Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Jahr: 2012 Seite 3 von 35

Noch zwei Jahre etwas Freiheit

Der Bun­des­tag hat ges­tern (wie­der ein­mal ganz kurz vor knapp, bevor die Frist am Jah­res­en­de aus­läuft) beschlos­sen, die befris­te­te Rege­lung des Urhe­ber­rechts in §52a noch ein­mal zwei Jah­re zu ver­län­gern. Damit ist es immer­hin zunächst noch mög­lich, in Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten Tex­te auch digi­tal zur Ver­fü­gung zu stel­len und nicht nur als Kopier­vor­la­ge im Ord­ner … Wie man aber – wie die Regie­rungs­par­tei­en – davon spre­chen kann, dass die Aus­wir­kun­gen „in der Pra­xis noch nicht abschlie­ßend bewer­tet“ wer­den könn­ten, ist mir ein Rät­sel. Die SPD hat­te immer­hin bean­tragt, dass gleich zu ent­fris­ten, weil die Rege­lung in §52a gera­de pra­xis­taug­lich sei. Und um die Schi­zo­phre­nie noch etwas wei­ter zu trei­ben, haben CDU & FDP gleich ange­kün­digt, in den nächs­ten Jah­ren über eine dau­er­haf­te Rege­lung nach­zu­den­ken. Wel­che neue Erkennt­nis­se man da in den nächs­ten Mona­ten erwar­tet und war­um man da so viel nach­den­ken und ent­schei­den muss, erschließt sich mir ja nicht so recht und ver­rät die Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­ta­ges lei­der auch nicht …

Die Mit­tei­lung des Bun­des­ta­ges dazu im Wort­laut:

Gegen die Stim­men der Lin­ken bei Ent­hal­tung der Grü­nen hat der Bun­des­tag am 29. Novem­ber den Gesetz­ent­wurf von CDU/​CSU und FDP zur Ände­rung des Urhe­ber­rechts­ge­set­zes (17÷11317) auf Emp­feh­lung des Rechts­aus­schus­ses (17÷11699) ange­nom­men. Damit kön­nen urhe­ber­recht­lich geschütz­te Inhal­te zwei Jah­re län­ger, näm­lich bis Ende 2014, unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen einem abge­grenz­ten Per­so­nen­kreis für Unter­richts- und For­schungs­zwe­cke zugäng­lich gemacht wer­den, zum Bei­spiel, indem sie in das Intra­net von Schu­len oder Uni­ver­si­tä­ten ein­ge­stellt wer­den. Für das Ein­stel­len muss eine Ver­gü­tung an eine Ver­wer­tungs­ge­sell­schaft gezahlt wer­den. Die Koali­ti­on begrün­det die Ver­län­ge­rung die­ser Rege­lung um zwei Jah­re damit, dass in die­ser Zeit über den Inhalt einer end­gül­ti­gen, unbe­fris­te­ten Rege­lung ent­schie­den wer­den soll. Die Aus­wir­kun­gen der mehr­mals befris­te­ten Rege­lung in Para­graf 52a des Urhe­ber­rechts­ge­set­zes könn­ten in der Pra­xis noch nicht abschlie­ßend bewer­tet wer­den, heißt es zur Begrün­dung. Gegen das Votum der Oppo­si­ti­on lehn­te der Bun­des­tag einen Gesetz­ent­wurf der SPD (17÷10087) ab, der dar­auf abziel­te, die Rege­lung in Para­graf 52a nicht län­ger zu befris­ten, weil sie sich bewährt habe.

Musikalischer Weltentrost

Es war dann doch eini­ges mehr als „Trost für Trau­ern­de“: Ralf Otto und der Bach­chor trös­te­ten gleich die gan­ze Mensch­heit. Genau die rich­ti­ge Musik am Vor­abend des Ewig­keits­sonn­ta­ges also. Was auf dem Papier etwas selt­sam aus­sieht, funk­tio­niert in der Chris­tusk­ri­che jeden­falls so gut, dass man sich fragt, war­um noch nie­mand auf die Idee geko­men ist: Die Kom­bi­na­ti­on des Brahms­schen „Deut­schen Requi­em“ mit den „Can­ti di pri­gio­nia“ von Lui­gi Dal­la­pic­co­la.

Natür­lich ist das ein Bruch – aber ein frucht­ba­rer. Brahms, den man so oft hört, erfährt durch die 70 Jah­re jün­ge­re Musik des Ita­lie­ners eine neue Per­spek­ti­ve. Und umge­keht wer­den auch Dal­la­pic­co­las drei Gesän­ge für Chor und Schlag­werk anders wahr­ge­nom­men, wenn man sie mit­ten im rei­nen Wohl­klang von Brahms hört. Denn das war es natür­lich mal wie­der: Rei­ner Wohl­klang. Was ande­res ist bei Ralf Otto und dem Bach­chor nicht zu erwar­ten. Der Chor, noch ver­stärkt durch die jun­gen Stim­men der Cho­ris­ten der Main­zer Musik­hoch­schu­le, agiert klang­be­wusst wie immer . Aber auch klar und kon­zi­se , immer – selbst in den zurück­ge­nom­mens­ten, leis­tes­ten Pas­sa­gen, mit beein­dru­cken­der Prä­senz und Deut­lich­keit. Mög­lich war das vor allem, weil er nicht gegen ein Orches­ter ansin­gen muss: Denn Otto hat­te für die­ses Expe­ri­ment das „Deut­sche Requi­em“ in der Ver­si­on für zwei Kla­vie­re mit Pau­ke (die eini­ge unge­heu­er­lich ein­drucks­vol­le Ein­sät­ze hat) aus­ge­wählt – nicht, dass ein Orches­ter für den Mas­sen­chor ein Pro­blem gewe­sen wäre. So kön­nen die Sän­ger aber immer ent­spannt blei­ben, immer in – für einen Chor die­ser Grö­ße – sehr lei­sen bis mitt­le­ren Laut­stär­ken sin­gen. Das macht den Klang nicht nur locker, son­dern lässt offen­bar Kapi­zi­tä­ten frei, die der Klang­viel­falt und dem Aus­druck zu gute kom­men.

Otto sucht für sei­ne Inter­pre­ta­ti­on des Klas­si­kers sehr deut­li­che Posi­tio­nen, er baut die sie­ben Sät­ze alle um zen­tra­le Wor­te und Moti­ve her­um . Und er scheut die Sprei­zung nicht: Lang­sa­me Abschnitt dehnt er schon mal sehr deut­lich und gibt dafür an ande­ren Stel­len spür­bar Gas. Sei­ne Solis­ten, die Sopra­nis­tin Julia Klei­ter und der Bari­ton Jochen Kup­fer, unter­stüt­zen ihn damit mit viel Kraft.
Und war die­ses „Deut­sche Requi­em“ schon ein Lehr­bei­spiel für expres­si­ve Chor­mu­sik, so gilt das für Dal­la­pic­co­las „Can­ti“ noch stär­ker . 1939 im faschis­ti­schen Ita­li­en ent­stan­den, sind sie mit ihren Tex­ten berühm­ter Gefan­ge­ner – Maria Stuart, Boe­thi­us und Sav­vo­na­ro­la – und ihrer raf­fi­nier­ten Mischung tona­ler und zwölf­tö­ni­ger Tech­ni­ken ein frü­hes Exem­pel der enga­gier­ten Musik.

Und tat­säch­lich: Trost bie­tet die­se Musik, ob sie nun von Brahms oder Dal­la­pic­co­la stammt, nicht nur in ihren Tex­ten, son­dern auch in ihrem emo­tio­na­len Gehalt. Zumin­dest wenn man sie so raf­fi­niert und mit Mut zu kla­ren Kan­ten auf­führt wie Otto das kann. Trost, der aus dem Ver­trau­en geschöpft ist – in Gott und die Men­schen, in die Ewig­keit und eine (bes­se­re) Welt. Das kann man hören, in fast jeder Pas­sa­ge: Unver­rück­bar und unan­fecht­bar im Glau­ben, trotz aller Auf­ruhr und Anfech­tung vol­ler Gewiss­heit und Sicher­heit, kreist die­se gro­ße Aus­drucks­mu­sik immer wie­der um Trau­er und Trost. Man muss sie nur so wört­lich neh­men wie Ralf Otto.

(geschrie­ben für die main­zer rhein-zei­tung.)

abendlied

abend­lied, lago di como

herbst, wenn die kas­ta­ni­en die waf­fen ste­cken,
mor­gen­ster­ne rings­um ver­streut am boden
lie­gen. in den zwei­gen die vogel­bee­ren
 prah­len mit ihrem

gift. nun ruhen sie, all die angel­ha­ken
auf dem grund, die holz­boo­te in den schup­pen
wäh­rend sich die blät­ter in rauch ver­wan­deln,
 ruhen die vil­len

aus von ihrem prunk, und ein saum later­nen
trennt die pro­me­na­de vom see. die lee­re
auto­fäh­re trägt eine letz­te ladung
 licht übers was­ser.

— Jan Wag­ner, Aus­tra­li­en, 21

Taglied 25.12.2012

Lui­gi Dal­la­pic­co­la, Can­ti di Pri­gio­nia

Lui­gi Dal­la­pic­co­la: Can­ti di Pri­gio­nia (1938÷1941)

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Mitmenschen

Eugen Roth, Mitmenschen

Eugen Roth, Mit­men­schen (im Lyrik­ka­len­der)

– das kann man ein­fach mal so ste­hen las­sen …

Kaputt

Gebt mir ein Fahr­rad­teil – ich bin mir sicher, ich bekom­me es kaputt. Inzwi­schen habe ich wohl schon ein gan­zes Fahr­rad in Ein­zel­tei­len durch (obwohl, ein Sitz­rohr habe ich noch nie wech­seln müs­sen …). Der neu­es Erfolg: Das rech­te Pedal ist seit zwei Tagen eini­ge Gramm leich­ter. Die­ses Mal habe ich aber kei­ne Ahnung, wie­so – beim Los­fah­ren hat es ein biss­chen geklirrt und an der nächs­ten Ampel merk­te ich, was das war: Das Außen­teil des Pedals. Jetzt habe ich halt ein Kampf­rad, an des­sen schar­fen Kan­ten man sich Haut und Hosen noch bes­ser auf­rei­ßen kann …

Defektes Pedal

Ein Blick auf die Zer­stö­rung …

Defektes Pedal

Detail am defek­ten Pedal

und zum Ver­gleich:
Ganzes Pedal

So sieht das Pedal nor­ma­ler­wei­se aus …

Taglied 21.11.2012

Maur­cie Ravel, Bole­ro (klang­lich eine der schöns­ten Auf­nah­men die ich ken­ne …)

Ravel Bole­ro by Immer­seel, Ani­ma Eter­na – Part 1/​2 (2008)

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Ravel Bole­ro by Immer­seel, Ani­ma Eter­na – Part 2/​2 (2008)

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Taglied 20.11.2012

Micha­el Fin­nis­sy per­forms his own work, Autum­nal, for solo pia­no:


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Taglied 15.11.2012

Györ­gy Lige­ti, Lux aeter­na


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kann man übri­gens auch sehr schön bei „The Infi­ni­te Juke­boxanhö­ren

Taglied 14.11.2012

immer wie­der klas­se: Die Ham­let­ma­schi­ne der Ein­stür­zen­den Neu­bau­ten


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