Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Autor: Matthias Seite 202 von 206

Leser mit allerlei Ansprüchen und ausdauernder Läufer. Je nach Tagesform auch mal ausdauernder Leser und Läufer mit allerlei Ansprüchen.

zum beispiel die 1892 (!) kom­ponierte schaus­piel­musik “le fils des étoiles” — so an die neun­zig minuten auf der stelle treten — bru­tal, aber irgend­wie auch span­nend. bei “mainz musik” war sie jet­zt kom­plett zu hören, ergänzt außer­dem durch eine lichtin­stal­la­tion.

immer weit­er ins unbekan­nte und unbe­queme führt der weg von „mainz musik“. der fes­ti­valleit­er lud­wig striegel hat jet­zt selb­st wieder einen großen schritt in diese rich­tung getan: mit der auf­führung von erik saties „le fils des étoiles“. die nen­nt sich zwar eine schaus­piel­musik zu einem the­ater­stück des deca­dence-autors josephin pelá­dan, ist aber als solche nur schw­er vorzustellen und wohl auch kaum jemals genutzt wor­den. denn dafür ist sie viel zu mächtig und vor allem zu eigensin­nig. für das jahr 1892, im dem satie „le fils des étoiles“ kom­ponierte, ist das außer­dem eine unge­heure moder­nität. heute hat man sich ja an solche klänge gewöh­nt, aber die weni­gen paris­er, die das damals gehört haben, müssen unter diesen per­ma­nen­ten häu­fun­gen von quar­ten und dis­so­nanzen doch erhe­blich gelit­ten haben.

ihre kun­st ist vor allem, mit möglichst vie­len noten nichts zu sagen – ein musik, die vor allem eines erzeugt: leere. und die greift auch auf den hör­er über. irgend­wann set­zt diese baukas­te­nar­tige rei­hung von sim­plesten motiv­en und schrä­gen akko­r­den das denken außer gefecht. in einen ganz eige­nar­ti­gen zus­tand der schwebe kann man dabei ger­at­en – da hat fast etwas von ein­er trance. denn das geschehen dieser musik ist ger­ade der still­stand, das explizite nicht-passieren von eigentlich gen­uin musikalis­chen momenten wie entwick­lung und verän­derung. striegler spielte das mit bewun­der­swert­er konzen­tra­tion: neun­zig minuten hin­durch häm­mert er immer wieder diese banalen motive, diese end­los aufgeschichteten akko­rde in das klavier.

das ist zunächst, auf der kör­per­lichen erfahrungsebene, eine harte stra­paze: eine der­maßen gle­ich­för­mige musik ist unge­heuer anstren­gend zu hören. aber in der esg-kirche wurde sie noch durch die lichtin­stal­la­tion von tan­ja löhr ergänzt. die sorgt zunächst schein­bar für optis­che abwech­slung: eine abfolge von geometrischen for­men, wan­dern­den lin­ien und rechteck­en, sich aus­dehnen­den und wieder zusam­men­schrumpfend­en flächen wer­den in giftigem gründ und grellem pink auf die kirchen­wand pro­jiziert. später kom­men zwar noch zwei far­ben – rot und blau – und auch ab und an eine kre­is­form hinzu, doch die meiste zeit belässt es löhr bei diesen ein­fachen zutat­en. durch die per­ma­nente bewe­gung entste­hen immer neue for­men und muster, neue kon­stel­la­tio­nen von far­ben und zustän­den. die optis­che gestal­tung schließt damit direkt an die akustis­che ästhetik der ver­weigerung saties an: das ist nichts, was man unmit­tel­bar ver­ste­hen kann – das kann man nur mehr erfahren.

manchmal ist sogar neue musik ganz harmlos

und manch­mal ist sie auch ein­fach nur ver­spätete roman­tik — und in diesem fall meist auch ein wenig lang­weilig, die roman­tik hat­ten wir halt schon ein­mal, dazu fällt nur noch den wenig­sten kom­pon­is­ten wirk­lich neues ein. aber der pianist war nicht schlecht, seine impro­vi­sa­tio­nen zwar ein biss­chen lan­gat­mig, aber auch sehr gut anzuhören — das war also das zweite konz­ert der diesjähri­gen aus­gabe von mainz musik:

draußen zwitsch­ern die vögel noch fro­hge­mut, doch drin­nen trauern sie herz­er­we­ichend. im alten musik­saal auf dem cam­pus ist diese verblüf­fende gle­ichzeit­igkeit möglich. denn der junge pianist tomasz trzcin­s­ki begann sein „con­cer­to fes­ti­vo“ für „mainz musik“ mit den „oiseaux tristes“ aus mau­rice rav­els „miroirs“. er tat das sehr rück­sichtsvoll und vor­sichtig – genau so, wie er auch den flügel behan­delte. denn der ist ihm offen­bar mehr als ein bloßes instru­ment, eine schnöde ansamm­lung von holz und met­all, son­dern eine ver­längerung sein­er hände und damit schon fast zu einem teil seines kör­pers gewor­den. und er behan­delt ihn entsprechend: er zwingt ihm nie seinen willen auf, er akzep­tiert seine schwächen und ver­sucht, sie möglichst unauf­fäl­lig und sin­nvoll zu nutzen. das führt zu über­raschen­den ergeb­nis­sen: schon mit dem zweit­en stück aus rav­els miroirs, „la val­lée des cloches“, bringt er den raum mit präsen­ter, aber sehr sorgsam dosiert­er kraft zum zit­tern und dröh­nen – die vögel haben jet­zt nichts mehr zu melden.

es war auch son­st eher die nach­den­kliche, geruh­same musik, der er beson­dere sorgfalt angedei­hen ließ. die „cha­conne“ von uljas voito pulkkis, die antti siirala bei der urauf­führung im frank­furter hof im let­zten jahr als spielerische plaud­erei spielte, nimmt trzcin­s­ki eher als roman­tis­che träumerei, als weitläu­fige fan­tasie. und mit sein­er samti­gen klan­gob­er­fläche gewin­nt das stück unter seinen hän­den erhe­blich­es poten­zial – ein immer wiederkehren­der drang zum auf­begehren wird hier auf ein­mal hör­bar. zwar lässt der kom­pon­ist diese aus­bruchsver­suche aus der stren­gen form immer wieder in die leere laufen, aber immer­hin kann trzcin­s­ki die wider­stre­i­t­en­den kräfte der cha­conne klan­glich umset­zen, ohne sie vol­lends zu zäh­men.

mit diesen eskapis­tis­chen aus­flü­gen ver­ab­schiedete sich der pianist von seinen noten – jet­zt gab es nur noch ihn, den flügel und seine impro­vi­sa­tion­skun­st. darin erwies er sich schnell als ver­siert­er tech­niker. mit viel the­ma­tis­ch­er arbeit verblüffte er vor allem durch seine rapi­den über­leitun­gen: ehe man sich ver­sah, war er von frei schweifend­en blick­en über mediter­rane land­schaften zu verträumten, auss­chließlich nach innen fokussierten gedanken­flüssen gewech­selt. und allmäh­lich ent­stand daraus auch so etwas wie frei­heit – allerd­ings immer mit der möglichkeit des rück­zugs in die ver­gle­ich­sweise sicheren gefilde der motivis­chen ver­ar­beitun­gen und tra­di­tionellen vari­a­tions­for­men. auch hier blieb trzcin­s­ki vol­lkom­men gelassen: das ist keine erkämpfte oder eroberte musik, son­dern ein unge­hin­dertes, entspan­ntes fließen.

neue musik ist kein schrecken

ganz tolle neue musik, zum nach­denken, zum hören und genießen, auch wenn man sie vielle­icht gar nicht ver­ste­hen kann/mag/will, gab es beim ersten konz­ert der diesjähri­gen auflage von mainz-musik, dem mini-fes­ti­val der mainz­er musikhochschule, in der esg-kirche. zwei dozen­ten, lutz man­dler und pierre-stéphane meugé haben neue und neueste musik für saxophon(e) und trompete bzw. deren mund­stücke aufge­führt, das ganze noch mit einem kleinen biss­chen licht­de­sign — im grunde nur ein­fache wech­sel­nde beleuch­tun­gen — und vor allem beson­der­er inte­gra­tion des raumes in die inter­pre­ta­tion — ein wirk­lich außeror­dentlich her­aus­ra­gen­des konz­ert­ereig­nis — nicht nur wegen der muti­gen pro­gram­mierung, son­dern ger­ade auch wegen der erstk­las­si­gen, keine wün­sche offen­lassenden umset­zung. “in fre­und­schaft” etwa habe ich noch nie der­maßen kon­sis­tent und durchgängig struk­turi­ert, der­maßen klar und doch lebendig, nie kalt und kon­stru­iert, aber immer als kün­st­lerische for­mung markiert, gehört.

in der “offziellen” form liest sich das dann so:

die fest­spielzeit ist ein untrüglich­es zeichen: jet­zt hat der som­mer begonnen. ln mainz ist es in diesem jahr die musikhochschule, die den reigen eröffnet — mit einem konz­ert der echt­en extrak­lasse. lutz man­dler und pierre-stéphane meugé haben mit dem auf­tak­tkonz­ert in der esg-kirche näm­lich her­aus­ra­gen­des für die neue und neueste musik geleis­tet.

und dazu gehört immer wieder das suchen nach neuen for­men des zusam­men­spie­lens. vinko globokars “dos à dos” ist so eine fah­n­dung: sax­ophon und trompete pro­bieren die möglichkeit­en des miteinan­der und gegeneinan­der spie­lend aus. da das mit der für globokar typ­is­chen wucht und dem entsprechen­den krafti­aufwand passiert, ist es eine hochdrama­tis­che sache. über­haupt fiel in der esg-kirche immer wieder die unglaubliche energie der bei­den musik­er auf. selb­st einem eher intro­vertierten und nach­den­klichem werk wie mau­r­izio pisatis “ö” ließen sie davon nicht ab. bei­de ver­suchen hier die stille in klang zu über­führen — mit lan­gen momenten absoluter ruhe, die von dem dun­klen, ern­sten klang der sym­bi­o­tisch miteinan­der ver­schmelzn­den instru­mente immer stärk­er struk­turi­ert wer­den. die anhäu­fung von bedeu­tungsvollen, aber vagen momenten entlädt sich zum schluss in ein­er hochdrama­tisch nach­hal­len­den stille.

mit der urauf­führung des “tage­buch ii” von hyun-sik jin präsen­tierte sich man­dler auch als solist. diese erkun­dun­gen des sub­jek­ts, deren ziel freilich ver­bor­gen bleibt, geben dem inter­pre­ten man­nig­faltige möglichkeit­en, seine tech­nis­chen fähigkeit­en unter beweis zu stellen. man­dler tut dies mit großer sou­veränität und sub­til­ität. gelassen schien auch meugé in seinem solo, einem echt­en klas­sik­er: “in fre­und­schaft” von karl­heinz stock­hausen. unter der sehr genau artikulierten ober­fläche ver­ber­gen sich hier allerd­ings gewaltige span­nun­gen, die schon so manchem bläs­er das genick gebrochen haben. meugé dage­gen führt das ganz selb­stver­ständlich zu ein­er phänom­e­nal struk­turi­erten ver­führung der sinne zusam­men, in der man sich als hör­er vol­lends gebor­gen und heimisch fühlen kann.

und als wäre diese rei­he erleb­nis­re­ich­er höhep­unk­te noch nicht genug an ver­führung, set­zte das duo mit den “bouchées dou­bles” von ernest h. papi­er dem abend die kro­ne auf: denn nur beim zweikampf ohne instru­ment, auss­chließlich mit ihren mund­stück­en bewaffnet, lässt sich der wahre meis­ter ermit­teln. das duell lief über mehrere, sich drama­tisch zus­pitzende run­den. zunächst klopfend und rück­end forderten sich die bei­den kom­bat­tan­ten schnell zu immer wage­mutigeren geräusch- und tonkaskaden her­aus. doch auch in der hitze des gefecht­es kon­nten die bei­den sich auf ein unentsch­ieden eini­gen, ihre fehde bei­le­gen un noch ein let­ztes mal ganz har­monisch, in liebe vere­int, zusam­men spie­len.

ja, so kann es manch­mal gehen: der cel­list ist krank gewor­den — da wird auch dem kam­mer­musik­abend natür­lich nix mehr. die pianistin hat sich erbarmt und spielt ein­fach ein solo­pro­gramm — und ein ziem­lich überzeu­gen­des. das meine ich dazu:

halbe sachen sind je meist kein grund für beson­deres fre­un­deaus­brüche. halbe konz­erte schon gar nicht. aber man­chamal sind sie ein ganz beson­der­er, unver­hoffter genuss. so sollte das vom mainz­er haus bur­gund und dem erbach­er hof ver­anstal­tete konz­ert im rah­men des „fes­ti­val musi­cal des grand crus de bour­gogne“ eigentlich musik für cel­lo und klavier bieten. der cel­list herni demar­quette musste allerd­ings das bett hüten und ließ seine klavier­part­ner­in claire désert allein. das war allerd­ings alles andere als eine katas­tro­phe. denn désert zauberte im erbach­er hof einen beein­druck­enden klavier­abend her­vor. schon die pro­gram­mauswahl ließ aufmerken. diese pianistin muss sich ihrer fähigkeit­en sehr sich­er sein: clara schu­manns vari­a­tio­nen op. 20, robert schu­manns „davids­bündlertänze“, beethovens sonate nr. 17 und noch zwei pre­ludes von claude debussy – das ist bes­timmt keine ver­legen­heit­slö­sung. und claire désert hat sich mit diesem tech­nisch und musikalisch anspruchsvollen pro­gramm auch nicht über­hoben. nur der kleine flügel set­zte deut­liche lim­its. mit einem bessere instru­ment wären die klangfluten, die aus den hän­den der pianistin ent­standen, sich­er noch beein­druck­ender gewe­sen. auch so war die schiere mächtigkeit, die über­bor­dende fülle ihres spiels allerd­ings schon auf rein physis­ch­er ebene sehr über­wälti­gend. das ist oft ein richtigge­hen­des tönen­des schlacht­engemälde: das don­nert und blitzt mit erschreck­ender real­ität auch ohne tech­nis­che kino-effek­te. die musik wird hier zur reliefkun­st: mit aus­ge­sprochen deut­lich­er plas­tiz­ität wer­den eck­en und kan­ten, wohlbekan­nte und bizarr-erschreck­ende for­ma­tio­nen hör­bar.: eine uner­müdliche folge von ganz sorgfältig gear­beit­eten, schein­bar unmit­tel­baren schallerup­tio­nen. diese musik ist offen­bar auch weniger von intellek­tuellen über­legun­gen, son­dern von forsch­er, unver­hohlen­er musikalität ges­teuert. für die beethoven-sonate ist das allerd­ings nicht ganz hin­re­ichend, das bleibt zu ein­seit­ig, zu stark auf den stür­misch drän­gen­den impuls der sonate konzen­tri­ert. für schu­manns „davids­bündlertänze“ hätte es allerd­ings kaum passender sein kön­nen. in ganz natür­lichem kolorit und mit geschick­ter bal­ance zwis­chen anmut und unver­hohlen­der kräft­demon­stra­tion fließt die musik vol­lkom­men frei und unbeschw­ert, als kön­nte es gar nicht anders sein – und das alles andere als eine halbe sache.

eine wunderbar sprechende “gegensprechstadt”

ja genau, so heißt näm­lich der neueste lyrik­band von ger­hard falkn­er. genauer gesagt: gegen­sprech­stadt — ground zero. und im grunde ist es auch gar kein lyrik­band, son­dern nur ein gedicht, ein langes eben — so ca. 70 seit­en. und es kommt nicht nur in der kook­books-typ­is­chen ausstat­tung daher, son­dern auch noch mit cd. dadrauf hat falkn­er große teile (lei­der nicht alles) seines gedicht­es gele­sen, und david moss macht ein wenig musik dazu. allerd­ings sehr wenig — das ist ziem­lich ent­täuschend: ein mitschnitt ein­er live-lesung, zu der moss nicht beson­ders viel einge­fall­en ist — ein eher ungewöhn­lich­er zus­tand für diesen kün­stler.

egal, eigentlich geht es ja vor allem um das gedicht. nach­dem mich falkn­ers alte meis­ter nicht so sehr begeis­tern kon­nte, schafft gegen­sprech­stadt das vom ersten bis zum let­zten vers. das ist nicht nur das beste (und in dem umfang auch erste) berlin-gedicht, das ich kenne. das ist auch eine sehr zeit­gemäße form des dicht­ens: mit geschichte gesät­tigt, ohne deshalb so bedeu­tung­shu­berisch-bil­dungss­chw­er daherzukom­men wie die let­zten durs-grün­bein-bände. falkn­er treibt das spiel mit den allu­sio­nen, den zitat­en und den querver­weisen ziem­lich kun­stvoll — und ziem­lich weit. es ist öfters kurz davor, wirk­lich zu ner­ven, die ständi­gen halb-bedeu­ten­den pop­kul­turellen anspielun­gen. aber sie tun es dann meis­tens eben doch nicht. denn “motive bekan­nter gedichte” “sind humus. mon­tageteil. zitat. anlei­he. link. ref­erenz. ver­beu­gung.” (74) — ein klein­er hieb auf die “poplit­er­at­en” darf in einem solchen fall nicht fehlen: “eine zeit, in der man bei kün­stlern / wenn man sie auszieht / auf ck- oder joop!-unterwäsche stößt / (als let­zte schicht sozusagen / vor der eigentlichen inspi­ra­tion) / ist reif für eine revi­sion / sie sollte bei tsche­chow / wieder in die lehre gehen, / oder mit pyn­chon her­auszufind­en ver­suchen / wo die wirk­lichen ver­fol­ger steck­en / damit sie zurück­find­et / (um im bild der sprache zu bleiben) / zum ehrlichen baum­woll­ripp mit ein­griff / denn große poe­sie / auch wo sie glück­lich ver­wirrt / ist marken und mod­en abhold” (36)

das ganze chang­iert dann ziem­lich unregelmäßig (nach dem ersten lek­türeein­druck) zwis­chen his­torisch vorge­formten langgedicht und der vor­liebe für einze­limpres­sio­nen, aneinan­derg­erei­ht und sequen­ziert. die üergänge — und das macht gegen­sprech­stadt wahrschein­lich so geschmei­dig — bleiben aber immer fließend. denn falkn­er schafft es eben, dem alltäglichen nachzublick­en, das musikalis­che detail der stadt berlin über­all zu find­en und in worte zu fassen — aber auch, die großen momente, die rev­o­lu­tio­nen und katas­tro­phen, den 11. sep­tem­ber, den 3. okto­ber und den 15. märz (falkn­ers geburt­stag, iden des märz) mit einzubeziehen.

rhyth­misch erscheint das aufs erste, ohne genauere analyse, sehr leicht und unbeschw­ert: ein ungezwun­gener umgang mit vers­for­men macht das gedicht — und davon legt ger­ade falkn­ers lesung beson­ders deut­lich zeug­nis ab — sehr fließend. diese “poly­mere poe­sie”, wie der autor das nen­nt, kreist immer wieder um phänomene der zeit, ihrer sub­jek­tiv total zer­split­terten wahrnehmung, um das zählen. sprache scheint da als medi­um und bewe­gung gle­icher­maßen ret­tung zu bieten — als flucht­punkt und als ver­ar­beitungsmöglichkeit: “auch dieses gedicht ist ein gedicht ohne einen / helden ist natür­lich ein gedicht / ohne einen helden ist natür­lich / ein gedicht” (56). und ein gedicht ist das hier auf jeden fall — ein wirkl­cih beein­druck­endes — schon lange nicht mehr so begeis­tert lyrik ver­schlun­gen.

ger­hard falkn­er: gegen­sprech­stadt — ground zero. gedicht & cd mit music by david moss. idstein: kook­books 2005.

30 Jahre Krieg als Trauma und integrierender Faktor für Deutschland

„der dreißigjährige krieg ist das bis ins 20. jahrhun­dert nach­wirk­ende trau­ma des deutschen volkes.“ (83) heißt es in georg schmidts klein­er abhand­lung der dreißigjährige krieg (münchen: beck 6/2003). als solch­er hat er natür­lich entsprechend viele (um-)deutungen und vere­in­nah­mungen erfahren. georg schmidt, ein aus­gewiesen­er ken­ner der deutschen geschichte und spezial­ist für das alte reich hat sich davon nur insofern beein­druck­en lassen, als er sich um ein möglichst sach­liche und zunächst wert­neu­trale darstel­lung der abläufe und geschehnisse bemüht. beson­deren stel­len­wert erfahren in sein­er darstel­lung immer wieder die vielfälti­gen kreuz- und quer liegen­den verbindun­gen, die eine wirk­liche kausal­ität der geschehnisse ger­ade dieser zeit so schw­er erken­nen lassen und leicht für ver­wirrung sor­gen. schmidt hat das prob­lem ziem­lich gut und überzeu­gend gemeis­tert, sein klein­er text ist trotz der enor­men konzen­tra­tion noch erstaunlich gut les­bar und leicht ver­ständlich – auch ohne allzu großes vor­wis­sen.

tre­f­fend schon die sich verbinden­den ursachen, die ver­kno­ten­den lin­ien der auflö­sung der reichs­ge­walt oder der kohä­sion des reich­es durch die von der kon­fes­sion­al­isierung und ihrer immer wieder auf­flam­menden rival­itäten sowie der ver­härteten lager­bil­dung in katholis­che liga und protes­tantis­che union erre­icht­en block­ade der entschei­den­den insti­tu­tio­nen (reich­skam­merg­ericht, reichsver­samm­lung, reich­stag etc.). was insofern beson­ders prob­lema­tisch ist, als das reich in sein­er kom­pliziert aus­tari­erten ver­fass­theit ganz beson­ders auf den kon­sens aller beteiligten angewiesen war. in dem zusam­men­hang spielt natür­lich vor allem das recht­sys­tem des reich­es eine beson­dere rolle: mit dem eher protes­tantisch aus­gerichteten reich­skam­merg­ericht und dem eher kaiser­na­hen reichshofrat standen zwei große juris­tis­che reg­u­lar­ien zur ver­fü­gung, die auch rege genutzt wur­den. der dreißigjährige krieg führt also zu ein­er (erneuten) ver­rechtlichung des deutschen staatenge­bildes, die jet­zt mit den para­graphen der west­fälis­chen friede vor allem die macht des kaisers und damit eines ein­heitlichen, zen­tralen monar­chis­chen sys­tems in deutsch­land erhe­blich ein­schränkt, ander­er­seits auch – wieder – die grund­la­gen für die abso­lutis­tis­che territorialherrschaft(en) sichert – zwar unter ein­bezug der stände, aber eben im großen und ganzen mit der später offen­bar wer­den­den ten­denz zur zer­split­terung des reichs-gebi­etes. schmidt zeigt dabei ins­beson­dere die kon­ti­nu­itäten zur zeit vor dem dreißigjähri­gen krieg auf: „all dies hat­te sich bere­its vor dem dreißigjähri­gen krieg eingepen­delt, und all dies ließ der west­fälis­che frieden unange­tastet.“ (82) – schmidt spricht deshalb auch von einem „beina­he per­fek­ten poli­tis­chen sys­tem, das allen beteiligten grup­pen rechte, freiräume und teil­habe­möglichkeit­en garantierte, ohne deswe­gen seine hand­lungs­fähigkeit einzbüßen.“ (98) und er weist darauf hin, dass ins­beson­der die zer­störung der „alten über­re­gionalen wirtschafts­beziehun­gen“ durch die kriegsereignisse wesentlich zum auf­stieg des abso­lutismus beitru­gen: jed­er lan­des­fürst musste nun selb­st „reg­ulierend in das sozial- und wirtschaftssys­tem ein­greifen“ (92), um das land aus der ökonomis­chen starre der kriegszeit wieder zu erweck­en. dabei ist allerd­ings auch wieder zu beacht­en: „in deutsch­land fand allerd­ings wed­er während noch nach dem krieg eine großflächige wirtschaftliche mod­ernisierung statt.“ (93) dementsprechend kam es ende der 1640er auch nicht zum ökonomis­chen boom (angesichts der zer­störun­gen ein­er­seits und des bevölkerungsrück­gangs ander­er­seits dur­chaus denkbar), son­dern nur zu ein­er müh­samen wieder­bele­bung. analoges kann schmdit für das soziale sys­tem kon­sta­tieren: „der dreißigjährige krieg erscheint mit blick auf das gesellschaftssys­tem als stör­fall ohne große nach­wirkun­gen: aus der aus­nahme­si­t­u­a­tion wech­sel­ten die men­schen zurück in ihren all­t­ag“ (95).

weit­er­hin legt er beson­deren wert auf die verknüp­fung der (eigentlich) deutschen prob­leme mit let­ztlich ganz europa, unter beson­der­er beach­tung der auswirkun­gen auf deutsche staatlichkeit. deshalb untern­immt schmidt auch die abwehr des 1998 aufgekomme­nen schlag­wortes vom „europäis­chen frieden“ – ihm geht es v.a. darum, „krieg und frieden als inte­gri­erende fak­toren der deutschen nation­algeschichte zu begreifen“ (103) das schlägt sich entschei­dend in der darstel­lung nieder. ins­beson­dere die motive erfahren eine entsprechende würdi­gung: es geht nicht darum, richtig oder falsch zu kon­sta­tieren, son­dern (mögliche) grün­des dieses und jenes han­dlens aufzuzeigen – darin ist schmidt sehr kon­se­quent. was man evtl. bemän­geln kön­nte, ist sein hang, alle oder doch zumin­d­est die meis­ten geschehen und ver­wick­lun­gen nicht nur in ihrer (ver­muteten) kausal­ität zu beschreiben, son­dern dies so zu tun, dass sie gerne als zwangsläu­fige, einzig mögliche entwick­lun­gen daste­hen. am schlecht­esten komm dabei fer­di­nand II. weg, der immer wieder vorge­hal­ten bekommt, dass er mit seinem stur katholizis­tis­chem behar­ren auf dem rekon­sti­tu­tionsedikt viele chan­cen zum früheren frieden ver­spielt habe. so schreibt schmidt den krieg dann vor allem als geschichte von macht­drän­gen, nicht einge­hal­te­nen absprachen und gegen­seit­i­gen ver­suchen der übertrump­fung bzw. auss­chal­tung zwis­chen den fürsten, in denen die kon­fes­sion bald und oft genug kaum mehr als ein anlass war – allerd­ings auf bei­den seit­en…

ein beson­deres augen­merk erfährt natür­lich wal­len­stein, der hier als (let­zer) krieg­sun­ternehmer mit maßge­blichem ein­fluss auf das geschehen in deutsch­land porträtiert wird – nicht nur mil­itärisch, son­dern auch poli­tisch (durch sein eigenes macht­streben und vor allem als angstkulisse für kaiser, hab­s­burg­er und den rest der liga). das ist angenehm sach­lich und ohne unnötige über­höhung oder dämon­isierung, ander­er­seits auch ohne allzu denkmal­stürz­erischen ges­tus. ähn­lich­es gilt für den nüchtern-skep­tis­chen blick auf gus­tav adolf (genau, den „löwen aus mit­ter­nacht“).

zusam­men genom­men „…wird deut­lich, wie wichtig das lock­er gefügte poli­tis­che sys­tem des heili­gen römis­chen reich­es deutsch­er nation für die europäis­che ord­nung war. das nicht expan­sive reich stellte keine gebi­et­sansprüche an seine nach­barn und paßte sich jed­er ver­schiebung im mächt­esys­tem an. es wirk­te als überdi­men­sion­aler puffer zwis­chen den staat­en und mächt­en: jed­er suchte und fand hier ver­bün­dete. das reich und die vor­mod­erne europäis­che frieden­sor­d­nung bed­ingten einan­der.“ (64)
der sehr zu empfehlende band wird dann noch durch eine aus­führliche, gut kom­men­tierte bib­li­ogra­phie, die lei­der etwas unüber­sichtlich gewor­den ist, abgerun­det.

junge musik im staatstheater

beim konz­ert für junge leute im staat­sthe­ater — sehr schön zu beobacht­en, wie sich eine inter­pre­ta­tion noch entwick­eln kann. und was es für einen unter­schied macht, wenn das orch­ester mit lust und laune und etwas entspan­nter spielt:

für eine ordentliche por­tion musikalis­chen jugend­wahns ist das konz­ert für junge leute genau der richtige platz. cather­ine rück­wardt hat sich zum let­zten konz­ert dieser rei­he in der laufend­en spielzeit nicht nur musik von jun­gen kom­pon­is­ten aus­ge­sucht, son­dern auch einen sehr jun­gen mainz­er pianis­ten ein­ge­laden. arne gieshoff hat zwar im ver­gan­genen jahr den bun­deswet­tbe­werb von jugend musiziert gewon­nen, wirkt aber immer noch sehr zurück­hal­tend und ver­schlossen: die zugabe musste die diri­gentin richtig aus ihm her­auskitzeln. und sie war dann auch kein bravoustückchen, son­dern ein eigenes inter­mez­zo, ein nach­den­klich-med­i­ta­tive miniatur. bravour gab’s davor auch mehr als genug: denn in chopins opus 2, den vari­a­tio­nen über ein the­ma aus mozarts don gio­van­ni, muss der pianist über eine solide tech­nik ver­fü­gen. gieshoff kann das, und so kon­nte nicht viel schief gehen beim vir­tu­osen wirbel. was ihm allerd­ings noch ein wenig fehlt, ist ein­er­seits die behaup­tung gegenüber dem orch­ester. und die klan­gliche gestal­tung – es klingt ein­fach noch zu ein­seit­ig, um wirk­lich die ganze par­ti­tur zu erfassen. aber das wäre von einem 17-jähri­gen wohl zu viel ver­langt. denn nicht jed­er gute musik­er ist gle­ich ein genie wie chopin oder mozart. die haben, und dafür gab das konz­ert genug stoff, in dem alter schon ziem­lich aus­ge­fuchst kom­poniert – chopin eben die vari­a­tio­nen. und mozart war auch erst zwei jahre älter, als er „la fin­ta gia­r­diniera“ kom­ponierte. mit einem zügi­gen marsch durch die ouvertüre hat­te das phil­har­monis­che staat­sor­ch­ester den abend eröffnet. ans andere ende von mozarts leben führte sie das pub­likum dann mit mozarts g‑moll sin­fonie. die hat rück­wardt im moment wohl beson­ders ins herz geschlossen. nach der auf­führung im acht­en sin­fonikonz­ert und dem son­derkonz­ert in der phönix­halle nahm sie mozarts let­zte sin­fonie nun auch noch in das konz­ert für die jun­gen leute. und die stete beschäf­ti­gung mit mozart tut sowohl dem orch­ester als auch der musik gut. wenn dazu noch die famil­iäre atmo­sphäre dieses konz­ertes kommt, klingt das nicht ganz anders als im let­zten sin­foniekonz­ert, aber doch ein ganzes stück freier und unbe­sorgter. mit druck­voller wucht und kräfti­gen impulsen musizieren sie und machen die let­zten bei­den sätze zu einem richti­gen bedro­hungsszenario, so klar kon­turi­ert und drän­gend packt rück­wardt das an. noch ein paar auf­führrun­gen und das wird richtig spitze.

kroetz gibt auf

heute gele­sen in ein­er der liegen gebliebe­nen aus­gaben der süd­deutschen von let­zter woche (die nachricht beruht auf ein­er vor­ab­mel­dung der zeit):

franz xaver kroetz hat genug. nach­dem er zwei jahre an seinem neuesten the­ater­stück „tänz­erin­nen & drück­er” gesessen habe und von seinem jüng­sten gedicht­band lediglich 490 exem­plare verkauft habe, wolle er das schreiben kün­ftig sein lassen. auch auf der bühne werde man ihn nicht mehr sehen, sagte kroetz, der sich selb­st als ‚depres­siv­er, aus­ge­bran­nter schrift­steller’ beze­ich­net: ‘mit dem schaus­piel­ern ist es ja auch vor­bei. als regis­seur will ich arbeit­en.

ob das jet­zt eine gute nachricht ist? nach dem let­zten erzäh­lungs­band kann ich immer­hin seinen entschluss befür­worten, mit dem schreiben aufzuhören … doch ob er als regis­seur noch etwas vernün­ftiges hin­bekommt, entzieht sich allerd­ings mein­er ken­nt­nis. aber wenn er wirk­lich so sparsam ist, dann muss er ja höchst­wahrschein­lich auch nicht mehr viel arbeit­en…

elisabeth hagedorn singt sich durch die romantik

zum abschied aus dem mainz­er ensem­ble hat die sän­gerin elis­a­beth hage­dorn sich aus­gerech­net einen lieder­abend aus­gedacht — mit einem ziem­lich kun­ter­bun­ten pro­gramm und dur­chaus wech­sel­haften qual­itäten:

was wohl passieren würde, wenn diese frau wirk­lich am rhein stünde und sänge? gut, ihre haare sind ein wenig kurz – aber son­st möchte man sich lieber nicht vorstellen, welche fol­gen ein lied­vor­trag eliz­a­beth hage­dorns am lorelei-felsen auf die rhein­schiff­fahrt hätte. im kleinen haus set­zte sie in gülden­em kleid und rotem schal jeden­falls scham­los so ziem­lich alle ver­führungskün­ste ein, über die eine sän­gerin von ihrem for­mat gebi­etet. und wenn sie dann also traumver­loren am flügel lehnt und die berühmten verse der „lorelei“ in der ver­to­nung von franz liszt singt, ist die volle macht der musik zu spüren. darum geht es ihr an diesem abend, einem abschied aus dem mainz­er ensem­ble, offen­bar. so ganz klar war das zunächst aber nicht. denn während der noten­stän­der kon­tinuier­lich von ein­er seite auf die andere wan­dert, wird ganz schnell klar: das spie­len ist ihre wahre domäne. da, wo sie als sän­gerin und schaus­pielerin gefragt ist, singt sie auch am besten: bei richard strauss, bei franz liszt und alban berg und auch noch bei den liedern von charles ives. mit robert schu­mann und johannes brahms hat sie allerd­ings noch zwei kom­pon­is­ten auf ihrem pro­gramm, die viel mehr intim­ität und absolute klarheit im detail fordern. und das ist ihre stärke an diesem abend nicht so ganz. schu­manns „bel­sazar“ singt sie etwa mit spek­takulärem stimm­lichen aufwand – das reißt schon mit. aber das lässt auch viel unterge­hen, von der ironie des heines-gedicht­es ist nicht mehr viel zu spüren. auch die schlicht­en volk­slied­ver­to­nun­gen von brahms passen nicht so recht zu ihrem stil: selb­st hier sucht sie noch nach der großen bühne, dem the­ater in der musik.

dort, wo der kom­pon­ist genau das ver­langt, ist sie dann aber auch wirk­lich beein­druck­end. etwa richard strauss – schon das erste lied von ihm, „die nacht“, zeigt nicht nur die streng kon­trol­lierte tech­nik, son­dern auch die tre­f­fende sub­til­ität und das klan­gliche eben­maß ihrer stimme. auch ihr pianist andreas stoehr kann mit spin­nweb-feinen begleit­fig­uren wirk­lich überzeu­gen.

und so geht es dann auch den restlichen abend weit­er. ob mit der idyl­lisch-reinen süße von liszts „fis­cherkn­abe“ oder alban bergs „nachti­gall“: eliz­a­beth hage­dorn serviert immer genau die richtige por­tion expres­siv­ität, wech­selt vom empfind­samen ver­weilen zu schweben­den traumgedanken und lässt schließlich auch noch die schlichte poe­sie der musik von charles ives erblühen. und immer wieder wan­dert der noten­stän­der von der einen seite zur andern. ein glück nur, das diese geballte por­tion ver­führung und verzück­ung auf der bühne des kleinen haus­es nie­man­den von seinem weg ablenken kon­nte.

ironische musik? schumanns heine-vertonungen unter der lupe

robert schu­mann und hein­rich heine, die bei­den großen genies der roman­tik, haben in diesem jahr ihren 150. todestag — auch wenn sich mozart vor­drängt. dabei ist ger­ade dieses traumpaar viel inter­es­san­ter. und es ist auch noch lange nicht alles gesagt. bei­de verbindet näm­lich nicht nur das jahr ihres todes, son­dern auch ein blick für die jew­eils andere kun­st. bei­de waren außer­dem wun­der­bare musikschrift­steller. und nicht zulet­zt hat schu­mann eben heine öfter ver­tont als jeden anderen dichter. diese lieder mussten allerd­ings im laufe der zeit so einige unbill erfahren. genau das hat thomas syn­ofzik, direk­tor des robert-schu­mann-haus­es in zwick­au, offen­bar gereizt. denn seine pünk­tlich zum jubiläum erschienene studie hat zwei ziele: zum einen will syn­ofzik mit der rezep­tion­s­geschichte mal so richtig aufräu­men. und er will das ver­hält­nis von musik und ironie unter die lupe nehmen. der titel ver­spricht dabei allerd­ings ein wenig mehr als das buch ein­lösen kann. denn sein fokus bleibt beschränkt: es geht um die heine-lieder — und um nichts anderes.

der ver­such, der roman­tis­chen ironie über­haupt ana­lytisch hab­haft zu wer­den, macht den anfang. syn­ofzik sieht sie vor allem als aus­druck der ambivalenz und der ambi­gu­i­tät. das beobachtet er in heines lyrik und danach sucht er in seinen detail­lierten har­monis­chen, metrischen, melodis­chen und struk­turellen analy­sen der musik. und er find­et dabei so viele und ein­deutige musikalis­chen umset­zun­gen der ironie, dass man die früheren ver­suche, genau das schu­manns ver­to­nun­gen abzus­prechen, kaum glauben mag. ob es nun die boden­lose har­monik des chor­satzes “die lotus­blume”, die tonale ambivalenz von “im wun­der­schö­nen monat mai”, die rossi­ni-per­si­flage in “die rose, die lilie, die taube” oder die para­dox­en schluss­wen­dun­gen und iro­nis­chen pointen — syn­ofzik spürt sie mit viel ana­lytis­chem geschick und scharf­blick auf. was seinem buch ger­ade am ende der lek­türe allerd­ings ein wenig abge­ht, ist der größere zusam­men­hang. inter­es­sant wäre schon noch, wie sich diese beobach­tun­gen mit anderen lieder schu­manns oder heine-ver­to­nun­gen ander­er kom­pon­is­ten ver­gle­ichen ließen.

thomas syn­ofzik: hein­rich heine — robert schu­mann. musik und ironie. köln: dohr 2006. 191 seit­en. 24,80 euro.

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