Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: rock

Orientierung

Der gute Geschmack, dieser abge­halfterte Gaul aller Begriff­s­losen, ist mit Recht bis heute das diskred­i­tierteste aller Ori­en­tierungsmit­tel.

—Klaus Theweleit, 2000 Light Years from Home

Klaus Theweleit: “2000 Light Years from Home” (Vor­trag zur Popgeschichte)

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Taglied 26.4.2013

The Flam­ing Lips (eigentlich immer klasse …), The Ter­ror

The Flam­ing Lips — The Ter­ror (Live)

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Metal und Techno — auf dem Klavier

Der Pianist kauert über der Tas­tatur, greift in die Seit­en und die Tas­ten gle­ichzeit­ig, nimmt nach Bedarf auch noch ein kleines Toy Piano oder Gitar­ren-Plek­tren zur Hil­fe. Sein Kol­lege, der den zweit­en Teil des Abends bestre­it­et, tanzt vor und mit dem Flügel: Auf der Klavier­bank hält es ihn sel­ten, er springt immer wieder auf, seine Beine zuck­en im Takt, sein ganz­er Kör­p­er will mit dem Instru­ment ver­schmelzen und zugle­ich weg vom Flügel auf die Tanzfläche.
Kein Wun­der, was Kai Schu­mach­er und Francesco Tris­tano hier machen, hat mit einem herkömm­lichen Klavier­abend nichts mehr gemein. Das soll es ja auch nicht, schließlich ist das der Clas­s­ic­Clash, den SWR und Vil­la Musi­ca im Frank­furter Hof zum drit­ten Mal aus­richtet. Da geht es ja ger­ade darum, kein nor­males Klavierkonz­ert zu ver­anstal­ten. Und das ist beim drit­ten Abend der Clas­s­ic­Clash-Rei­he ohne Zweifel gelun­gen.

Kai Schu­mach­er, der den Abend eröffnet, spielt Rock und Met­al. Und er spielt wirk­lich damit: Manch­mal macht er aus hartem Met­al klas­sis­che beziehungsweise roman­tis­che Tran­skrip­tion und Vari­a­tio­nen, manch­mal treibt er sich zwis­chen ver­sponnenen Nir­vana-Bal­laden, Soundgar­den-Songs und Foo-Fight­er-Hits durch die Rock- und Met­algeschichte der Neun­ziger. Die Orig­i­nale muss man nicht erken­nen oder wieder­erken­nen, um Schu­mach­ers Spiel zu goutieren und zu genießen. Im Zweifelfall ist davon sowieso nicht mehr viel übrig – manch­mal die Melodie, die Akko­rd­fol­gen, manch­mal aber auch Struk­turen und For­men.

Noch ein­mal ein Stück weit­er weg von nor­malen Konz­ert­be­trieb bewegt sich Francesco Tris­tano herum. Eigentlich präsen­tiert er eine ziem­lich waschechte Tech­noses­sion mit Flügel statt Turntable — nur ein kleines Bux­te­hude-Zitat kurz vor Schluss darf man als Ref­erenz an den klas­sis­chen Klavier­abend zählen. Im Gegen­satz dazu ste­ht auch die kräftige Unter­stützung des Com­put­ers, der er sich ver­sichert. Was er da vor­bere­it­et hat, bringt die Anlage des Frank­furter Hofs gerne mal zum Schep­pern und Dröh­nen.

Die besten Momente entste­hen aber genau dann, wenn er sich nicht auf die Elek­tron­ik ver­lässt, son­dern auf seine eigene Tech­nik. Er kann näm­lich auch nur mit dem Flügel einen vrituellen Dance­floor auf­s­pan­nen — fast nur mit dem Klavier, denn ganz unbear­beit­et lässt er den Klang eigentlich nie. Dann häm­mert er minuten­lang die sel­ben Motive, baut erre­gende Basslines, ver­schiebt das Ganze ständig hin und her – denn Still­stand ist ein Konzept, das Tris­tano höchst fremd und frag­würdig erscheint: Immer drängt es ihn zu neuen Klän­gen. Faszinierend vor allem die Übergänge, die Ver­schiebun­gen, die er dabei pro­duziert. Nur ein Prob­lem bleibt: Was macht der Tech­no jet­zt im Konz­ert­saal? Tanz­musik sitzend bloß zu hören, ist immer etwas selt­sam, das wird hier ganz deut­lich. Denn das im eigentliche Sinn musikalis­che Mate­r­i­al ist eher ein­fach und über­schaubar. Ander­er­seits stört das weniger, denn als Tech­no funk­tion­iert das aus­geze­ich­net – oder würde es, wenn es im Club statt im Konz­ert­saal passierte.

(geschrieben für die mainz­er rhein-zeitung.)

Taglied 20.7.2012

Neneh Cher­ry & The Thing: Dirt (Ljubl­jana Jazz Fes­ti­val 2012)

Neneh Cher­ry & The Thing — Dirt (Ljubl­jana Jazz Fes­ti­val 2012)

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