Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: leonhard frank

Aus-Lese #43

Doris Knecht: Wald. Ber­lin: Rowohlt Ber­lin 2015. 270 Sei­ten.

knecht, waldMan könn­te Doris Knechts Wald als „Stre­eru­witz für Anfän­ger“ bezeich­nen: Ein dezi­diert femi­nis­ti­scher Roman, der auf aktu­el­le Gege­ben­hei­ten reagiert. Für „Anfän­ger“ des­halb – das ist nicht abwer­tend gemeint -, weil Knecht die Radi­ka­li­tät und Här­te, auch im sti­lis­ti­schen, von Stre­eru­witz fehlt. Das macht Wald zunächst mal ein­fa­cher les­bar. Die naht­los wech­seln­den, fast inein­an­der glei­ten­den ver­schie­de­nen Stil­la­gen und das beschwö­ren­de, fern an Tho­mas Bern­hard erin­nern­de (oder sind das nur die Aus­tria­zis­men?) insis­tie­ren­de Wie­der­ho­len bestimm­ter (Schlüssel-)Begriffe ver­lei­hen dem Text einen ganz eige­nen, inter­es­san­ten und oft fes­seln­den Klang.

Es geht hier um ein Reak­ti­on auf die letz­te Welt­wirt­schafts­kri­se – die ganz spe­zi­el­le der Luxus-Mode-Desi­gne­rin Mari­an, die sich mit der Erwei­te­rung ihres exklu­si­ven Geschäf­tes ver­spe­ku­liert hat und, um der dro­hen­den Pri­vat­in­sol­venz zu ent­ge­hen, aus ihrem Leben, der Stadt und der Gesell­schaft flieht in ein dörf­li­ches Haus im Fami­li­en­be­sitz, wo sie nun ver­sucht, ohne Geld in einer Art Sub­sis­tenz­wirt­schaft zu über­le­ben. Das klappt natür­lich nicht so ganz, da sind ein paar Hüh­ner­dieb­stäh­le eben­so not­wen­dig wie eine Art Pro­sti­tu­ti­on mit dem im Dorf resi­die­ren­den Großbauern/​Gutsbesitzer.

In der radi­kal weib­li­chen Per­spek­ti­ve kris­tal­li­siert sich das und die Hin­ter­grund­ge­schich­te Mari­an in der von Knecht sehr klug und har­mo­nisch gestal­te­ten Infor­ma­ti­ons­ver­ga­be erst sehr all­mäh­lich und Stück für Stück her­aus. Gut gefal­len hat mir, wie Knecht hier auf die Labi­li­tät des mor­der­nen Wohl­stand­le­bens hin­weist und die neue Archa­ik unter den Bedin­gun­gen der abso­lu­ten Exis­tenz­si­che­rung auf ein­mal jede Roman­tik ver­liert. Wenn man Mari­an dann als Exem­pel liest, ent­wi­ckelt Wald also eine all­ge­mei­ne Dys­to­pie: Die moder­ne kapi­ta­lis­ti­sche Gesell­schaft ist nur eine sehr dün­ne Hül­le. Und es gibt wenig Mög­lich­kei­ten, sich dem zu ent­zie­hen – auch im Wald bleibt Mari­an ja im Sys­tem gefan­gen, die Bezie­hung zu Franz, ihrem „Gön­ner“ unter­schei­det sich eigent­lich nur in einem Punkt zu ihrem bis­he­ri­gen Leben im Markt­ka­pi­ta­lis­mus: Die Abhän­gig­keit, das Aus­ge­lie­fert Sein ist nun direkt, liegt für alle Betei­lig­ten (und die Zuschau­en­den der Dorf­ge­mein­schaft) offen, im Gegen­satz zu der ver­deckt-indi­rek­ten Abhän­gig­keit von weni­gen wohl­ha­ben­den Käu­fe­rin­nen zuvor. Einen Aus­weg gibt es also nicht – auch das etwas lie­to-fine-mäßi­ge Hap­py-End führt aus dem Sys­tem nicht her­aus, son­dern sta­bi­li­siert nur die Abhän­gig­kei­ten.

Sie hat­te nicht im Auge gehabt, dass die Welt­wirt­schafts­kri­se die Zei­ten und Gege­ben­hei­ten viel radi­ka­ler ver­än­der­te, als es auf den ers­ten Blick, ihren Blick, schien: dass die Zei­ten näm­lich für alle unüber­sicht­lich gewor­den waren, auch für die ganz Smar­ten. (59)

Mara Gen­schel: Refe­renz­flä­che #5. 2016

Zu den Refe­renz­flä­chen von Mara Gen­schel etwas klu­ges oder auch nur halb­wegs ver­nünf­ti­ges zu schrei­ben fällt mir sehr schwer. Des­we­gen hier nur so viel: Auch die fünf­te Aus­ga­be hat mich (wie­der) fas­zi­niert. Sie beginnt – etwas über­ra­schend – zunächst fast mir einer rich­ti­gen Sto­ry: Der Zer­stö­rung (die an Pierre Bou­lez‘ Auf­for­de­rung, die Opern­häu­ser in die Luft zu spren­gen, erin­nert) des Wies­ba­de­ner Lite­ra­tur­hau­ses Vil­la Cle­men­ti­ne. Aber das, was zer­stört wird, ist natür­lich wie­der nur der Text der Vil­la Cle­men­ti­ne. Bil­der wer­den zu Tex­ten: ein mit Tesa­film ein­ge­kleb­ter Zet­tel „Tür­knauf“ reprä­sen­tiert im Bild­rah­men die Reprä­sen­ta­ti­on des reprä­sen­ta­ti­ven Bau­werks der reprä­sen­ta­ti­ven Kunst (oder so ähn­lich). Die­ses Spiel mit den Eben von Text und außer­text­li­cher Welt, die Auf­he­bung der tra­di­tio­nel­len strik­ten Unter­schei­dung die­ser Signi­fi­ka­ti­ons­be­rei­che ist ja das, was mir an Gen­schels Refe­renz­flä­chen so viel Freu­de berei­tet. Und das funk­tio­niert auch hier wie­der: Der Text ist Text ist Wirk­lich­keit, ist aber schon als Text nicht mehr nur Text, son­dern auch Bild und Mon­ta­ge (ein­ge­kleb­te und ein­ge­schrie­be­ne Tex­te), ist aber auch als Text schon zer­stört durch Über­schrei­bun­gen, ver­rutsch­te Zei­len und Durch­strei­chun­gen etc. Und er wird in sei­ner Mate­ria­li­tät ad absur­dum geführt (?), wenn lee­re Sei­ten einen Rah­men erhal­ten, auf dem ein ein­ge­kleb­tes „Blatt 3“ die Lee­re reprä­sen­tiert und natür­lich zugleich wie­der zer­stört. In die­sem ewi­gen sic-et-non, die­sem ver­spiel­ten hier-und-da muss man wohl den Raum der Refe­renz­flä­che sehen und schät­zen.

Danie­la Danz: V. Göt­tin­gen: Wall­stein 2014. 80 Sei­ten.

Und wo das Vater­land anfängt
ist ein dunk­ler Ort
wie Schnee
der die Umris­se zeigt
wie alles was auf­hört (49)

danz, v„Gedich­te“ ver­heißt V im Unter­ti­tel. Und doch beginnt es nach dem Auf­takt im pri­ni­ci­pi­um nach dem weit zurück­grei­fen­den Zitat aus Zed­lers Uni­ver­sal­le­xi­kon zum Begriff „Vater­land“ erst ein­mal mit Pro­sa (mit dun­kel fun­keln­der, die mich etwas an Klaus Hof­fers Bie­resch-Roma­ne erin­nert), die neue Mythen erzählt. Oder: Kur­ze Pro­sa, die Beob­ach­tun­gen als mythi­sche erzählt, leicht melan­cho­lisch ange­haucht. Immer schwingt da auch ein biss­chen Ver­fall und Nie­der­gang mit.

Schon hier, noch viel stär­ker dann aber in den fol­gen­den Gedich­ten, ist Hei­mat bei Danz immer ein pro­ble­ma­ti­scher Begriff: Gera­de wie selbst­ver­ständ­lich ist er immer gefähr­det und immer im Wan­del – einem Wan­del, der nicht Ver­bes­se­rung, son­dern in der Regel eher Ver­schlech­te­rung und Ver­fall bringt und Pro­ble­me offen­legt, Pro­ble­me auch im Ver­hält­nis des lyri­schen Ichs zu Hei­mat und Vater­land. Schon der Anfang zeigt das schwierige/​problematische Ver­hält­nis der Autorin/​Erzählerin zur „Hei­mat“ sehr deut­lich auf. Der Band setzt mit den Zei­len ein: „Das ist das Land von dem man sagt /​das alles hier auf­hört und alles anfängt“. Das ers­te Gedicht endet dann am Ende der ers­ten Sei­te mit dem Vers: „aber du woll­test umkeh­ren“ – also die Rück­kehr (?) in die Hei­mat wird pro­ble­ma­ti­siert, sie geschieht nicht (ganz) frei­wil­lig, sie bleibt mit Wider­stän­den ver­bun­den.

V lebt immer schon im distan­zier­ten, kri­ti­schen Ver­hält­nis zum Vater­land und zur Hei­mat: aus der (auch emo­tio­na­len) Span­nung zwi­schen die­sen bei­den Begrif­fen, auch zwi­schen Natur/​Landschaft und Menschen/​Politik (der Natio­nal­staa­ten) zie­hen die meis­ten Tex­te ihre Poten­ti­al. Die sind oft lako­nisch, immer genau und manch­mal schmerz­haft. Vor allem im „Exemplum“-Teil wird dann die poli­ti­sche Kom­po­nen­te von Hei­mat (auch von Land­schaft!) beson­ders deut­lich, aber auch die „ech­te“ Poli­tik – und der Mythos (auch der neu erfun­de­ne, selbst gemach­te – vgl. die Pro­sa­stü­cke des Beginns) – spie­len hier eine gro­ße Rol­le. Im Gan­zen ist Veine manch­mal selt­sa­me Mischung aus roman­tisch (?) ver­träum­ter Emp­fin­dungs- und Gefühls­ly­rik und har­ter Rea­li­täts­auf­nah­me der Gegen­wart der Post­mo­der­ne (und der natio­nal­staat­li­chen Poli­tik), zusätz­lich gekop­pelt und auf­ge­la­den mit mytho­lo­gi­schen Aspek­ten – der Clash die­ser bei­den Bli­cke wird im letz­ten Gedicht sehr deut­lich vor­ge­führt.

Ein Band mit anre­gen­der, oft fes­seln­der Kurz­pro­sa und Lyrik (aber die­se tei­len­de Unter­schei­dung wird ja gera­de sowie­so zuneh­mend brü­chig, von bei­den Sei­ten gibt es Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen) also, der for­mal zwar kei­ne Gren­zen aus­tes­tet, es mir aber durch sei­ne Viel­falt in Form und Inhalt (und der mei­ner sehr nahe­ste­hen­den Posi­ti­on zu „Hei­mat“) sehr ange­tan hat.

Die schnel­len Zügen hal­ten kaum in unse­rer Gegend
wer sieht den Weg schon hier das Feld umfas­sen
seit­lich so als hiel­te er allein es davon ab
das Korn mit einer Husche in die Fur­chen zu ver­streu­en
so wie die Män­ner hier auf Rädern sich begrü­ßen
es nichts bedarf als eines Nickens aner­ken­nend
um zu sagen: ich seh du lebst
vom Zug aus ist das alles immer schon in rechts
und links geschie­den bleibt die Land­schaft nur ein Anblick
[…] (23, Hier)

Leon­hard Frank: Der Mensch ist gut. Zürich, Leip­zig: Max Rascher 1918. 209 Sei­ten. (Euro­päi­sche Bücher)

Eigent­lich unvor­stell­bar, dass so etwas heu­te geschrie­ben wer­den könn­te: Nicht nur wegen des Pazi­fis­mus (der ja aus dem gesell­schaft­li­chen Dis­kurs ziem­lich radi­kal ver­drängt wur­de von den „Real­po­li­ti­kern“ …), son­dern gera­de auch wegen des unge­heu­ren Opti­mis­mus, der aus allen Zei­len die­ser mit­ten im größ­ten Schlach­ten aller Zei­ten ver­fass­ten Erzäh­lun­gen spricht, ja eigent­lich sogar schreit, wirkt Der Mensch ist gut von Leon­hard Frank total unzeit­ge­mäß. Dabei steht die­ses mal als das „lei­den­schaft­lichs­te Buch gegen den Krieg […], das die Welt­li­te­ra­tur“ auf­wei­se bezeich­ne­te Werk in sei­ner Zeit – es erschien erst­mals 1918, als der Ers­te Welt­krieg noch tob­te – gar nicht mal allein. Heu­te mag vie­les naiv anmu­tend: Der Glau­be an eine kom­men­de Revo­lu­ti­on, die Fähig­keit der (Nächsten-)Liebe, alles Böse (und den Krieg) zu über­win­den – das ist heu­te etwas fremd. Aber so radi­kal Franks „Lösung“ – er spricht sogar von einem „Revo­lu­ti­ons­zug der Lie­be“ (111) – ist, so radi­kal und erschüt­ternd ist auch sei­ne Schil­de­rung der blu­tigs­ten Grau­sam­kei­ten des „Gro­ßen Krie­ges“, des sinn­lo­sen Stel­lungs­krie­ges und des Unsinns des Fal­lens auf dem soge­nann­ten „Feld der Ehre“ – die Lee­re die­ses Topos the­ma­ti­sie­ren die Novel­len von Frank immer wie­der.

So hehr Über­zeu­gung und Ziel Franks sind – sein hier uner­schütt­li­cher Glau­be an das Gute in den Men­schen, das alles Böse über­win­den und ver­drän­gen wird – ästhe­tisch ist das mit hun­dert Jah­ren Abstand doch etwas dünn. Nicht nur die vie­len Wie­der­ho­lun­gen, die feh­len­de Vari­anz, son­dern gera­de die For­mel­haf­tig­keit des Tex­tes und sei­nes Inhal­tes schwä­chen Der Mensch ist gut deut­lich. Ich kann das nur noch als eine Art Zeit­zeug­nis lesen: Das war ja kei­nes­wegs eine total absei­ti­ge Posi­ti­on, die Frank hier ein­nimmt – Der Mensch ist gut war ein unge­heu­er erfolg­rei­ches Buch. (Und doch blieb er, schaut man auf den wei­te­ren Ver­lauf der Geschich­te, im gro­ßen und gan­zen wir­kungs­los …)

»Wir wol­len nicht das Unmög­li­che ver­su­chen: die Gewalt mit Gewalt aus­zu­rot­ten. Wir wol­len nicht töten. Aber von die­ser Sekun­de an soll alle Arbeit ruhen. Denn alle Arbeit wür­de noch im Diens­te die­ses Zeit­al­ters des orga­ni­sier­ten Mor­des ste­hen. Das Zeit­al­ter des Ego­is­mus und des Gel­des, der orga­ni­sier­ten Gewalt und der Lüge hat in die­ser wei­ßen Sekun­de, hat in uns eben sein Ende erreicht. Zwi­schen zwei Zeit­al­ter schiebt sich eine Pau­se ein. Alles ruht. Die Zeit steht. Und wir wol­len über die Erde, durch die Städ­te, durch die Stra­ßen gehen und im Geis­te des kom­men­den neu­en Zeit­al­ters, des Zeit­al­ters der Lie­be, das eben begon­nen hat, jedem sagen: ‚Wir sind Brü­der. Der Mensch ist gut.‘ Das sei unser ein­zi­ges Han­deln in der Pau­se zwi­schen den Zeit­al­tern. Wir wol­len mit solch über­zeu­gen­der Kraft des Glau­bens sagen: ‚Der Mensch ist gut‘, daß auch der von uns Ange­spro­che­ne das tief in ihm ver­schüt­te­te Gefühl ‚der Mensch ist gut‘, unter hel­len Schau­ern emp­fin­det und uns bit­tet: ‚Mein Haus ist dein Haus, mein Brot ist dein Brot.‘ Eine Wel­le der Lie­be wird die Her­zen der Men­schen öff­nen im Ange­sich­te der unge­heu­er­lichs­ten Mensch­heits­schän­dung.« (64)

Hans Thill: in riso /​der dür­re Vogel Bin /​käl­ter als /​Dun­lop. Ber­lin, Hei­del­berg, Edenk­o­ben, Sant­ia­go de Chi­le, Schupf­art: rough­books 2016 (rough­book 035). 102 Sei­ten.

thill, dunlopDas ist ein rough­book, mit dem ich gar nichts anfan­gen konn­te. Thill nutzt hier Gedich­te von Petrar­ca, John Don­ne, Robert Her­rick, Paul Fle­ming, Höl­der­lin, Tra­kl, Dani­el Hein­si­us, Gün­ter Ples­sow, Pablo Neru­da und ande­ren – also quer durch die Zei­ten und Spra­chen – als eine Art Vor­la­ge oder erwei­ter­te Inspi­ra­ti­on für sei­ne eige­nen Ver­se. Die ste­hen dann in klei­nen Grup­pen – meist um die zehn Ver­se – direkt unter einem im Ori­gi­nal zitier­ten Vers der Vor­la­ge. Mal las­sen sie sich sprach­lich direkt dar­auf bezie­hen, wenn Thill etwa ein ein­zel­nes Wort, eine Wort­grup­pe nutzt, um es zu vari­ie­ren, der Bedeu­tung asso­zi­ie­rend nach­zu­for­schen. Mal ist der Bezug auch eher inhalt­lich. Und mal – sogar gar nicht so sel­ten – ist der Bezug auch sehr opak, nur irgend­wie (?) asso­zie­rend, inspi­rie­rend. Mir ist dabei eigent­lich immer unklar geblie­ben, was die Metho­de will und/​oder was Thills eige­ne Tex­te dann wol­len. Viel­leicht war ich auch ein­fach nicht in der Stim­mung – aber bei meh­re­ren Ver­su­chen hat mich da, von eini­gen klei­nen fei­nen Ideen, nichts fas­zi­niert oder irgend­wie gepackt. Und, wie gesagt, ich kapie­re den Zusam­men­hang zwi­schen Vor­la­ge und Neu­schöp­fung ein­fach nicht.

Die Stand stand auf Krü­cken (Fach­werk)
als sie sich zeig­te
mit dem Gang einer Erwach­se­nen, der auf den
Stei­nen kei­ne Spur hin­ter­läßt (4)

Trau­gott Xaveri­us Unruh: Von der Sor­ber­wen­den Wesen­heit und Her­kom­men. Her­aus­ge­ge­ben von Edu­ard Wer­ner. Leip­zig: Rei­ne­cke & Voß 2015. 60 Sei­ten.

Zu der sehr amü­san­ten und geschickt ange­fer­tig­ten neu­en Edi­ti­on einer auf­klä­re­ri­schen sprach‑, kul­tur- und brauch­tums­ge­schicht­lich­ten Unter­su­chung der Sor­ber­wen­den habe ich in einem sepa­ra­ten Bei­trag schon genü­gend geschrie­ben

Micha­el W. Aus­tin, Peter Rei­chen­bach (Hrsg.): Die Phi­lo­so­phie des Lau­fens. Ham­burg: mai­risch 2015. 197 Sei­ten.

Auch zu die­sem trotz des ver­hei­ßungs­vol­len Titels eher ent­täu­schen­den Buch gibt es neben­an im Bewe­gungs­blog schon aus­rei­chen­de Aus­füh­run­gen, die ich hier nicht noch ein­mal wie­der­ho­len muss.

außer­dem gele­sen:

  • Katha­ri­na Schul­tens: Geld. Eine Abrech­nung mit pri­va­ten Res­sour­cen. Ber­lin: Ver­lags­haus Ber­lin 2015 (Edi­ti­on Poe­ti­con 11). 48 Sei­ten.
  • Poet #20
  • Edit #68
  • SpritZ #217
  • Schreib­heft #68
  • Müt­ze #11

Der Mensch ist gut

»Wir wol­len nicht das Unmög­li­che ver­su­chen: die Gewalt mit Gewalt aus­zu­rot­ten. Wir wol­len nicht töten. Aber von die­ser Sekun­de an soll alle Arbeit ruhen. Denn alle Arbeit wür­de noch im Diens­te die­ses Zeit­al­ters des orga­ni­sier­ten Mor­des ste­hen. Das Zeit­al­ter des Ego­is­mus und des Gel­des, der orga­ni­sier­ten Gewalt und der Lüge hat in die­ser wei­ßen Sekun­de, hat in uns eben sein Ende erreicht. Zwi­schen zwei Zeit­al­ter schiebt sich eine Pau­se ein. Alles ruht. Die Zeit steht. Und wir wol­len über die Erde, durch die Städ­te, durch die Stra­ßen gehen und im Geis­te des kom­men­den neu­en Zeit­al­ters, des Zeit­al­ters der Lie­be, das eben begon­nen hat, jedem sagen: ‚Wir sind Brü­der. Der Mensch ist gut.‘ Das sei unser ein­zi­ges Han­deln in der Pau­se zwi­schen den Zeit­al­tern. Wir wol­len mit solch über­zeu­gen­der Kraft des Glau­bens sagen: ‚Der Mensch ist gut‘, daß auch der von uns Ange­spro­che­ne das tief in ihm ver­schüt­te­te Gefühl ‚der Mensch ist gut‘, unter hel­len Schau­ern emp­fin­det und uns bit­tet: ‚Mein Haus ist dein Haus, mein Brot ist dein Brot.‘ Eine Wel­le der Lie­be wird die Her­zen der Men­schen öff­nen im Ange­sich­te der unge­heu­er­lichs­ten Mensch­heits­schän­dung.«Leon­hard Frank, Der Mensch ist gut (1918), 64

frank, der mensch ist gut, 64

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