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Schlagwort: porno

porno-pop noch einmal

so, jet­zt ist auch der rest des ban­des bewältigt — mit dur­chaus zwiespälti­gen ein­drück­en. aber wie sollte es bei einem sam­mel­band auch anders sein. der anfang war ja sehr vielver­sprechend, der rest allerd­ings lei­der nicht immer genau­so span­nend. clau­dia gehrke hat einen etwas wirren erfahrungs­bericht (rotkäp­pchen und die pornografie) beiges­teuert, in dem sie von der pub­lika­tion “mein heim­lich­es auge” berichtet und den schwierigkeit des umgangs damit, was ins­beson­dere an der schwierigkeit ein­er klaren (juris­tis­chen) def­i­n­i­tion von pornogra­phie liegt. jörg met­tel­man hat in flesh for fan­ta­sy. das porno-pop-for­mat dage­gen sehr schön die kon­stan­ten und var­i­anzen des porno her­aus­gear­beit­et, ins­beson­dere auf the­o­retis­ch­er ebene recht erquick­lich. er beobachtet dabei neben anderem vor allem den ver­lust der erre­gung, die mit dem obszö­nen und sein­er über­schre­itung ver­bun­den war. die hin­wen­dung zur kun­st vol­lzieht zunächst hol­ger liebs, der in spul mal vor, alter vor allem die gegen­seit­ige befruch­tung von kun­st und pornografie in den blick nimmt — nicht sehr span­nend, weil nicht beson­ders viel dabei her­aus kommt. kathrin rög­gla verzweifelt dann an ihren fig­uren, die fick­en wollen, wenn sie nicht sollen beziehungsweise umgekehrt und so weit­er… diemar schmidt nimmt in zwis­chen den medi­en die trans­me­di­al­ität als pornographis­che bewe­gung (und die pornogra­phie als inter­me­di­ale unternehmung) mit bezug auf schnit­zlers traum­nov­el­le und kubricks anlehnung, eyes wide shut, in den blick. das schien mir aber vor allem kurios, nicht ganz klar ist mir gewor­den, warum er so darauf behar­rt, dass inter­me­di­al­ität ein pornographis­ches phänomen sei. dem rap wen­det sich flo­ri­an wern­er mit “pornog­ra­phy on wax”? zu. schlüs­sig unter­sucht er rap-texte, ins­beson­dere von eminem, auf den vor­wurf der pornogra­phie (ins­beson­dere natür­lich im zusam­men­hang mit der mut­terbeschimp­fung) und erken­nt sie als im grunde als aufk­lärerische pornogra­phie: anklage und stilmit­tel zugle­ich, gefan­gen in der ambi­gu­i­tät des under­dogs im main­stream etc… und sven­ja flaßpöh­ler ver­sucht mit shake your tits!, die rolle der frau bzw. ihrer stel­lung zwis­chen men­sch und sex-objekt in diversen schat­tierun­gen anhand der beispiele madon­na, christi­na aguil­era und brit­ney spears zu beleucht­en. aber das bleibt ziem­lich­es wis­chi-waschi…

porno-pop oder wem gehören die töchter?

heute mor­gen beim umstapeln der unge­le­se­nen büch­er gefun­den: jörg metel­mann (hrsg.): porno-pop. sex in der ober­flächen­welt. würzburg: königshausen & neu­mann 2005. und gle­ich mal den ersten auf­satz gele­sen: clemens porn­schlegel (die kalauer zum namen ver­bi­ete ich mir jet­zt mal…): wem gehören die töchter? zum sex­uellen mach­tanspruch der kon­sumge­sellschaften.

porn­schlegel macht ein paar gute punk­te zur „ver­wand­lung des weib­lichen kör­pers in eine ware und die daraus fol­gende prono­grafisierung der kon­sumge­sellschaft“ (18) auf: „was als sex­uelle befreiung und fortschritt auftritt [näm­lich die ver­fü­gungs­ge­walt der frauen über ihren kör­p­er und die selb­stver­ständlichkeit, mit der sie ihn präsentabel machen/halten und präsen­tieren], ent­pup­pt sich als freiset­zung des weib­lichen kör­pers für den uni­ver­salen markt und die entsprechende zirku­la­tion.“ – die fol­gerung daraus ist klar: „das mäd­chen, das sein ver­führungspoten­zial nicht herzeigt, mit string, push-up und top, verkauft sich bekannntlich unter wert.“ (17) und ver­stößt damit gegen die regeln des heili­gen mark­tes, auch wenn das ganze von lib­er­al­is­ten etc. natür­lich als grandiose errun­gen­schaft der per­sön­lichen frei­heit der frau apos­tro­phiert und gefeiert wird.

von dort aus ist es für porn­schlegel dann ein leicht­es, das islamis­che kopf­tuch zu deuten – und vor allem den vehe­menten wider­spruch der fem­i­nistin­nen etc. gegen das tra­gen eines solchen. denn „die ver­hül­lung bedeutet eine absurde sex­uelle ‚nichtzugänglichkeit‘“ – „man kann die frau nicht haben“ (19) – und das wider­spricht natür­lich allen regeln des ubiquären mark­tes.

inter­es­sant wird es aber, wenn porn­schlegel noch einen schritt weit­er geht: das kopf­tuch entzieht seine trägerin dem markt „und ste­ht damit natür­lich auch dem prinzip der gren­zen­losen nach­frage im weg, mit anderen worten: der frei­heit“ (20). und deshalb ist es, psy­cho­an­a­lytisch gedeuet, nicht anders als „ein großes, has­senswertes vaterge­spenst“ (20), gegen das man – fast reflex­hat – ankämpfen muss.

der zweite teil seines auf­satzes ver­schränkt das dann mit der beobach­tung und beschrei­bung des (sex-)marktes in michel houelle­bec­qs plat­tform, in dem porn­schlegel vor allem die beschrei­bung der welt erken­nt: „jedes andere sub­jekt wird von vorn­here­in auf ein kon­sumgut reduziert“ (23), der roman zeigt „den zusam­men­hang zwis­chen kon­sumökonomie und uni­ver­saler pros­ti­tu­tion“ (23) – und damit nach porn­schlegel auch den ver­lust der wün­sche. denn wenn alles nur noch kon­sum­ier­bar ist, alles nur noch auf kon­sum reduziert und bezo­gen wird, bleibt der wun­sch immer außen vor – „das objekt des wun­sches ist nicht kon­sum­ier­bar“ zitiert er dazu michela marzano.

mal sehen, ob der rest des ban­des genau­so inter­es­sant ist…

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