Nationalismus versteht etwas von Macht, Glanz und Gloria, weniger von Menschlichkeit. Macht ist die Triebfeder jedweder nationalistischer Politik. Warum sollte ich dem Nationalstaat nachtrauern? Er ist ein Zwischenspiel der Geschichte, weder gottgegeben noch naturgewachsen.
Wahlkampfroman 2016. “So wird das Leben.” – Marlene Streeruwitz → “Bei der Wiederholung der Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten steht die Entscheidung für oder gegen die Demokratie an. Marlene Streeruwitz erzählt in ihrem dritten Wahlkampfroman was diese Entscheidung im wirklichen Leben bedeutet.”
Journalist: Zeit-Online-Chefredakteur Jochen Wegner: “Wir sind anders” → ein interessantes und teilweise sehr entlarvendes interview. matthias daniel findet es z.b. (in einem fachmedium! für journalisten) “irre”, dass zeit-online den trainer des dfb mit einer nichtnachricht (er macht weiter) nicht als topthema hatte …
und immer wieder wundern mich medienzahlen — so “erreicht” ze.tt angeblich 10 % der bevölkerung in deutschland. das erscheint mir irre viel …
und eine schöne bullshit-phrase: genaue, personalisierte nutzerdaten sind “ein qualifizierter Kontakt zu vielen Lesern”
Language Stuff – Google Drive → irre viele (englischsprachige) grammatiken irre vieler sprachen, leider (in meinen stichproben) ohne ordentliche bibliographische nachweise. teilweise sprachlehrbücher, teilweise wissenschaftliche
Ad Blocking and the Future of the Web — Zeldman on Web & Interaction Design — guter text zur neuen welle des adblockings und den vermutlichen auswirkungen auf das web. leider schneidet er das problem der datensparsamkeit zwar an, verfolgt es aber nicht weiter — dabei ist das doch (auch) eines der wesentlichen momente, adblocker (oder eher: trackingblocker) einzusetzen …
Vorratsdatenspeicherung: Vorratsdaten doch für die Geheimdienste? | ZEIT ONLINE — kai biermann über das neue gesetz zur vorratsdatenspeicherung, dass sich offenbar nahtlos in den murks und unsinn dieser regierung einordnet .…Bug? Oder doch Feature? Im Regierungsentwurf des Gesetzes zu Vorratsdatenspeicherung ist eine gefährliche Lücke #vds
Kommentar — IAA-Besuchertage — WDR 5 — guter kommentar von lioba werrelmann zur iaa, dobrindt (“Der Mann ist nicht nur von gestern, er ist auch auf dem Holzweg.”) und dem Irrsinn Auto …
Soundtrack ǀ Yes. We. Can. — der Freitag — georg seeßlen hat das neue buch “deutschpop, halt’s maul” von frank apunkt schneider gelesen und fasst die darin erläuterte unmöglichkeit des deutchen pop für den “freitag” zusammen
Der Mainstream des Pop in Deutschland, ein paar Blicke auf die Charts belegen es, ist vollkommen nationalisiert. Unter den Top Ten befinden sich aktuell sieben deutschsprachige Alben – darunter Helene Fischers Farbenspiel und Von Liebe, Tod und Freiheit der Volksmusikerband Santiano – sowie ein Sampler von Xavier Naidoos Show Sing meinen Song. Eine Flucht in die Sphären des „ausländischen“ Pop ist nicht mehr so ohne Weiteres möglich; die einzige Ausweichmöglichkeit scheint ein musikalisches Nerd-Tum mit immer neuen und weiteren Verzweigungen.
Dorothee Oberlinger: Töne mit eigenem Atem | ZEIT ONLINE — wolfram goertz hat in der “zeit” ein schönes porträt der blockflötistin dorothee oberlinger — und ihres instrumentes — geschrieben. sehr lesenswert, sehr überzeugend (vor allem, wenn man weiß, dass er in seinem lob der musikerin überhaupt nicht übertreibt …)
Die zwölf Arbeiten des Verlegers | Edit — jan wenzel charakerisiert die tätigkeit des verlegens in 12 arbeiten und beginnt mit dem “einkreisen der gegenwart”, bevor er sich eher prosaischen arbeiten widmet
Die Arbeit des Verlegers ist vor allem eine Suche. […] Der Wunsch, die flüchtige Gegenwart lesbar zu machen, ist sein Antrieb. Die Spur seiner Suchbewegung sind die Bücher, die entstehen. Jetzt und jetzt und jetzt.
Vorschläge für eine bessere Opernwelt. | Bad Blog Of Musick — moritz eggert macht — ziemlich einfache — vorschläge, wie die opernwelt deutschlands besser (und vor allem: aktueller) werden könnte: einfach mehr neue opern spielen — und zwar nicht nur uraufführungen, sondern auch nach-inszenierungen …
Gäbe es aber viel Neues, Verrücktes und Experimentelles in den Opernhäusern zu sehen, so würde man sich auch gerne mal eine Mozartoper anschauen, die ohne sinnlosen Schnickschnack auskommt und in der sich niemand anpissen muss. Das wäre dann auch nicht spießig, sondern lebendige Tradition in Kommunikation mit dem Neuen. Wenn ich mir die “Mona Lisa” anschaue, so ist es halt die “Mona Lisa”, und das ist auch in Ordnung so. Ein Dokument einer bestimmten Zeit, einer bestimmten Sicht auf die Dinge. Ich muss das nicht zerstören, sondern kann es auch so mal stehen lassen. Es wäre alles so einfach. Wenn sich nur jemand mal endlich trauen würde, etwas dauerhaft zu ändern.
Doch der Rektor der Universität Freiburg versteht die ganze Aufregung nicht. Wir glauben ihm. Er versteht es einfach nicht, aber genau das ist ja das Problem. An deutschen Universitäten, die dauernd Exzellenz beschwören und nach Stanford schauen, gibt es zu viel Spitzenpersonal, das einfach nicht versteht, wenn sich andere über die Phrasen aufregen, mit denen es seine merkwürdigen Entscheidungen dekoriert.
Darum aber, die Arbeit der Polizei bequemer zu machen, darf es nicht gehen. Sicherheit ist nicht das oberste Ziel eines Staates, auch wenn Innenminister das gerne behaupten. Wäre es das, würde dieser Staat bald all seine Bürger vollständig überwachen. Genau um das zu verhindern, gibt es das Grundgesetz, es ist eine Sammlung von Abwehrrechten, mit denen sich die Bürger den Staat vom Leib halten sollen. Und dort steht, die Würde der Menschen zu schützen und zu erhalten, sei die erste Regel. […]
Kein Anschlag der vergangenen Jahre war im Nachhinein eine Überraschung, alle Täter waren bereits zuvor aufgefallen. Für diese Erkenntnisse brauchte es keine gesetzliche Vorratsdatenspeicherung.
Als Engstler 1986 mit dem Bücherverlegen begann, hatte er keinerlei Finanzkapital im Hintergrund. Das ist bis heute so. Sein Einmannbetrieb rechnet sich marktwirtschaftlich nicht. Engstlers Bücher, nunmehr knapp 200 und fast alle noch lieferbar, sind Nischenprodukte: Lyrik, experimentelle Prosa. […]
Engstler ist ein Beispiel dafür, dass doch ein richtiges Leben im falschen möglich ist. Ein glücklicher Rebell, dem nichts mangelt. […] Was immer da abläuft, es ist unbezahlbar.
New Music, Modern Music, how do you do I never wash my hair and Birkenstock is my shoe I’m always wearing black and I smell kind of strange but I do know the contrabass clarinet range
„Längst schon hat die historische Forschung die vermeintliche Kriegsbegeisterung infrage gestellt“, schreibt der Historiker Tillmann Bendikowski. Ein alle Bevölkerungsschichten umfassendes „August-Erlebnis“, das die Nation bei Kriegsausbruch 1914 einte, habe es so nicht gegeben. „In der historischen Wirklichkeit waren die Reaktionen auf die Kriegsgefahr und den Beginn des Krieges sehr viel komplexer und widersprüchlicher.“
“Revolution mit Feder und Skalpell” ist die große Ausstellung zum 200. Geburtstag von Georg Büchner untertitelt. Das ist bemerkenswert (weil momentan das Revolutionäre in Leben und Werk Büchners keine besondere Konjunktur hat …) und sonderbar, weil es die Ausstellung nicht widerspiegelt. Offenbar war die Lust nach einem griffigen Slogan aber größer als der Wunsch, dem Besucher zu signalisieren, was ihn erwartet …
Ganz Darmstadt büchnert dafür, für die Gelegenheit “seinen” Dichter zu ehren. Überall wird für ihn und vor allem die Ausstellung geworben. Auch das übrigens viel bunter, peppiger und poppiger als in den Hallen selbst — da herrscht klassische Typographie in Schwarz auf Weiß bzw. Weiß auf Schwarz vor. Sonst tun sie das ja eher nicht oder doch zumindest deutlich zurückhaltender. Sei’s drum …
“wir alle haben etwas mut und etwas seelengröße notwendig” — Büchner-Zitat-Installation am Darmstädter Hauptbahnhof
Im Darmstadtium hat die veranstaltende Mathildenhöhe mit der Ausstellung Raum gefunden, Georg Büchner zu erinnern und zu vergegenwärtigen. Wobei Raum schon schwierig ist — das sind offenbar ein paar Ecken, die bisher ungenutzt waren, verwinkelt und verschachtelt — was der Ausstellung nur mäßig guttut, Übersicht oder logische Abläufe oder auch bloße Entwicklungen gibt es hier wenig.
Was gibt es aber in der Ausstellung zu erfahren und zu sehen? Zuerst mal gibt es unheimlich viel zu sehen — und viele schöne, spannende Sachen. Zum Beispiel das nachgebaute Wohnzimmer der Büchners — nicht rekonstruiert, aber schön gemacht (schon die Wände haben mir gefallen). Sehr schön auch die Rekonstruktion seiner letzten Wohnung in Zürich (Spiegelgasse 12 — ganz in der Nähe wird später auch Lenin residieren), seines Sterbezimmers (zwar hinter Glas, aber dennoch sehr schön). Auch die Büchner’sche Haarlocke darf natürlich nicht fehlen.
Büchner auf der Treppe zur Ausstellung (keine Angst, der Rest der Ausstellung ist nicht so wild …)
Überhaupt, das kann man nicht oft genug betonen: Zu sehen gibt es unendlich viel: Unzählige Stiche, Radierungen, Bilder — von Darmstadt und Straßburg vor allem. Gießen zum Beispiel ist extrem unterrepräsentiert. Und natürlich gibt es Texte über Texte: Schriften, die Büchner gelesen hat, die er benutzt hat, die er verarbeitet hat — sie tauchen (fast) alle in den enstprechenden Drucken der Büchnerzeit hier auf, von Shakespeare bis zu den medizinischen Traktaten, von Descartes bis Goethe und Tieck. Auch Büchner selbst ist mit seinen Schriften vertreten — naturgemäß weniger mit Drucken — da ist außer “Danton’s Tod” ja wenig zu machen -, sondern mit Handschriften. Die sind in der Ausstellung zwar reichlich in Originalen zu bewundern, aber Transkriptionen darf man nicht erwarten. Und lesen, das ist bei Büchners Sauklaue oft nicht gerade einfach. Zumal mir da noch ein anderer Umstand arg aufgestoßen ist: Die Exponate in der (aus konservatorischen Gründen) sehr dämmrigen Ausstellung sind in der Regel von schräg oben beleuchtet — und zwar in einem sehr ungünstigen Winkel: Immer wenn ich mir einen Brief an oder von Büchner genauer betrachten wollte, um ihn zu entziffern, stand ich mir mit meiner Rübe selbst im Licht.
Sonst bietet die Ausstellung so ziemlich alles, was moderne Ausstellungsplaner und ‑bauer so in ihrem Repertoire haben: Projektionen, Multimediainstallationen, Animationen, überblendete Bilder, eine Art Nachrichtenticker (der schwer zu bedienen ist, weil er dazu tendiert, in irrem Tempo durchzurasen), mit Vorhängen abgetrennte Separées (während das beim Sezieren/der Anatomie unmittelbar Sinn macht, hat mir das erotische Kabinett insgesamt nicht so recht eingeleuchtet …) und sogar einen “Lenz-Tunnel” (von dem man sich nicht zu viel erwarten darf und sollte). Der letzte Raum, der sich der Rezeption der letzten Jahrzehnte widmet, hat das übliche Problem: So ganz mag man die Rezeption nicht weglassen, eine verünftige Idee dafür hatte man aber auch nicht. Da er auch deutlich vom Rest der Ausstellung getrennt ist und quasi schon im Foyer liegt, verliert er zusätzlich. Viel spannendes gibt es da aber eh’ nicht zu sehen, so dass man durchaus mit Recht hindurcheilen darf (wie ich es getan hab — Werner Herzog kenne ich, Alban Berg kenne ich, Tom Waits auch, die Herbert-Grönemeyer-Bearbeitung von “Leonce und Lena” sollte man sowieso meiden …).
Bei manchen Wertungen bin ich naturgemäß zumindest unsicher, ob das der Wahrheit letzter Schluss ist — etwa bei der Betonung der Freude und des Engagements, das Büchner für die vergleichende Anatomie entwickelt haben soll — was übrigens in der Ausstellung selbst schon durch entsprechende Zitate konterkariert wird und in meiner Erinnerung in Hauschilds großer Büchner-Biografie nicht von ungefähr deutlich anders dargestellt wird. Unter den Experten und Büchner-Biografen schon immer umstritten war die Rolle des Vaters — hier taucht er überraschend wenig auf. Überhaupt bleibt die Familie sehr im Hintergrund: Sie bietet nur am Anfang ein wenig den Rahmen, in dem Georg aufwächst — mehr Wert als auf die Familie und persönliche Beziehungen überhaupt legt die Ausstellung aber auf Erfahrungen und Rezeptionen von Kunst (Literatur, Theater, Gemälde und andere mehr oder weniger museale Gegenständlichkeiten) und geo-/topographischem Umfeld.
Nicht zu vergessen sind bei den Exponaten aber die kürzlich entdeckte Zeichnung August Hoffmann, die wahrscheinlich Büchner zeigt. Auch wenn ich mir dabei wiederum nicht so sicher bin, dass sie das Büchner-Bild wirklich so radikal verändert, wie etwa Dedner meint (in der Ausstellung wird sie nicht weiter kommentiert). Und die erste “echte” Guillotine, die ich gesehen habe, auch wenn es “nur” eine deutsche ist.
Gestört hat mich insgesamt vor allem die Fixierung auf den Audioguide — ich hätte gerne mehr Text an der Wand gehabt (zum Beispiel, wie erwähnt, die Transkriptionen der Handschriften — die muss man mir nicht vorlesen, da gibt es wesentlich elegantere Lösungen, die einer Ausstellung über einen Schriftsteller auch angemessener sind). Zumal die Sprecher manchmal arg gekünstelt wirken.
Und wieder ist mir aufgefallen: Büchner selbst ist fast so etwas wie das leere Zentrum der Ausstellung (auch wenn das jetzt etwas überspitzt ist). Es gibt hier unheimlich viel Material aus seinem näheren und weiteren Umkreis, zu seiner Zeitgeschichte und seiner Geographie — aber zu ihm selbst gar nicht so viel. Das ist natürlich kein Zufall, sondern hängt eben mit der Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte zusammen. Aber als Panorama des Vormärz im Großherzogtum Hessen (und Straßburg) ist die Ausstellung durchaus tauglich. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir allerdings auf: Weder “Vormärz” noch “Junges Deutschland” sind mir in der Ausstellung begegnet. Von der Einbettung sollte man sich auch überhaupt weder in literaturgeschichtlicher noch in allgemeinhistorischer Hinsicht zu viel erwarten: Das ist nur auf Büchner selbst bezogen, nachträgliche Erkenntnisse der Forschung oder nicht von Büchner selbst explizierte Zusammenhänge verschwinden da etwas.
Und noch etwas: eines der überraschendsten Ausstellungsstücke ist übrigens Rudi Dutschkes Handexemplar der Enzensberger-Ausgabe des “Hessischen Landboten”, mit sehr intensiven Lektürespuren und Anmerkungen …
Hoch geht’s zu Büchner
Aber dass der Katalog — ein gewaltiger Schinken — die Abbildungen aus irgend einer versponnenen Design-Idee alle auf den Kopf gestellt hat, halte ich gelinde gesagt für eine Frechheit. Ein Katalog ist meines Erachtens nicht der Platz für solche Spielereien (denen ich sonst ja überhaupt nicht abgeneigt bein), weil er dadurch fast unbenutzbar wird — so einen Brocken mag ich eigentlich nicht ständig hin und her drehen, so kann man ihn nicht vernünftig lesen.
Aber trotzdem bietet die Ausstellung eine schöne Möglichkeit, in das frühe 19. Jahrhundert einzutauchen: Selten gibt es so viel Aura auf einmal. Die Ausstrahlung der Originale aus Büchners Hand und der (Druck-)Erzeugnisse seiner Gegenwart, von denen es hier ja eine fast übermäßige Zahl gibt, ist immer wieder beeindruckend — und irgendwie auch erhebend. Fast so eindrücklich übrigens wie die Lektüre der Texte Büchners selbst — dadrüber kommt die Ausstellung auch mit ihrer Masse an Exponaten nicht.
Der Frankensteinlauf ist ein ganz neues Unternehmen, das 2011 zum ersten Mal stattfand. Und ich war dabei. Irgendwann im Frühjahr trudelte bei mir die E‑Mail von Skinfit, dem Ausrichter und Sponsor, ein. Und das schien mir eine gnz intressante Idee: unkomplizierte Anreise, angenehmer Termin am letzten Samstag im April, Start freundlicherweise um 16 Uhr. Und 15 Kilometer gehen immer, auch wenn ein paar Höhenmeter dabei zu überwinden sind. Also habe ich mich bald angemeldet und das ganze erst einmal wider vergessen
Am Samstag war es dann also soweit. Die Anreise mit Liegerad und Bahn war etwas holprig: Erst meinte der Schaffner in Mainz, im RMV dürfte ich mit dem Liegerad nicht in den Zug — was mir völlig neu wäre, ich habe as schließlich schon öfters gemacht. Mitgenommen hat er mich aber immerhn trotzdem. Auf dem Weg von Darmstadt Hauptbahnhof nach Eberstadt, so ungefähr 8 kurze Kilometer durch die Stadt, kam ich dann auch noch in einen Platzregen. Und musste beim Anziehen der Regenjacke auch noch feststellen, dass sich das Armband meines Forerunners auf der einen Seite von der Uhr gelöst hatte.
In Eberstadt war dann wenigstens alles unproblematisch: Fahrad geparkt, Startnummer und Beutel abgeholt (darin auch das Skinfit–Klima-Shirt, der einzige Grund, warum ein 15-km-Lauf fast 30 Euro Startgeld kosten darf) udn festgestellt, dass ich nicht weiß, wie ich den komischen Chip für die Zeitmessung anbringen sollte. Eigentlich ist der dazu gedacht, zwischen die Schnürsenkel eingefädelt zu werden. Das konne ich aber nicht, weil meine Fivefingers, die Classic-Variante, so etwas nicht haben. Mit einer Sicherheitsnadel ging es dann aber doch — auch wenn ich dem nicht so recht traute. Es hielt aber problemlos.
Der Frankensteinlauf war ja mein erster „Wettkampf“ mit den Fivefingers. Im Odenwald hatte ich in diesem Frühjahr diese Nicht-Schuhe öfters genutzt und dachte, ich probier das jetzt mal aus. Auf die Zeit kam es mir sowieso nicht an — denn etwas langsamer ist man damit schon, je nach Boden und Gefälle der Strecke macht sich das mehr oder weniger deutlich bemerkbar.
Irgendwann um kurz nach vier ging es dann auch los — der Läufer-Pulk hatte sich langsam von der Anmeldung im Mühltalbad zum nahegelegenen Start auf einem Feldweg am Ortsrand bewegt. An den Start gingen knapp 200 Läufer, für die 7 km und die 15 km zugleich. Und dazu noch gleich zwei Rettungswagen sowie ein Motorrad und auch noch ein Quad vom ASB — fast überversorgt waren die Läufer mit medizinischer Begleitung … Überhaupt war der Lauf insgesamt gut organisiert (nur bei den Nachmeldungen gab es wohl kleinere Verzögerungen), an allen Abzweigungen gab es gut sichtbare Markierungen und eine ausreichende Zahl an Streckenposten. Das war ja auch nicht ganz billig — dafür aber mit einem Klima-Shirt. Und die Skinfit-Kleidung ist halt erst mal teuer …
Zunächst ging es also erst einmal durch Eberstadt, so 1–2 km. Dann führte die Strecke auf asphaltiertem Feldweg in Richtung Frankenstein, ein erster kleiner Anstieg war zu bewältigen. In der Nähe der Bundesstraße dann der Wechsel zu Kies und festem Boden — zum Glück aber kein großer Schotter, das macht mit den Fivefingers nämlich keinen Spaß. Über die Bundesstraße ging es dann hinüber und ab in den Wald unter dem Frankenstein. Irgendwo in der Nähe von Kilometer 5 (die Kilometer waren sogar markiert, wenn auch nicht immer perfekt lesbar — der Regen und die Läufer hatten das Sägemehl etwas verstreut) bogen die Sieben-Kilometer-Läufer ab. Für den Rest, die deutliche Mehrheit des Feldes, ging es weiter bergauf. Die Höhenmeter — laut Veranstalter 362 — waren sehr gleichmäßig verteilt. In großen Bögen ging es also den Berg hinauf zur Burg Frankenstein. Da ich sehr verhalten angelaufen bin, war ich fleißig am Einsammeln. Der Weg blieb angenehm zu laufen — leichte Steigung, meist Waldboden mit etwas Kies, ohne größere Probleme für Barfußschuhläufer. Am Frankenstein gab es Getränke — daswar tatsächlich ganz nett, denn warm war es durchaus, trotz der dunklen Wolken. Hinter der Burg ging es dann kurz auf der Kreisstraße weiter in Richtung Nieder-Beerbach — eigentlich ist das nur ein asphaltierter Waldweg. Der führte — durchaus knackig — hinab bis zur Waldgrenze und noch ein paar hundert Meter durch die Wiesen zum Wendepunkt. Hier hatte man — wenn man noch Augen für so etwas hatte — einen schönen Blick auf die Hügel des beginnenden Odenwalds (mit Fernsicht war’s nichts). Am Wendepunkt musste man das Kontrollband einsammeln und zunächst wieder zurück zum Frankenstein hinauf. Die Läufer, die mich auf der kurzen Bergabstrecke überholten, habe ich alle wieder eingesammelt. Denn bergab muss ich mit den Zehenschuhen etwas langsam(er) machen, die fehlende Dämpfung macht sich da durchaus bemerkbar. Das war dann auch auf dem Abschnitt nach dem Frankenstein deutlich zu merken. Denn ab dort ging es bis kurz vor das Ziel nur noch bergab. Und da wurde ich dann kräftig durchgereicht. Zumal nach zehn, zwölf Kilometern meine Füße auch müde wurden und auf kleinere Belastungen ungehalten reagierte. Schon bei kleineren steinen zuckte ich jetzt etwas zurück: Meist bin ich mit den Fivefingers ja nur so ungefähr eine stunde unterwegs gesesn, die 15/16km-Läufe waren ja die Ausnahme.
Der Weg vom Burgberg hinunter führte zunächst über einen schönen pfad, dann aber wieder über den Forstweg, den wir auch hinauf gelaufen waren. Und schließlich hatten wir noch das selbe Schlussstück wie die 7km-Läufer. Das Ziel war nicht am Start, sondern auf der anderen Seite des Mühltalbades — so musste im Ort nichts mehr abgesperrt werden. Genau auf Platz 100 lief ich dort ein — perfektes Timing sozusagen. Für die 15 Kilometer (ich habe nicht kontrolliert, ob die Strecke stimmt) habe ich damit laut offizieller Zeitmessung 1:28:32 gebraucht.
Nach einer Banane und einem alkoholfreien Bier im Ziel sowie einigen Plaudereien über meine „Schuhe“ bin ich dann auch bald zum Duschen im Mühltalbad marschiert. Das hat sich ganz gut verteilt, obwohl die Duschen nicht gerade üppig waren. Bei/nach dem Duschen musste ich dann mit Erstaunen und Entsetzen feststellen, dass ich mir riesige Blasen glaufen habe. Vor allem die linke Ferse war eine einzige große Blase — seltsam, so etwas ist mir noch nie passiert. Ich habe dann zwar noch etwas gewartet, aber bis zur Siegerehrung schien es noch etwas zu daueren, so dass ich mich um 18.20 uhr auf den Weg machte, meinen Zug noch zu erreichen: Mit dem Lieger ging es über den Feldradweg (mit einigem Geholper) nach Nieder-Ramstadt und dort zum Bahnhof. Die Oberschenkelmuskel am Knie machten sich dabei durchaus bemerkbar. Dort ging es dann mit dem Zug weiter nach Erbach — dieses mal ohne Gemecker des Zugbegleitpersonals.
Einen Bericht gibt es beim Laufreport, dort auch noch einige Fotos.
nach dem muskelfaserriss am rennsteig war mir ziemlich bald klar, dass ich für den darmstadt-marathon nicht mehr rechtzeitig und genug trainieren würde können. da ich aber nun mal schon angemeldet war und das startgeld schon eingezogen war, plante ich den von der sparkasse organisierten marathon einfach als langen lauf in mein training ein. das war aber einfacher gesagt als gelaufen ;-). denn das heißt, dass ich keinen meter getapert habe, sondern auch die letzte woche voll im training geblieben bin. und um dem ganzen noch die krone aufzusetzen, hatte ich mir in den kopf gesetzt, am freitag nachmittag mit dem liegerade von erbach nach darmstadt zu fahren — auch noch einmal ca. 50 km mit einigen giftigen anstiegen (aber auch einer wunderschönen abfahrt, von böllstein nach brensbach). besonders erholt war ich also nicht, als ich mich heute morgen um 7 uhr in darmstadt (mein bruder hat mir freundlicherweise ein bett zur verfügung gestellt, so dass zumindest die anreise kurz blieb) aus dem bett quälte, ein paar scheiben brot aß und schon einmal wasser tankte. mit bus und straßenbahn ging es dann — zusammen mit einer meute anderer laufwütiger — zum hochschulstadion am böllenfalltor. dort reihte ich mich noch einmal in die toilettenschlange ein (kein schnelles unternehmen, wie immer bei solchen veranstaltungen) und versuchte meinen kleiderbeutel abzugeben. die helfer dort waren freilich etwas überlastet — nicht das letzte mal, das mir das an diesem tag auffiel. freundlich und hilfsbereit waren sie trotzdem alle. so ließ ich meinen sack also einfach auf dem großen haufen vor der sporthalle — im vertrauen darauf, dass er tatsächlich noch richtig einsortier werden würde (das hat auch prima geklappt). und dann war es auch schon nicht mehr lange bis 8.30 uhr — also auf zur startaufstellung. die hielt gleich die nächste überraschung bereit: dort war nämlich nicht einmal dicht gedrängt platz für alle läufer. besonders schlimm ist das ja nicht, die zeit wird ja eh’ erst bei überquerung der startlinie gemessen. nerven tut so etwas aber schon ein bisschen. genau wie der umstand, dass der juniorcup sich kurz vor dem start durch die gesamten läufermasse durchquetschen musste — das war einfach falsch geplant …
überhaupt die läufermassen. schnell stellte sich nämlich nach dem pünktlich erfolgtem startschuss (den ich natürlich nicht hörte, dazu war ich zu weit hinten) heraus, dass doch arg viele läufer mitmachten. denn die strecke wurde schon nach wenigen kilometern immer schmaler, bis sie irgend wann (ich glaube, so ca. bei km 5) ein normaler feldweg war. und das war arg eng, denn es dauerte gefühlte ewigkeiten, bis sich das feld halbwegs sortiert hatte. und die ständige überholerei und lückenspringerei ist halt auf dauer nicht nur anstrengend, sondern auch nervend. ein passage fand ich — angesichts von über 6000 teilnehmern in allen wettbewerben — arg eng: hier war nämlich nur eine fahrbahnspur der straße für die läufer abgesperrt. und ausgerechnet dieser teil wurde in beide richtungen belaufen, so dass wirklich kaum noch platz war … aber sei’s drum, ich war ja nicht da, um eine rekordzeit zu laufen. dem hätte auch das wellige höhenprofil nicht so sehr gedient, das vor allem in der zweiten runde (die mit leichten abwandlungen dier ersten 21 km variierte) doch ordentlich kraft forderte. merkbar war die volle strecke allerdings auch an den labestationen: in der ersten runde war im mittelfeld (in dem ich mich wähnte, vielleicht irre ich mich dabei aber auch) kaum noch wasser zu kriegen — weil die helfer einfach nicht nachkamen mit dem einfüllen. das ist so etwas, das ich eher ärgerlich finde bei so einem organisierten wettkampf. bei der reichhaltigen verpflegung (obst, müsliriegel) war dagegen immer viel platz vor den tischen …
aber da wollte ich ja nicht hin: im training gibt’s während des laufens nur wasser. na gut, ab km 30 habe ich auch einmal powerrade probiert (viel zu süß, löscht den durst überhaupt nicht gut) und einige kilometer vor schluss mir dann doch auch noch den cola-boost gegönnt. denn zwischenzeitlich hatte ich zu kämpfen. dass es anstrengend werden würde, merkte ich schon am beginn der zweiten runden, die den eigentlich eher leichten anstieg der bundesstraße am böllenfalltor hinaufging. so ungefähr ab kilometer 30 wurde es dann richtig schwer — zumindest mental. so arg viel an geschwindigkeit habe ich da nicht eingebüßt. aber dafür so einige verwünschungen ausgestoßen und mich über meine blödheit, im training einen marathon laufen zu wollen, aufgeregt. zum glück habe ich aber durchgehalten — auch wenn ich mehrmals kurz davor war, abzubrechen (aber was macht man dann mitten im wald?) -, denn so ungefähr ab kilometer 36 lief es wieder ziemlich gut. vielleicht lag es ja auch daran, dass ich schon mitten in den zwanzigern angefangen hatte, rückwärts zu zählen — das ist nicht sehr hilfreich, glaube ich. so ab 32,33 kilometern ist das ok, dann wird der rest überschaubar, aber bei km 24 wartet doch noch eine ganze menge an weg auf einen …
jedenfalls schaffte ich es doch ziemlich gut, mein tempo zu halten. auch wenn ich eigentlich nicht im plan war — viel zu früh war ich (nach den sehr gemütlichen ersten drei kilometern) zu schnell geworden. doch ganz falsch lag ich nicht, denn auf der zweiten runde (also nach dem halbmarathon) wurde ich nur von einem läufer überholt — ich selbst sammelte dagegen dutzende ein (hundert waren es ganz bestimmt …) insgesamt habe ich auch einen ordentlich negattiven split hinbekommen: der erste halbmarathon mit ungefähr 1:52 stunden, der zweite dagegen mit 1:45 doch einige minuten schneller. für’s training ok war auch der schnitt von 5:07. eigentlich wollte ich nämlich jenseits der 5:10 bleiben. aber dafür fehlte mir eben wieder einmal die disziplin — das kontrollierte langsamlaufen habe ich immer noch nicht so ganz im griff. nun ja, bei einer gesamtzeit von 3:38:23 sollte ich nicht zuviel meckern, das ist immerhin eine neue persönliche bestzeit auf der marathondistanz. und ein wahnsinnger platz 9 meiner altersklasse — kann ich kaum verstehen …
nun ja, damit wäre dieses experiment also auch erledigt. zur nachahmung empfehlen kann ich es nur bedingt — ein marathon bleibt halt immer ein marathon. auch im training. und der tag ist damit doch weitesgehend gelaufen …