Eine Biographie, die keine Biographie sein will. Und vor allem keine sein kann: Denn die im eigentlichen Sinne biographischen Zeugnisse über Karl den Großen sind extrem rar gesät. Becher greift deshalb recht weit aus, bis zu den Anfängen der Merowingern — deren Geschichte wird auf wenigen Seiten ganz dicht erzählt. Nah an den Quellen, aber mir angenehmer Distanz zum (angeblichen) Kronzeugen Einhard beschreibt Becher das Leben und die Leistungen Karl des Großen wohltuend nüchtern und ausgewogen, allerdings in manchen Dingen zwangsläufig auch sehr knapp, v.a. was die Organisation des Frankenreiches und insbesondere die “kulturelle” Seite seiner Herrschaft angeht.
Ein schönes Spiel: Ein Buch — ein Roman? — der ausschließlich eine Montage ist: Die “Autorin” reiht 2857 Zitate aneinander und macht daraus so etwas wie einen Text. Also ein Spiel mit postmodernen Theorien von Intertextualität und Autorenfunktion. Aber eigentlich ein recht plattes, sozusagen die Dummy-Version der Theorien: Denn gerade durch das Ausstellen des Zitatcharakters — das Buch ist so gedruckt, das sich das Montieren als Kleben von Zettelchen/Textschnipseln vermittelt — und vor allem durch den peniblen Nachweis der Zitate und ihrer Fundstellen wird natürlich die eigentliche Idee der Intertextualität, des “il n’y a pas de hors-texte”, des Verschwindens des Autors gleich wieder konterkariert und ad absurdum geführt. Also eher eine Kuriosität als irgend etwas wirklich überzeugendes …
Der Leser (zumindest ich) bleibt auf Distanz, das ständige Wechseln der Zitate und Stile sorgt dafür schon alleine. Wenn man etwas bewundern kann, dann ist es wohl hauptsächlich die Fleißarbeit, die in dem Buch steckt — und die Passgenauigkeit, mit der U. D. Bauer die Zitate montiert. Eine schöne Idee, deren Umsetzung mir aber etwas entlarvend und etwas banal oder schlicht scheint.