härter bestraft als die Krim­inellen selb­st, dann kön­nen nur Staat­sex­trem­is­ten behaupten, dass der Staat das Recht dazu hat.

“beim himmel!

… der weiss nicht, was er sündigt, der den Staat zur Sit­ten­schule machen will. Immer­hin hat das dne Staat zur Hölle gemacht, dass ihn der Men­sch zu seinem Him­mel machen wollte.” — friedrich hölder­lin, hype­r­i­on oder der eremit in griechen­land, 53

„Eigentlich ist poli­tis­che Gewalt dadurch diskred­i­tiert wor­den, daß der Staat das Töten über­nom­men hat, es bürokratisiert hat durch das staatliche Gewalt­monopol. Wir leben in ein­er Zivil­i­sa­tion der Stel­lvertre­tung, die christliche Zivil­i­sa­tion ist die Zivil­i­sa­tion der Stel­lvertre­tung, der Delegierung“
— Hein­er Müller: Krieg ohne Schlacht. Leben in zwei Dik­taturen. Eine Auto­bi­ogra­phie. Köln: Kiepen­heuer & Witsch 2003, 312.

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén