Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: geschwindigkeit

Ins Netz gegangen (12.7.)

Ins Netz gegan­gen am 12.7.:

  • Was lesen Buch­blog­ger: Eine neue Analyse mit Visu­al­isierun­gen und Sta­tis­tiken | lesestunden.de → tobi hat ver­sucht zu analysieren (und visu­al­isieren), was buch­blog­gerin­nen (er hat ein fast auss­chließlich weib­lich­es sam­ple) eigentlich lesen. die daten­grund­lage ist aber zumin­d­est in teilen schwierig, die genre-ein­teilung zum beispiel nahe an der gren­ze zum absur­den (wie er selb­st auch anmerkt)
  • Inte­gra­tive Obstar­beit | Draußen nur Kän­nchen → wun­der­bare “integrations”-begegnung, aufgeschrieben von frau nessy
  • The Peo­ple Who Craft World-Class Stein­way Pianos → schöne foto­strecke (anlässlich eines entsprechen­den buchs …) über die arbeiter/innen in stein­ways fab­riken
  • Besuch bei Ver­leger Jochen Jung: “Du bist ein Schmarotzer! Nutznießer, eine Zecke” | Welt → aus­nahm­sweise mal eine empfehlung zur springer-presse: man­fred reb­han­dl hat näm­lich ein schönes stück über den ver­leger jochen jung geschrieben
  • Zum Ethos der Tech-Szene in der dig­i­tal­en Ökonomie: Zwis­chen Anspruch und Wirk­lichkeit | netzpolitik.org → Maciej Cegłows­ki über pro­gram­mier­er und ihren zugriff auf die wirk­lichkeit und die daraus resul­tieren­den fra­gen und prob­leme

    Unsere Ziele sind ein­fach und klar. Zuerst wer­den wir messen, dann analysieren, dann opti­mieren. Und man wird uns dankbar sein.

    Aber die reale Welt ist eigensin­nig. Sie ist so kom­plex, dass sie Abstrak­tion und Mod­el­lierung wider­ste­ht. Sie erken­nt unsere Ver­suche sie zu bee­in­flussen und reagiert darauf. Genau­so wenig, wie wir aus unser­er eige­nen Haut kön­nen, kön­nen wir hof­fen, die Welt von außen objek­tiv zu erfassen.

    Die ver­net­zte Welt, die wir erschaf­fen, mag Com­put­er­sys­te­men ähneln, aber es bleibt den­noch die gle­iche alte Welt wie vorher, nur mit ein paar Mikro­fo­nen und Tas­taturen und Flatscreens, die hier und dort her­aus­ra­gen. Und sie hat immer noch die gle­ichen alten Prob­leme.

  • „Ein­fach nur pri­vatis­tisch Intim­itäten aus­plaud­ern, kann nicht zielführend sein.“ | fem­i­nis­tis­che stu­di­en → inter­es­santes inter­view mit car­olin emcke über sub­jek­tiv­ität, intim­ität und spreche & sprache

    Ein­fach nur „ich“ sagen, ein­fach nur pri­vatis­tisch Intim­itäten aus­plaud­ern, kann nicht zielführend sein. Die sub­jek­tive Form, das Reflek­tieren auf eigene Erfahrun­gen oder Wahrnehmungen braucht, mein­er Ansicht nach, immer einen Grund, warum sie in einem bes­timmten argu­men­ta­tiv­en, diskur­siv­en Kon­text einge­set­zt wird.

    Als Pub­lizistin füh­le ich mich verpflichtet, mit sprach­lichen Mit­teln jene ide­ol­o­gisch aufge­lade­nen Bilder und Begriffe, jene Assozi­a­tions­ket­ten und Vorstel­lun­gen aufzubrechen, die Ressen­ti­ments gegenüber Frauen oder Homo­sex­uellen, Gehör­losen oder Jüdin­nen, Linkshän­dern oder Schalke-Fans trans­portieren. Und dazu gehört dann, dass wir nor­ma­tive Begriffe in Erfahrun­gen über­set­zen, dass wir das, was uns wütend oder verzweifelt zurück lässt, ver­ste­hbar machen für diejeni­gen, die diese Erfahrun­gen nicht teilen.

  • Fetisch Effizienz | Mar­cel Häng­gi → markus häng­gi hat für “zeit wis­sen” die geschichte und the­o­rie der energieef­fizienz schön aufgeschrieben.

    Die unter dem Gesicht­spunkt der Energieef­fizienz bemerkenswerteste Erfind­ung der Mod­erne war das Fahrrad

    Es gibt keinen Grund, Energi­eträger, deren Nutzung die men­schliche Zivil­i­sa­tion bedro­hen, über­haupt auf den Markt zu lassen.

  • Inter­view: „Ich bin kein Fotoro­bot­er“ | der Fre­itag → inter­es­santes inter­view mit dem fotografen christoph bangert (der mit “war porn” ein her­vor­ra­gen­des foto­buch über den krieg veröf­fentlichte) über krieg, gewalt, absur­dität, ver­ste­hen und ver­ar­beit­en
  • Aut­o­fahren in Deutsch­land: Die Strafen für Ras­er und Verkehrssün­der sind lächer­lich — Poli­tik — Tagesspiegel Mobil → hein­rich schmitz hat wort­ge­waltig und fak­tengesät­tig genug von der ver­harm­lo­sung der ras­er und der mitlei­d­slosen inkauf­nahme der tödlichen verkehrsun­fälle

    Bei „bereiften Mördern“ – so wer­den hier in der Region scherzhaft Aut­o­fahrer mit einem BM-Kennze­ichen aus Bergheim genan­nt – packt die Poli­tik die Samthand­schuhe aus. Aut­o­fahrer sind halt Wäh­ler und nicht mal wenige. Da wer­den selb­st die in der son­st für ihre Poli­tik so heiß geliebten Schweiz gel­tenden Regeln nicht einge­führt.

  • Zu Besuch Friederike Mayröck­er: Eine Gle­ichung von math­e­ma­tis­ch­er Ele­ganz | FAZ → der bald-büch­n­er-preisträger mar­cel bey­er über einen besuch bei büch­n­er-preisträgerin friederike mayröck­er

    Leben = Schreiben: Mir fiele nie­mand ein, für den diese Gle­ichung so wenig antast­bar, so pro­duk­tiv, schlicht unum­stößlich wahr wäre wie für Friederike Mayröck­er. Eine Gle­ichung von math­e­ma­tis­ch­er Ele­ganz.

  • Mar­tin Vogel: Anmerkung zu einem richti­gen Urteil | perlentaucher.de → mar­tin vogel legt noch ein­mal seine/die sicht der urhe­berin­nen zur vg wort, ihren auss­chüt­tun­gen und ihrer krachen­den nieder­lage vor dem bgh dar. sehr lesenswert
  • Diedrich Diederich­sen im Gespräch über poli­tis­che Kor­rek­theit in öffentlichen Debat­ten | jungle-world.com → span­nen­des, langes inter­view mit diedrich diederich­sen über poli­tis­che kor­rek­theit, kul­turkampf, (neue) rechte und die entwick­lun­gen in der (deutschen) diskurs­ge­sellschaft der let­zten jahre/jahrzehnte

    Mit der soge­nan­nten PC kam der Ärg­er auf ein­er unge­wohn­ten Ebene zurück, als Debat­te um Sprache. Let­ztlich war der dann fol­gende Auf­schrei in der kon­ser­v­a­tiv­en bis reak­tionären Mitte vor allem ein Symp­tom der Ent­täuschung. Man hat­te gehofft, ganz demarkiert Poli­tik und Geschäfte machen zu kön­nen, und wollte mit inhaltlichen Auseinan­der­set­zun­gen, die dann auch noch auf poli­tis­chen oder ethis­chen Grundüberzeu­gun­gen – Beze­ich­nun­gen wie Ras­sis­mus waren ja wichtig, wir woll­ten Ras­sis­mus Ras­sis­mus nen­nen, die anderen Frem­den­feindlichkeit – nichts mehr zu tun haben.

    Das ist eine schlimme Entwick­lung, die die strate­gisch berechtigte Idee, Orte zu schaf­fen, in denen man zum Beispiel vor trans- und homo­phober Ver­fol­gung sich­er ist, in eine völ­lig bescheuerte Rich­tung ver­schoben haben. Safe Spaces sind jet­zt Sem­i­nare, die als so eine Art erweit­ertes Kinderz­im­mer mit Kuschelkul­tur nur über Dinge sprechen, die die behüteten Mit­telschicht­skinder nicht erschreck­en. »Trig­ger Warn­ings« sollen helfen, dass man das Böse gar nicht erst zur Ken­nt­nis nimmt. Von Verge­wal­ti­gung und Ras­sis­mus darf man dann gar nicht mehr sprechen.

Ins Netz gegangen (18.4.)

Ins Netz gegan­gen am 18.4.:

  • Was hin­ter­lässt Gün­ter Grass?: Olymp der Old Boys — taz.de — mar­lene streeruwitz blickt kri­tisch aus Gün­ter Grass und sein poli­tis­ches Engage­ment zurück:

    Wenn die soziale Gerechtigkeit am Ende doch partei­isch gedacht war. Die Moral zer­bricht an so einem Wider­spruch. Das kam wohl auch daher, dass diese Gen­er­a­tion von kri­tis­chen Söh­nen sich auf einem Olymp der Moral­ität wäh­n­ten und dort bleiben woll­ten. Aber ungestört. Statt also den Olymp zu demokratisieren, wurde die deutsche Kul­tur zu einem der vie­len old boys clubs, wie sie die Welt immer schon beherrscht­en. Solche Per­so­n­en haben viel verän­dert und am Ende dann wieder gar nicht so viel.

  • Die Geschichte offen­hal­ten (junge Welt) — ingar solty & enno stahl diag­nos­tizieren die gesellschaftliche Bedeu­tungslosigkeit der Lit­er­atur und machen Vorschläge, wie sich das ändern ließe

    Diese sozialen und ökonomis­chen Dis­so­nanzen müssen sich in der Lit­er­atur nieder­schla­gen, die mon­ströse Asym­me­trie des Lebens, Momente der Schön­heit neben Aus­brüchen atavis­tis­ch­er Grausamkeit, die Ver­strick­un­gen des einzel­nen im großen Ganzen, ger­ade wenn er oder sie sich her­auszuhal­ten sucht. Die Lit­er­atur muss sagen, was Sache ist, muss doku­men­tieren, nach­haltig auf­be­wahren und damit ankla­gen, welche Ver­heerun­gen sich ereignet haben und wer die Verur­sach­er sind

  • Mara Gen­schel: Die Erhaben­heit des Tesafilms | ZEIT ONLINE — Michael braun über die wun­der­bare und span­nende Lyrik­erin mara gen­schel
  • Mauer­fall: Sch­abows­ki-Zettel soll gestohlen wor­den sein — Poli­tik — Süddeutsche.de — Mehr als 20 Jahre lang galt der Notizzettel von Gün­ter Sch­abows­ki für die Pressekon­ferenz, die den Mauer­fall aus­löste, als ver­schollen. Dann tauchte er bei der Stiftung “Haus der Geschichte” auf. Sch­abowskis Ehe­frau erhebt schwere Vor­würfe gegen Bekan­nte.
  • Don’t make bicy­clists more vis­i­ble. Make dri­vers stop hit­ting them. — The Wash­ing­ton Post — eben weiss hat zwar die usa im blick, seine argu­mente (etwa in bezug auf die helmpflicht für rad­fahrer) lassen sich aber prob­lem­los auf europa & deutsch­land über­tra­gen:

    Effec­tive­ly, we’ve lost equal access to the pub­lic road­ways unless we’re will­ing and able to foot the hefty bill for a car. Instead, what we have is an infra­struc­ture opti­mized for pri­vate vehi­cles and a nation of sub­si­dized dri­vers who balk at the idea of sub­si­diz­ing any oth­er form of tran­sit, and who react to a park­ing tick­et as though they’ve been cru­ci­fied.

  • Blitz­marathon: Rasen und witzeln — Welt — Tagesspiegel — inter­es­san­ter ver­gle­ich:

    Die Römer hiel­ten Glad­i­a­torenkämpfe, also das, was wir heute Bar­barei nen­nen, für Spiele. In ein­er späteren Zivil­i­sa­tion wird man wom­öglich auf uns zurück­blick­en und sich fra­gen, warum wir die Bar­barei auf unseren Straßen für Sport gehal­ten haben.

  • Der Wort­van­dale — taz.de — jens uthoff würdigt rolf dieter brinkmann zu seinem 75. geburt­stag:

    Brinkmann wollte die unge­filterte Wirk­lichkeit darstellen, einen unver­mit­tel­ten, ersten Ein­druck der Dinge wieder­erlan­gen und sprach­lich for­mulieren.[…] Brinkmann ist als Poet, dessen großes The­ma Ent­frem­dungser­fahrun­gen, die Wahrnehmung und das Bewusst­sein waren, noch immer aktuell: Die Medi­atisierung ist vor­angeschrit­ten; die Erfahrun­gen sind noch weniger als zu Brinkmanns Zeit­en unmit­tel­bare. Mehr noch: Die medi­ale Ver­w­er­tung des Augen­blicks muss heute stets mitgedacht wer­den, erst das Self­ie dient dazu, uns unser­er selb­st zu ver­sich­ern. Und auch sein Stram­peln und Schla­gen “gegen die Sub­jek­tver­drän­gung” (Hand­ke), gegen die Verd­inglichung und den Ver­lust natür­lich­er Lebenswel­ten spiegelt stets aktuelle men­schliche Grund­kon­flik­te oder fort­laufende Prozesse.

  • Die Gründe, bitte | law blog — udo vet­ter

    Hier sind nach wie vor die Befür­worter der Spe­icherung in der Pflicht nachzuweisen, dass eine Ein­schränkung der Bürg­er- und Frei­heit­srechte über­haupt einen Nutzen bringt, der den weit­eren Ausverkauf des Grundge­set­zes und europäis­ch­er Werte­s­tandards ver­schmerzbar erscheinen lässt.
    Wenn ich schon Verzicht üben und kün­ftig in einem anderen Staat leben soll, der mich als poten­ziell Verdächti­gen behanelt, dann möge man mir bitte plau­si­bel erk­lären, warum.

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