Ins Netz gegangen am 16.5.:
- Weswegen der Verweis auf „Führungsschwäche“ das Problem der Bundeswehr nicht trifft. Die Skandale bei der Bundeswehr als ungewollte Nebenfolgen von Kameradschaftserwartungen | Sozialtheoristen → stefan kühl über die bundeswehr, ihre besondere (und wohl notwendige) form der kameradschaft und die frage der “führungsschwäche”
Die Bundeswehr hat mit ihrem in der Öffentlichkeit gezeichneten Wunschbild nichts zu tun. Jenseits der formalen Ordnung gibt es in Armeen immer auch Probleme der Zusammenarbeit, die nicht durch die formale Ordnung gelöst werden können. Vor allem die konkrete Leistungsmotivation der Mitglieder, besonders aber die reibungslose Lösung der Probleme der alltäglichen Zusammenarbeit zwischen den Organisationsmitgliedern lassen sich nicht durch formale Vorschriften allein garantieren. Und genau hier greifen die in Kameradschaftsnormen verdichteten informalen Erwartungen.
Jeder Soldat weiß, dass eine Armee nur deswegen funktioniert, weil von den formalen Regelwerken immer wieder abgewichen wird.
- Vorratsdatenspeicherung wird jetzt schon ausgeweitet | Zeit → das gesetz zur vorratsdatenspeicherung ist noch nicht umgesetzt, da wird es schon ausgeweitet — und die versprechen der politiker gebrochen. das sollte es dem bverfg doch eigentlich leichter machen, die fehlende verfassungstreue zu erkennen …
- Ähnlichkeitsbeschlagung. Fünfte These zur Geschichtskultur | zzz → achim landwehrs seziert weiterhin sehr treffend (und spitzzüngig) die geschichtskultur unserer gegenwart:
Die fünfte These zur Geschichtskultur lautet: Die deutsche Geschichtskultur des frühen 21. Jahrhunderts tendiert dazu, Vergangenes nicht mehr als fremd und irritierend wahrzunehmen, sondern es sich der eigenen Gegenwart anzuähneln. […] Und die Tendenz lautet: Vergangenheit wird mit Ähnlichkeit beschlagen. Ganz im Sinne der erkenntnistheoretischen Binsenweisheit, dass man nur sehen kann, was man bereits weiß, zeigt sich am Beispiel der gegenwärtigen Geschichtskultur, dass sie häufig nur noch wissen will, was sie ohnehin schon sieht. Und das ist meistens nichts allzu weit entfernt von der eigenen Nasenspitze. […] Das Andere, das vergangene Zeiten für uns sein könnten, wird dadurch in Eigenes und Vertrautes verwandelt und muss eine Ähnlichkeitsbeschlagung über sich ergehen lassen. Der Vorgang ließe sich auch mit der angemessenen Negativität zum Ausdruck bringen: Es geht um Störungsverweigerung. […] Kann man dann überhaupt noch nach der Aktualität des Gewesenen fragen? Sicherlich kann man das. Aber nicht unter schamloser Ausnutzung des bereits benannten Machtgefälles zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Wir müssen dem Vergangenen seine Einzigartigkeit nicht nur zugestehen, sondern sie auch schützen. Nur dann kann es zu einem Dialog kommen zwischen den Zeiten, nur dann können wir etwas lernen aus dieser Beziehung (denn wir lernen nicht ‚aus der Vergangenheit‘, sondern aus der Art und Weise, wie wir uns auf Vergangenheiten beziehen), nur dann können wir uns durch das Vertraut-Fremdartige, durch das Bekannt-Verwirrende hinreichend aus dem Trott bringen lassen, um nicht nur die Vergangenheit, sondern auch unsere Gegenwart neu und anders zu befragen.
- Marathonläufer über TV-Sportvielfalt: „Nicht alle mögen den Fußball“ | taz → arne gabius spricht mit der taz über die monokultur der sportberichterstattung in den deutschen medien und die schäden, die das — nicht nur für die vernachlässigten sportler/innen — nach sich zieht
- Historikerin über Fürstin Maria Theresia: „Man ging legerer mit Travestie um“ | taz → spannendes und interessantes interview mit stollberg-rilinger über maria theresia und das ancien régime
Was die Geschlechterdifferenz angeht, war man im Ancien Régime deutlich flexibler als im 19. Jahrhundert. In der höfischen Gesellschaft ging man viel legerer mit Travestie und Homosexualität um. Transgenderverkleidungen waren an der Tagesordnung. Das erschien im bürgerlichen 19. Jahrhundert als absoluter Sittenverfall. […] Das Spannende am Metier der Geschichte ist ja, sich die Fremdheit des Anderen vor Augen zu führen. Projiziert man eigene Wertvorstellungen in die Geschichte, bestätigt man nur, was man sowieso schon empfindet. Ich brauche Maria Theresia nicht, um Feministin zu sein.
- Short-Attacken oder Pech durch Mittod – Milliarden vernichtet! | Wild Dueck Blog → gunter dueck über short-attacken mittels geschickt platzierter gerüchte — und die daran fleißig mitverdienenden banken
Man kann Millionen scheffeln, indem man vage Vorwürfe gegen eine börsennotierte Firma im Internet formuliert, am besten so, dass sich die Vorwürfe nicht sofort entkräften lassen. Das betroffene Unternehmen braucht dann ein paar Tage für eine seriöse Antwort – bis dahin rauscht der Kurs aber nach Süden ab. Da haben die Leerverkäufer gut Zeit zum Kassemachen. Was das betroffene Unternehmen nach einiger Bedenkzeit und Rechtsberatung antwortet, ist schon egal. Die schwarzen Ritter sind schon weg, das Unternehmen leckt seine Wunden, die Aktionäre sitzen auf schweren Verlusten.
- How the KGB infiltrated classical music | Spectator → norman lebrecht plaudert ein bisschen über emil gilels und die kolportierten spione in seinem umfeld …