Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: zweiter weltkrieg

Ins Netz gegangen (27.6.)

Ins Netz gegan­gen am 27.6.:

Aus-Lese #41

Wolf­gang Sof­sky: Weisen­fels. Berlin: Matthes & Seitz Berlin 2014. 236 Seit­en.

sofsky, weisenfels“Unab­d­ing­bare Erschüt­terung”, “ver­fal­l­ene Gemäuer”, “die Begeg­nung zweier Men­schen im Zen­it des Unter­gangs ein­er ver­lore­nen Welt” — der Umschlag­text hält sich nicht zurück. Dabei ist Weisen­fels eigentlich ein ziem­lich selt­samer Roman: Zwei (ehe­ma­lige) Fre­unde tre­f­fen sich im Fam­i­lien­sitz des einen, einem ver­fal­l­en­den Schloss, dass gefüllt ist mit Arte­fak­ten der abendländis­chen Kun­st- und Kul­turgeschichte — aber nicht mit Men­schen. Die bei­den wan­deln durch die Gemäuer und durch die Samm­lun­gen und durch die Erin­nerung an eine Welt oder eine Epoche, die nicht mehr ver­füg­bar ist — eine Unternehmung, die ganz fol­gerichtig nur mit dem Tod enden kann. Es war nicht so sehr der plot, der mir schw­er­fiel, son­dern die sehr selt­same Prosa, die Sof­sky hier pflegt. Das ist ein unen­twegtes Deklar­ien, Dozieren und Deklamieren, sowohl der Fig­uren als auch des Erzäh­lers. Über­haupt die Fig­uren, die sind auch sehr selt­sam — näm­lich eigentlich nur (noch) als Maske, als Rolle oder als Platzhal­ter präsent und damit untote Hüllen, leblose Über­reste ein­er einst lebendi­gen Welt (dem christlichen Abend­land, das mit sein­er Tra­di­tion und Bil­dung so gerne beschworen wird, aber schon lange nicht mehr lebendig ist …). Reli­gion und ihre Anziehungskraft, aber auch ihre Aus­prä­gun­gen, Prax­en und The­olo­gien spie­len eine große Rolle, vor allem aber ein ganz wörtlich genommenes Leben „in“ Kul­turen: Wenn hier über­haupt noch Leben ist, dann im Über­rest der Kul­tur, nicht aber in dem, was man Welt nen­nen möchte.

Der Ver­lust der Bil­dung und der Kul­tur ist sozusagen die Grundthese, von der aus dieser Text geschrieben ist. Der koket­tiert aber zugle­ich selb­st auf allen Ebe­nen und auf­dringlich per­ma­nent damit, mit dem Bil­dungswis­sen sein­er Pro­tag­o­nis­ten bzw. deren Erzäh­ler: Tabak, Whiskey, Renais­sance-Malerei, Kun­st­musik des 19. Jahrhun­derts, Lit­er­atur, Enzyk­lopädis­tik, Skulp­turen — alles ist hier da, präsent und wird erzählt. Man kön­nte auch sagen: Das ist lauter bedeu­tungss­chwan­geres Wis­sen-Gek­lin­gel … Denn die Idee ist schnell klar, eben­so schnell zeigen sich Län­gen im Text, der manch­mal recht zäh daherkommt. Denn auch ihm gelingt natür­lich nicht das, was im und mit dem Schloss ver­sucht wird: Der Ver­such, den ewigen Prozess des Zer­fal­l­ens und Ver­falls anzuhal­ten, den Ver­lust zu ver­mei­den: Deshalb das man­is­che Sam­meln und Rekon­stru­ieren ver­loren­er Bil­dungs- und Kul­turgüter — ein Ver­such, der nahezu zwangsläu­fig mit dem Ver­lust der Erin­nerun­gen, des Selb­st und des Lebens — also dem Tod — enden muss.

Bern­hard Stro­bel: Ein dün­ner Faden. Erzäh­lun­gen. Graz, Wien: Droschl 2015. 152 Seit­en.

bernhard strobel, ein dünner fadenMit dem “dün­nen Faden” kon­nte Stro­bel mich nicht so recht begeis­tern. “Schnörkel­lose Schilderun­gen des müh­sam unter­drück­ten Alp­traums im Häuschen im Grü­nen” ver­spricht der Schutzum­schlag. Das trifft die Erzäh­lun­gen auch ziem­lich genau, ver­schweigt aber, dass sie dabei eher fad herüberkom­men — unter anderem, weil das Muster schnell erkan­nt ist: Es geht um ein­brechende Gefahren, Dro­hung, Andro­hun­gen und Stre­it. Immer wieder wird der All­t­ag durch ein plöt­zlich über die Pro­tag­o­nis­ten her­brechen­des Unheil, ein Unglück und Tragik, in der Real­ität des Fig­uren­lebens oder auch nur in Gedanken, Träu­men und Ahnun­gen, unter­brochen. Das beson­dere bei Stro­bel ist dabei, dass ger­ade die Momente der Erwartung des Unheils, das spür­bare, aber (noch) nicht zu benen­nende (und damit auch nicht zu hegende) Brodeln unter der Ober­fläche des gewön­lichen All­t­ags eine große Rolle spielt. Vieles ist und bleibt dabei auf­fal­l­end unspez­i­fisch — nicht nur Ort, Raum und Zeit, son­dern vor allem die Fig­uren selb­st. Das kann man natür­lich aus dem erzählten Geschehen — etwa dem Nebeneinan­der­leben der Paare, der aus­gestell­ten Nicht-Kom­mu­nika­tion — motivieren. Das wird auch dementsprechend ganz unauf­fäl­lig erzählt, in unmarkiertem Stil und unmarkiert­er Form. Lauter Nor­mal­ität — oder eben lei­der oft: Mit­tel­maß — also. Klar, der “müh­sam unter­drück­te Alp­traum” ist da: unter den Ober­flächen brodelt es gewaltig. Aber der Text ver­rät das kaum, seine „schnörkel­lose Schilderun­gen“ bleiben selb­st schreck­lich ober­fläch­lich und vom Geschehen oder dessen Ahnung und Ankündi­gung gän­zlich unberührt. Wofür dann die Stil­verk­nap­pung, die kün­stliche Kun­st­losigkeit gut ist, erschließt sich mir also nicht wirk­lich. Alles in allem überzeu­gen mich diese Erzäh­lun­gen also lei­der über­haupt nicht.

Die Sprache. Sie ist ein unzure­ichen­des Hil­f­s­mit­tel, und sie ist das einzige Hil­f­s­mit­tel. Ein schönes Dilem­ma. (131)

Peter Neu­mann: geheuer. Dres­den: edi­tion azur 2014. 88 Seit­en.

neumann, geheuerEine mar­itime Gedicht­samm­lung. Das Meer mit sein­er Bewe­gung, der Gren­ze zwis­chen Land und Wass­er, der (möglichen) Fremde und den unbe­herrscht­en und unbe­herrschbaren Gewal­ten spielt hier — der Titel weist darauf hin und das Titel“bild” unter­stützt das noch — eine große Rolle. Sind das also Naturgedichte? Nun­ja, Natur taucht hier eher und vor­rangig als Impuls für Wahrnehmung des Men­schen und für Poe­sie auf, sie ste­ht nicht für sich selb­st und wird auch nicht so wahrgenom­men und beschrieben. Neu­manns Gedichte eröff­nen oft und gerne einen großen Raum (der Imag­i­na­tion), ohne den auch nur annäherungsweise auszu­loten und ohne das auch über­haupt zu wollen. Gewis­ser­maßen wird eine Tür geöffnet, der Blick des Lesers in den Raum gewiesen — und dann alleine gelassen. Schön gemacht und deut­lich zeigt das Gedicht “bud­delschiff” dieses Ver­fahren:

das gefühl ein­er lan­gen reise
aufgeklappte mas­ten
und take­lage, das englis­che

schiff­s­tau zum reißen ges­pan­nt
der wind humpelt
auf eingeschlafe­nen beinen

durch die schmale öff­nung
im flaschen­hals
flaut ab, ein helles pfeifen (55)

Typ­isch für Neu­manns Gedichte ist außer­dem ihre Kürze. Immer wieder sind sie durch das Anreißen von solchen Augen­blick­en der (erken­nt­nishaften) Wahrnehmung, die dann aber nicht weit­erge­führt und aus­gear­beit­et wird, gekennze­ich­net. Sel­ten sind sie länger als 10/12 Verse. For­mal scheinen sie mir vor allem dem Fließen, dem Flow verpflichtet, ohne erkennbare Regel­haftigkeit. Die Gedichte ste­hen zwar gerne in Grup­pen von drei Versen, aber einen Grund erkenne ich dafür nicht …

Durch die inhaltliche und for­male Kürze — wenn man das mal so nen­nen mag — kommt es manch­mal zur Über­fülle der visuellen und sprach­lichen Bilder, die ange­häuft, nebeinan­der geset­zt wer­den, aber im Text kaum beziehun­gen zueinan­der haben — außer eben dem vor allem als (aus­ges­parten) aus­lösenden Moment der Erin­nerung an ein Gefühl, eine Empfind­ung, eine beobach­t­ende Wahrnehmung. Das (fast) rein bildliche Sprechen wirkt dabei für mich etwas über­sät­ti­gend — man darf wohl nicht zu viel am Stück lesen, dann wird die kun­stvolle Schön­heit dieser Gedichte schnell etwas schal. Aber es lohnt sich, immer wieder zurück zu kom­men.

Jörg Döring, Felix Römer, Rolf Seu­bert: Alfred Ander­sch desertiert. Fah­nen­flucht und Lit­er­atur (1944–1952). Berlin: Ver­brech­er 2015. 277 Seit­en.

drews/römer/seubert, alfred andersch desertiertEine schöne Gemein­schaft­sar­beit ist dieses Buch über Alfred Ander­sch, seine let­zten Tage als Sol­dat im Zweit­en Weltkrieg, seine Gefan­gen­schaft und vor allem die lit­er­arische — oder eben auto­bi­ographis­che? — Ver­ar­beitung dessen in mehreren Anläufen in der Nachkriegszeit, mit der sich Ander­sch auch und ger­ade im öffentlichen Diskurs sehr ein­deutig und nach­haltig posi­tion­ierte. Eine Arbeit des biographis­ches Forschens also. Aber nur bed­ingt biographisch, denn die drei Autoren beto­nen wieder­holt, dass es nicht primär darum geht, die biographis­che Dimen­sion fik­tionaler Texte in den Blick zu nehmen (das wäre ja auch unsin­ning und wenig hil­fre­ich), son­dern darum, die spez­i­fis­che Sit­u­a­tion von Deser­tion, Kriegsende und Nachkriegszeit bzw. vor allem ihre Deu­tung in der Ret­ro­spek­tive zu unter­suchen. Da Ander­sch die auto­bi­ographis­che Dimen­sion der “Kirschen der Frei­heit” stark forciert — und damit in der Lek­türe und Diskus­sion des Textes auch erfol­re­ich ist -, lässt sich das vertreten. Zumal die drei Autoren aus Ger­man­is­tik und Geschichtswis­senschaft sich mit weit(er)gehenden Deu­tun­gen und Speku­la­tio­nen zurück­hal­ten, son­dern einen starken Fokus auf die Rekon­struk­tion der Ereignisse um Alfred Ander­sch im Krieg in Ital­ien, um die (Möglichkeit der) Nieder­schrift und lit­er­arischen Bear­beitung solch­er Erleb­nisse in der Nachkriegszeit richt­en. Das ist, auch wenn ich mich für Ander­sch nur am Rande inter­essiere, ger­ade in der Vere­ini­gung ver­schieden­er fach­lich­er Per­spek­tiv­en, sehr inter­es­sant und auf­schlussre­ich — und trotz der teil­weise sehr akribis­chen Aufar­beitung der mil­itärhis­torischen und werk­strate­gis­chen Zusam­men­hänge auch sehr gut — zu lesen.

Jules Renard: Das Leben wird über­schätzt.Berlin: Matthes & Seitz 2015. 72 Seit­en.

renard, das leben wird überschätztDiese ganz kleine — aber auch aus­ge­sprochen feine — Auswahl aus dem “Jour­nal” Jules Renards hat der inzwis­chen lei­der ver­stor­bene Hen­ning Rit­ter besorgt und auch selb­st über­set­zt, der Ver­lag Matthes & Seitz hat sie in sein­er über­aus empfehlenswerten Rei­he “Fröh­liche Wis­senschaft” nun veröf­fentlicht. Das hier vorgelegte ist zwar chro­nol­o­gisch — von 1890 bis 1910 — an- und zuge­ord­net, aber den­noch kein eigentlich­es Tage­buch, son­dern eher eine Notate-Samm­lung (Rit­ter selb­st hat sein ähn­lich­es Unternehmen “Notizhefte” genan­nt). Man kön­nte auch sagen: Das sind Extrem-Apho­ris­men. (Zu über­legen wäre freilich, ob das im Orig­i­nal auch so ist, oder ob das erst durch die darauf abzie­lende Auswahl des Her­aus­ge­bers so erscheint.) Denn was Rit­ter aus­gewählt hat und hier veröf­fentlicht wird, das sind lauter kleine und knack­ige, tre­f­fende und totale Sätze. Das hat natür­lich immer wieder ein Hang zum Apodik­tis­chen, beruht aber ander­er­seits auf ein­er genauen Beobach­tung der Welt und ihrer Kun­st, die sich mit ein­er aus­ge­feil­ten Präzi­sion der genauesten For­mulierung paart.

Ich denke nicht nach: Ich schaue hin und lasse die Dinge meine Augen berühren. (13)

Oft geht es in den Miniatur-Ein­trä­gen um die Lit­er­atur, noch mehr um das Schreiben an sich, aber auch um die Felder der Kri­tik und des Jour­nal­is­mus — lauter Zeit­losigkeit­en also. Das Ich, sein selb­st und seine Tugen­den wird dabei genau­so unbarmherzig und oft hart beobachtet wie die anderen um ihn und um die Jahrhun­der­twende herum. Da kann ich sehr viel Zus­tim­mungs­fähiges find­en — man nickt dann beim Lesen immer so schön mit dem Kopf … -, auch pointiert Über­raschen­des, aber auch Fraglich­es. Ger­ade in sein­er Hal­tung zur Welt, die vor allem aus sein­er Abso­lu­tierung sein­er Indi­vid­u­al­ität resul­tiert, sehe ich nicht nur Vor­bild­haftes.

Das Recht eines Kri­ti­kers ist es, seine Grund­sätze einen nach dem ande­ren zu ver­leug­nen, seine Pflicht ist es, keine Über­zeu­gung zu haben. (5)
Was ist das Leben, wenn es nur mit Augen gese­hen wird, die nicht Augen von Dichtern sind? (22)

außer­dem unter anderem gele­sen:

  • Alexan­der Osang: Im näch­sten Leben. Reporta­gen und Porträts. Berlin: Ch. Links 2010. 254 Seit­en
  • Hein­rich Deter­ing: Vom Zählen der Sil­ben. Über das lyrische Handw­erk. München: Stiftung Lyrik Kabi­nett 2009. 28 Seit­en.
  • Hans-Wern­er Richter: Die Geschla­ge­nen. München: Kurt Desch 1949. 459 Seit­en.
  • Siri Hustvedt: The Blaz­ing World. Lon­don: Scep­tre 2014. 379 Seit­en.
  • Jür­gen Kaube: Im Reformhaus. Zur Krise des Bil­dungssys­tems. Springe: zu Klam­p­en 2015 (Zu Klam­p­en Essay). 174 Seit­en.
  • Isabel­la Straub: Das Fest des Win­drads. Berlin: Blu­men­bar 2015. 348 Seit­en.
  • Daniel Mar­tin Feige: Philoso­phie des Jazz. Berlin: Suhrkamp 2014. 142 Seit­en.
  • Thomas Heck­en: Avant­garde und Ter­ror­is­mus. Rhetorik der Inten­sität und Pro­gramme der Revolte von den Futur­is­ten bis zur RAF. Biele­feld: Tran­script 2006. 158 Seit­en.
  • Har­ald Welz­er, Dana Giesecke, Luise Tremel (Hrsg.): FUTURZWEI Zukun­ft­salmanach 2015/16. Geschicht­en vom guten Umgang mit der Welt. Schw­er­punkt Mate­r­i­al. Frank­furt am Main: Fis­ch­er 2014. 544 Seit­en.
  • Ben­jamin Stein: Ein anderes Blau. Prosa für 7 Stim­men. Berlin: Ver­brech­er 2015. 107 Seit­en.

Ins Netz gegangen (19.5.)

Ins Netz gegan­gen am 19.5.:

  • Eurokrise: “Es gibt keine ein­deuti­gen Geg­n­er” | ZEIT ONLINE — joseph vogl im gespräch mit der “zeit”:

    Ein­er­seits hat es ein gewaltiges Umverteilung­spro­gramm gegeben, bei dem pri­vate Schuld­ner – also vor allem die hoch ver­schulde­ten Großbanken – mith­il­fe öffentlich­er Gelder saniert wur­den. Ander­er­seits hat man mit der Restau­ra­tion des Finanzsys­tems auch das alte Schla­mas­sel der Zeit vor 2008 wieder her­bei­fi­nanziert: Es herrschen heute wieder die gle­ichen Risiko­la­gen, die gle­iche Insta­bil­ität an den Finanzmärk­ten. Para­dox­er­weise entste­ht diese neue Unsicher­heit eben genau durch die Maß­nah­men, also das Auss­chüt­ten von viel Geld, mit denen die Krise bekämpft wer­den sollte. Was sich in dieser Zeit hinge­gen tat­säch­lich verän­dert hat, ist die Art und Weise, wie wir regiert wer­den. […] Wir erleben also ger­ade ein finanzpoli­tis­ches Dou­blebind: Ein­er­seits gibt die herrschende Dog­matik vor, dass das Wirtschaftswach­s­tum nur mit Investi­tio­nen und neuem bil­ligem Geld zu erre­ichen ist. Ander­er­seits erhöht das gle­iche bil­lige Geld die Risikoan­fäl­ligkeit auf den Märk­ten. Dieses Dilem­ma kennze­ich­net also an einem Punkt ihre Macht und gle­ichzeit­ig ihre struk­turelle Ohn­macht.

    — er sagt noch einiges mehr, was das inter­view sehr lesenswert macht. und sehr beze­ich­nend ist, dass solche eigentlich emi­nent ökonomis­chen (und poli­tis­chen) beobach­tun­gen ger­ade ein kul­tur­wis­senschaftler machen muss — die “fach­leute” scheinen da (zumin­d­est in der deutschen öffentlichkeit) keine posi­tion und/oder stimme zu find­en …

  • Wolf­gang Ull­rich: „Urhe­ber­rechte für die sozialen Net­zw­erke gän­zlich sus­pendieren“ – iRights.info — der kun­sthis­torik­er wolf­gang ull­rich im inter­view mit irights über kun­st, inter­net, jus­tiz, das urhe­ber­recht — und tech­noviking

    Das Urhe­ber­recht denkt auch in den sozialen Net­zw­erken viel zu sehr vom klas­sis­chen Werk­be­griff her und nicht vom Ort, an dem etwas stat­tfind­et. Und da sehe ich die Par­al­le­len zur Prob­lematik in der Kun­st. Wer etwas in die Social Media platziert, gibt es frei – und die Welt kann damit machen, was sie will. Aber in den meis­ten Fällen macht die Welt gar nichts damit. Ab und zu passiert dann doch etwas, es entste­ht gar ein Mem.[…] Mein­er Mei­n­ung nach hinkt bei etlichen Urteilen die Recht­sprechung der Kun­st­prax­is um zwei bis drei Jahrzehnte hin­ter­her. Und das ist auch beim Tech­noviking der Fall.

  • Wehrma­cht: Die vergesse­nen Sol­datin­nen | ZEIT ONLINE — die his­torik­erin karen hage­mann erin­nert an die rolle der frauen im zweit­en weltkrieg

    Nicht nur in der pop­ulären Erin­nerung wurde das Aus­maß der mil­itärischen Krieg­sun­ter­stützung von Frauen lange vergessen, selb­st in der umfan­gre­ichen Geschichtss­chrei­bung zum Zweit­en Weltkrieg wer­den Frauen zumeist nur als Arbei­t­erin­nen in der Kriegsin­dus­trie oder Kranken­schwest­ern porträtiert. Dies ist um so bemerkenswert­er, als wir heute auf fast dreißig Jahre Forschung zum The­ma Geschlecht, Mil­itär und Krieg zurück­blick­en kön­nen und die Ära der Weltkriege zu den am besten erforscht­en Peri­o­den über­haupt gehört. Dieser Befund gilt nicht nur für die deutsche, son­dern ähn­lich auch für die inter­na­tionale Geschichtswis­senschaft. Wie ist die Ver­drän­gung zu erk­lären? Warum fällt es vie­len offen­bar noch heute so schw­er, sich Frauen als Sol­datin­nen vorzustellen?
    Ein Grund hier­für dürfte die Bedeu­tung sein, die dem Recht, im Dien­ste des Staates oder ein­er anderen höheren Macht Waf­fen tra­gen und töten zu dür­fen – oder im Kriegs­fall zu müssen – für die Markierung der Geschlech­ter­dif­feren­zen zukommt. Seit der Antike ist dieses Recht männlich kon­notiert. Die kom­ple­men­täre Rolle der Frauen bestand bis ins frühe 20. Jahrhun­dert hinein vor allem darin, Män­ner zum Kampf zu motivieren, Ver­wun­dete zu pfle­gen und Gefal­l­ene zu betrauern. […]Teil der Demo­bil­isierung in der Nachkriegszeit war in allen kriegs­beteiligten Staat­en eine Poli­tik, die die Vorkriegs­geschlechterord­nung und damit die soziale Sta­bil­ität wieder­her­stellen sollte. Frauen wur­den aus den Armeen ent­lassen und mussten ihre während des Krieges ein­genomme­nen Arbeit­splätze in Indus­trie, Han­del und Ver­wal­tung für die heimkehren­den Vet­er­a­nen frei machen, die wieder alleinige Fam­i­lienernährer wer­den soll­ten. Die 1950er Jahren mit ihrem Wirtschaftswun­der wur­den in West­deutsch­land und anderen Län­dern Wes­teu­ropas dank ein­er entsprechen­den Fam­i­lien­poli­tik zum “gold­e­nen Zeital­ter” des Mod­ells der “Alleinverdiener-Hausfrau”-Familie.

  • Stradi­varis Cel­lo: Oh, Mara! | ZEIT ONLINE — car­olin pirich über eines der berühmtesten cel­los aus der stradi­vari-werk­statt und seinen momen­tan­ten besitzer, chris­t­ian poltéra:

    “Das Mara zu spie­len ist wie mit der Stimme eines anderen zu sprechen”, sagt der neue Part­ner des Mara. “Das dauert ein, zwei Jahre, bis es nach mir klingt.”

  • Social Media: Das Netz bist du! | ZEIT ONLINE — kil­ian troti­er porträtiert den britis­chen anthro­polo­gen daniel miller (und seine forschung), der weltweit die nutzung sozialer net­zw­erke erforscht und schon mal eines fest­gestellt hat: die regionalen nutzung­sun­ter­schiede sind gewaltig.
  • Eine Lanze für bloggende Studierende: Patrick Bah­n­ers zur Causa Mün­kler-Watch | Redak­tions­blog — patrick bah­n­ers legt dar, warum es nicht ganz so abstrus, unver­schämt und ohne vor­bild ist, als bloggende studierende mit einem kri­tis­chen blog anonym bleiben zu wollen. und macht neben­bei eine inter­es­sante anmerkung:

    Heikel für Mün­kler ist, dass einige der ihm zugeschriebe­nen Ein­las­sun­gen, die ihn in keinem guten Licht daste­hen lassen, für Leute, die ihn ken­nen, einen nur allzu glaub­würdi­gen Sound haben.

  • Nachruf auf Odo Mar­quard — Mit Witz zum Denken anre­gen — ein Nachruf auf den Philosophen Odo Mar­quard beim deutsch­landra­dio
  • Gewalt | Schmalenstroer.net — michael schmalen­stroer bringt auf den punkt, warum man bei der darstel­lung von gewalt­täti­gen momenten der geschichte manch­mal sich ein­er sehr krassen sprache (und/oder bilder) bedi­enen muss:

    Wenn Dig­i­tal­Past also bru­tal ist, dann beschw­ert euch bei euren Großel­tern. Weil die bru­tal waren.

  • Streik: Hur­ra, Deutsch­land liegt lahm | ZEIT ONLINE — sehr guter kom­men­tar zum streiken in deutschlnd, unter anderem mit diesem schö­nen und lei­der so abso­lut zutr­e­f­fend­en satz: »Die SPD agiert momen­tan also unge­fähr so sozialdemokratisch wie Ayn Rand beim Rest­posten­verkauf.«
  • The Opera Plat­form — schöne ini­tia­tive:

    Die Opern­plat­tform ist eine Part­ner­schaft zwis­chen Opera Europa, einem 155 Opern und Fest­spiele umfassenden Net­zw­erk, dem Kul­tursender ARTE und 15 Opern­häusern aus ganz Europa. Sie wird vom Pro­gramm Kreatives Europa der Europäis­chen Kom­mis­sion unter­stützt und ist für alle Beiträge offen, die Oper einem bre­it­eren Pub­likum zugänglich machen wollen.

  • Bahn-Streik: Danke, Claus Wesel­sky! — Aug­stein-Kolumne — SPIEGEL ONLINE — sehr richtiger kom­men­tar von jakob aug­stein zur rel­e­vanz des gdl-streiks & warum die deutschen der gdl danken soll­ten

Ins Netz gegangen (7.5.)

Ins Netz gegan­gen am 7.5.:

  • Volks­banken: Meine Bank ist krank | ZEIT ONLINE — heinz-roger dohms hat eine (sehr) kleine und nicht sehr prof­itable genoss­es­nchafts­bank besucht und berichtet von deren stel­lung prob­leme wohltuend unaufgeregt und ohne große lösun­gen …
  • His­torik­er über Erin­nerungskul­tur: „Mar­tin Luther als Spielfig­ur“ — taz.de — der his­torik­er valentin groeb­n­er im gespräch mit jan fed­der­sen über erin­nerung, gedenken und den zusam­men­hang von ver­gan­gen­heit, geschichte und gegen­wart

    His­torische Jubiläen haben ziem­lich viel mit Heils­geschichte zu tun, mit kollek­tiv­en Erlö­sungswün­schen plus Sin­nange­bot.[…] Wie viel Platz für Über­raschen­des kann denn in den kollek­tiv­en Insze­nierun­gen von Gedenken sein? 2017 ist Luther-Jubiläum – dann wird es ähn­lich sein. Ein biss­chen zuge­spitzt for­muliert: Das Ver­hält­nis zur Ver­gan­gen­heit wird über Gebets­ge­mein­schaften organ­isiert.

  • Der 8. Mai 1945 – Tag der Befreiung? | res­o­nanz­bo­den — huber­tus knabe find­et die beze­ich­nung “tag der befreiu­ung” für den 8./9. mai 1945 unpassend und schlägt eine zurück­hal­tendere, bit­terere lesart der erin­nerung an das kriegsende vor

    Die Deutschen tun gut daran, sich von solch­er Mythen­bil­dung fernzuhal­ten. Für sie sollte der 8. Mai vor allem ein Tag der Scham und der Trauer sein. Über 50 Mil­lio­nen Men­schen kamen durch die Poli­tik der dama­li­gen deutschen Regierung ums Leben – eine Last, die zu ein­er dif­feren­zierten und real­is­tis­chen Sicht der Geschichte verpflichtet.

  • Varo­ufakis ben­immt sich echt unmöglich (behaupten anonyme Quellen)… | misik.at — robert misik legt sehr schön dar, wie ungesichert und gefährlich die ange­blichen infor­ma­tio­nen der medi­en aus der poli­tik, ins­beson­dere der brüs­sel­er, sein kön­nen:

    Wenn aber der immer gle­iche Spin aus den offen­bar immer gle­ichen “anony­men” Quellen kommt, dann sollte Ihnen als Leser klar sein, dass hier Jour­nal­is­ten vorsät­zlich instru­men­tal­isiert wer­den, um eine “Sto­ry­line” unter die Leute zu brin­gen.

  • Mak­ing the Right Choic­es: A John Cage Cen­ten­ni­al Cel­e­bra­tion — videos von john-cage-werken — schön gemachte seite von michael tilson thomas & new world sym­pho­ny
  • Plat­ten aus dem Plat­ten­bau — taz.de — andreas hart­mann hat für die taz das kleine, aber sehr feine (vor allem, wenn man auf abge­fahrene musik so abfährt wie ich …) plat­ten­la­bel karl­records ent­deckt

    Karl ist eines dieser vie­len kleinen, aber feinen Labels, die es weltweit gibt und die nach der Krise der Musikin­dus­trie durch die Dig­i­tal­isierung in den nuller Jahren in ein­er Nis­che blühen und gedei­hen — wegen des über­raschen­den Vinyl-Revivals.

    (ich bin aber immer froh, dass die ihre sachen nicht nur auf vinyl, son­dern auch dig­i­tal — bei band­camp — anbi­eten)

  • Die Neuzeit und die Kul­tur der Unruhe: Das Gesumm der men­schlichen Dinge — NZZ.ch — ralf kon­ers­mann über die “ent­deck­ung” der unruhe und ihre beschrei­bung und analyse durch blaise pas­cal

    Das Neue der Neuzeit war die Bejahung der Unruhe, nicht jedoch das Empfind­en der Unruhe selb­st.

  • Dig­i­tale Agen­da der Bun­desregierung — Bös­es Netz — Chris­t­ian Heise vom Cen­tre for Dig­i­tal Cul­tures der Leuphana Uni­ver­sität in Lüneb­urg kom­men­tiert in der süd­deutschen zeitung das totalver­sagen der bun­de­spoli­tik bei dig­i­tal­en und net­zpolit. the­men:

    Die Net­zpoli­tik der schwarz-roten Koali­tion ist ein Witz. Sie ist gekennze­ich­net durch fehlen­den Sachver­stand und eine grundle­gende Abwehrhal­tung gegenüber der Dig­i­tal­isierung. Statt Pri­or­itäten zu deren Aus­bau zu definieren, konzen­tri­ert sich die Bun­desregierung darauf, die Poten­ziale des Dig­i­tal­en zur Kon­trolle und zur Überwachung der Bürg­er zu nutzen.

    — auch der rest ist pointiert, tre­f­fend und sehr lesenswert!

  • Zum Ver­ständ­nis | Postkul­tur — jan kuhlbrodt:

    Ich ver­steh nicht, was mit Ver­ste­hen gemeint sein soll. […] Ver­ste­hen im ästhetis­chen Sinne aber, wäre die Offen­heit der Kunst­werke auszuhal­ten, und ihre Ver­weigerung, sich in einem instru­mentellen Sinn über­set­zen zu lassen, dass heißt, sich erset­zen zu lassen durch Hand­lung oder Aus­sage.

    — ich glaube, dass “wäre” sollte durch ein “ist” erset­zt wer­den …

  • Spi­onage: Der BND, ein gefährlich­er Staat im Staat | ZEIT ONLINE — kai bier­mann sehr pointiert zur neuesten wen­dung im spi­onage-skan­dal (kann man das eigentlich noch so nen­nen?)

    Der Fall zeigt, wie krank das Geschäft der Geheim­di­en­ste ist. Er zeigt, wie ver­schoben deren moralis­che und rechtliche Maßstäbe sind. Sehen­den Auges nahm der BND hin, dass ihn die NSA dazu miss­braucht, Unternehmen, Behör­den und Poli­tik­er in Europa auszus­pähen. Ein Pakt mit dem Teufel, dem zuges­timmt wurde, weil man glaubte, ihn kon­trol­lieren und vor allem davon prof­i­tieren zu kön­nen.
    Aber wenn jed­er jeden betrügt und aus­trickst, wo bleiben dann Recht und Gesetz? Richtig, auf der Strecke. Kein­er der Beteiligten scherte sich darum, nie­mand inter­essierte sich für Grun­drechte der Bürg­er, auch das wurde in den Befra­gun­gen im Unter­suchungsauss­chuss klar. […] Wenn nicht ein­mal die Regierung ihre Spi­one im Griff hat, dann hat nie­mand sie im Griff.

  • Angesichts der von #Lidl proklamierten… — Bäck­erei Richter, Kub­schütz — eine schöne reak­tion eines bäck­er­meis­ters als reak­tion auf die ziem­lich bescheuerte (und die einkaufend­en ver­arschende) wer­bekam­pagne von lidl

Ins Netz gegangen (23.4.)

Ins Netz gegan­gen am 23.4.:

  • Bis­lang unveröf­fentlichte Wehrma­cht­sak­ten jet­zt online zugänglich — das dhi moskau und das zen­tralarchiv des russ. vertei­di­gungsmin­steri­ums haben bish­er unveröf­fentlichte wehrma­cht­sak­ten dig­i­tal­isiert und stellen sie (in kürze) online zur ver­fü­gung

    Der Bestand der deutschen Doku­mente im Zen­tralarchiv des Vertei­di­gungsmin­is­teri­ums umfasst ca. 28.000 Akten und ist ins­ge­samt in 50 Find­büch­er gegliedert. Nach dem Abschluss der ersten Pro­jek­t­phase wer­den am 29. April 2015 die für die Forschung beson­ders wichti­gen Unter­la­gen des Oberkom­man­dos der Wehrma­cht (271 Akten) und des Heeres (988 Akten) sowie der Heeres­gruppe Mitte (852 Akten) weit­ge­hend online zugänglich gemacht. Ausgenom­men sind bis­lang groß­for­matige Karten, deren Dig­i­tal­isierung beson­ders aufwändi­ge Tech­nolo­gien erfordert. In ein­er zweit­en Pro­jek­t­phase fol­gen in Kürze die Bestände der Heeres­gruppe „Weich­sel“ (54 Akten), des Amts Ausland/Abwehr im OKW (52 Akten), der Waf­fen-SS und Polizei (120 Akten) sowie Beutedoku­mente der Aufk­lärungsver­wal­tung beim Gen­er­al­stab der Roten Armee –GRU (332 Akten).

  • Bun­desnachrich­t­en­di­enst: Neue NSA-Affäre erschüt­tert BND — SPIEGEL ONLINE — Überwachung: Neue Spi­onageaf­färe erschüt­tert BND (und mich auch …)
  • We Can’t Let John Deere Destroy the Very Idea of Own­er­ship | WIRED — wenn urhe­ber­schutz (und so etwas wie soft­ware-patente …) wild laufen, freuen sich konz­erte — denn dann kommt so etwas her­aus:

    John Deere and Gen­er­al Motors want to evis­cer­ate the notion of own­er­ship. Sure, we pay for their vehi­cles. But we don’t own them. Not accord­ing to their cor­po­rate lawyers, any­way

  • 31 The­o­riean­sätze: Woran erken­nt man ein Gedicht? — NZZ — der ver­leger jochen jung (von jung & jung) hat 31 “the­o­riean­säatze” (man kön­nte sie auch the­sen nen­nen) über das wesen von gedicht­en notiert:

    Gedichte strahlen in ihrer Her­rlichkeit, sie kön­nen blenden (aber nicht blind machen). Bisweilen sind sie auch Blender.

  • Jour­nal­is­mus als Katas­tro­phe | Lesen was klüger macht — eine erk­lärende abrech­nung mit dem zus­tand des jour­nal­is­mus heute von georg seeßlen

    Einen Unter­schied zwis­chen „Qual­ität­sjour­nal­is­mus“ und Boule­vard kann es dann nicht mehr geben, wenn alle Nachricht­en­me­di­en ein­er­seits aus den gle­ichen Inter­essen und den gle­ichen Quellen entste­hen, und wenn sie ander­er­seits alle an die gle­ichen Kun­den (Anzeigen auf der einen, Leute die Kaufen, ein­schal­ten, klick­en usw. auf der anderen) wollen, wenn sie Down­graden von Niveau und Respekt als Über­lebensstrate­gie recht­fer­ti­gen. Dabei wer­den die Tricks der Nachricht­en­erzeu­gung aus mehr oder weniger nichts immer selb­stzer­störerisch­er.[…] Kann denen mal vielle­icht jemand sagen, dass die Unter­schei­dung zwis­chen gutem und schlechtem Jour­nal­is­mus nicht darin liegen kann, dass man let­zte Gren­zen der Nieder­tra­cht über­schre­it­et oder nicht, son­dern darin, dass man seine Arbeit und seinen Auf­trag grund­sät­zlich anders ver­ste­ht?

  • Auf Kante gepresst — Warum der Vinyl-Hype die Schallplat­te kaputtmacht | Das Fil­ter — inter­es­sante ein­blicke in die schwierigkeit­en, die es mit sich bringt, ein “ver­al­tetes” medi­um wie die schallplat­te weit­er zu pro­duzieren — v.a. die prob­leme, die fehlen­der neubau von pro­duk­tion­s­maschi­nen und ‑werkzeug verur­sachen (von der frage nach mate­r­i­al für zwis­chen­stufen ganz abge­se­hen) …

Ins Netz gegangen (7.11.)

Ins Netz gegan­gen am 7.11.:

  • The war diaries of Dieter Finzen in both world wars: Ende — Das Tage­buch von Dieter Finzen aus dem Ersten und Zweit­en Weltkrieg ist voll­ständig online — mit dem 23. Okto­ber 1940 enden die Ein­tra­gun­gen, und damit ist auch das Blog mit den zeit­ver­set­zten Veröf­fentlichun­gen sein­er Tage­sein­träge zu einem Ende gekom­men. Span­nend ist die Lek­türe trotz­dem …
  • Twit­ter / usmanm: This is a ship-ship­ping ship, … — total ver­rückt: RT @usmanm: This is a ship-ship­ping ship, ship­ping ship­ping ships.
  • Bedeu­tungsver­lust des „Spiegel“: Genug der Dick­hodigkeit — taz.de — Daran liegt es also — die taz hat den Grund für die Mis­ere des Spiegels gefun­den:

    die Anzahl der Romane, die mit­tler­weile von Spiegel-Redak­teuren neben ihrem Job ver­fasst wer­den, kor­re­liert auf­fäl­lig mit dem Qual­itätsver­lust im Blatt.

  • BMW i3: Car­shar­ing bes­timmt das Aut­o­fahren von mor­gen — SPIEGEL ONLINE — Mar­gret Hucko inter­viewt für den Spiegel den Verkehrs­plan­er Kon­rad Roth­fuchs, der halb­wegs opti­mistisch ist, dass die Sit­u­a­tion in den Städten sich in näch­ster Zeit doch allmäh­lich ändern wird — nicht so sehr aus ökol­o­gis­chen oder ökonomis­chen Grün­den, son­dern weil Zeit und Raum knap­per wer­den:

    aber schauen Sie mal mit welch­er Selb­stver­ständlichkeit die Autos die Straßen dominieren. Es ist ja nicht nur Raum weg. Autos stellen ein großes Unsicher­heit­sprob­lem dar
    […] Die derzeit noch rel­a­tiv hohe Durch­schnitts­geschwindigkeit in deutschen Städten sinkt weit­er kon­tinuier­lich. Damit wird ein Umstieg oder ein Rückschritt aufs Auto eher unwahrschein­lich. Weniger der ökol­o­gis­che Gedanke ver­an­lasst uns, Bus und Bahn zu nehmen. Vielmehr zählt der Fak­tor Zeit. […] Dem öffentlichen Nahverkehr gehört die Zukun­ft.

  • Alter Affe Männlichkeit — Mann kön­nte ja mal … — dieStandard.at › All­t­ag — Nils Pick­ert arbeit­et sich an den Maskulin­is­ten — hier v.a. Leon de Win­ter — ab (lei­der mal wieder aus aktuellem Anlass):

    Eigentlich hat der alte Affe Männlichkeit nur Angst. Wenn er ein Mann wäre, wüsste er, dass das in Ord­nung ist. Aber so wird er manch­mal ziem­lich fies. Dann sagt er Sachen wie “Fem­i­nis­mus ist has­ser­füllt und ver­has­st – lasst ihn uns töten!” und merkt nicht ein­mal, wie sehr er sich damit ent­larvt. Denn spätestens dann weiß man ganz genau, wie man mit ihm umzuge­hen hat: Gib dem Affen keinen Zucker!/

  • Liege­fahrräder aus Krif­tel: Am Anfang ging das Licht aus — Rhein-Main — FAZ — Ein net­ter klein­er Bericht über HP-Ver­lotech­nik:

    „Am Anfang bekam die ganze Gemeinde mit, wenn wir Met­all­rah­men her­stell­ten“, erzählt Hol­lants. „Die Mas­chine brauchte so viel Span­nung, dass immer kurz das Licht aus­ging, wenn wir sie eingeschal­tet haben.“

Netzfunde der letzten Tage (1.5.–6.5.)

Meine Net­z­funde für die Zeit vom 1.5. zum 6.5.:

Songs for Kommeno

“Songs for Kom­meno” ist ein ambi­tion­iertes Pro­jekt: Mit den acht Jazz-Songs will Gün­ter Baby Som­mer auf das Mas­sak­er ein­er deutschen Wehrma­cht­sein­heit im griechis­chen Kom­meno am 16.8.1943 erin­nern. Und das umfan­gre­iche Büch­lein dazu doku­men­tiert die Ern­sthaftigkeit, mit der sich Baby Som­mer auf die Auf­gabe, den Ort, die Geschichte ein­ge­lassen hat (allerd­ings nicht so sehr das Geschehen selb­st).

So weit, so gut. Aber “Songs for Kom­meno” hat lei­der einen großen Nachteil: Musikalisch lässt mich die CD reich­lich kalt. Das ist mir alles arg betulich und viel zu lang­weilig — und zugle­ich immer so bedeu­tungss­chwanger. Vielle­icht hätte ich erst­mal ein­fach die Musik hören sollen, ohne nähere Infor­ma­tio­nen. Hat man die Texte im großzügi­gen Begleit­buch gele­sen, geht das aber nicht mehr: Die Musik kann dann nicht mehr für sich ste­hen, sie muss mehr sein. Näm­lich Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung in irgen­dein­er Form, Erin­nerung, auch Erin­nerungspoli­tik, zugle­ich Vesöh­nung und Bitte um Verge­bung und so weit­er. Das ist (in meinen Ohren) doch ein biss­chen viel für diese Klänge. Vielle­icht funk­tion­iert das für andere Hör­er her­vor­ra­gend, vielle­icht hat es auch am qua­si authen­tis­chen Ort gelin­gen kön­nen — in meinem Heim, wo ich im beque­men Ses­sel sitze und draußen der erste Vor-Herb­st-Regen nieselt, klappt das aber ein­fach nicht. Aber ich bin bei solchen Unternehmungen (fast) immer recht skep­tisch — mein­er Erfahrung nach wird dabei die Musik (und die ist es beson­ders, die für solche Pro­jek­te einges­pan­nt wird) mit ein­er Auf­gabe über­frachtet, die sie ein­fach nicht leis­ten kann — näm­lich konkrete Inhalte irgend­wie zu trans­portieren. Aber das sind grund­sät­zliche Ein­stel­lun­gen, was man von Musik erwarten will und ihr an kom­mu­nika­tiv­en Auf­gaben (im weit­eren Sinne) zu-muten möchte. Ich bin da generell sehr zurück­hal­tend, weil ich überzeugt bin, dass Klang und Form (um das mal so abstrakt zu lassen) die besseren Ver­mit­tlungsin­stanzen sind — und auch ohne bes­timmte bzw. bes­timm­bare Inhalte Men­schen bewe­gen und let­ztlich auch verän­dern kön­nen.

Aber, um noch mal von den grund­sät­zlichen Din­gen zurück zu den “Songs for Kom­meno” zu kom­men: Ganz abge­se­hen von diesem ganzen Hin­ter­grund ist die Musik hier zwar oft schön (Baby Som­mer ist natür­lich ein sehr guter Schlagzeuger und auch Floros Floridis ein toller Klar­inet­tist), aber für meinen Geschmack zu flach, zu eindi­men­sion­al — kurz: ein­fach zu lang­weilig. Da hil­ft auch die geborgte Authen­tiz­ität des Klagege­sangs ein­er Über­leben­den nicht. Und die griechis­che Nation­al­ität der beteiligten Musik­er. Ich bleibe skep­tisch: Ich halte Musik (und Kun­st all­ge­mein) nicht für das ide­ale Medi­um des Umgangs mit Geschichte, schon gar nicht mit konkreten Ereignis­sen. Das tut bei­den Seit­en nicht gut.

Gün­ter Baby Som­mer (mit Sav­ina Yan­na­tou, Floros Floridis, Evge­nios Voul­garis, Spilios Kas­ta­nis): Songs for Kom­meno. Intakt Records CD 190, 2012.

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