bob chilcott, sun, moon, sea and stars (cover)Son­ne, Mond und Ster­ne fun­keln um die Wet­te und auf der Erde schwap­pen leich­te Wel­len des Mee­res an den fei­nen Sand­strand – so muss man sich wohl eine idea­le Situa­ti­on für die­se CD vor­stel­len. Das titel­ge­ben­de „Sun, Moon, Sea and Stars“ ist nicht nur eine der weni­gen Ori­gi­nal­kom­po­si­tio­nen von Bob Chil­cott, son­dern vor allem eine Bal­la­de, die sich in die Ohr­gän­ge schmiegt. Wie der dich­te Satz in Clo­se Harm­o­ny beim Ten­ebrae Cons­ort hier ganz ruhig und weich daliegt und der ein­schmei­cheln­den Melo­die des sanf­ten Lie­bes­lie­des viel Raum lässt, das ist ziem­lich per­fekt und roman­tisch.

Den Löwen­an­teil der meist kur­zen Stü­cke, die nur sel­ten die Drei-Minu­ten-Gren­ze über­schrei­ten („I’ll sing you a song and it’s not very long“ heißt es ein­mal), haben aber die im Lau­fe der letz­ten Jah­re und Jahr­zehn­te arran­gier­ten Tra­di­tio­nals aus ver­schie­de­nen Ecken der Welt – unter ande­rem sind Kana­da, die USA, Frank­reich und Japan ver­tre­ten –, die die bekann­ten und bewähr­ten Fähig­kei­ten des gewief­ten Arran­geurs Bob Chil­cott hör­bar wer­den las­sen. Das Ten­ebrae Cons­ort, das hier als Quin­tett unter der Lei­tung von Nigel Short auf­tritt, nimmt sich der Klein­odi­en mit ver­nehm­bar viel Lie­be und höchs­ter Sorg­falt an. Das hört man jedem Motiv, jedem Akkord an: Sau­ber, ja per­fekt in groß­ar­ti­ger Klar­heit into­niert (man kann die Par­ti­tur hörend fast mit­schrei­ben), aber nie kalt, son­dern immer empa­thisch sin­gen sie. Herr­lich zu hören etwa, wie berüh­rend „Shen­an­do­ah“ hier fle­hend lie­ben darf.

Pro­fes­sio­nell ist auch die Auf­nah­me­tech­nik, die den Ensem­ble­klang sehr genau und wohl­tu­end reprä­sen­tiert. Har­mo­nie wal­tet rund­um in die­sen 65 Minu­ten, das ist alles über­aus nett und auch ein klei­nes biss­chen harm­los. Denn auf gro­ße Ges­ten, auf ris­kan­te Deu­tun­gen ver­zich­ten Ensem­ble und Diri­gent durch­weg. Das ist aber völ­lig okay, auch Chil­cott geht es in den hier ein­ge­sun­ge­nen Arran­ge­ments in der Regel nicht so sehr um das Uner­hör­te, son­dern dar­um, das Cha­rak­te­ris­ti­sche der über­lie­fer­ten Lie­der her­aus­zu­kit­zeln. Und ihre eige­ne Schön­heit.

Ganz aus­ge­zeich­net gelingt das etwa bei dem sehr gewitz­ten und leben­di­gen Arran­ge­ment des kana­di­schen Refrain­lieds „Fel­ler from For­tu­ne“, das auch allen Stim­men viel Raum zum Bril­lie­ren gibt – und das zum Schluss ganz unver­hofft in ein wun­der­bar anhei­meln­des Wie­gen­lied hin­über glei­tet. Die wohl­tö­nen­de, leben­dig aus­ta­rier­te Klang­schön­heit zeich­net Ten­ebrae Cons­ort nicht nur hier, son­dern auf der gesam­ten CD aus und macht die pathos­rei­che Musik auch für nüch­ter­ne Zeit­ge­nos­sen zu einem Genuss. Denn auf Sun, Moon, Sea and Stars ver­führt alles zum Träu­men – sowohl die Musik Chil­cotts als auch ihre hin­ge­bungs­vol­le Wie­der­ga­be durch das Ten­ebrae Cons­ort sind in die­ser Hin­sicht ein­fach anste­ckend.

Sun, Moon, Sea and Stars. Songs and Arran­ge­ments by Bob Chil­cott. Ten­ebrae Cons­ort, Nigel Short. Bene Arte SIGCD903, 2016. 64 Minu­ten.

(Zuerst erschie­nen in »Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin« No. 29, Juli/​August 2016.)