Ins Netz gegangen am 31.1.:
- Interview: “Die Relevanz von Geschlecht nimmt ab” | Campus Mainz → die germanistische sprachwissenschaftlerin damaris nübling über sprache und geschlecht, gender und gerechtigkeit
Langfristig wäre es gut, die Kategorie Geschlecht aufzulösen, statt sie zu dramatisieren. Das funktioniert neben dem Streuen auch mit neutralisierenden Pronomen im Plural wie “alle”, “viele” oder “manche”. Außerdem kann man auch anstelle von Personenbezeichnungen abstraktere Begriffe verwenden, zum Beispiel: “Das Institut hat entschieden” anstelle von “Der Institutsleiter hat entschieden” und so weiter.
Allerdings kommt das immer auf den Kontext an. Feste Rezepte gibt es nicht, Kreativität ist gefragt. Dazu gehören auch die zunehmenden Präsenspartizipien im Plural wie “Studierende”. Singulare wie “der Studierende” taugen dagegen nicht, da Singulare immer mit Genus aufgeladen sind. Meine Erfahrung ist, dass es weniger eine Frage der Möglichkeiten als des Willens ist. - Kulturgut Buch — bröckelt der Mythos? | Deutschlandfunk Kultur → ein nachdenkliches interview mit jörg sundermeier vom famosen verbrecher-verlag zur lage des buchmarktes und der literatur im ganz allgemeinen
Ich glaube, momentan ist eher das Problem nicht so sehr, dass die Leute nicht lesen wollen oder nicht lesen können, sondern dass es ein bisschen demi mode ist, und ich habe aber den Eindruck, dass es sich ändert und dass das Lesen wieder zurückkommt,
- “Gewonnen hat die deutsche Nation” | Zeit → noch ein älteres interview, das schon lange in meiner leseliste schlummert: georg schmidt spricht über den dreißigjährigen krieg (die leserkommentare ignoriert man aber besser …)
- The Ultimate Productivity Blog → großartig, sehr treffend auf den punkt gebracht
- Abwesenheit als Krise | Sozialtheoristen → spannende überlegungen von stefan kühl zum problem der anwesenheitskontrollen an universitäten
Selbst in Überwachungspraktiken begabte Lehrende werden feststellen, dass sie trotz einzelner Siege über besonders auffällige Drückeberger am Ende diese Kontrollkämpfe verlieren werden. Die Kreativität von Studierenden beim Erfinden von Wegen, diese Kontrollen zu unterlaufen, wird immer größer sein als die Kreativität von Lehrenden im Erfinden neuer Wege der Kontrolle. Anwesenheitslisten sind deswegen ein stumpfes Schwert, um das Leistungsniveau von Studierenden anzuheben. […] Das Problem der Abwesenheit von Studierenden ist also nicht vorrangig ein Problem der Qualität der Lehrenden, sondern liegt vielmehr in der Gestaltung der Studiengänge selbst […] Statt auf das Problem der Abwesenheit mit dem eher brachialen Mittel der Anwesenheitsliste zu reagieren, gäbe es eine Alternative. Man könnte chronische Abwesenheiten – oder Anwesenheiten, die nur über Anwesenheitslisten durchgesetzt werden können – als ein Zeichen dafür sehen, dass irgendetwas in dem Studiengang nicht stimmt.
- Trump ist der Geburtshelfer von “Me Too” | SZ → eine gute — und wie mir scheint, sehr treffende — einordnung von hedwig richter der #MeToo-bewegung in den wandel von männer-/männlichkeitsbildern und die geschichte der gleichberechtigung
Die Empörung über die Gewaltigen, die sich der Leiber der anderen bedienen, ist mehr als ein Hashtag und etwas anderes als eine Hetzjagd. Sie ist das Ende der letzten Selbstverständlichkeit: Das Zweifel- und Bedenkenlose einer männlichen Herrschaft, das in die Körper eingeschrieben war, scheint endgültig außer Kraft gesetzt zu sein.
- The Horizon of Desire | Longreads → ein hervorragender essay von laurie penny über konsens, rape culture, männlich- und weiblichkeit und die damit einhergehenden (stereotypen) erwartungen an das verhalten beim sex
Rape culture is not about demonizing men. It is about controlling female sexuality. It is anti-sex and anti-pleasure. It teaches us to deny our own desire as an adaptive strategy for surviving a sexist world. […] But unless we talk about desire, about agency, about consent, then we’ll only ever be fighting this culture war in retreat. It’s a real war, one that impacts our bodily autonomy and our economic and political power. The battle for female desire and agency goes way beyond the bedroom, and it’s a battle that right now everyone is losing.