Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Jahr: 2016 Seite 2 von 16

wense, der desenberg (um 1936) (postkarte)

Wetter

Die Land­schaft lebt vom Wet­ter! An sich ist sie nichts! Hans Jür­gen von der Wen­se, Map­pe „Sied­lung, Ver­kehr“

web (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (5.12.)

Ins Netz gegan­gen am 5.12.:

  • Poli­ti­cal Cor­rect­ness: Genug mit dem dum­men Geschwätz! | Zeit → wie­der eine sehr gute & tref­fen­de kolum­ne von Mely Kiyak

    Poli­ti­cal Cor­rect­ness kann man weder über­zie­hen noch über­trei­ben. Es sei denn, man hat genug vom Den­ken und von der Lust, Gleich­heit unter Men­schen zu schaf­fen. Genug davon, Viel­falt als Gleich­wer­tig­keit zu betrach­ten. Wer degra­die­ren­de Begrif­fe für Schwar­ze, Homo­se­xu­el­le oder Mus­li­me im poli­ti­schen Dis­kurs für unver­zicht­bar hält, muss von vorn begin­nen. Nicht die­je­ni­gen, die die­sen Zivi­li­sa­ti­ons­sprung schon hin­ter sich gebracht haben, müs­sen sich den poli­tisch Unkor­rek­ten anpas­sen, son­dern umge­kehrt.

  • Poli­ti­cal cor­rect­ness: how the right inven­ted a phan­tom ene­my | Guar­di­an → moira weigel vom „guar­di­an“ unter­sucht sehr aus­führ­lich und mit viel hin­ter­grund das kon­zept der „poli­ti­schen kor­rekt­heit“ als vor­wurf und ankla­ge

    None of the sto­ries that intro­du­ced the men­ace of poli­ti­cal cor­rect­ness could pin­point whe­re or when it had begun. Nor were they very pre­cise when they explai­ned the ori­g­ins of the phra­se its­elf. Jour­na­lists fre­quent­ly men­tio­ned the Soviets – Bern­stein obser­ved that the phra­se “smacks of Sta­li­nist ortho­do­xy”– but the­re is no exact equi­va­lent in Rus­si­an. (The clo­sest would be “idein­ost”, which trans­la­tes as “ideo­lo­gi­cal cor­rect­ness”. But that word has not­hing to do with dis­ad­van­ta­ged peo­p­le or mino­ri­ties.) The intellec­tu­al his­to­ri­an LD Bur­nett has found scat­te­red examp­les of doc­tri­nes or peo­p­le being descri­bed as “poli­ti­cal­ly cor­rect” in Ame­ri­can com­mu­nist publi­ca­ti­ons from the 1930s – usual­ly, she says, in a tone of mockery.

    The phra­se came into more wide­spread use in Ame­ri­can lef­tist cir­cles in the 1960s and 1970s – most likely as an iro­nic bor­ro­wing from Mao, who deli­ver­ed a famous speech in 1957 that was trans­la­ted into Eng­lish with the title “On the Cor­rect Hand­ling of Con­tra­dic­tions Among the Peo­p­le”.

    But soon enough, the term was rebran­ded by the right, who tur­ned its mea­ning insi­de out. All of a sud­den, ins­tead of being a phra­se that lef­tists used to check dog­ma­tic ten­den­ci­es within their move­ment, “poli­ti­cal cor­rect­ness” beca­me a tal­king point for neo­con­ser­va­ti­ves. They said that PC con­sti­tu­ted a left­wing poli­ti­cal pro­gram­me that was sei­zing con­trol of Ame­ri­can uni­ver­si­ties and cul­tu­ral insti­tu­ti­ons – and they were deter­mi­ned to stop it.

  • Der Hass ist nicht neu. Für uns nicht. | Ueber­me­di­en → noch ein­mal mely kiyak, hier ihre rede von der ver­lei­hung des otto-bren­ner-prei­ses, in der sie auf pro­ble­ma­ti­sche ent­wick­lun­gen in gesell­schaft und v.a. den medi­en hin­weist, die immer noch nicht ras­sis­mus ras­sis­mus nen­nen wol­len und anders­ar­tig­keit oder ver­schie­den­heit immer noch nicht ver­ste­hen
  • Es gibt kei­ne digi­ta­len Grund­rech­te |algorithmwatch.org → algo­rith­m­watch ana­ly­siert den vor­schlag für eine eu-char­ta digi­ta­ler grund­rech­te. ich ten­die­re dazu, mit die­ser ana­ly­se (und eini­gen ande­ren kri­tik­punk­ten, u.a. bei tante.cc) über­ein­zu­stim­men …

    Wir brau­chen nicht neue Grund­rech­te, wir brau­chen eine Revi­si­on der vor­han­de­nen Kri­te­ri­en für deren Anwen­dung im digi­ta­len Zeit­al­ter.

katie melua & gori women's choir (gruppenbild)

Winterliche Romantik mit Katie Melua

katie melua, in winter (cover)Katie Melu­as „In Win­ter“ ist die akus­ti­sche Ver­si­on einer kusche­li­gen Sze­ne vor dem Kamin, wäh­rend drau­ßen die Käl­te klirrt: Das Feu­er knis­tert, die Gitar­re klim­pert und Melua singt. Aber nicht allein: Für ihr Weih­nachts­al­bum hat sie den geor­gi­schen Gori Women’s Choir und Bob Chil­cott als Arran­geur ver­pflich­tet.

Zusam­men bie­ten sie eine Mischung aus eige­nen Songs und tra­di­tio­nel­ler geor­gi­scher, rumä­ni­scher und ukrai­ni­scher Weih­nachts­mu­sik, und ein Teil von Rach­ma­nin­offs Ves­per­ver­to­nung. Vor allem ist „In Win­ter“ aber eine Katie-Melua-CD: Nicht nur die eige­nen Songs, auch der Rest des Pro­gramms klingt unver­kenn­bar nach ihr, ob das nun Joni Mit­chells „River“ oder Adol­phe Adams „Holy Night“ ist. Nur dass die hier mit sehr ver­hal­te­ner Instru­men­tie­rung aus­kom­men und dafür den Gori Women’s Chor qua­si als Instru­ment mit­be­nut­zen. Der kann näm­lich, von Bob Chil­cott ver­siert arran­giert, wun­der­bar im Hin­ter­grund far­bi­ge, sanft schim­mern­de Klang­flä­chen auf­bau­en, vor der sich Melu­as Stim­me frei ent­fal­tet. Beson­ders anrüh­rend schön gelingt das im rumä­ni­schen Wie­gen­lied „Lega­nelul Lui Lisus“: Der ein­fa­che Chor­satz unter­stützt die schlich­te, gra­ziö­se Melo­die sehr ein­fühl­sam. Auch im geor­gi­schen „If you are so beau­tiful“ spie­len Melu­as voll­tö­nen­des Solo und der dun­kel, rauh und ursprüng­lich-inten­siv klin­gen­de Gori Women’s Choir in der Abwechs­lung über­zeu­gend zusammn. „In Win­ter“ genießt man wohl dann am bes­ten, wenn man sich die­ser tota­len Rüh­rung ein­fach hin­gibt und sich zu einer musi­ka­li­schen Win­ter­fei­er über­re­den lässt, die Weih­nach­ten (fast) ohne sowie­so nur stö­ren­den reli­giö­sen Bezü­ge fei­ert. Und das dafür mit aller Empha­se und ein biss­chen Kitsch tut.

Katie Melua: In Win­ter. Fea­turing Gori Women’s Choir. BMG 2016. Spiel­zeit: 35:27.

(Zuerst in einer etwas kür­ze­ren Ver­si­on erschie­nen in »Chor­zeit – Das Vokal­ma­ga­zin« No. 33, Dezem­ber 2016.)

Zu „Per­fect World“ gibt es hier auch noch ein schön kit­schi­ges Video:

Katie Melua – Per­fect World (Offi­ci­al Video)

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube über­tra­gen.
netz mit fisch (unsplash.com)

Ins Netz gegangen (4.12.)

Ins Netz gegan­gen am 4.12.:

vogelschwarm auf leitungen

Twitterlieblinge November 2016

https://twitter.com/AFresse/status/796789803006169089
https://twitter.com/guenterhack/status/797472666039046145
https://twitter.com/SibylleBerg/status/798562156367282176


https://twitter.com/Pofri/status/801073719351328768

Bürger und Kunst

Der Bür­ger wünscht die Kunst üppig und das Leben aske­tisch; umge­kehrt wäre es bes­ser. Theo­dor W. Ador­no, Ästhe­ti­sche Theo­rie (Suhr­kamp 1989), 27

spinnennetz mit tau

Ins Netz gegangen (23.11.)

Ins Netz gegan­gen am 23.11.:

  • #FakeN­ews jetzt auch im Feuil­le­ton? | Wolf­gang Mich­al → wolf­gang mich­al hat – aus­ge­löst von der alar­mis­ti­schen pres­se­mit­tei­lung des bör­sen­ver­ban­des und der unge­prüf­ten über­nah­me in qua­li­täts­me­di­en – mal ein biss­chen gerech­net, was die rück­zah­lung ille­gal erhal­te­ner vg-wort-gel­der für ver­la­ge eigent­lich wirk­lich bedeu­tet:

    Doch die noto­risch klam­me Situa­ti­on man­cher Kleinst­ver­la­ge wird vom rei­chen Bör­sen­ver­ein ja nur des­halb ins Feld geführt, weil man damit die Her­zen noto­risch klam­mer Autoren erwei­chen kann. Da traut sich dann kei­ner mehr zu fra­gen, war­um man aus­ge­rech­net klei­ne Autoren, deren Exis­tenz min­des­tens eben­so gefähr­det ist wie die Exis­tenz klei­ner Ver­le­ger, mit kul­tu­rel­len Unter­gangs­sze­na­ri­en dazu drän­gen will, auf ihre schma­len Rück­for­de­rungs­be­trä­ge (von weni­gen hun­dert Euro im Schnitt) „frei­wil­lig“ zu ver­zich­ten? War­um sprin­gen nicht die Mil­li­ar­dä­re und Mul­ti­mil­lio­nä­re Ber­tels­mann, Sprin­ger Sci­ence oder Wes­ter­mann in die Bre­sche und hel­fen ihrer angeb­lich so bedräng­ten Bran­che? Allein mit dem Jah­res­ge­winn von Ber­tels­mann könn­ten sämt­li­che Rück­for­de­run­gen der VG Wort 30 Jah­re lang begli­chen wer­den.

  • Öffent­li­cher Ver­kehr: Es wird eng | NZZ → an den pend­ler-bahn­hö­fen der schweiz wird es eng – weil immer mehr men­schen zugleich unter­wegs sind …
  • Wie sich das poli­ti­sche Thea­ter selbst betrügt – Ein Zwi­schen­ruf | Nacht­kri­tik → micha­el wolf hat ein­wän­de gegen das ach so tol­le, ach so wich­ti­ge, ach so gesell­schaft­lich rele­van­te thea­ter:

    In Thea­tern wird „exem­pla­risch durch­ge­spielt, was Demo­kra­tie aus­macht: das Auf­ein­an­der­pral­len extrem unter­schied­li­cher Ansät­ze aus­zu­hal­ten – und dis­kur­siv zu kana­li­sie­ren“? Nein, ein­fach nein. Poli­ti­sches Thea­ter ist nur so weit plu­ra­lis­tisch, bis es unan­ge­nehm wer­den könn­te. Es hat kein Inter­es­se dar­an, die Band­brei­te der Hal­tun­gen einer Gesell­schaft vor­kom­men zu las­sen, die – wie eklig! – eben nicht nur aus den Guten besteht

  • Nein, die Tran­sen und die Homos sind nicht schuld an Trump | Bild­blog → guter punkt von johan­nes kram, eigent­lich selbst­ver­ständ­lich, aber gera­de trotz­dem immer wie­der aus­zu­spre­chen:

    Es geht nicht um Respekt oder Tole­ranz der einen für die ande­ren, um etwas, das Mehr­heit einer Min­der­heit gönnt. Es geht dar­um, dass sich die Gesamt­ge­sell­schaft erst als kom­plett begreift, wenn alle glei­cher­ma­ßen dazu­ge­hö­ren.

  • Poli­to­lo­ge über Trumps Popu­lis­mus: „Er bestimmt, wer das Volk ist“ | taz.de → gutes inter­view mit jan-wer­ner mül­ler über popu­lis­mus, nati­on, volk und den gan­zen krams/​quatsch …
  • Men­schen­rech­te: Reden wir über das Grund­ge­setz! | Zeit → bir­te förs­ter ruft dazu auf, das grund­ge­setz ernst zu neh­men und in die aktu­el­len dis­kus­sio­nen stär­ker ein­zu­be­zie­hen
  • 100 Jah­re rus­si­sche Revo­lu­ti­on: Revo­lu­ti­ons­ju­bi­lä­um ohne Held | NZZ → ulrich m. schmid über die schwie­rig­kei­ten der putin-regie­rung, die revo­lu­ti­ons­fei­ern des nächs­ten jah­res mit dem nächs­ten spin zu ver­se­hen (spoi­ler: lenin fällt aus, der rus­si­sche staat darf in sei­ner grö­ße und gro­ßen geschich­te ganz natio­na­lis­ti­sche wie­der auf­er­ste­hen …)
martin-luther-denkmal, dresden

Reformationsrelevanz

Eine Fra­ge, die ange­sichts der gera­de kul­mi­nie­ren­den Luther- und Refor­ma­ti­ons­fei­er­lich­kei­ten eine beson­de­re Bedeu­tung hat: Wie steht es eigent­lich mit der Refor­ma­ti­on und uns? Wie wich­tig ist die heu­te noch? Oder so:

Wie rele­vant ist die Refor­ma­ti­on noch, um die heu­ti­ge kul­tu­rel­leund poli­ti­sche Situa­ti­on in der EU – und im glo­ba­len Zusam­men­hang – zu ver­ste­hen? War sie mehr als eine regio­nal­ge­schicht­li­che Aus­dif­fe­ren­zie­rung in den nord­al­pi­nen Regio­nen, die eini­ge Jahr­hun­der­te 8zum Teil blu­ti­ge) Rele­vanz hat­te, aber heu­te nicht mehr zu Ver­ständ­nis­pro­ble­men inner­halb der west­li­chen Gesell­schaf­ten führt und für das Ver­ständ­nis der Pro­ble­me des heu­ti­gen Euro­pa weit weni­ger rele­vant ist als etwa das Ost-West-Schis­ma von 1054? Wür­de die Refor­ma­ti­on auch dann noch einen so hohen Kre­dit für die Geschich­te der Säku­la­ri­sie­rung bekom­men, wenn nicht immer schon fest­stün­de, dass mit der Refor­ma­ti­on die Neu­zeit beginnt? Bern­hard Jus­sen, Rich­tig den­ken im fal­schen Rah­men? War­um das „Mit­tel­al­ter“ nicht in den Lehr­plan gehört. In: GWU 67 (2016), 571

Der ins­ge­samt sehr anre­gen­de und inter­es­san­te Bei­trag von Bern­hard Jus­sen beschäf­tigt sich eigent­lich mit dem makro­his­to­ri­schen Kon­zept Mit­tel­al­ter, sei­ner seit lan­gem bekann­ten und unbe­strit­ten Unsin­nig­keit und Unhalt­bar­keit und dann mit der Über­le­gung, war­um es sich trotz­dem hält und aber eigent­lich gar kei­ne Rol­le mehr spie­len soll­te und dürf­te, son­dern durch geeig­ne­te­re Model­le abge­löst wer­den muss – und zwar unbe­dingt nicht nur in der For­schung, son­dern auch und gera­de in Schul­bü­chern und im Unter­richt.

Die­se The­ma­ti­sie­rung der Refor­ma­ti­on gibt mir außer­dem Gele­gen­heit, auch noch auf den aktu­el­len Blog von Achim Land­wehr hin­zu­wei­sen, der sich in inter­es­san­ten Bei­trä­gen mit dem aktu­el­len Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um vor allem unter dem Gesichts­punkt der Bedeu­tung für unse­re momen­ta­ne Geschichts- und Gedenk­kul­tur aus­ein­an­der­setzt: Mein Jahr mit Luther. Unter­wegs in der deut­schen Geschichts­kul­tur.

day & taxi (gruppenfoto)

Day & Taxi auf der Suche nach dem Weg

day & taxi, way (cover)Viel­leicht sind „Day & Taxi“ auch nur auf der Suche nach einem Weg. Auf Way gibt es davon jeden­falls vie­le. Chris­toph Gal­lio als Chef die­ses Tri­os mit dem selt­sa­men Namen „Day & Taxi“, der auch alle Musik für die­se im Janu­ar im Stu­dio auf­ge­nom­me­ne CD bei­steu­ert, begeg­net mir so halb am Ran­de mei­nes musi­ka­li­schen Wahr­neh­mungs­fel­des immer mal wie­der (die „Sozia­le Musik“ fin­de ich zum Bei­spiel kon­zep­tio­nel­le sehr span­nend). Das Trio gibt es jetzt schon eine gan­ze Wei­le, auch die neue Beset­zung – mit jun­gen Män­nern am Bass und Schlag­zeug – ist schon gut ein­ge­spielt.

So ist Way eine sehr kon­trast­rei­che CD gewor­den, die viel sehr hete­ro­ge­nes Mate­ri­al ver­sam­melt, auch von unter­schied­li­cher Span­nung und Güte in mei­nen Ohren. MM (for Mark Mül­ler) als Bei­spiel ver­sam­melt das meis­te davon gleich in einem: gemä­ßig­tes Power­play, das dann wie­der ins Sto­cken gerät, in eine Lee­re, eine Art musi­ka­li­sches Ein­frie­ren fällt, dar­aus aber wie­der wei­ter­macht und auch poe­tisch-ver­son­ne­ne Ein­fäl­le pro­blem­los inte­griert.

Vie­le „Wid­mungs­stü­cke“ gibt es auf Way, die Namen sagen mir fast alle nichts. Nicht immer wird beim Hören klar, wie viel/​was davon jetzt kom­po­niert oder impro­vi­siert ist – das ist aber eben auch egal: Kon­tin­gen­zen und Mög­lich­keits­for­men wer­den nicht ohne Grund in den Liner Notes the­ma­ti­siert. Das ist viel­leicht das auf­fäl­ligs­te an Way: Dass es kaum eine wirk­li­che Rich­tung gibt, son­dern das Trio vie­len Ver­äs­te­lun­gen nach­geht, an Weg­ga­be­lun­gen immer neu spon­tan-zufäl­lig ent­schei­det – und dabei Umwe­ge und Irrun­gen, auch Sack­gas­sen in Kauf nimmt, nicht ver­schweigt, son­dern auch dem Hörer offen­bart. Wahr­schein­lich fällt mir des­halb das Urteil so schwer: Ich höre die Qua­li­tät des Albums, das ist unstrei­tig rich­tig gute Musik. Aber ich habe das gan­ze jetzt drei- oder vier­mal gehört: Und so rich­tig mit­rei­ßen oder begeis­tern kann es mich als Gan­zes nicht. Viel­leicht liegt es am Klang­bild, Gal­li­os Saxo­pho­ne klin­gen mir etwas eng-nasal … Es mag aber aber auch an den Unein­deu­tig­kei­ten lie­gen. Was aber wie­der selt­sam ist, weil ich offe­ne Musik eigent­lich favo­ri­sie­re. Nur bleibt mir die­se Offen­heit hier etwas ver­schlos­sen. (Naja, die Meta­pher habe ich jetzt genug stra­pa­ziert …). Aber ande­rer­seits: Bei jedem Hören ent­de­cke ich neue span­nen­de, fas­zi­nie­ren­de Momen­te. MM habe ich schon erwähnt, auch Snow White Black Magic ist ziem­lich gelas­sen-groß­ar­tig. Dazwi­schen steht auch viel kur­zes Mate­ri­al, das da ein­fach so her­um­steht, wie ein Gewächs am Wege­rand: Das ist, das exis­tiert für sich – aber damit pas­siert nichts. Manch­mal fällt es einem der drei Rei­sen­den auf, dann ent­wi­ckeln sich dar­aus Ideen, kom­ple­xe­re Abläu­fe. Manch­mal ist es nach ein paar Dut­zend Sekun­den aber auch wie­der aus dem Blick­feld und damit erle­digt. Bis etwas Neu­es auf­taucht, ein­fällt oder pas­siert.

Way hat aber noch eine wirk­li­che Beson­der­heit. Unter den 22 Titeln sind eini­ge Minia­tu­ren. Und dar­un­ter noch drei spe­zi­el­le: Minia­tu­ren näm­lich, die Tex­te von Frie­de­ri­ke May­rö­cker auf­neh­men. Das hat mich – als May­rö­cker-Leser – natür­lich sehr neu­gie­rig gemacht. Der Bas­sist Sil­van Jeger singt also drei­mal, jeweils vier bis sechs Zei­len älte­rer Gedich­te aus dem umfang­rei­chen Kata­log May­rö­ckers, mit ein biss­chen Geplän­kel des Tri­os dabei. Lei­der sind das wirk­lich knap­pes­te Stück­chen – zwi­schen 37 und 47 Sekun­den lang. Und musi­ka­lisch pas­siert da auch nicht sehr viel. Immer­hin wird hier also mal May­rö­cker gesun­gen – so arg häu­fig pas­siert das ja nicht. Viel mehr höre ich da aber auch nicht. Vor allem kei­ne Ant­wort auf das War­um? (War­um May­rö­cker? War­um die­se Tex­te?).

Day & Taxi: Way. Per­ca­so 2016: per­ca­so 34. Spiel­zeit: 1:09:52.

Taglied 15.11.2016

Eine Woche danach (und nach dem unsin­ni­gen, schlech­ten Spie­gel-Titel­bild) macht mich das Tri­kont-Blog auf die­sen pas­sen­den Att­wen­ger-Song auf­merk­sam:

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