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Schlagwort: poesie

spinnennetz mit tau

Ins Netz gegangen (24.8.)

Ins Netz gegan­gen am 24.8.:

  • Mein Dreiviertel­jahr mit Luther | Mein Jahr mit Luther → achim landwehr ist von der lang­weili­gen ideen­losigkeit des refor­ma­tion­sju­biläums so gelang­weilt, dass er sein blog zum “jahr mit luther” vorzeit­ig schließt — schade …

    ch hat­te mich zu Beginn dieses Blogs tat­säch­lich der Illu­sion hingegeben, das Refor­ma­tion­sju­biläum 2017 sei eine gute Gele­gen­heit, um sich der deutschen Geschicht­skul­tur des frühen 21. Jahrhun­derts zu wid­men. Im Prinzip bin ich immer noch dieser Mei­n­ung. Nur hat­te ich offen­bar unter­schätzt, wie dröge und phan­tasie­los diese Geschicht­skul­tur ist. Sie hat gewon­nen. Ich gebe auf.

    Das Prob­lem: Es wer­den die immer gle­ichen Inhalte in die immer gle­ichen For­men gegossen. Die Ein­fall­slosigkeit ist kaum zu über­bi­eten. Sicher­lich, dem hätte ich mit ein wenig mehr Ein­fall­sre­ich­tum mein­er­seits begeg­nen kön­nen. Aber nach meinen bish­er geschriebe­nen Tex­ten sah ich mich schon selb­st in eine ähn­liche Wieder­hol­ungss­chleife ein­biegen.

  • “Die SPD hat den Löf­fel längst abgegeben” | Fre­itag → recht inter­es­santes inter­view mit thomas fis­ch­er, der in ruh­e­s­tand geht — weil er meist sehr direkt antwortet und nur dann, wenn er sich selb­st kom­pe­tent fühlt, ist das gar nicht so unin­ter­es­sant …
  • „Die Post­mod­erne ist nicht post­fak­tisch“ | philoso­phie-mag­a­zin → inter­es­santes inter­view über niet­zsche, fak­tengläu­bigkeit, inter­pre­ta­tion und sprachkri­tik, und seine wirkung auf die die philoso­phie des 20. jahrhun­derts
  • Also wer­den See­len und Sil­ben gezählt | NZZ → michael braun berichtet vom lyrik­ertr­e­f­fen in der eifel

    In den Lyrik-Debat­ten seit Beginn des 21. Jahrhun­derts sind nun einige Tabus geschleift und einige liebge­wonnene Gewis­sheit­en und Übereinkün­fte aufgekündigt wor­den. Es gibt keine ver­lässlichen Ord­nungssys­teme mehr, keine trennschar­fen Unter­schei­dun­gen zwis­chen «herkömm­lichem» und «exper­i­mentellem» Schreiben, zwis­chen «Tra­di­tion­al­is­mus» und «Avant­garde» – und schon gar keine Ein­teilun­gen nach «Fre­und» und «Feind»
    […] Dieses Ineinan­der von Tra­di­tion­sz­i­tat und mod­ern­er Über­schrei­bung eines altherge­bracht­en Stoffs man­i­festierte sich in vie­len Gedicht­en, die im Kloster Ste­in­feld Gegen­stand der Werk­stattge­spräche waren. Bis hin zu Christoph Wen­zels konzisen Erkun­dun­gen der Sozialgeschichte des Dor­fes: Gedichte, in denen sich – wie in jedem guten Gedicht – der Autor zugle­ich aus­drückt und auch ver­birgt.

  • Rück­en­wind vom recht­en Rand: Wofür ste­ht der Wieder­auf­bau der Pots­damer Gar­nisonkirche? | FAZ → phillip oswalt über die selt­samen verbindun­gen und lügen beim sowieso reich­lich unsin­ni­gen bestreben, die pots­damer gar­nisonkirche wieder aufzubauen
  • Wenn Deutsch­land kolo­nial­isiert wor­den wäre | FR → aram ziai entwirft eine kon­trafak­tis­che szener­ie, in der deutsch­land von chi­ne­sis­chen erober­ern kolon­al­isiert wor­den wäre — um für eine postkolo­niale alter­na­tive der zusam­me­nar­beit statt der entwick­lung­shil­fe/-poli­tik zu wer­ben

“Es gibt keine Idyllen in dieser Welt.”

SN: Das klingt doch nach Idylle.
Hand­ke: Es ist keine Idylle. Es gibt keine Idyllen in dieser Welt. Nir­gend­wo. Ein Idylle ist ein Gefühl von Men­schen, das ist alles Täuschung.

SN: Und man kann sich auch keine Idylle schaf­fen – so mit Haus und Garten?
Hand­ke: Nein. Nie hat’s Idylle gegeben. Nie. Es gibt vielle­icht Atem­räume für einen Moment. Und es ist vielle­icht ein Vorteil, einen Garten zu haben, um dort lesen zu kön­nen. Aber es hat nichts mit Idylle zu tun. Der Garten kann Ort es größten Dra­mas sein oder des schön­sten Dra­mas. Vielle­icht gibt’s solche Momente, wenn der Wind durch die Kas­tanien geht. Aber Idylle ist das nicht. Vielle­icht ein Aufat­men und dann denkt man: Jet­zt ist jet­zt. Das ist ja eine Gabe, das sagen zu kön­nen.

via salzburg.com

wenn es regnet, dann immer gleich auf den kopf

- halt, nein, so heißt es ja ger­ade nicht bei christi­na griebel: wenn es reg­net, dann reg­net es immer gle­ich auf den kopf heißt ihr erzäh­lungs-band. und das ist ein großer unter­schied. denn er gibt der — genau bese­hen ja reich­lich banalen — aus­sage eine völ­lig neue wen­dung, macht sie — ja, poet­isch eben: zu ein­er sprach­wirk­lichkeit. und darin ist griebel aus­ge­sprochen gut. das war’s dann aber auch schon fast. denn so richtig kon­nte ich mich für das büch­lein nicht erwär­men. sich­er, schöne stellen, tolle beschrei­bung, super-genaue beobach­tun­gen ind präzis­er, chirur­gis­ch­er sprach­schärfe niedergeschrieben (erzählt übri­gens wird eigentlich nicht, nur beschrieben — blicke, beobach­tun­gen, begeben­heit­en …). so ganz kann ich deshalb auch die begeis­terung der rezensen­ten (die mich zum kauf und zur lek­türe ver­führt haben) auch nicht ver­ste­hen.

hans-peter kunisch schrieb in der süd­deutschen zeitung: „ Doch vor allem ist der erste Ein­druck von diesem Erzählen ein­er der präzisen, sinnlichen Wahrnehmung.” d’ac­cord. aber wieso er behauptet, „dra­matur­gisch überzeu­gen die meis­ten Texte”, ist mir schon nicht mehr so ganz klar. und seine fest­stel­lung: „Sel­ten glaubt man von ein­er Erzähl-Debü­tan­tin so deut­lich, ihr könne ein guter Roman gelin­gen.” kann ich gar nicht teilen. im gegen­satz — ich befürchte eher, dass ihr dies ger­ade nicht gelin­gen würde, weil ihre tech­nik dafür, für die lange strecke näm­lich, mir nicht tragfähig genug erscheint.

gisa funck war in der faz auch eher hin- und herg­eris­sen — in ihrer rezen­sion erkenne ich viele mein­er eige­nen lek­türeer­leb­nisse: näm­lich faszinierende sprache, geschick­te beschrei­bun­gen etc., ander­er­seits aber oft über­triebene geheimnistuerei, ziel­losigkeit und so fort …

christi­na griebel: wenn es reg­net, dann reg­net es immer gle­ich auf den kopf. frank­furt am main: fis­ch­er 2003 (col­lec­tion fis­ch­er).

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