wise guys, achterbahnKei­ne Angst, auf die­ser Ach­ter­bahn wird nie­man­den übel. Denn die 14. CD der Wise Guys ist über­wie­gend harm­los. Mit ihren bewähr­ten Kon­zep­ten machen sie auch in neu­er Beset­zung wei­ter­hin ihren bekann­ten char­t­ori­en­tier­ten Vokal-Pop. Aus­ge­rech­net der Titel­song ist aber eher lang­wei­lig: kein zün­den­der Text, kei­ne beson­ders ein­gän­gi­ge Melo­die, kein bemer­kens­wer­tes Arran­ge­ment. Das konn­ten die Wise Guys schon bes­ser.

Ein paar ein­gän­gi­ge Songs sind aber auch auf „Ach­ter­bahn“ zu hören: „Das Säge­werk Bad Sege­berg“ hat etwa net­te Momen­te, die vor allem auf dem herr­lich blö­deln­den Text beru­hen. Der ist der­ma­ßen blöd­sin­nig, dass es wirk­lich lus­tig wird, sich über Holz­sor­ten und feh­len­de Kör­per­tei­le zu amü­sie­ren – auch wenn die kon­se­quen­te Quo­ten­ra­dio-Ori­en­tie­rung selbst bei eigent­lich guten Songs ganz schön ner­ven kann: Das fängt mit dem quiet­schen­den Beat an, geht über die garan­tiert mit­gröl­taug­li­che Melo­die bis zum voll­kom­men erwart­ba­ren Arran­ge­ment.

Zu den posi­ti­ven Ein­drü­cken gehört auch „Kei­ne gute Idee“, das aber ande­rer­seits auch recht naht­los an die „älte­ren“ Wise Guys anschließt. Aller­dings haben die Wise Guys noch nie die Begleit­stim­men von den jewei­li­gen Lead­vo­cals so sehr in den Hin­ter­grund drän­gen las­sen – gut, die Wise Guys sind sicher nicht die aller­bes­ten Sän­ger Deutsch­lands, aber ver­ste­cken muss man sie auch nicht. Ein Kunst­stück beherr­schen die Wise Guys aller­dings aus­ge­spro­chen gut: Aus mäßi­gem Mate­ri­al guten Pop zu machen. Aus schwa­chen Tex­ten und einer weit­ge­hend bana­len Musik zau­bern sie immer wie­der Ein­gän­gig­keit und eine Men­ge guter Lau­ne her­vor. Die elek­tro­nisch ange­hauch­te eska­pis­ti­sche Glücks­fan­ta­sie „Ans Ende der Welt“ macht das fast per­fekt vor.
„Alles so schön bunt hier“ bringt dann tat­säch­lich etwas (Klang)Farbe mit in den Mix, bei „Küss mich“ geschieht das – welch Sakri­leg – durch eine weib­li­che Stim­me: Jas­min Wag­ner, vor Jah­ren auch mal „Blüm­chen“ bekannt, unter­stützt das Quin­tett. Am bes­ten sind die Wise Guys dann, wenn sie sich wie bei „Gene­ra­ti­on Hör­ge­rät“ auf ihre Stär­ken besin­nen: Trei­ben­de Dis­co­beats, freund­li­che Melo­dien und ein humor­vol­ler Text, bei dem die fünf Köl­ner zei­gen, dass sie sich selbst nicht so ganz ernst neh­men. Dass muss man auch „Ich kann nur den Refrain“ zugu­te­hal­ten. Denn das passt zum Glück nicht auf die Wise Guys selbst: „Ich kann nur den Refrain, die Stro­phen sind zu schwer“ heißt es da, „den Rest krieg ich nicht hin, weil ich mit den Stro­phen ein­fach über­for­dert bin“ – davon ist das Quin­tett wahr­lich weit ent­fernt. Aber das ist noch kein Grund zum Jubeln: Nuan­cen feh­len auch hier, und nicht nur in der Stro­phe. Inhalt­lich, kom­po­si­to­risch und lei­der auch stimm­lich blei­ben die 16 Songs der „Ach­ter­bahn“ schließ­lich doch reich­lich ein­di­men­sio­nal. Die Wise Guys sind stolz dar­auf, das ers­te Mal ein Album kom­plett in Eigen­re­gie pro­du­ziert zu haben – aber ob das so eine gute Idee war? Etwas Input von außen hät­te viel­leicht nicht gescha­det, etwas mehr Adre­na­lin wäre sicher kein Feh­ler gewe­sen. So ist das näm­lich eher ein Kin­der­ka­rus­sell als eine Ach­ter­bahn.

Wise Guys: Ach­ter­bahn. Poly­dor. CD 2014.

— Zuerst erschie­nen in Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin, Aus­ga­be Okto­ber 2014.