Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Kategorie: kritik Seite 2 von 15

gottesdienst wie in alten zeiten

Ein nord­deut­scher Got­tes­dienst zu Beginn des 17. Jahr­hun­derts – wie der wohl geklun­gen hat? Und was dort zu hören und zu erle­ben, zu sehen und zu fei­ern war, wenn es ein wich­ti­ger Fei­er­tag war wie etwa die Michae­lis­ves­per? Um das auf­zu­spü­ren, könn­te man sich jetzt eini­ge Wochen in die Biblio­thek set­zen und alte Kir­chen­ord­nun­gen, Musi­ker­rech­nun­gen und Par­ti­tu­ren stu­die­ren. Oder man setzt sich ent­spannt in sei­nen Hör­ses­sel und legt die gera­de erschie­ne SACD des Kna­ben­chor Han­no­ver in den Play­er. Dort ist näm­lich genau das auf­ge­nom­men: Eine ver­such­te Rekon­struk­ti­on so einer Michae­lis­ves­per, wie sie etwa in den 1620er-Jah­ren zum Bei­spiel in Wol­fen­büt­tel hät­te gesche­hen kön­nen. Jörg Brei­ding, der Diri­gent der Han­no­ve­ra­ner, hat mit fach­kun­di­ger Unter­stüt­zung aus den Wer­ken Micha­el Prae­to­ri­us, der genau dort Orga­nist und Hof­ka­pell­meis­ter war, ein mög­li­ches Gesamt­kunst­werk einer musi­ka­li­schen Ves­per zu Michae­lis zusam­men­ge­stellt. Und das dann zu unse­rem Glück mit sei­nem Chor und einer Men­ge Instru­men­tal-Exper­ten (dem Johann-Rosen­mül­ler-Ensem­ble und Hil­le Perls „The Siri­us Viols“ sowie dem Bre­mer Laut­ten-Chor) auf eine Super-Audio-CD gebannt. 80 Minu­ten fas­zi­nie­ren­de Musik sind das gewor­den, in denen man mit dem frem­den Blick des Nach­ge­bo­re­nen der unge­heue­ren Viel­falt der Musik Prae­to­ri­us’ lau­schen darf, sei­nen Kon­zert­sät­zen und sei­nen Psal­men etwa, aber auch dem gro­ßen Magni­fi­cat, das in sich noch ein­mal mit sei­nem brei­ten Spek­trum musi­ka­li­scher Gestal­tungs­kraft fein dif­fe­ren­ziert. Genau das macht auch Brei­ding mit sei­nen Sän­gern und Instru­men­ta­lis­ten: Das ist, gera­de in der Har­mo­nie der Man­nig­fal­tig­keit und der wei­chen Fül­le des Klangs eine sehr fei­ne und fein­sin­ni­ge Auf­nah­me gewor­den. Scha­de nur, dass die Got­tes­diens­te heu­te sol­che musi­ka­li­schen Hoch­leis­tun­gen nicht (mehr) bieten.

Michae­lis­ves­per mit Wer­ken von Micha­el Prae­to­ri­us. Vie­le Solis­ten …. Kna­ben­chor Han­no­ver, Jörg Brei­ding. Ron­deau Pro­duc­tion SACD ROP7007, 2009.

(geschrie­ben für die neue chorzeit)

mit musik & händel durch europa

Georg Fried­rich Hän­del, der gro­ße Jubi­lar die­ses Jah­res, ist schon in jun­gen Jah­ren weit her­um­ge­kom­men in Euro­pa. Und er hat sich von vie­lem, was er dabei gehört hat, inspie­re­ren las­sen. Manch­mal auch etwas mehr – das „Aus­lei­hen“ gelun­ge­ner Melo­dien bei­spiels­wei­se war zu sei­nen Zei­ten noch kei­nes­wegs so ver­pönt wie heu­te. Wer sich also ein biss­chen inten­si­ver mit Hän­dels Musik beschäf­tigt, muss sich auch mit ganz viel ande­ren Wer­ken befas­sen. Zum Bei­spiel mit Musik von Diet­rich Bux­te­hu­de, dem Hän­del in Lübeck einen Besuch abstat­te­te. Oder mit Johann Hein­rich Schmel­zer, der in Wien Kar­rie­re mach­te. Und natür­lich auch mit Hän­dels Riva­len in Lon­don, Gio­van­ni Bononcini.
Die Vil­la Musi­ca hat all das in ein schö­nes Pro­gramm mit dem Tele­mann-Quar­tett gepackt und im Ertha­ler Hof auch einen sehr pas­sen­den Saal für die­se viel­fäl­ti­ge, fili­gra­ne und dra­ma­ti­sche Musik gefun­den. Die Hit­ze dort hat das Publi­kum ger­ne aus­ge­hal­ten, denn die vier Spe­zia­lis­ten des Tele­mann-Quar­tetts boten zwar nicht unbe­dingt gro­ße Über­ra­schun­gen, aber hohe bis höchs­te Qua­li­tät. Und zwar in allen Dimensionen.
Das Fun­da­ment leg­te, das ist bei baro­cker Musik unver­zicht­bar, der Gene­ral­bass. Flo­ri­an Heye­rick am Cem­ba­lo und Rai­ner Zip­per­ling mit Gam­be und Cel­lo begnüg­ten sich aber nicht mit dem Hin­ter­grund. Mit viel Fan­ta­sie, mit Prä­zi­si­on und span­nungs­ge­la­de­nen Lini­en mach­ten sie sich zu einem unver­zicht­ba­ren, ele­men­ta­ren Teil der Musik. Und was die­se bei­den aus­zeich­ne­te, galt auch für die Gei­ge­rin Swant­je Hoff­mann und den Altis­ten Yose­meh Adjei: Genau­ig­keit in allen Situa­tio­nen und Hin­ga­be an die Aus­drucks­viel­falt und die Kraft der Musik. Dazu kam dann noch ein rei­bungs­lo­ses Mit­ein­an­der, ein echt gemein­sa­mes Musi­zie­ren, bei dem jeder mit jedem agier­te, auf­ein­an­der reagier­te und zusam­men eine fes­te Ein­heit bil­de­te. Unab­läs­sig flo­gen die Bli­cke kreuz und quer, ver­ge­wis­ser­ten sich Sän­ger und Cem­ba­list, Gei­ge­rin und Cel­list der Gemein­sam­kei­ten. Über­haupt war hier alles immer in Bewe­gung, kam kei­ner der Musi­ker zum Still­stand. Und das war ein gutes Zei­chen: Denn die­se Rast­lo­sig­keit über­trug sich auf die Musik. So wur­den dann auch eher eph­eme­re Wer­ke wie die Vio­lin­so­na­te von Isa­bel­la Leo­nar­da oder die Cel­lo­so­na­te von Gio­van­ni Bonon­ci­ni zu span­nen­den Aus­flü­gen in die baro­cke Klang­welt. Aber die Höhe­punket lagen woan­ders. Schon die bei­den Psalm­ver­to­nun­gen Bux­te­hu­des lie­ßen das erah­nen: Das wah­re Dra­ma kam in den Ari­en Hän­dels zum Vor­schein. Hier konn­te sich der famo­se Alt­us Yose­meh Adjei voll aus­le­ben. Mit sei­ner leicht­fü­ßig über alle Schwie­rig­kei­ten hin­weg­ei­len­den, klar und pein­lichst genau geführ­ten Stim­me wur­de er Rinal­do oder Cesa­re, koket­tier­te mit der die Vogel­ru­fe imi­tie­ren­den Vio­li­ne, ließ den Zorn brau­sen, den Herz­schmerz seh­nend schluch­zen und die Tugend prei­sen – ohne jede Spur von Zurück­hal­tung ver­leib­te er sich sei­ne Par­tien ein und führ­te gemein­sam mit dem Rest des Quar­tet­tes die Hän­del-Rei­se weit über die tat­säch­li­chen Sta­tio­nen in das unend­li­che Reich der Fan­ta­sie hinaus.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung)

wieder neu: brahms sinfonien und chorwerke

Es ist schon eine küh­ne Idee und fast eine Steil­vor­la­ge für den Kri­ti­ker: John Eli­ot Gar­di­ner will Brahms noch ein­mal „neu“ ent­de­cken – und dies­mal rich­tig. Viel­leicht muss man so selbst­be­wusst wie Gar­di­ner sein, um die­ser Musik gerecht zu wer­den. Denn das wird er in fast beängs­ti­gen­der Wei­se. Da bleibt ein­f­ch nichts mehr zu kritisieren.

Alle vier Sin­fo­nien hat er sich vor­ge­nom­men. Und er ergänzt sie mit gro­ßen Chor­wer­ken von Brahms selbst oder aus sei­nem Umfeld. Das heißt für die ers­ten bei­den, bereits erschie­nen CDs (die rest­li­chen zwei fol­gen im Lau­fe des nächs­ten Jah­res): Das Schick­sals­lied, der Begräb­nis­ge­sang, die Alt-Rhap­so­die umrah­men die Sin­fo­nien 1 und 2, dazu kommt noch Men­dels­sohn Bar­thol­dys „Mit­ten wir im Leben sind“ und Schu­berts „Gesang der Geis­ter über den Was­sern“ sowie zwei von Brahms für Chor und Orches­ter arran­gier­te Schu­bert-Lie­der. Die Inter­pre­ten sind alte Ver­trau­te Gar­di­ners: Das Orchest­re Révo­lu­ti­on­n­aire et Roman­tique sorgt mit sei­ner hohen inter­pre­ta­to­ri­schen und tech­ni­schen Kom­pe­tenz im Umgang mit his­to­ri­schen Instru­men­ten für den fas­zi­nie­rend durch­sich­ti­gen und far­ben­rei­chen Orches­ter­klang, der Mon­te­ver­di-Choir für die voka­le Prä­zi­si­on und klang­li­che Wucht, die Gar­di­ner zu bevor­zu­gen scheint.

Denn Gar­di­ner ist nicht nur ein Musi­ker, der sein Tun sehr genau bedenkt. Son­dern auch ein groß­ar­ti­ger Dra­ma­ti­ker – auch wenn er das meist im schlan­ken und fle­xi­blen Ges­tus sei­ner Inter­pre­ta­tio­nen ver­steckt. Nach der Halb­zeit ist klar, was man von die­sem Pro­jekt erwar­ten darf: Vie­les. Viel­leicht sogar alles. Die Sin­fo­nien: Präch­tig, leben­dig, unge­heu­er vital auf der einen Sei­te, aber auch ver­flixt ernst, bewusst und genau – als wüss­te die Musik selbst um ihren Stel­len­wert in der Musikgeschichte.

Und die Chor­mu­sik: Durch­weg auf höchs­tem Niveau. Gut, der Mon­te­ver­di-Choir lässt ab und an einen leich­ten eng­li­schen Akzent auf­blit­zen. Das ist aber auch schon der ein­zi­ge Vor­wurf, den man ihm machen kann. Die oft im bes­ten Sin­ne thea­tra­li­sche Dra­ma­tik, die Wei­te des Spek­trums, die ihm in klang­li­chem Aus­druck und Dyna­mik zur Ver­fü­gung steht, die Beweg­lich­keit des Cho­res auch im gro­ßen Klang­vo­lu­men – das alles formt sich unter Gar­di­ners Hand zu fan­tas­ti­schen, unmit­tel­bar mit­rei­ßen­den und nach­hal­tig beein­dru­cken­den Musik.

Ob das die Brahms-Sicht wirk­lich ändert? Auf jeden Fall bringt es die Betei­lig­ten dazu, die­se Wer­ke noch ein­mal so „neu“ auf­zu­füh­ren, als wäre die Tin­te in der Par­ti­tur erst ges­tern tro­cken geworden.

(geschrie­ben für die neue chorzeit)

angebissen: der don-camillo-chor auf cd

Musik dazu ver­wen­den, jeman­den zu ver­füh­ren, ist kei­ne neue Idee. Das Opfer mit der Musik als Köder zur Musik zu begeh­ren, ist schon etwas unge­wöhn­li­cher. Und wenn ein Chor das dann auch noch so offen und direkt unter­nimmt wie der „Don-Camil­lo-Chor“ aus dem Münch­ner Umland, dann gehen jeder Ziel­per­son schnell die Argu­men­te für den Wider­stand aus.

Das liegt, wie ihre neu­es­te (und ers­te) CD mit dem pas­sen­den Titel „Good Bait“ beweist, zu gro­ßem Teil an der jugend­li­chen Fri­sche und dem unbän­di­gen Über­schwang, mit dem der gesam­te Chor sich auf sein Reper­toire vor­wie­gend aus Jazz und Pop stürzt. So eine frei­zü­gi­ge Freu­de teilt sich dem Hörer in jedem Moment mit, dass er mit dem größ­ten Ver­gnü­gen anbeißt.

Das Ver­gnü­gen ist aller­dings nicht nur ein Ver­dienst der Sän­ger und ihres Chor­lei­ters, der sie immer wie­der kna­ckig auf den Punkt fokus­siert. Es liegt zu einem gro­ßen Teil auch an den ange­nehm ein­falls­rei­chen Arran­ge­ments, die mehr­heit­lich vom Diri­gen­ten selbst oder aus der bewähr­ten Feder des um kei­ne Poin­te ver­le­ge­nen Oli­ver Gies stammen.

Das reicht vom feu­ri­gen „Chi­li con Car­ne“ aus dem Fun­dus der „Real Group“ über auf­ge­fri­sche Swing-Klas­si­ker bis zu – in ihren kom­ple­xen Arran­ge­ments kaum noch erkenn­ba­ren – Pop-Hits der letz­ten Jahr­zehn­te. Mit einer recht frei­en Bear­bei­tung von Brahms’ „Guten Abend, gut’ Nacht“ beweist der Don-Camil­lo-Chor dann neben­bei auch noch, dass er mehr als nur rei­ner Jazz-Pop-Chor ist: Die­se jun­gen Sän­ger und Sän­ge­rin­nen füh­len sich in vie­len Gefil­den zu Hau­se. Mit Recht. Denn „Good Bait“ ist nicht nur eine schö­ne, gelun­ge­ne Leis­tungs­schau, son­dern auch ein­fach gute Unterhaltung.

Don Camil­lo Chor: Good Bait. Spek­tral SRL4-09049, 2009.

(geschrie­ben für die neue chorzeit)

geschaffen aus dem nichts

Es war ein Hit von der ers­ten Auf­füh­rung an, den Joseph Haydn vor 210 Jah­ren mit sei­nem Ora­to­ri­um „Die Schöp­fung“ gelan­det hat. Und wie jetzt der vol­le Dom bei schöns­tem Sonn­tags­som­mer­wet­ter beweist, gilt das auch noch heu­te. Man konn­te im Dom auch wun­der­bar erfah­ren, war­um genau die „Schöp­fung“ sich eigent­lich seit ihrer Urauf­füh­rung die­ser andau­ern­der Beliebt­heit erfreut: Kaum ein ande­res Werk Haydns – und auch die Vor­bild-Ora­to­ri­en Hän­dels nicht – kann so eine gro­ße Band­brei­te musi­ka­li­scher Mit­tel und so eine gelun­ge­ne Mischung aus Schön­heit, Dra­ma, Span­nung und Hap­py-End auf­wei­sen: Fast wie das Rezept eines Block­bus­ters liest sich die Lis­te der Eigen­schaf­ten die­ses Komposition.

Und Dom­ka­pell­meis­ter Mathi­as Breit­schaft gelingt es mit der gan­zen Mas­se der erwach­se­nen Sän­gern sei­ner Chö­re und dem vital spie­len­den Main­zer Kam­mer­or­ches­ter, die­se Mischung ganz aus­ge­zeich­net vor­zu­füh­ren und in der Balan­ce zu hal­ten. So erhält die auf­klä­re­risch gefärb­te Erzäh­lung der Schöp­fungs­ge­schich­te eine sehr poin­tier­te Dra­ma­tik. Breit­schaft nimmt sich näm­lich der plas­ti­schen Klang­schil­de­run­gen Haydns und sei­ner bild­haf­ten Ver­to­nung des bibli­schen Gesche­hens in dras­ti­scher Deut­lich­keit an. Das macht den Text fast über­flüs­sig, so klar und nach­voll­zieh­bar wird die Klang­spra­che im Dom ent­wi­ckelt. Und das Bes­te: Damit ist Breit­schaft noch nicht am Ende. Ihm gelingt es näm­lich außer­dem auch, die Ein­heit des Ora­to­ri­ums beto­nend zu wah­ren. Die zügi­gen Tem­pi und sei­ne schar­fe Kon­trol­le des Gesche­hens, gepaart mit der ener­gi­schen Ani­ma­ti­on aller Betei­lig­ten ver­hin­dern trotz aller fei­nen Arbeit das Ver­lie­ren in Details. Von der hier sehr fried­vol­len „Vor­stel­lung des Cha­os“ am Beginn, die die kom­men­de Ord­nung der Schöp­fung schon in sich trägt, bis zum gro­ßen Fina­le nach dem Lob­preis des para­die­si­schen Lebens im Gar­ten Eden reicht die voll­ende­te Ein­heit der Musik. Und die Solis­ten unter­stüt­zen ihn in sei­nen inten­si­ven Bemü­hun­gen. Bari­ton Diet­rich Gre­ve hilft mit fül­li­ger, warm­tö­nen­der Güte und Har­mo­nie, wäh­rend Tenor Mar­kus Schä­fer sich eher den dra­ma­ti­schen Akzen­ten und deut­li­chen Akzen­ten ver­pflich­tet sieht. Vor allem die Sopra­nis­tin Sabi­ne Goetz aber beein­druckt mit ihrer engels­glei­chen, rei­nen und in allen Lagen aus­ge­ge­li­che­nen Stim­me – eine wun­der­ba­re Beset­zung für den Erz­engel Gabri­el. Der Chor wirk­te neben die­ser lei­den­schaft­li­chen und aus­ge­spro­chen prä­zi­sen fast etwas blass, bewäl­tigt sei­ne Par­tie aber natür­lich sehr sicher. Mit so viel cho­ri­scher Mas­se, die sich – etwa im wun­der­bar zar­ten Ein­gangs­chor – durch­aus zäh­men lässt, kann Breit­schaft sou­ve­rän arbei­ten. Und da ist es kein Wun­der, dass die „Schöp­fung“ auch in Mainz ihren Sta­tus als immer­wäh­ren­der Hit behaup­ten kann.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung)

orff, bartók und gershwin glücklich vereint

Béla Bar­tók, Geor­ge Gershwin und Carl Orff haben wenig gemein. Und doch pas­sen sie alle in das Kon­zert des Bach­cho­res in der Chris­tus­kir­che. Denn klei­ne Über­ein­stim­mun­gen fin­den sich doch. Zum Bei­spiel, um ganz prag­ma­tisch anzu­fan­gen, es gibt von jedem Musik für zwei Kla­vie­re – wenn man schon zwei hoch­klas­si­ge Pia­nis­ten wie die Brü­der Para­to­re zur Ver­fü­gung hat, muss man das ja auch nut­zen. Und sie kom­po­nier­ten (fast) zur glei­chen Zeit: Gershwins „Rhap­so­dy in Blue“ war 1924 erst­mals zu hören, Bar­tóks Sona­te für zwei Kla­vie­re und Schlag­zeug im Janu­ar 1938 und Orffs „Car­mi­na burana“ ent­stand ab 1934. Das hört man ihnen aber kaum an, denn trotz der zeit­li­chen Nähe bleibt die­se Tri­as grundverschieden.

Bar­tóks Sona­te zum Bei­spiel ist ein eher sprö­des, auch nur sel­ten auf­ge­führ­tes Werk. Und eigent­lich klingt es auch nicht so harm­los, wie hier in der Chris­tus­kir­che. Da trägt der Raum gro­ße Mit­schuld, der vie­les weich­zeich­net und ver­schwim­men lässt. Antho­ny und Joseph Para­to­re ver­su­chen zwar, durch kna­cki­ge Poin­tie­run­gen dem etwas ent­ge­gen­zu­set­zen. Aber so rich­tig weit kom­men sie damit nicht. So bleibt die Sona­te mit der unge­wöhn­li­chen Beset­zung für zwei Kla­vie­re und zwei Schlag­wer­ker (die aus dem Ensem­ble Babet­te Haag kamen) für die­ses Mal fast eine ver­wun­sche­ne Feen­mu­sik, deren weich flie­ßen­de, stel­len­wei­se sogar ins rausch­haft tau­meln­de Klang­wel­ten aber durch­aus auch bedroh­li­che­re Sze­na­ri­en her­bei­zau­bert. Doch noch bleibt alles Rohe und Wil­de in siche­rer Distanz und fest eingezäunt.

Gershwins Musik kennt sol­che Gefah­ren nicht. Rou­ti­niert arbei­ten sich die Pia­nis­ten mit jahr­zehn­te­lan­ger Erfah­rung durch die Rhap­so­dy in Blue. Das Schlag­werk bleibt hier aber eher ras­seln­der und schep­pern­der Fremd­kör­per, was dem Zau­ber aber nicht wei­ter schadet.

Dafür dür­fen die Per­cus­sio­nis­ten danach noch ein­mal alles geben: Die „Car­mi­na burana“, die der Bach­chor in der vom Orff-Schü­ler Wil­helm Kill­may­er ange­fer­tig­ten Fas­sung für zwei Kla­vier und Schlag­werk prä­sen­tier­te, bie­tet ja nicht nur dem Chor reich­lich Mög­lich­kei­ten zum Bril­lie­ren. Dem aber unge­dingt auch – und der Bach­chor nutzt die wie immer ganz selbst­ver­ständ­lich. Unter Ralf Ottos beseel­ter Lei­tung ergibt sich orga­nisch eines aus dem ande­ren, lau­fen Chor­sät­ze naht­los in Soli und umge­kehrt, ver­bin­den sich Humo­res­ke und Folk­lo­re, Lie­bes­leid und Freu­den­tau­mel zu einer mäch­ti­gen, klan­ge­wal­ti­gen Ein­heit. Beson­ders aus­zeich­nend dabei: Die uner­schütt­li­che Prä­zi­si­on – nicht nur tech­nisch, son­dern auch klang­lich und emo­tio­nal tref­fen Otto und sei­ne Sän­ger immer genau auf den Punkt. Auch die Solis­ten pas­sen gut dazu: Dani­el Sans gefällt mit beherrsch­ter Sicher­heit, der komö­di­an­tisch begab­te Klaus Häger mit sei­nem unkom­pli­zier­tem Bass und die Sopra­nis­tin Valen­ti­na Far­cas fügt sich mit selbst in gro­ßer Höhe kla­rer Stim­me wun­der­bar ins Gesamt­bild. Kein Wun­der, dass die aus­ver­kauf­te Chris­tus­kir­che rest­los begeis­tert ist.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung)

reihenglück: 20 jahre „jazz im chor“

Die 13 ist ja eigent­li­che eine Unglücks­zahl. Davon hat sich der Bos­se-Ver­lag aber nicht beir­ren las­sen und das Jubi­lä­ums­heft der Rei­he „Jazz im Chor“ mit genau die­ser Zahl an Songs gefüllt. Zu recht – denn „Jazz im Chor“ ist eine Erfolgs­rei­he, die auf Aber­glau­ben ver­zich­ten kann. Seit 20 Jah­ren wer­den die Chor­hef­te her­aus­ge­ge­ben von Chris­toph Schön­herr, der damit Trend viel­leicht nicht begrün­de­te, aber doch maß­geb­lich mit­be­stimm­te. Und der, gera­de mit den dort ver­sam­mel­ten und zugäng­lich gemach­ten Arran­ge­ments, eini­ges getan hat für die Akzep­tanz und Umset­zungs­fä­hig­keit, die gekonn­te Auf­füh­rung jaz­zi­ger Arran­ge­ments eben nicht nur in Spe­zi­al­ensem­bles, son­dern auch in bunt gemisch­ten Chören.
13 Stan­dards also, aus­ge­sucht aus den zehn Hef­ten der letz­ten zwei Jahr­zehn­te. Das heißt: Über­wie­gend bekann­te und erprob­te Sätz. Für Chö­re – oder Chor­lei­ter -, die jetzt ein­stei­gen wol­len ist das eine idea­le Samm­lung. Hits sind es sowieso.
Alle sind zwar nicht zu schwer gesetzt, aber sehr dif­fe­ren­ziert die Mög­lich­kei­ten aus­lo­tend und vor allem immer mit Gespür für publi­kums­wirk­sa­me Effek­te. Und sie sind außedem auch so bear­bei­tet, dass das Sin­gen viel Spaß macht. Nicht alle beschrän­ken sich dabei auf puren Chor – die zusätz­lich zu erwer­ben­den Instru­men­tal­stim­men haben ja in die­ser Rei­he auch schon Tra­di­ti­on. Neben „ech­ten“ Stan­dards – „Lul­la­by of Bird­land“ etwa, oder The­lo­nious Mon­ks „Blue Monk“ – reprä­sen­tie­ren Songs wie der Sam­ba „It’s when the music starts to play“ oder Anto­nio Car­los Jobims Bos­sa „Wave“ (bei­de in Sät­zen von Tors­ten Maaß) das reich­hal­ti­ge Latin-Fee­ling von „Jazz im Chor“. Außer­dem gibt es noch drei Ori­gi­na­le von Mar­tin Car­bow für die Gos­pel-Abtei­lung. Ein Heft mit rei­chem Mate­ri­al und vie­len Mög­lich­kei­ten also.

Chris­toph Schön­herr (Hg.): Best of Jazz im Chor. 13 Jazz Stan­dards for Mixed Choir. Gus­tav Bos­se 2009. 79 Sei­ten. 19,95 Euro.
(geschrie­ben für die neue chorzeit)

passionsmusik aus siebenbürgen

Sie­ben­bür­gen ist nicht gera­de ein Zen­trum deut­scher Kir­chen­mu­sik. Genau­er gesagt, ist es eher ein Zen­trum von gar nichts. Manch­mal sind aber die Rän­der durch­aus inter­es­san­ter als die Mit­te. Etwa, wenn dort bestimm­te Tra­di­tio­nen über­le­ben, wie zum Bei­spiel die über lan­ge Zeit wei­ter­ge­ge­be­nen loka­len Pas­si­ons­mu­si­ken. Das soll­te man wis­sen, wenn man sich die „Sie­ben­bür­gi­sche Pas­si­ons­mu­sik“ für Chor, Solis­ten und Orgel von Hans Peter Türk anhört. Denn Türk ist ein sie­ben­bür­gi­scher Komponist.

Eine neue Mat­thä­us-Pas­si­on also, als Fort­füh­rung noch erhal­te­ner Bräu­che – aber den­noch über­haupt nicht bloß bewah­rend, son­dern eben wei­ter­füh­rend. Denn Türk ist zwar kein Avant­gar­dist, aber doch – trotz sei­ner geo­gra­phi­schen Rand­la­ge – als Kom­po­si­ti­ons­pro­fes­sor ein Ken­ner der Ent­wick­lun­gen und Tech­ni­ken in der Musik. Und zwar nicht nur der Musik der letz­ten Jah­re. Denn sei­ne „Sie­ben­bür­gi­sche Pas­si­ons­mu­sik“ bedient sich bei For­men und Tech­ni­ken aus eigent­lich der gan­zen abend­län­di­schen Musik­ge­schich­te. Das führt zu eini­gen eigen­ar­ti­gen und bemer­kens­wer­ten Ergeb­nis­sen, die die Ein­spie­lung mit der Meiß­ner Kan­to­rei 1961 unter Christ­fried Brö­del und mit Ursu­la Phil­ip­pi an der Orgel ein­drück­lich vorführt.
Denn wie immer, wenn sich Bekann­tes mit Frem­dem, Ver­trau­tes mit Exo­ti­schem mischt, ent­deckt man rei­lich Neu­es und Inter­es­san­tes – in Bei­dem. Der Text bleibt ganz auf ver­trau­tem Boden, in der Musik ent­wi­ckelt der 1940 gebo­re­ne Sie­ben­bür­ge aber einen eige­nen Ton. Dabei ver­traut Türk auf die Wor­te – und zwar sehr stark. Dar­aus und damit ent­wi­ckelt er eine Musik, die sich dem Hörer unmit­tel­bar unmit­teilt. Und sie zeigt deut­lich: Hier geht es nicht dar­um, um jeden Preis außer­ge­wöhn­li­che Musik zu fin­den. Türk strebt offen­bar viel mehr danach, der Pas­si­ons­er­zäh­lung ein zeit­ge­mä­ßes musi­ka­li­sches Gewand zu geben, sie aber zual­ler­erst als Erzäh­lung zu ver­ste­hen. Und das kann dann eben auch hei­ßen, sich als Kom­po­nist extrem zurück­zu­neh­men. Auch in die­ser kon­zen­trier­ten Form, mit weni­gen Ein­wür­fen, behut­sam unter­ma­len­den Tönen der Orgel etwa gelingt es ihm ohne Wei­te­res, star­ke Kon­tras­te und nahe­ge­hen­de Stim­mun­gen zu ver­mit­teln, span­nen­de Rezi­ta­ti­ve zu schrei­ben, die natür­lich und kunst­voll zugleich wir­ken. Und vor allem hoch­gra­dig ein­fühl­sa­me, inten­siv vibrie­ren­de Cho­rä­le, die den wah­ren Kern die­ser Pas­si­ons­mu­sik bilden.

Das ist dann in der Sum­me eine durch­aus moder­ne Musik, die ver­ständ­lich und unbe­dingt zugäng­lich auch für Nicht-Ken­ner der zeit­ge­nös­si­schen Musik ist. Und eigent­lich sogar für deren Ver­äch­ter zu ertra­gen. Gut funk­tio­nie­ren­de Kir­chen­mu­sik also.

Hans Peter Türk: Sie­ben­bür­gi­sche Pas­si­ons­mu­sik für den Kar­frei­tag nach dem Evan­ge­lis­ten Mat­thä­us für Chor, Solis­ten und Orgel. Ursu­la Phil­ip­pi, Orgel. Meiß­ner Kan­to­rei 1961, Christ­fried Brö­del. Musik­pro­duk­ti­on Dabring­haus und Grimm 2009. MDG 902 1554–6.

(geschrie­ben für die neue chorzeit)

hoffnung und ihre erfüllung (musikalisch): esperanza spalding & triband

Eigent­lich hät­te auf der Ein­tritts­kar­te ein Warn­hin­weis ste­hen müs­sen. Der Jazz­mi­nis­ter warnt: Der Genuss die­ser Musik ver­än­dert ihr Jazz-Bewusst­sein. Denn was Jazz­to­day jetzt im Frank­fur­ter Hof prä­sen­tier­te, hat mit tra­di­tio­nel­lem Jazz unge­fähr noch so viel zu tun wie ein moder­ner Syn­the­si­zer mit einem ehr­wür­di­gen Kon­zert­flü­gel – wenig, sehr wenig sogar. Aber das macht ja nichts. So lan­ge es Spaß macht. Und genau dafür ist Espe­ran­za Spal­ding mit ihrem Trio zum ers­ten Mal aus Ame­ri­ka nach Deutsch­land gekommen.

Spal­ding ist eine jun­ge Musi­ke­rin, die sich nicht zwi­schen dem Sin­gen und dem Bass ent­schei­den kann – und des­halb ein­fach bei­des macht. Und mit Erfolg: ihre stei­le Kar­rie­re führ­te sie im Febru­ar bis ins Wei­ße Haus. Und jetzt nach Mainz. Da mach­te sie schon mit dem Ope­ner klar, wohin die Tour geht: „Jazz ain’t not­hin’ but soul“. Sofort ist die Band mit­ten im Groo­ve, Otis Brown am Schlag­zeug wirkt dabei stel­len­wei­se wie ein Drum­com­pu­ter. Und wäh­rend Espe­ran­za Spal­ding mit flin­ken Fin­gern ihren fun­ky Bass wir­beln lässt und dazu noch gleich­zei­tig locker die Stimm­bän­der im Scat­ge­sang tan­zen lässt, zeigt vor allem Pia­nist Leo Geno­ve­se – auch mit der Melo­di­ca – sei­ne ver­spiel­te Sei­te. Denn egal ob es Jazz­stan­dards oder etwa Way­ne Shor­tes „End­an­ge­red Spe­ci­es“ sind: Das Quar­tett mach sich alles zu eigen, addiert sei­ne voll gepfropf­ten Arran­ge­ments, die nur ein Ziel ken­nen: Das Ergeb­nis muss Spaß machen. Und da kom­men sie immer an, bis zur Pau­se ist kom­pro­miss­los gute Lau­ne angesagt.

Tri­band kün­dig­te sich danach dann selbst mit „ihr Kon­trast­pro­gramm für heu­te abend“ an. Und das war nicht über­trie­ben – jetzt war Schluss mit lus­ti­ger Spaß­mu­sik. Das deut­sche Quar­tett ist ja schon eini­ge Jah­re unter­wegs und hat in der Zeit ihre Musik noch ver­fei­nert: Zu einer wah­ren Fei­er der Sub­ti­li­tät mit Hang zur nach­denk­li­cher Melan­cho­li­tät. Aber nicht resi­gnie­rend, son­dern die Wirk­lich­keit ein­fach umar­mend: Gefühls­la­gen des Indi­vi­du­ums nach der Post­mo­der­ne besin­gen sie in Songs wie „Some­bo­dy else“. Und mit ech­ten Live-Qua­li­tä­ten. Am deut­lichs­ten wur­de das in „Whe­re did all the love go“ oder dem gran­dio­sen „Diz­zy Day“ am Schluss des Abends. Etwas Pop ist in die­ser Mischung, natür­lich steu­ert auch die Jazz­ge­schich­te eini­ge Ingre­di­en­zen bei, der Funk ist auch nicht spur­los an ihnen vor­ür­ber gegan­gen. Aber die Klang­tüft­ler, die so ganz in ihrer Musik auf­ge­hen, bau­en dar­aus etwas Eige­nes: San­die Woll­asch singt immer klar und mini­mal ver­spielt. Der Bas­sist Pau­cker – wie Sebas­ti­an Stud­nitz­ky ein ech­ter Mul­ti­in­stru­men­ta­list (auch so eine Grenz­über­schrei­tung …) gibt sich mit jeder Faser des hage­ren Kör­pers der Musik hin, tanzt um und mit Bass und Ana­log-Syn­the­si­zer, wäh­rend Tom­my Bal­du die bro­deln­den Rhyth­men zum Tan­zen bringt. Und die­ses Gebräu ist so wir­kungs­voll, dass es auch das anfangs nur zurück­hal­tend reagie­ren­de Main­zer Publi­kum in sei­nen Bann zieht.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung.)

einmal quer durch die musikgeschichte: schütz, pergolesi und brahms im passionskonzert

Es war ein Hin und Her wie sel­ten bei den Dom­kon­zer­ten: Die Chö­re wech­sel­ten, es wur­de mit und ohne Orches­ter musi­ziert, die Solis­ten­blie­ben auch alle nicht lan­ge, selbst der Diri­gent wur­de getauscht. Und doch herrsch­te auch ganz viel Andacht im Pas­si­ons­kon­zert. Im Zen­trum stand dabei die Mat­thä­us-Pas­si­on von Hein­rich Schütz, die eigent­lich gar kei­ne Pas­si­on ist. Zumin­dest nicht im musi­ka­li­schen Sinn. Denn bei Schütz heißt die Ver­to­nung der Pas­si­ons­ge­schich­te noch His­to­rie – eine Erzäh­lung der Lei­den Chris­ti. Und die hält sich, von Ein­gangs- und Schluss­chor abge­se­hen, streng an den Text des Evan­ge­lis­ten. Ari­en und Cho­rä­le wird man hier also ver­ge­bens erwar­ten. Die Nähe zum Bibel­text führt dazu, dass gro­ße Tei­le vom Evan­ge­lis­ten und den ande­ren Solis­ten über­nom­men wer­den, der Chor mehr oder min­der auf kur­ze Ein­wür­fe beschränkt bleibt. Das soll­te aller­dings nicht zu so einer Het­ze füh­ren wie im Dom. Denn weder Mathi­as Breit­schaft noch der eigent­lich sehr soli­de Evan­ge­list Dani­el Käs­mann nah­men sich im Gleich­maß der fort­lau­fen­den Bewe­gung, des unun­ter­bro­che­nen Berich­tes Zeit für beson­de­re Momen­te, für Augen­bli­cke der Dra­ma­tik. Die sind aber auch bei Schütz durch­aus vor­han­den – man muss sich nur etwas mehr Mühe geben, sie frei­zu­le­gen. Wie das geht, weiß Breit­schaft ja durch­aus. Das stell­te er dann etwa im Schluss­chor unter Beweis: Hier hat­te er auf ein­mal Zeit für sub­ti­le Aus­deu­tung, die die Dom­kan­to­rei auch – trotz der star­ken Beset­zung – sehr deut­lich und trans­pa­rent, vor allem aber mit leich­tem Klang mit­mach­te und mittrug.

Kars­ten Storck über­nahm das Diri­gat der ande­ren bei­den Wer­ke. Neben dem etwas blas­sen und unschein­ba­ren 13. Psalm für Frau­en­chor von Johan­nes Brahms, den der Mäd­chen­chor sehr brav sang, war das vor allem Gio­van­ni Per­go­le­sis „Sta­bat Mater“. Des­sen rei­ne Melo­dien ver­herr­li­chen im Wohl­klang sowohl der Chor­sät­ze als auch der Ari­en und Duet­te mit den bei­den schön auf­ein­an­der abge­stimm­ten Solis­tin­nen, Doro­thee Laux und Patri­cia Roach, die süße Wol­lust der Schmer­zen. Gera­de der stän­di­ge Wech­sel zwi­schen Chor und Soli gelang Storck dabei sehr schön. Denn die Chor­sät­ze ließ er immer etwas stär­ker zele­brie­ren als unbe­dingt nötig. Zusam­men mit der Inti­mi­tät der Ari­en kam das „Sta­bat Mater“ so in sei­ner gesam­ten Län­ge zu einem wohl­ge­run­de­ten Pul­sie­ren, einer ange­neh­men Mischung aus zügi­gen Tem­pi und inni­gen Momen­ten der Emp­find­sam­keit. Und dar­um geht es schließ­lich: Das Mit-Gefühl zu wecken.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zeitung.)

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén