Bei Gedichten hilft zwei Mal lesen immer. Das kann nie falsch sein. Denn meistens ist schon nach dem zweiten Mal klar, ob das Ding vor uns überhaupt ein Gedicht ist oder nicht. Wenn nämliuch nach dem zweiten Mal klar ist, was da steht, und ebenso duelitch, dass da nichts weiter ist, als was man verstanden hat, dann ist es kein Gedicht. Weil ein Gedicht eben nicht das ist, was man gemeinhin meint, wenn man sagt: Ich habe verstanden.
Urs Engeler, Mein Lieber Lühr (in: MÜtze #33, 1671)
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Britta Bürger führt im Deutschlandradio ein interessantes Gespräch mit Urs Engeler (zum Nachlesen/zum Nachhören) über Lyrik natürlich, über das Verlegen von Lyrik, die Qualität und Nachfrage von Gedichten. Urs Engeler erzählt ganz gelassen auch von den ökonomischen Schwierigkeiten eines Lyrik-Verlegers und wie ein Mäzen plötzlich zum Gläubiger wurde. Natürlich spricht er auch über die roughbooks, die mir immer wieder so viel Freude bereiten … Und er verrät, dass er auch selbst wieder dichtet (ohne die Öffentlichkeit aber an den Ergebnissen teilhaben lassen zu wollen). Schön, wie er in den knappen zehn Minuten zeigen kann, was es heißt, sich für Lyrik zu begeistern. Meine “Lieblings”-stelle: Seine Ausführungen zur “Güte” von Gedichten, zur Frage nach den Kriterien für ein gutes Gedicht — die verneint er nämlich einfach und sagt statt dessen:
Interessante Gedichte, die haben bei jedem Lesen neue Erlebnisse auf Lager für uns. Es gibt ganz viele Dinge zu beobachten, das heißt, man muss schon sehr geduldig sein, um hinter diese Qualitäten zu kommen, aber quasi je nachhaltiger ich beschäftigt werde durch einen Text, desto interessanter scheint er mir, und unterm Strich würde ich dann auch sagen, desto mehr Qualitäten scheint er mir zu haben, sprich, desto besser ist er.
(via Lyrikzeitung)