kein besonders elaborierter text zum blog action day 08, sondern nur ein verweis, der aber wunderbar zum diesjährigen thema („armut“) passt: jeden tag hier klicken!
Kategorie: politik Seite 5 von 6
und zwar in der süddeutschen, anlässlich der ablehnung des lissaboner vertrages durch die irische bevölkerung. und da heißt es dann:
Das pikierte Schweigen der Regierungen über die Zukunft Europas deckt den Zielkonflikt zu, der der europäischen Einigung seit Jahren die Perspektive und die Ansteckungskraft raubt. Soll Europa zu einem gestaltungsfähigen Akteur werden, der nach innen und nach außen politische Handlungsfähigkeit gewinnt – oder bleibt es bei der zivilisierenden Anziehungskraft eines Erweiterungsprojektes für die Anrainerstaaten, die sich für den Beitritt zu einer immer größeren Union fitmachen?
Der Preis für das diffuse Erweiterungsprojekt ist die fehlende politische Gestaltungskraft in einer ökonomisch zusammenwachsenden Weltgesellschaft, die seit 2001 politisch auseinanderdriftet. Man muss nur die tristen Bilder der Duodezfürsten Brown, Sarkozy und Merkel sehen, die bei Präsident George W. Bush einer nach dem anderen und jeder für sich antichambrieren, dann weiß man, dass sich Europa von der Weltbühne verabschiedet.
später heißt es dann:
Aber nach dem irischen Signal sollten wir von unseren Regierungen zwei Dinge erwarten. Sie müssen sich eingestehen, dass sie mit ihrem Latein am Ende sind. Und sie dürfen ihren lähmenden Dissens nicht weiter verdrängen. Am Ende bleibt ihnen nichts anderes übrig, als die Bevölkerungen selbst entscheiden zu lassen.
er plädiert dann ziemlich deutlich für ein „europa der zwei geschwindigkeiten” – und zwar ein europa, in dem die bevölkerungen entscheiden sollen, welcher gruppe sie sich anschließen möchten. in der tat scheint mir die union inzwischen ein solcher koloss geworden zu sein, dass ein anderes vorgehen nicht mehr sinnvoll möglich ist – es sei denn um den preis des stillstandes, der ewigen beharrung. nötig ist aber etwas ganz anderes: eine unbedingte politische demokratisierung der eu, der zusammenarbeit der nationen und auch (!) und ganz besonders der institutionen, die weit über die bisherige liberal organisierte wirtschaftliche zusammenarbeit hinausgehen müsste. denn nur so kann ein wirkliches europa wachsen.
die ganze lang erwartete nachricht: hier klicken.
klasse: so kann man mit der allgegenwärtigen überwachung auch umgehen.
so ist eine kampagne der europäischen grünen gegen die lobby-politik der großen medienkonzerne und vor allem die entsprechenden urheberrechts-gesetzgebungen der letzten zeit überschrieben: hier entlang. schönes video dazu gbit’s auch – standesgemäß natürlich auch als torrent-download. ganz nett gemacht. aber ob’s etwas hilft?
der bundestag hat entschieden, das grundgesetz sei überflüssig und überhaupt nur dazu da, die bösen buben zu schützen: die vorratsdatenspeicherung ist beschlossen. na denn, gute nacht. wer noch nicht ganz aufgeben möchte: mitmachen bei der verfassungsbeschwerde, die jetzt wohl endgültig aktuell wird (und bitte nicht nur online registrieren, sondern auch die unterschriebene vollmacht abschicken!). mehr bei netzpolitik.org oder bei lumières dans la nuit. (beim bundestag gibt’s auch den text (als pdf-datei) des gesetzesentwurfes zu lesen.)
so, die erste woche des wintersemesters ist geschafft ;-). mir ist etwas interessantes aufgefallen, weil ich viele vorlesungen des historischen seminars besuche und die dozenten in den vorlesungen ja gerne in der ersten sitzung so einige grundsätzliche ausführungen machen, zu methode und inhalt, entstehung und verlauf ihrer veranstaltung. und auffällig viele, nämlich gefühlte 90 % der dozenten (die nicht alle professoren sind, aber zumindest habilitiert) machten mehr oder weniger ausführliche bemerkungen zur umstellung der studiengänge auf bachelor & master. die mainzer universität will das ja bereits im nächsten wintersemester komplett geschafft haben (worauf ich schon sehr gespannt bin, bis jetzt ist davon noch nicht allzu viel zu merken). und so langsam scheint bei den professoren anzukommen, dass die universität, wir wir sie momentan kennen, damit der vergangenheit angehören wird. sie merken so langsam und allmählich, dass sie sich mit der radikalen umstellung auf diese pseudo-studienabschlüsse die größte reform der universität eingehandelt haben, die seit 1900 passiert ist – dagegen waren die vond en 68ern angestoßenen umbauten ein klacks. denn inzwischen realisieren sie, dass es mit der freiheit der lehre dann nicht mehr weit her ist – wenn alles schön im stundenplan vorgeschrieben ist, muss das ja auch erledigt werden. und dann ist – davon kann man getrost ausgehen – für vorlesungen wie „Von der Bildungsreform Karls des Großen zur Universität. Schriftlichkeit, Wissen und Bildung im lateinischen Mittelalter (8.–13. Jahrhundert)” sicherlich kein platz mehr. aber jetzt ist das kind halt in den brunnen gefallen …
die mainzer uni hat es tatsächlich geschafft – oder eben nicht. dem bachelor-studiengang „bildungswissenschaften” ist die akkreditierung verweigert worden. bei der begehung letzte woche, so berichtete gestern prof. seiffge-krenke in der psychologie-vorlesung, waren die – eigentlich offensichtlichen – mängel sowohl der konzeption als auch der umsetzung und ausstattung des studiengangs offenbar doch immer noch zu groß. wesentliche kritikpunkte waren offenbar: die fehlende bzw. unsichere verankerung und (personelle und finanzielle) ausstattung der beteiligten fächer soziologie und psychologie in den bildungswissenschaften (die durften bei der konzeption offenbar auch gar nicht groß mitreden). die unzureichende raumsituation. die mangelhafte betreuung des studiengangs durch das pädagogische institut. die ungenügende kommunikation dieses institutes. das ganze ist ja insofern besonders dramatisch und erschreckend, ja geradezu schockierend, als der übergangsstudiengang, in dem ich mich gerade befinde, ja eigentlich schon den bachelor-studiengang vorbereiten sollte. und aus den missständen, den unzähligen protesten, vor allem aber dem organisatorischen und leider auch inhaltichem chaos der letzten jahre haben die beteiligten aber offenbar – wenn ich das richtig verstanden habe – überhaupt nichts gelernt. jedenfalls sind sie jetzt erstmal kräftig auf die nase gefallen und müssen das ganze noch einmal überarbeiten – eine eigentlich ziemlich peinliche schlappe nicht nur für die beteiligten institute, sondern auch für die universitätsleitung – schließlich ist die mainzer universität nach meinem kenntnisstand bisher ganz allgemein noch überhaupt nicht sehr weit gekommen mit der akkreditierung ihrer bachelor-studiengänge – und das sollte doch eigentlich schon bald erledigt sein …
soviel gleich vorweg: eine theorie der unbildung hat konrad paul liessmann nicht geschrieben – auch wenn er seinen groß-essay so übertitel hat. was er aber sehr schön und pointiert macht: mit dem mythos, eine wissensgesellschaft zeichne sich durch viel und hohe bildung aus, gründlich aufzuräumen. er tut dies durchaus sehr pointiert. wenn auch nicht außergewöhnlich originell.
am hervorstechendsten ist schon seine analyse der augenblicklichen misere (auch er muss natürlich anerkennen, dass sich das system der (aus-)bildung permanent in der krise befindet) als eine erscheinung der unbildung, die – im gegensatz zu den reformversuchen der nachkriegszeit – vollkommen auf den anschluss an den begriff der bildung verzichtet, auch in der negation nicht mehr auf ihn rekurriert (und damit unterschieden ist von dem, was liessmann in anschluss an adorno als halbbildung klassifiziert).
von dort aus ist es liessmann dann ein leichtes, einige der gröberen missstände anzuprangern und vorzuführen: das unentwegte schielen nach ranglistenpositionen etwa, dass mit bildung nie etwas zu tun haben kann, da diese als qualität prinzipiell nicht quantifizierbar sei und damit auch nicht in ranglisten oder ähnlich ordnungen überführt werden könne. oder die krankheit der evaluation, die auf dem gleichen missverständnis beruht, zusätzlich allerdings besonders deutlich auch noch geheime normative vorgaben (schon durch die art der fragen) entwickelt und etabliert. und immer wieder: der gegensatz von wissen als verfügbarkeit von informationspartikeln und bildung (im klassischen, humanistischen sinn, unter direktem rückgriff auf wilhelm von humboldts ideen und ideale).
der mangel an diesem versuch wie bei allen ähnlichen unternehmungen: sie kommen immer zu spät (ein vorwurf, der liessmann unbedingt treffen muss – er ist schließlich teil des missstandes), sie sind immer zu gebildet und speziell, um gehört zu finden. und hat durchaus auch einige lose enden (zum beispiel bei seinem angriff auf die rechtschreibreform – warum die neue rechtschreibung unbedingt weniger ästhetisch sein soll als die alte erschließt sich mir überhaupt nicht – vielleicht bin ich dafür aber auch zu sehr pragmatiker). alles in allem: eine lesenwerte streitschrift für bildung und gegen die verdummungsbemühungen der informierten wissensgesellschaft.
konrad paul liessmann: theorie der unbildung. wien: zsolnay 2006.
bei der taz gibt es online ein interview von robert misik mit liessmann.
und noch ein p.s.: wie fragil und flüchtig wissen auch in der sogenannten wissensgesellschaft (oder gerade hier) ist, lässt sich an liessmanns büchlein exzellent beobachten: das ist nämlich grottenschlecht gesetzt – unter missachtung der eigentlich immer noch gültigen satzregeln. zum beispiel habe ich selten ein buch eines immerhin renommierten verlags gelesen, in dem es dermaßen auffällig von schusterjungen wimmelt. und in dem es nicht nur einmal vorkommt, dass fußnoten nicht nur auf der falschen seite, sondern tatsächlich auf der falschen doppelseite platziert sind (also zwischen dem fußnotenzeichen und der fußnote ein zwangsweises umblättern liegt) – so ein mist sollte doch eigentlich jedem lehrling in der ersten woche abgewöhnt worden sein …
p.p.s.: ganz passend habe ich gerade auf telepolis ein artikel gefunden, der hier perfekt passt (vor allem zu liessmanns viertem kapitel, der wahn der rangliste): „die welt in zahlen – Rankings gehören zu den wirkmächtigsten Mythen des neoliberalen Alltags”. dort heißt es unter anderem: „Rankings formen die Wirklichkeit, die sie zu messen vorgeben”. ansonsten steht da (wie so oft) kaum etwas bemerkenswertes drin. aber die koinzidenz mit meiner lektüre war doch wieder einmal bemerkenswert …
so manches mal fragt man sich ja wirklich, was in deutschland los ist. das seltsame gebaren der mainzer universitätsleitung hat mich ja erst kürzlich beschäftigt (im zusammenhang mit der lufthansa-rekrutierung). inzwischen ist es aber noch viel schlimmer geworden. denn jetzt ist am rewi-gebäude eine infobox errichtet worden. dort sollen die aus- und umbaumaßnahmen des campus vorgestellt werden. nur für wen ist das jetzt eigentlich gedacht? auf dem campus finden sich doch eh‘ fast ausschließlich studenten und andere universitäts-angehörige. gut, dass die planer die städtebaulichen aspekte des campus in zukunft stärker berücksichtigen wollen – dagegen ist nix einzuwenden. aber in zeiten, in denen fachbereichsbibliotheken am ausgestreckten arm ausgehungert werden, in denen es an allen ecken und enden an dringend notwendigem lehrpersonal und räumen fehlt, in solchen zeiten für so einen überflüssigen pr-gag 320.000 euro (ja, wirklich: dreihundertzwanzigtausend euro – so berichtet es pr-inside.de !) auszugeben – das ist nicht nur dumm, sondern unverschämt. ganz abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wass sie mit diesen massen an geld gemacht haben: der grund war ja schon da. das kleine, einstöckige büdchen kann doch nicht ernsthaft über dreihunderttausend euro gekostet haben – da kann man ja zwei einfamilienhäuser für errichten. und dann ist diese bahnbrechende einrichtung (die ganz unbescheiden der „red box” in berlin (am potsdamer platz) nachempfunden sein soll), gerade mal vier (!) stunden werktags geöffnet – so verheißt es der offizielle „Flyer”. also besser kann man geld eigentlich gar nicht mehr nutzlos verbraten.