ganz ver­ges­sen, des­halb zwei Wochen spä­ter noch mein Text zu der – mei­nes Erach­tens – reich­lich über­flüs­si­gen Wer­be- und Selbst­be­weih­räu­che­rungs­ver­an­stal­tung der Schott-Wer­ke. Der logis­ti­sche Auf­wand steht jeden­falls weder in einem Ver­hält­nis zum künst­le­ri­schen Ertrag (der ist Null) noch zum erziel­ten Spen­den­auf­kom­men. Und der Musik wird mit so Späß­chen auch kein Gefal­len getan, auch wenn sie – Open Air, Event, kos­ten­los … – angeb­lich der Popu­la­ri­sie­rung der klas­si­schen Musik die­nen (sol­len): Die Musik über­lebt den gan­zen Klim­bim ein­fach nicht, was raus­kommt, ist maxi­mal auf dem Niveau des Klas­sik-Radi­os. Und dazu brau­che ich den Auf­wand ein­fach nicht, das Geld (ich möch­te gar nicht wis­sen, was das alles gekos­tet hat, die­ser rie­si­ge tech­ni­sche Auf­wand und die gan­zen dumm her­um­ste­hen­den „Security“-Typen …) hät­te man sinn­vol­ler ein­set­zen kön­nen.

Aber für die Main­zer Rhein-Zei­tung woll­te ich nicht ganz so böse sein ;-):

Unge­fähr 130 Kin­der sind nötig, dazu noch ein aus­ge­wach­se­nes Orches­ter und der Ver­mitt­lungs-Diri­gent Jus­tus Frantz sind dafür in Mainz. Das Pro­jekt heißt ja auch „Kin­der musi­zie­ren mit Jus­tus Frantz“, es war schon der neun­ter Work­shop, den Schott orga­ni­siert und finan­ziert hat. Erfah­rung soll er den Kin­dern ver­mit­teln, das Orches­ter­spiel sol­len sie mit und bei den Pro­fis der Phil­har­mo­nie der Natio­nen ken­nen ler­nen und üben. Und ein Abschluss­kon­zert springt auch noch dabei raus, eine gro­ße Par­ty am Fort Mala­koff, mit schwim­men­der Büh­ne, Brat­wurst, Bier und Groß­bild­pro­jek­ti­on, so dass auch die übri­gen Main­zer etwas davon haben.

Das ist eine ziem­lich auf­wän­di­ge Sache – so auf­wän­dig, dass zum geplan­ten Beginn um 19 Uhr noch ncihts pas­siert und ein Groß­teil des Publi­kums sich noch vor den Ein­gän­gen staut. Nur die Plät­ze auf den Bier­zelt­gar­ni­tu­ren sind schon alle belegt. Aber Fami­li­en­an­ge­hö­ri­ge und „VIPs“ bekom­men ja beque­me Stüh­le. Doch das dau­ert, bis die besetzt sind. Der­weil kann sich die Tech­nik auch noch in Ruhe vor­be­rei­ten, die Regen­schutz­hül­len von den Laut­spre­chern ent­fer­nen, die Mikro­fo­ne noch ein­mal zurecht rücken und die Kame­ras in Posi­ti­on brin­gen.

Irgend­wann ist es dann so weit, das über­gro­ße Orches­ter hat auf der schwim­men­den Büh­ne Platz genom­men und begeis­ter­ten das gro­ße Publi­kum sofort: Der „Kugel­flug“, eine erwei­ter­te Form der Hin­ter­grund­mu­sik des Deut­schen Pavil­lons auf der Welt­aus­stel­lung in Shang­hai, zog mit ein­gän­gi­gen Melo­dien und inter­es­san­ten Far­ben in den Bann. Ganz klas­sisch dage­gen die Egmont-Ouver­tü­re von Lud­wig van Beet­ho­ven, die von den Kin­dern und den Pro­fis mit gro­ßem Ernst und viel Wucht musi­ziert wur­de. Rich­tig beein­dru­ckend war vor allem aber Mode­st Mus­sorgs­kijs gro­ße sin­fo­ni­sche Dich­tung „Die Nacht auf dem kah­len Ber­ge“, in der sich das 200-Mann-Orches­ter als leben­di­ges und orga­ni­sches Instru­ment prä­sen­tier­te.

Die Phil­har­mo­nie der Natio­nen ergänz­te das noch ganz roman­tisch mit Ser­geij Rach­ma­ni­nows zwei­tem Kla­vier­kon­zert – aber das war nicht die Haupt­sa­che. Dem Solis­ten Joseph Moog wur­de dafür nicht ein­mal ein Flü­gel zur Ver­fü­gung gestellt, er muss­te sich am Kon­zert­kla­vier quä­len – das ist unge­fähr so, wie einen For­mel-1-Fah­rer mit einem Smart gegen sei­ne voll aus­ge­rüs­te­ten Kol­le­gen antre­ten zu las­sen. Ent­spre­chend beschei­den war das Ergeb­nis. Aber das konn­te die Stim­mung kaum trü­ben, zumal Jus­tus Frantz die Kin­der gleich noch zu meh­re­ren Zuga­ben auf die Büh­ne hol­te.

Blick auf die Bühne im Rhein