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Schlagwort: sozialismus

Ins Netz gegangen (21.1.)

Ins Netz gegan­gen am 21.1.:

  • Max Reger: Akko­r­dar­beit­er im gifti­gen Kli­ma der Mod­erne | Der Stan­dard — roland pohl im stan­dard über max reger, seine rezep­tion und warum er so wenig bekan­nt und geschätzt wird — immer­hin ist in diesem jahr sein hun­der­ster todestag zu bege­hen …

    Es fällt nicht leicht, nach den Grün­den zu suchen, warum der deutsche Kom­pon­ist Max Reger (1873–1916) der­art gründlich in Vergessen­heit ger­at­en ist. Den meis­ten sein­er unzäh­li­gen Werke haftet eine gewisse Sprödigkeit an. Reger, im pri­vat­en Umgang ein humoriger Kauz, hat vor allem auf dem Gebi­et der Har­monik Epochales gelei[s]tet.

    Des Meis­ters viel zu früher Tod – er entschlief herzkrank in einem Leipziger Hotelz­im­mer – dürfte auch hun­dert Jahre später kein Reger-Fieber aus­lösen. Die Klas­sik­branche fasst den eigen­bröt­lerischen “Akko­r­dar­beit­er” nicht mit der Kneifzange an. Ein­er größeren Ver­bre­itung ste­ht die Kom­plex­ität der intro­vertierten Reger-Musik im Wege.

  • Sport, über­all nur noch Sport: Die geistige Macht unser­er Epoche | taz — robert redeck­er hat in der taz eine wun­der­bare, ful­mi­nante abrech­nung mit dem sport und unser­er obses­siv­en beschäf­ti­gung damit geschrieben:

    Die heutige Gesellschaft hat eine neue Vari­ante des Total­i­taris­mus erfun­den: den Sport.[…] Diese Sportan­lässe beset­zen scham­los und rück­sicht­s­los den gesamten Platz in den Medi­en.
    Wie ein Nim­m­er­satt mit unstill­barem Hunger vere­in­nahmt der Sport den ganzen Platz für sich. Nie­mand kann dieser erdrück­enden Inva­sion der Sport­berichte ent­ge­hen, die alles andere ver­drängt. Diese Über­do­sis an Sport hat eine zer­störerische Umkehrung der Werte und der Hier­ar­chie der Infor­ma­tion zur Folge. Statt sich auf ein paar Worte am Ende der Fernseh- und Rund­funknachricht­en zu beschränken, was angesichts ihrer Bedeu­tungslosigkeit nor­mal wäre, ver­weist die Sport­berichter­stat­tung alles wirk­lich Wichtige auf die Rand­plätze.

    Was dage­gen für die Zivil­i­sa­tion von Bedeu­tung wäre, woran man sich noch Jahrhun­derte später erin­nern wird – die her­aus­ra­gen­den Per­sön­lichkeit­en der Philoso­phie, der Malerei, Dich­tung, Chore­ografie, Musik oder Architek­tur – find­et dage­gen kaum Beach­tung in den Medi­en.

  • David Bowie: Schön dick aufge­tra­gen | ZEIT ONLINE — diedrich diederich­sen über das bowie-album, das black­star-video und bowies auftritte

    Hier, bei einem Album, das die run­dum zu begrüßende Devise sein­er Eröff­nung­sop­er, “Mehr ist mehr”, bis zum Schluss beherzigt, hat man bei­des ver­sucht: Jazz-Vir­tu­osität und die dun­kle Ekstase heutiger Dance- und Goth­ic-Kul­turen.

  • Israel ǀ Kib­buz­im: Auf der Suche nach der Iden­tität — der Fre­itag — über die entwick­lung der kib­buz­im von sozial­is­tis­chen gemein­schaften zu mark­tkon­for­men wirtschaft­sun­ternehmen — sehr inter­es­sant …
  • Online-Fort­set­zungsro­man: Lang lebe der Shandy­is­mus! | FAZ — jan wiele in der faz mit ein­er ersten ein­schätzung von tilman ramm­st­edts ger­ade enste­hen­dem “mor­gen mehr” — seine beobach­tun­gen tre­f­fen sich ziem­lich genau mit meinen eige­nen …
  • Train­ingslager in den Golf­s­taat­en : „Der Sport ist ein löchriger Käse“ — taz.de — die taz sprach mit dem “sportethik­er” elk franke:

    Die Poli­tik nimmt den Sport gern für sich in Anspruch. Umgekehrt prof­i­tiert der Sport auch stark davon. Somit wird der Satz „Der Sport ist unpoli­tisch“ zu ein­er ide­ol­o­gis­chen Aus­sage, die in der All­t­agsprax­is keine Gültigkeit hat.
    […] Der Sport ist ein inhalts­freies Dra­ma, das eine Iden­ti­fika­tion mit allen möglichen Inhal­ten erlaubt. Ein Schweiz­er Käse, in dessen Löch­er aller­hand rein­passt, ohne dass der Geschmack ver­loren geht.

  • Als der Kaiser musste: Eine Unter­stre­ichung und die Schuld am Ersten Weltkrieg | Aktenkunde — Als der Kaiser musste: Eine Unter­stre­ichung und die Schuld am Ersten Weltkrieg — hol­ger berwinkel zeigt (mal wieder) sehr schön, wie wichtig his­torische hil­f­swis­senschaft (und genauigkeit) ist, auch für “großhis­torik­er”
  • schleef-bilder — die erbenge­mein­schaft einar schleefs hat einige sein­er bilder online bere­it­gestellt

Die Eisler-Familie

Via Adress­comp­toir bin ich ger­ade auf dieses gut gemachte, inter­es­sante Fea­ture über die Eisler-Fam­i­lie (d.h. Hanns Eisler, Ger­hart Eisler & Ruth Fis­ch­er) beim Ö1 gestoßen, das noch 7 Tage online gehört wer­den kann: Unbe­d­ingt zu empfehlen, für alle, die sich auch nur etwas für die Geschichte des 20. Jahrhun­derts inter­essieren. Viel typ­is­ches passiert mit den drei Geschwis­tern Hanns Eisler als Musik­er, Ger­hart Eisler & Ruth Fis­ch­er vor allem als Poli­tik­er des linken Spek­trums, in Deutsch­land, Öster­re­ich, den USA, der Sow­je­tu­nion und ander­swo. Immer wieder berühren mich die Eisler­schen Musiken, der unbe­d­ingte Ernst und der feste Glaube an die his­torische Mis­sion des Kom­mu­nis­mus, die aus sein­er Musik immer wieder spricht — ob es nun um Märsche geht, um Lieder, Musik­the­ater oder Orch­ester­w­erke. Das Fea­ture von Hen­ry Bern­hard erzählt die ganzen Verknüp­fun­gen, die Ver­suche und Fehler und natür­lich auch ganz stark die Tragik dieser Leben:

Der Karl Marx der Musik, die Denun­zianten-Lady und der gefährlich­ste Ter­ror­ist der Welt. Die Eislers — eine Aus­nah­me­fam­i­lie. Wie poli­tis­che Gesin­nung die Geschwis­ter Ger­hart Eisler, Hanns Eisler und Ruth Fis­ch­er entzweit.

“In der Fam­i­lie Eisler herrschen ver­wandtschaftliche Beziehun­gen wie in den Shakespeare’schen Königs­dra­men”, hat­te Char­lie Chap­lin über die Geschwis­ter Eisler gesagt. Er hat­te allen Grund dazu. Stand der ältere Ger­hart Eisler 1947 in New York als Angeklagter vor Gericht, so trat­en sein jün­ger­er Brud­er Hanns als Zeuge der Vertei­di­gung und die Schwest­er Ruth Fis­ch­er als Zeu­g­in der Anklage auf.

Ger­hart gilt zeitweise als “Staats­feind Nr. 1” in den USA; der Kom­mu­nist soll ein Aufwiegler, Ter­ror­ist und Agent der Kom­intern gewe­sen sein — dies meinte auch und ger­ade seine Schwest­er. Und wenn sich die Geschwis­ter auch nicht gegen­seit­ig umbracht­en, so kamen ihre Ver­leum­dun­gen doch Ruf­mor­den gle­ich. […]

Die Rev­o­lu­tion hat ihre Kinder gefressen — außeror­dentlich begabte Kinder, die an ihren ver­rate­nen Hoff­nun­gen zer­brochen sind.

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