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Ins Netz gegangen (30.3.)

Ins Netz gegan­gen am 30.3.:

  • Wel­che Ursa­chen das Töten im Namen Got­tes hat | FAZ – ein sehr guter gast­bei­trag von fried­rich wil­helm graf (der ja meis­tens sehr klu­ge din­ge sagt …) in der „faz“ über ursa­chen des reli­giö­sen ter­rors

    Es dient nicht der Ent­schul­di­gung der der­zeit im Namen Allahs aus­ge­üb­ten Ver­bre­chen, mög­li­che his­to­ri­sche Par­al­le­len sicht­bar und auf die Gewalt­po­ten­tia­le in allen Reli­gio­nen auf­merk­sam zu machen. Aber es ver­hin­dert eine fal­sche, essen­tia­lis­ti­sche Sicht auf den Islam, den es so wenig wie das Chris­ten­tum gibt. Die mus­li­mi­schen Reli­gi­ons­kul­tu­ren in Euro­pa sind in sich höchst viel­fäl­tig und durch ganz unter­schied­li­che kol­lek­ti­ve Erfah­run­gen geprägt. Mus­li­me in Kreuz­berg, deren Eltern oder Groß­el­tern einst aus der Tür­kei kamen, tei­len nicht die trau­ma­ti­sie­ren­den Erin­ne­run­gen an kolo­nia­le Fremd­herr­schaft, die für vie­le fran­zö­si­sche, noch vom Alge­ri­en-Krieg gepräg­te Mus­li­me kenn­zeich­nend sind.

    Nach den Anschlä­gen von Paris und nun auch Brüs­sel ließ sich im poli­ti­schen Betrieb eine Reak­ti­on beob­ach­ten, die nur als fal­sches seman­ti­sches Invest­ment bezeich­net wer­den kann: Staats­prä­si­den­ten, Regie­rungs­chefs und Par­tei­vor­sit­zen­de beschwo­ren ein­hel­lig „die Wer­te Euro­pas“ oder „des Wes­tens“, die man gegen alle ter­ro­ris­ti­schen Angrif­fe ver­tei­di­gen wer­de.
    […] Aber mit Wer­te-Rhe­to­rik ist nie­man­dem gehol­fen.

    „Wert“ war ursprüng­lich ein Begriff der öko­no­mi­schen Spra­che, und sei­ne Ein­wan­de­rung in ethi­sche Debat­ten und juris­ti­sche Dis­kur­se hat nur dazu geführt, die frei­heits­dien­li­che Unter­schei­dung von gesetz­lich kodi­fi­zier­ten Rechts­nor­men und mora­li­schen Ver­bind­lich­kei­ten zu unter­lau­fen. Des­halb ist es fatal, wenn Ver­tre­ter des Rechts­staa­tes die­sen im Kampf gegen den Ter­ro­ris­mus nun als eine „Wer­te­ge­mein­schaft“ deu­ten.

    für einen theo­lo­gen auch fast über­ra­schend, aber natür­lich abso­lut rich­tig und ein punkt, der immer wie­der gestärkt und ver­deut­licht wer­den muss (weil er so ger­ne ver­ges­sen wird):

    Für wirk­lich alle gilt allein das Recht, und des­halb sind Rechts­bre­cher zu ver­fol­gen und zu bestra­fen.

  • Aus dem Tage­buch eines Bene­dik­ti­ner­pa­ters: Wie man 1684 im Dom in Mainz den Oster­sonn­tags­got­tes­dienst fei­er­te | All­ge­mei­ne Zei­tung – die main­zer „all­ge­mei­ne zei­tung“ bringt eine moder­ni­sier­te fas­sung eines tage­buch­be­richts über die oster­fei­er 1684 in mainz, ver­fasst von einem rei­sen­den bene­dik­ti­ner­pa­ter joseph diet­rich aus dem klos­ter ein­sie­deln in der schweiz
  • My Heroic and Lazy Stand Against IFTTT | Pin­board Blog – der pin­board-grün­der/­be­trei­ber maciej cegłow­ski erklärt, war­um es sei­nen (übri­gens sehr emp­feh­lens­wer­ten) ser­vice nicht mehr bei ifttt gibt. die kurz­fas­sung: deren unver­schäm­ten, erpres­se­ri­schen bedin­gun­gen für ent­wick­ler
  • Wer­bung – für 6 Euro | Über­me­di­en – peter breu­er blät­tert sich auf „über­me­di­en“ durch die vogue – und ist wenig ange­tan

    Das The­ma der „Vogue“ ist: „Lan­ge­wei­le“. Sowohl in den Anzei­gen als auch in der Foto­stre­cke. „Komm Baby, stell Dich mal so hin und schau so pikiert, als wür­dest Du an einen völ­lig ver­koch­ten Grün­kohl den­ken.“ Die Mäd­chen sind dünn, die Gesich­ter leer, die Kla­mot­ten teu­er. In den Sech­zi­gern gab es einen Dr. Oet­ker-Spot, in dem eine Frau am Herd steht, ein Fer­tig­ge­richt zau­bert und ein Spre­cher sagt: „Eine Frau hat zwei Lebens­fra­gen: Was soll ich anzie­hen? Und was soll ich kochen?“ Die Frau­en der „Vogue“ haben sogar nur eine Lebens­fra­ge, und selbst die macht ihnen offen­sicht­lich kei­nen Spaß.

  • Inge­borg Bach­mann: „In mir ist die Höl­le los“ | ZEIT ONLINE – der ger­ma­nist Joseph McV­eigh durf­te frü­he brie­fe von inge­borg bach­mann benut­zen und zitie­ren und ist nun sicher, dass man das werk der autorin nur bio­gra­phisch ver­ste­hen kann. zum glück ist die „zeit“ gegen­über sol­chem metho­di­schen unsinn etwas skep­ti­scher …

    „Ich habe kei­ne Matrat­zen­schnüf­fe­lei betrei­ben wol­len“, sagt Bio­graf McV­eigh, „aber wenn man die zer­stö­re­ri­sche Wir­kung der bei­den kata­stro­phal geschei­ter­ten Bezie­hun­gen auf das Leben von Inge­borg Bach­mann nicht berück­sich­tigt, kann man ihr spä­te­res Werk kaum ver­ste­hen.“

  • Pres­se­mit­tei­lun­gen als Gen­re: Ein-Blick in die uni­ver­si­tä­re Akten­kun­de der Neu­zeit | Uni­BloggT – was eine sehr knap­pe und schnö­de pres­se­mit­tei­lung einer uni­ver­si­tät dem akten­kund­lich ver­sier­ten his­to­ri­ker alles ver­ra­ten kann …

Ins Netz gegangen (4.11.)

Ins Netz gegan­gen am 4.11.:

  • The tra­ge­dy of James Bond – lau­rie pen­ny hat sich alte james-bond-fil­me ange­schaut:

    The expe­ri­ence was like having your fore­brain slow­ly and labo­rious­ly bea­ten to death by a wil­ting erec­tion wrap­ped in a copy of the Patri­ot Act: sava­ge and sil­ly and just a litt­le bit pathe­tic.

    sie bleibt aber nicht bei der per­sön­li­chen abscheu, son­dern zeigt mei­nes erach­tens (aber ich bin ja auch kein bond-ken­ner) sehr gut, war­um die bond-figur (heu­te) pro­ble­ma­tisch ist:

    The pro­blem with Bond is that he is sup­po­sed to be the good guy. He is a bor­der­line rapist who is employ­ed by the govern­ment to mur­der peo­p­le – and yet he is not an anti-hero. He is just a hero. … Bond is a hero for no other reason than that he is on our side, which is how most wes­tern nati­ons and par­ti­cu­lar­ly the Bri­tish come to terms with their par­ti­cu­lar lega­cy of hor­ror – with a quiet embar­rass­ment that none­thel­ess knows how to defend its­elf by force.
    […] James Bond, more than any­thing, is a tra­gic figu­re and his tra­ge­dy is the tra­ge­dy of white, impe­ria­list mas­cu­li­ni­ty in the 21st cen­tu­ry. It is a tra­ge­dy of irrele­van­ce that beco­mes all the more poignant and pain­ful in the retel­ling.

  • Lau­da­tio auf Rai­nald Goetz von Jür­gen Kau­be – FAZ – der voll­stän­dig­keit hal­ber noch die recht gute lau­da­tio von jür­gen kau­be auf rai­nald goetz für den büch­nerpreis
  • My Top 30 Fonts with the Sexiest Amper­sands – sehr schö­ne samm­lung sehr schö­ner amper­sand-umset­zun­gen
  • Poli­ti­sche Lite­ra­tur: Gegen die herr­schen­de Klas­se | ZEIT ONLINE – ein durch­aus inter­es­san­tes gespräch hat ijo­ma man­gold mit ulrich pelt­zer, ili­ja tro­ja­now & jen­ny erpen­beck über lite­ra­tur und poli­tik, ver­gan­gen­heit, gegen­wart und zukunft geführt:

    Es gibt das Bedürf­nis der Lite­ra­tur­kri­tik und der Öffent­lich­keit nach Welt­erklä­rung bezie­hungs­wei­se nach Auf­fä­che­rung von Erfah­run­gen, die man sonst nur aus den Medi­en kennt. An die Lite­ra­tur wird eine Auf­ga­be dele­giert, die mög­li­cher­wei­se nicht unbe­dingt eine genu­in lite­ra­ri­sche Funk­ti­on ist.
    […] Das Moment von Uto­pie ist mit einem phi­lo­so­phi­schen Begriff von Geschich­te ver­bun­den, und der ist uns ver­lo­ren gegan­gen. Wir sehen uns nur noch mit der Empi­rie der Pro­ble­me kon­fron­tiert und ver­su­chen, sie prak­tisch zu lösen, aber wir haben kei­nen Ent­wurf von Zukunft mehr, der die Erfah­run­gen der Ver­gan­gen­heit auf­neh­men und ver­wan­deln wür­de, um zu einem ande­ren Begriff der Zukunft zu kom­men als dem, dass die Häu­ser gedämmt wer­den.

    sehr schön deut­lich wer­den auch die ver­schie­de­nen arten, „poli­tisch“ zu den­ken als lite­ra­tin – bei pelt­zer z.b. immer ins phi­lo­so­phisch-his­to­ri­sche gehend oder bei erpen­beck vom per­sön­lich-indi­vi­du­el­len erleb­nis aus

  • Max Wal­len­horst: Das Darm­städ­ter Neben­ein­an­der-Sit­zen – Mer­kur – sehr schö­ner text im mer­ku-blog von max wal­len­horst über rai­nald goetz & die büch­nerpreis­ver­lei­hung in darm­stadt
  • Deut­sche Bank: Sie nen­nen es Ster­be­haus | ZEIT ONLINE -

    Es war ein Bank­raub von innen. sehr schö­ne repor­ta­ge von marc brost & andre­as vei­el über macht und ver­ant­wor­tung, ethik, gier und kon­kur­renz auf den höchs­ten ebe­nen der wirt­schaft – hier am bei­spiel der deut­schen bank (sehr schön auch, dass sie zei­gen, dass das alles selbst auf betriebs­wirt­schaft­li­cher ebe­ne (von der volks­wirt­schaft­li­chen ganz zu schwei­gen) unsin­nig war/​ist)

  • Hin­lan­gen – Schön an Rai­nald Goetz’ Tex­ten ist, was Vol­ker Wei­der­mann ent­setzt : literaturkritik.de – mar­kus joch über vol­ker wei­der­manns selt­sa­me vol­te, plötz­lich rai­nald goetz abso­lut gut zu fin­den – und das pro­blem dabei, vor allem bei der rela­ti­vie­rung in bezug auf „Johann Hol­trop“, die wohl auf einem miss­ver­ständ­nis der goetz­schen poe­tik beruht

    Ges­tern wet­tern, heu­te beju­beln ‒ einer immer­hin, Micha­el Ange­le vom „Frei­tag“, hat den pünkt­li­chen Kurs­wech­sel ver­merkt, auf Face­book. Soll man es damit bewen­den las­sen? Ungern. Das Pro­blem ist, wie Wei­der­mann die Kur­ve krie­gen will. Gebets­müh­len­ar­tig von Inten­si­tät und Kraft schwär­men, aber den Aggres­si­ons­pe­gel von „Johann Hol­trop“ ein biss­chen bekrit­teln, als sei er ein Aus­rei­ßer ‒ das ist wie Wil­ly Brandt her­vor­ra­gend fin­den, bis auf Emi­gra­ti­on und Ost­po­li­tik. Absurd, weil Inten­si­tät und Pole­mik bei Goetz natür­lich stets zusam­men­ge­hö­ren.

  • Der Rei­hungs­künst­ler – kon­kret – joseph wälz­holz zeigt die rhe­to­ri­schen knif­fe vol­ker wei­der­manns (bei ein paar begrif­fen muss­te ich wirk­lich über­le­gen …)

    Ein genia­ler Rhe­to­ri­ker: Nie­mand setzt hoch­kom­pli­zier­te Stil­mit­tel so vir­tu­os ein wie der Feuil­le­to­nist Vol­ker Wei­der­mann. Eine Col­la­ge in 19 Moti­ven und 79 Fuß­no­ten.

  • Vom Feh­len des Wider­stän­di­gen. Wei­te­re Gedan­ken über Fer­ney­hough. – moritz eggert über fer­ney­houghs musik und den unter­schie­de zwi­schen par­ti­tur (auf­re­gend, kom­plex) und klang (nicht immer über­wäl­ti­gend …) – zu den par­ti­tu­ren hat er kürz­lich schon etwas gebloggt: http://blogs.nmz.de/badblog/2015/10/19/die-quadratur-der-linie-ein-neuer-blick-auf-das-werk-von-brian-ferneyhough/
  • Neo­na­zis: Hei­di und die Brand­stif­ter | ZEIT ONLINE – inter­es­san­te, gute, packen­de repor­ta­ge von dani­el mül­ler & chris­ti­an fuchs über eine im neo­na­zi-fami­li­en-milieu sozia­li­sier­te jun­ge frau, die sich von die­ser ideo­lo­gie inzwi­schen abge­wandt hat

    Sie stammt aus einer Fami­lie von treu­en Nazis, als Kind wur­de sie in gehei­men Lagern gedrillt. Ihre frü­he­ren Kame­ra­den zün­deln heu­te bei NPD und Pegi­da. Hei­di Ben­ne­cken­stein hat sich anders ent­schie­den.

  • Stadt Wien ver­öf­fent­licht posi­ti­ve Shar­row-Stu­die | It star­ted with a fight… – die stadt wien hat an drei wich­ti­gen, ver­kehrs­star­ken stra­ßen unter­sucht, wie auf­ge­mal­te fahr­rad­pik­to­gram­me (mit pfeil), die soge­nann­ten „shar­rows“, sich auch ohne wei­te­re ver­än­de­run­gen des ver­kehrs­raums aus­ge­spro­chen güns­tig für rad­fah­re­rin­nen aus­wir­ken:

    Die­se Stu­die „Wir­kung von Fahr­rad-Pik­to­gram­men im Stra­ßen­ver­kehr“ […] zeigt sehr posi­ti­ve Ergeb­nis­se: Gestei­ger­te Sicher­heit des Rad- und Auto­ver­kehrs durch ver­bes­ser­te Inter­ak­ti­on, Abnah­me der Über­hol­vor­gän­ge und grö­ße­ren Sicher­heits­ab­stand der Autos beim Über­ho­len.

  • 1001 Din­ge | Schmalenstroer.net – eine lis­te von lis­ten, die man leben­dig abar­bei­ten „muss“, von einem lis­ten­has­ser …
  • War­um Akif Pirin­c­çi aus fal­schen Grün­den das Rich­ti­ge pas­sier­te und war­um das nicht gut ist | Tho­mas Trap­pe – klu­ge beob­ach­tun­gen von tho­mas trap­pe zur wahr­neh­mung von und dem umgang mit rechtsextremen/​rassisten etc., bei „pegi­da“ und anders­wo

    Ers­tens: Die Grün­de, war­um sol­che Per­so­nen kurz­zei­tig oder für immer von der Büh­ne ver­schwin­den, sind meist tri­via­les NS-Wor­ding. Zwei­tens: Es trifft in aller Regel die Rich­ti­gen. Drit­tens: Indem man es sich aber so ein­fach macht, gibt man ihnen und ihren Unter­stüt­zern die Rol­le, die sie so ger­ne ein­neh­men, näm­lich die des unter­drück­ten Quer­den­kers. Was sie, vier­tens, nie­mals sind.

Taglied 20.3.2015

Att­wen­ger, Japa­ner:

Att­wen­ger JAPANER (offi­ci­al)

Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube über­tra­gen.

Ins Netz gegangen (13.11.)

Ins Netz gegan­gen am 13.11.:

Ins Netz gegangen (14.2.)

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  • Recom­po­sed. | Bad Blog Of Musick – Ha! Der Moritz Eggert mal wie­der …

    They don’t look to stres­sed with their part of long held-out dro­ning notes, so I guess they have time to smi­le. Some­ti­mes the came­ra zooms on the left hand of Max Rich­ter when it is about to play a new bass note. Fasci­na­ted we see how he lifts one fin­ger – and pres­ses down ano­ther one. This seems to be a tiring pro­cess becau­se after­wards the fin­gers don’t move any­mo­re for a while.
    […] Max Rich­ter smi­les at him, it could be that he’s hap­py that he’s back. But then he looks stres­sed again, becau­se now he lifts his fin­ger to play a new pedal note. I ask mys­elf if left hands can feel shame. Pro­ba­b­ly not.

  • 25. Todes­tag : Wo Tho­mas Bern­hard rund­um glück­lich war – DIE WELT – Joa­chim Lott­mann besucht zur Erin­ne­rung an den vor 25 Jah­ren gestor­be­nen Tho­mas Bern­hard des­sen Lieb­lings­or­te in Wien auf (inklu­si­ve sei­nem Grab):

    Bern­hard konn­te hier sei­ner liebs­ten Sucht nach­ge­hen: der Melan­cho­lie. Er lieb­te es, die Men­schen zu beob­ach­ten, und zwar über Jahr­zehn­te. Er sah dann, wie die einst jun­ge Ser­vie­re­rin, die ein­mal so behen­de, flink und lus­tig gewe­sen war, die­sel­ben Bewe­gun­gen, etwa das Zäh­len des Gel­des, nun mit ganz ande­ren, eben­falls schö­nen Bewe­gun­gen aus­führ­te – und zer­floss dabei vor Melan­cho­lie. Er sag­te es selbst: Das Melan­cho­lisch­sein war sei­ne Dro­ge, waren sei­ne Tablet­ten, und er brauch­te jeden Tag eine oder zwei davon. Es mach­te ihn glück­lich, melan­cho­lisch zu sein.

  • Der Unter­schied zwi­schen Schwu­len-Geg­nern und Schwu­len-Geg­ner-Geg­nern « Ste­fan Nig­ge­mei­er – Ste­fan Nig­ge­mei­er über die Argu­men­te von Schwu­len-Geg­nern und Schwu­len-Geg­ner-Geg­nern, wie sie von Maisch­ber­ger vor­ge­le­sen wur­den:

    Das ist nicht das­sel­be. Das hat nicht die­sel­be Qua­li­tät. Objek­tiv nicht.

    (wenn es so aus­sieht, als wür­de ich (fast) jeden Blog­ar­ti­kel von Nig­ge­mei­er emp­feh­len, dann liegt das ein­fach dar­an, dass er so oft Recht hat und die Sachen – nüch­tern und sach­lich – auf den Punkt bringt)

Maderstraße (Wien, 4. Bezirk)

Maderstraße (Wien, 4. Bezirk)

Mader­stra­ße (Wien, 4. Bezirk)

Aus-Lese #14

Noah Sow: Deutsch­land Schwarz Weiß. Der all­täg­li­che Ras­sis­mus. Mün­chen: Gold­mann 2009. 320 Sei­ten.

Deutsch­land Schwarz Weiß ist ein wich­ti­ges Buch. Wich­tig, um die vor­herr­schen­den Struk­tu­ren des Ras­sis­mus in Deutsch­land zu erken­nen und so ver­su­chen, sie zu bekämp­fen, und zu über­win­den. Sow zeigt an einer Fül­le von Bei­spie­len, wie tief ver­an­kert ras­sis­ti­sches Den­ken und Ver­hal­ten in der deut­schen Gesell­schaft ist, wie Ras­sis­mus in Deutsch­land zum All­tag gehört – weil er struk­tu­rell-gesell­schaft­lich be“gründet“ und qua­si ver­erbt wird.

Ich bin zwar nicht in jedem Detail mit ihren Wer­tun­gen ein­ver­stan­den – aber dar­um geht es auch gar nicht. Son­dern dar­um, zu erken­nen, wie sehr ras­sis­ti­sche Vor­stel­lung unser Den­ken und eben auch unser Han­deln immer wie­der immer noch prä­gen. Dafür ist Sow’s Buch her­vor­ra­gend geeig­net und soll­te fast so etwas wie Pflicht­lek­tü­re für bewuss­te Teil­neh­mer der deut­schen Gesell­schaft sein . Ich hät­te es zwar ger­ne etwas strin­gen­ter und kla­rer in Struk­tur und Spra­che, aber das ist mei­ne per­sön­li­che Prä­fe­renz. Sow bemüht sich um Umit­tel­bar­keit und Wirk­mäch­tig­keit – da hat sie wahr­schein­lich die bes­se­re und wirk­sa­me­re Stra­te­gie und Spra­che gefun­den.

Letzt­lich läuft das gan­ze auf die­sen einen Satz hin­aus: „Ras­sis­mus ist kein Schwar­zes, son­dern ein wei­ßes Pro­blem.“ (272) – das ist der zen­tra­le Punkt. Und den muss man erken­nen, bevor man etwas ändern kann.

Tho­mas Meine­cke: Ana­log. Mit Zeich­nun­gen von Michae­la Melián. Ber­lin: Ver­bre­cher 2013. 111 Sei­ten.

Das neu­e­se (schma­le) schö­ne Bänd­chen (vor allem dank der Zeich­nun­gen Meliáns) von Tho­mas Meine­cke bringt den Buch­le­sern sei­ne gesam­mel­te Kolum­nen aus dem „Groo­ve“ von 2007–2013. Ganz sym­bo­lisch auf­ge­la­den sind das natür­lich 33 – denn es geht vor­wie­gend um Plat­ten bzw. die Musik dar­auf (und auch hin und wie­der um die Unge­wiss­heit, ob eine Plat­te mit 33 oder 45 Umdre­hun­gen abzu­spie­len sei): Das sind kur­ze (oder eigent­lich sehr kur­ze) Text zur Musik über­haupt, zum DJ-Sein im Radio und im Club, und den Impli­ka­tio­nen der Pro­fes­si­on und der Musik. Fas­zi­nie­rend ist dabei immer wie­der, wie genau Meine­cke beob­ach­ten und erken­nen kann (so weit ich das zu ver­fol­gen und beur­tei­len ver­mag, nicht alles ist mir bekannt von dem Vie­len (ist nicht immer mei­ne Musik …), über das er schreibt) – und wie prä­zi­se er die­se Erkennt­nis­se in weni­ge Wor­te fasst. Zum Bei­spiel so:

  • „Respekt, dach­te ich, da macht die Nacht dann gar nicht, was sie will, son­dern was Westbam will.“ (26)
  • „Sie gera­ten ins Fach­sim­peln, und ich wür­de am liebs­ten mit­re­den, aber ich habe ja die Liner-Notes geschrie­ben.“ (38)
  • „Ich konn­te vor allem von Theo­lo­nious Monk mei­ne Augen nicht las­sen: Sei­ne mini­ma­lis­ti­sche Unru­he schien mir von uto­pi­schen Aus­ma­ßen zu sein.“ (43)
  • „Ich habe (spä­tes­tens seit Hoyers­wer­da) her­aus­ge­fun­den, dass ich eine natio­na­le Iden­ti­tät allein über den Holo­caust ent­wi­ckeln kann. (Eigent­lich bräuch­te ich gar kei­ne.)“ (85f.)
  • „Ich hat­te das Gefühl, dass lau­ter Schau­spie­le­rIn­nen (in brand­neu­en Leder­ja­cken) um mich her­um stan­den, und irgend­wo stand sicher auch Man­fred Eicher, der den sonisch anrü­chi­gen Muzak Jazz-Kata­log sei­nes ECM Labels jüngst durch Vill­a­lobos (dem ich hier mal die Ahnungs­lo­sig­keit des Spät­ge­bo­re­ren attes­tie­re) ver­edeln ließ.“ (87)
  • „Logisch bil­det das Mys­te­ri­um der Musik für Schrift­stel­ler (wie mich) einen Sehn­suchts­raum: Wo die Spra­che nur schwer hin­kommt, tut sich ein Gefühl von Frei­heit auf. (Spra­che ist ja ein Knast.) Ande­rer­seit mei­ne (von dekon­struk­ti­vis­ti­schen Femi­nis­tin­nen erlern­te) Erkennt­nis: Vor der Spra­che gibt es nichts. Auch Dis­ko ist dis­kur­siv.“ (93)
Ernst Wünsch: Sprizz bit­ter. Erzäh­lung. Wien: Sisy­phus 2009. 156 Sei­ten.

Das ist über­haupt nicht bit­ter, aber dafür ganz beson­der sprit­zig: Eine kaum zu beschrei­ben­de Erzäh­lung vol­ler Humor (weni­ger dage­gen wit­zig). Wild und aus­ufernd ist der Text, der dien Lebens­ab­schnitt eines Lang­zeit­ar­beits­lo­sen, der einen 97jährigen Thea­ter­künst­ler als Mäd­chen für alles dient. Unwahr­schein­lich und den Leser auch schon mal bedrän­gend sta­pel sich da die Ver­rückt­hei­ten. Der Rezen­sent von literaturkritik.de weist dar­auf hin, dass das zumin­dest teil­wei­se trotz sei­ner gera­de­zu phan­tas­ti­schen Gestalt durch­aus rea­le Bege­ben­hei­ten der Thea­ter­sze­ne der 1970er Jah­re beschreibt. Davon aber mal abge­se­hen, ist das ein­fach gran­di­os unter­hal­tend: Wild und unge­zähmt ist die­ser Text wie sein Sujet, frei vaga­bun­die­rend zwi­schen Exkur­sen und Fuß­no­ten, viel­schich­tig zwi­schen rea­len, irrea­len und sur­rea­len Abschnit­ten wie in einem Traum hin und her sprin­gend. Fas­zi­nie­rend und sym­pa­thisch…

Ins Netz gegangen (1.6.)

Ins Netz gegan­gen (29.5.–1.6.):

  • Mau­ert Luther nicht ein! – DIE WELT – Der His­to­rik Heinz Schil­ling ist mit den bis­he­ri­gen Vor­be­rei­tun­gen des Refor­ma­ti­ons-Jubi­lä­ums 2017 nicht so ganz zufrie­den …

    Die Kluft zwi­schen gegen­warts­ori­en­tier­tem Ver­kün­di­gungs­be­geh­ren und Ver­lan­gen nach his­to­ri­scher wie bio­gra­fi­scher Tie­fen­boh­rung ist zu über­brü­cken, will das Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um nicht unter das hohe Niveau der auf das 20. Jahr­hun­dert bezo­ge­nen Gedenk­kul­tur unse­res Lan­des zurück­fal­len. Es geht um die eben­so simp­le wie fol­gen­rei­che Fra­ge, wie viel Wis­sen­schaft das Refor­ma­ti­ons­ju­bi­lä­um braucht und wie viel Wis­sen­schaft es ver­trägt. Denn nur auf einer soli­den his­to­ri­schen Basis ist eine nach­hal­ti­ge Aus­ein­an­der­set­zung mit dem „pro­tes­tan­ti­schen Erbe“ in der euro­päi­schen Neu­zeit und glo­ba­len Moder­ne mög­lich.

  • „Es muss ja nicht alles von mir sein“ – DIE WELT – Lite­ra­tur – Frank Kas­par besucht Moni­ka Rinck und lässt sich von ihr erklä­ren und zei­gen, wie man heu­te Gedich­te schreibt, ohne pein­lich und ner­vend zu sein (was ihn anschei­nend ziem­lich über­rascht, dass das geht …):

    Wer in Moni­ka Rincks Tex­te ein­taucht, dem schwirrt bald der Kopf vor lau­ter Stim­men und Spra­chen, die dort frei zusam­men­schie­ßen. Deutsch, Eng­lisch, Fran­zö­sisch, Ita­lie­nisch und Pfäl­zisch, inne­re tref­fen auf äuße­re Stim­men, rhyth­misch Aus­ge­feil­tes auf bewusst gesetz­te Brü­che, Sprün­ge, Aus­ru­fe: Ha! Ach so! Hoho­ho! Die „Gischt der wirk­li­chen gespro­che­nen Spra­che“, die Wal­ter Ben­ja­min an Alfred Döb­lins Mon­ta­ge-Roman „Ber­lin Alex­an­der­platz“ so begeis­tert hat, gur­gelt zwi­schen den Zei­len und macht das Gewe­be leben­dig und beweg­lich.

  • Emme­rich Joseph von Breid­bach zu Bür­res­heim: Vor­kämp­fer der katho­li­schen Auf­klä­rung – FAZ -

    Emme­rich Joseph von Breid­bach zu Bür­res­heim, auch bekannt unter dem Spitz­na­men „Breit­fass von Schüt­tes­heim“ – angeb­lich trank er zu jeder Mahl­zeit sechs Maß Rhein­wein. Emme­rich galt als offen­her­zig und volks­nah, obwohl sei­ne Ansich­ten so gar nicht in Ein­klang mit dem wun­der­gläu­bi­gen Barock-Katho­li­zis­mus der kon­ser­va­ti­ven Land­be­völ­ke­rung stan­den. Er las Vol­taire und Dide­rot, wur­de schließ­lich zum bedeu­tends­ten Herr­scher der katho­li­schen Auf­klä­rung. Beson­ders sei­ne Schul­re­form wirk­te nach­hal­tig. Letzt­lich schuf die Ratio­na­li­sie­rung des Kur­main­zer Aus­bil­dungs­sys­tems die Grund­la­ge für die Revo­lu­ti­on in der Dom­stadt.

    Dass die Main­zer den Wein lie­ben, ist also nichts Neu­es …

  • Lebens­mit­tel­spe­ku­la­ti­on in der Frü­hen Neu­zeit – Wie Wet­ter, Grund­herr­schaft und Getrei­de­prei­se zusam­men­hin­gen | Die Welt der Habs­bur­ger – Nah­rungs­mit­tel­spe­ku­la­ti­on ist kei­ne Erfin­dung und auch nicht nur ein Pro­blem des 21. Jahr­hun­derts – wer hät­te es gedacht .…:

    Die Preis­stei­ge­run­gen waren jedoch nicht nur auf Wet­ter­ka­prio­len zurück­zu­füh­ren, auch das Ver­hal­ten der welt­li­chen und kirch­li­chen Grund­her­ren trug maß­geb­lich zum Anstieg der Getrei­de­prei­se bei.

  • »Wie ein Rausch« | Jüdi­sche All­ge­mei­ne – Ein Inter­view mit dem Kla­vier­duo Tal & Groe­thuy­sen über Wag­ner, Alfred Pringsheim und Isra­el:

    Dar­in liegt auch die Leis­tung des Bear­bei­ters. Er steht ja stän­dig vor gro­ßen Fra­gen: Wie tei­le ich das auf? Wie kann ich mög­lichst viel vom Ori­gi­nal unter­brin­gen, sodass es plas­tisch ist, aber nicht über­la­den? Aber auch pia­nis­tisch rea­li­sier­bar? Und es hat sich her­aus­ge­stellt, dass Alfred Pringsheim, der eigent­lich Auto­di­dakt war, mit die inter­es­san­tes­ten und auch pia­nis­tischs­ten Lösun­gen gefun­den hat.

    Schön auch der Schluss­satz: „Und was Wag­ner angeht, sind wir jetzt wie­der für eine Wei­le bedient.“ – ich glau­be, das gilt nach die­sem Jahr für alle …

  • Adress­comp­toir: Auf der Suche nach Grill­par­zer – Hein­rich Lau­be irrt durch Wien:

    Grill­par­zer, wo bin ich über­all hin­ge­ra­then, um Dich zu finden!—erster Hof, zwei­te Stie­ge, drit­ter Stock, vier­te Thür! Es wir­beln mir noch die Beschrei­bun­gen im Kop­fe. Nach einer vor­mit­täg­li­chen Such­jagd stand ich end­lich in einer schma­len, öden Gas­se vor einem gro­ßen schweig­sa­men Hau­se

    Grill­par­zers über­ra­schend beschei­de­ne Woh­nung kann man übri­gens im städ­ti­schen Wien-Muse­um besich­ti­gen.

Schubert im Werkkontext

So viel gleich: Ein gutes Büch­lein ist dem Schu­bert-For­scher Hin­rich­sen gelun­gen. Natür­lich ist das auf 126 Sei­ten alles nur sehr knapp mög­lich. Aber man merkt dem Text an, dass er aus einer Posi­ti­on des Wis­sens und der andau­ern­den Refle­xi­on nicht nur Schu­berts und sei­ner Kom­po­si­tio­nen, son­dern auch und beson­ders deren Erfor­schung geschrie­ben wur­de. Hin­rich­sen ist näm­lich immer bemüht, all­zu ein­fa­che Erklä­rungs­mus­ter kri­tisch zu hin­ter­fra­gen – plat­te bio­gra­phi­sche „Erklä­run­gen“ des Wer­kes fin­det man hier nicht. Aber auch ande­res wird rela­ti­viert, z.B. die „Schaf­fens­kri­se“ Schu­bert, die kei­ne ist – die Zeit um 182x, in der – so die gän­gi­ge Lehr­mei­nung – Schu­berts Kom­po­si­tio­nen in Frag­men­ten ste­cken blei­ben. Hin­rich­sen weist nun aber dar­auf hin, dass die Idee einer „Kri­se“ hier einer­seits viel zu mono­kau­sal (und zu „roman­tisch“) gedacht ist, ande­rer­seits sich aber auch an den (über­lie­fer­ten) Quel­len gar nicht bele­gen lässt, weil für die frag­men­ta­risch über­lie­fer­ten Wer­ke etwa ganz ver­schie­de­ne Erklä­run­gen zur Unvoll­stän­dig­keit her­an­ge­zo­gen wer­den müs­sen – zum Bei­spiel die Idee des Labors, aber auch der Umstand, dass Auf­füh­rungs­mög­lich­kei­ten weg­fie­len oder dass die Frag­men­te kom­po­si­ti­ons­tech­nisch eigent­lich (fast) voll­endet sind und nur noch der Abschrift harr­ten. Das alles ist mei­nes Erach­tens, der ich nun kein Schu­bert­spe­zia­list bin, durch­aus ein­leuch­tend argu­men­tiert.

Genau­so ein­leuch­tend wie die gesam­te Dar­stel­lung Schu­berts und sei­nes Kom­po­nis­ten­le­ben. Wie gesagt, das ist weni­ger eine Bio­gra­phie als eine Werk­ge­schich­te. Und die zeigt Schu­bert, da legt Hin­rich­sen wie­der­holt Wert dar­auf, vor allem als Uni­ver­sal­kom­po­nist, als Uni­ver­sa­list und als einer der ers­ten frei­schaf­fen­den Kom­po­nis­ten, wie er zurück­hal­tend for­mu­liert. Hin­rich­sen weist aber auch ver­schie­dent­lich dar­auf hin, dass Schu­bert mit dem Kom­po­nie­ren schon früh und immer wie­der erheb­li­che Ein­nah­men erzie­len konn­te – nur eben auf sehr unre­gel­mä­ßi­ger und unzu­ver­läs­si­ger Basis, da es ihm nicht gelang, eine Stel­lung zu erhal­ten (was er aber offen­bar auch nicht mit vol­lem Eifer anstreb­te …). Uni­ver­sal­kom­po­nist also: Ein Künst­ler, der gezielt alle Gat­tun­gen und For­men bear­bei­tet, vom Lied und den eher unter­hal­ten­den Tän­zen etc. für Klavier(e) über Kam­mer­mu­sik und Sym­pho­nien und Kir­chen­mu­sik bis zum Musik­thea­ter:

Von Anfang an also zielt der jun­ge Kom­po­nist auf ein Pro­fil, das man sei­nem rei­fen OEu­vre denn auch beden­ken­los zuer­ken­nen mag: Schu­bert war einer der gro­ßen Uni­ver­sa­lis­ten der Musik­ge­schich­te, in deren Lebens­werk prak­ti­sche alle Gat­tun­gen zahl­reich und mit bedeu­ten­den Wer­ken ver­tre­ten sind. (29)

Dabei sind für Hin­rich­sens Dar­stel­lun­gen Ent­wick­lun­gen und Kon­tex­te beson­ders bedeut­sam: Zunächst ein­mal die Situa­ti­on in Wien zu Beginn des 19. Jahr­hun­derts, ins­be­son­de­re natür­lich die kul­tu­rel­len Gege­ben­hei­ten. Dann das Freun­des-Netz­werk Schu­berts, das einer­seits „inner­lich“ über ästhetisch/​philosophische Ein­flüs­se wirkt, ande­rer­seits eben auch „äußer­lich“ über Kon­tak­te, Auf­füh­run­gen etc. Dann – natür­lich – die Bezie­hung zu Beet­ho­ven als Fix­stern instru­men­ta­len bzw. sym­pho­ni­schen Kom­po­nie­rens. Denn Hin­richs­ten betont den Instru­men­tal­kom­po­nis­ten Schu­bert sehr: als Sin­fo­ni­ker und Kam­mer­mu­si­ker, auch erfolg­rei­cher Kir­chen­mu­si­ker. Beet­ho­ven als Kom­po­nist, an dem sich Schu­bert „abar­bei­tet“, erfährt dann aller­dings eine gewis­se Rela­ti­vie­rung – zum Bei­spiel durch die Situ­ie­rung des berühm­ten Schu­bert-Zita­tes, das es gleich wesent­lich weni­ger ver­zwei­felt klin­gen lässt. Und die Beto­nung der Beob­ach­tung, dass Schu­bert nicht eigent­lich Sym­pho­nien „nach“ Beet­ho­ven kom­po­niert, son­dern einen Weg „neben“ dem gro­ßen Meis­ter ent­wi­ckelt – vor­sich­tig tas­tend, expe­ri­men­tie­rend und aus­pro­bie­rend (und damit die Grund­la­ge für die spä­te­re Sym­pho­nik des 19. Jahr­hun­derts wesent­lich beein­flusst):

Die gro­ßen Instru­men­tal­wer­ke aus Schu­berts Spät­zeit stel­len – als ein­zi­ge ihrer Epo­che – plan­voll ange­leg­te Alter­na­ti­ven zu Beet­ho­vens Kon­zept instru­men­tal­mu­si­ka­li­scher Zusam­men­hang­bil­dung dar; sie ver­dan­ken sich aus­nahms­los einer reflek­tier­ten Pha­se des Kom­po­nie­rens „neben“, nicht „nach“ Beet­ho­ven und sind von spä­te­ren Kom­po­nis­ten, die das zu erken­nen ver­moch­ten, bei ihrer eige­nen pro­duk­ti­ven Beet­ho­ven-Rezep­ti­on dank­bar als Modell­kon­zep­tio­nen von nicht gerin­ge­rer Bedeu­tung ange­nom­men wor­den. (51)

Eben­falls gro­ße Bedeu­tung legt Hin­rich­sen auf das ja unge­heu­er reich­hal­ti­ge musik­thea­tra­li­sche Schaf­fen, das heu­te zwar nicht mehr ganz ver­ges­sen ist, aber doch sehr an den Rand gedrängt und nur mar­gi­nal wahr­ge­nom­men wird. Er zeigt, wie Schu­bert ver­sucht, in die spe­zi­el­len Krei­se der Wie­ner Oper ein­zu­drin­gen – dabei geht es ja nicht nur um „das Werk“, son­dern um Bezie­hun­gen (zu den Inten­dan­ten, Sän­gern, För­de­ren und so wei­ter) – und Hin­rich­sen weist dar­auf hin, dass Schu­bert da ziem­lich weit vor­dringt: mit Hil­fe sei­ner Freun­de. Und erst in dem Moment, in dem die­se Unter­stüt­zung aus ande­ren Grün­den weg­fällt, zer­schla­gen sich auch sei­ne Chan­cen, an der Oper wirk­lich zu reüs­sie­ren. Was bei Hin­rich­sen dann ins­ge­samt lei­der doch etwas kurz kommt, sind die Lie­der – da setzt er eine gewis­se Kennt­nis viel mehr vor­aus als bei den ande­ren Gat­tun­gen, die Schu­bert bear­bei­tet hat.

Aber es bleibt auf die­sem knap­pen Raum eine beein­dru­ckend detail­lier­te, tief­ge­hen­de Ana­ly­se und ver­ständ­li­che, kon­zi­se Dar­stel­lung – so wünscht man/​ich sich das!

Hans-Joa­chim Hin­rich­sen: Franz Schu­bert. Mün­chen: Beck 2011. 128 Sei­ten. 8,95 Euro ISBN 978−3−406−62135−2.

Again and Again and Again and Again

Wien also mal wie­der. Die­ses Mal aber unter ganz beson­de­ren Gesichts­punk­ten: „Wien – die kai­ser­li­che Resi­denz­stadt“ hieß die Exkur­si­on des His­to­ri­schen Semi­nars, an der ich – auf­grund eini­ger glück­li­cher Umstän­de – trotz ver­spä­te­ter Anmel­dung noch teil­neh­men durfte/​konnte. So mach­te ich mich am Frei­tag also wie­der ein­mal auf nach Wien, eine mei­ner Lieb­lings­städ­te.

Das war aber auch schon gleich die ers­te Her­aus­for­de­rung: Treff­punkt zur Abfahrt war 7:30 Uhr am Main­zer Haupt­bahn­hof. Das hieß für mich: Der Wecker klin­gel­te um 5:30 Uhr, damit ich noch ohne grö­ße­re Zeit­not eine Run­de lau­fen gehen konn­te. Trotz der unbarm­her­zi­gen Zeit hat das gut geklappt, ich war dann sogar noch fast zu früh am Bahn­hof, wo so lang­sam alle ande­ren der 15 Teil­neh­mer ein­tru­del­ten. Der Regio­nal­zug braucht uns dann unpro­ble­ma­tisch zum Frank­fur­ter FLug­ha­fen, von dort ging’s mit Air Ber­lin – bzw. mit dem Air­bus 320 der Niki Air – ohne Pro­blem nach Wien Schwe­chat. Und dort erst mal wie­der in den Zug, der uns zu Wien Mit­te brach­te, von wo aus die Stra­ßen­bahn wei­ter­half. Und nach ein paar hun­dert Metern Fuß­marsch stan­den wir dann in der Bau­stel­le, d.h. direkt vor dem Hotel Aca­de­mia in der Pfeil­gas­se. Das liegt zwar recht prak­tisch, nicht weit vom Burg­ring, ist aber auch recht spar­ta­nisch und fast schon ein Denk­mal. Seit der Eröff­nung in den 1960ern hat sich an der Innen­ein­rich­tung näm­lich offen­bar gar nichts getan – nur etwas abge­nutzt wur­de sie im Lau­fe der Zeit. Aber immer­hin war’s sau­ber – und viel Zeit ver­brach­ten wir da ja eh nicht.

Schon am ers­ten Tag ging es gleich mit­tags los – mit einem gro­ßen Rund­gang durch den 1. Bezirk und ent­spre­chen­den Aus­füh­run­gen zur „Stadt­to­po­gra­phie“ – Par­la­ment, Rat­haus (Alt und Neu), Burg­thea­ter, Uni­ver­si­tät, Votiv­kir­che, Juden­platz, St. Ruprecht, St. Ste­phan, Alber­ti­na, Staats­oper – und schließ­lich noch die Hof­burg in all ihren Tei­len (vor der neu­en Burg, auf dem Hel­den­platz, wur­de aller­dings gera­de noch das Ern­te­dank­fest des Bau­ern­ver­ban­des auf­ge­baut). Mit dem Extra-Refe­rat zur Bau­ge­schich­te waren wir dann erst fer­tig, als die Son­ne schon längst ver­schwun­den war und das Licht nur noch vom Mond und aus den Stra­ßen­la­ter­nen schien.

Sams­tags klin­gel­te mein Han­dy­we­cker wie­der aus­ge­spro­chen früh, näm­lich bereits um 6:30. Wie­der eine Mor­gen­lauf­run­de, die mich über den Ring und Karls­platz zum Bel­le­vue führ­te, wo um die­se Zeit noch (fast) nichts los war. Über Nasch­markt und Karls­platz fand ich deann den Weg zurück – auch wenn ich zwi­schen­durch an mei­nem Ori­en­tie­rungs­sinn etwas zwei­fel­te. Und ange­sichts der Alko­hol­lei­chen, die beim Nasch­markt aus dem Club in die Taxen fie­len, einen ande­ren Rück­weg bevor­zugt hät­te. Nach dem eher kar­gen Früh­stück (lei­der ohne Müs­li) war es auch schon Zeit für dem gemein­sa­men Abmarsch: Zurück zum Bel­ve­de­re. Die­ses Mal aber mit der Stra­ßen­bahn. Und dort dann aus­führ­li­che Erkun­dung: Erst mit dem bio­gra­phi­schen Refe­rat zu Prinz Eugen, dem Erbau­er die­ser Som­mer­re­si­denz (das auch gleich den Hin­ter­grund für mein eige­nes Refe­rat am Mit­tag lie­fer­te). Und dann ein super aus­führ­li­cher Vor­trag zur baro­cken Gar­ten­bau­kunst, mit dem groß­ar­tigs­ten Hand­out, das ich je gese­hen habe – voll­ge­stopft mit (far­bi­gen!) Abbil­dun­gen und Hin­wei­sen … Der Gar­ten beschäf­tig­te uns noch den Rest des Vor­mit­tags – bei dem strah­len­den Son­nen­schein und Tem­per­ar­tu­ren um 30 °C hat­ten wir aller­dings die Ten­denz, Schat­ten­zu suchen. Danach führ­te uns unser Weg zum Arse­nal, wo sich das Her­res­ge­schicht­li­che Muse­um befin­det. Davor, im Schwei­zer­park, durf­te ich noch zu „Prinz Eugen als öster­rei­chi­schem Erin­ne­rungs­ort“ refe­rie­ren – trotz mei­ner etwas knap­pen Vor­be­rei­tung und mei­ner eher kon­fu­sen Nota­ta­te hat das ganz gut geklappt. Das Hee­res­ge­schicht­li­che Muse­um war ein sehr selt­sa­mes Erle­benis: Ein groß­ar­ti­ger Bau (vor allem wenn man den ursprüng­li­chen Zweck als Arse­nal bedenkt), der ganz unbe­schei­den auf das Arse­nal von Vene­dig (vor allem in der äuße­ren Gestal­tung) und den dor­ti­gen Mar­kus­dom (ins­be­son­de­re im Inne­ren, den Decken und der Benut­zung von Gold(-farbe), Die Aus­stel­lung in die­sem Meis­ter­werk des His­to­ri­zis­mus war aller­dings so ziem­lich die schreck­lichs­te, die ich ich erin­ne­re – nicht nur wegen der Expo­na­te, son­dern auch wegen der Prä­sen­ta­ti­on: Ohne Zusam­men­hang, ohne Erklä­rung, ohne Ord­nung und Ein­ord­nung wer­den hier ein­fach man­nig­fal­ti­ge Waf­fen, Schlach­ten­bil­der, Heer­füh­rer etc … hin­ge­stellt. Der Prinz-Eugen-Raum ist dann auch ein ziem­li­cher Witz: Ein unbe­leuch­te­tes, stark nach­ge­dun­kel­tes Por­trät, die Bahr­tü­cher und kaum mehr, das gan­ze unauf­fäl­lig in der Ecke unter­ge­bracht. Etwas bes­ser war die Aus­stel­lung im Teil zum Zwei­ten Welt­krieg – aber auch hier noch total über­la­den. Ntür­lich inter­es­siert mich Mili­tär­ge­schich­te auch aller­höchs­tens peri­pher – aber das ist ja sozu­sa­gen mein Pro­blem. Hier zeig­te sie sich aber auch von ihrer unan­sehn­lichs­ten Sei­te. Eine klei­ne spe­zi­el­le Freu­de berei­te­te aller­dings die Pro­be einer klei­nen Schau­spiel­trup­pe, die an Hei­ner Mül­lers „Wolo­ko­lams­ker Chaus­see „arbei­te­te und auf dem Bal­kon des Arse­nals eini­ges aus­pro­bier­te – ich habe lan­ge kei­nen Mül­ler-Text (in die­sem unver­wech­sel­ba­ren Sound!) mehr live gehört …

Nach der Mit­tags­pau­se in der „klei­nen Stei­er­mark“ im Schwei­zer­park tra­fen wir uns am Karls­platz wie­der zur Abfahrt zum von Tou­ris­ten natür­lich total über­lau­fe­nen Schloss Schön­brunn, wo wir uns an der Ecke des Gar­tens zunächst Maria The­re­sia wid­me­ten, bevor wir den Gar­ten spa­zie­rend erschlos­sen – inklu­si­ve einem Abste­cher zur Glo­ri­et­te mit ihrem schö­nen Aus­blick über Gar­ten, Schloss und Stadt. Nach der Rück­kehr in die Stadt ver­schlug es uns in die „Kan­ti­ne“ im Muse­ums­quar­tier, wo man nicht nur gut spei­sen konn­te, son­dern auch sehr schön am Sams­tag Abend ein­fach noch ent­spannt den Tag aus­klin­gen las­sen konn­te.

Der Sonn­tag begann – natür­lich – wie­der mit einem Mor­gen­lauf. Die­ses Mal führ­ten mei­ne Füße mich über die West­bahn auf die Hei­li­gen­städ­ter Stra­ße, ein­fach gera­de stadt­aus­wärts. Zum GLück fand ich auf die­ser Stre­cke eine McDo­nalds-Filia­le, sonst wäre es zu einem Not­fall gekom­men – mor­gens lau­fen ist ein­fach nicht mein Ding …Vor­mit­tags stan­den zunächst zwei wei­te­re Som­mer­re­si­den­zen auf der Stadt, die im 18. Jahr­hun­dert noch vor der Stadt lagen, heu­te aber schon zum Kern gehö­ren. Wir began­nen mit dem Palais Schön­born: Davon ist aber nur sehr wenig übrig, vor allem vorm Gar­ten gar nichts – und auch noch dazu mit einer falsch beschrif­te­te Beschil­de­rung, wie wir fest­stel­len muss­ten. Dann wid­me­ten wir uns dem Palais Liech­ten­stein, das nicht nur von Anfang an wesent­lich reprä­sen­ta­ti­ver, grö­ßer und ästhe­ti­sche beein­dru­ckern­der ange­legt war, son­dern auch schön restau­riert wur­de und vor allem über einen schö­nen Gar­ten ver­fügt. Das ist aller­dings auch nicht mehr die ori­gi­an­le baro­cke Anla­ge, son­dern eine Umge­stal­tung des 19. Jahr­hun­derts zum Eng­li­schen Gar­ten. Natür­lich wur­de der „rei­ne“ Besuch der Orte auch hier jeweils mit den ent­spre­che­nen Fach­re­fe­ra­ten zur Fami­li­en­ge­schich­te ergänzt. Das Ende des Vor­mit­tags­pro­gramms bil­de­te – nach einem Über­blick über Wien als „Stadt, in der der Kai­ser resi­dier­te“ – der Besuch des Wien-Muse­ums neben der Karls­kir­che. Und das lohnt sich wirk­lich. Nicht nur wegen der vie­len Stadt­an­sich­ten, auch die Expo­na­te sind hier bunt gemischt aus Stadt­le­ben und Kunst und mit kur­zen, aber aus­rei­chen­den Tex­ten schön zusam­men­ge­stellt. High­lights sind – neben den Fens­tern und Sta­tu­en von St. Ste­phan (den Ori­gi­na­len, die dort schon im 19. Jahr­hun­dert durch Kopien ersetzt wur­den) – vor allem die drei auf-/nach­ge­bau­ten Räu­me: Das Wohn­zim­mer Alfred Loos‘, die Woh­nugn von Grill­par­zer und ein groß­bür­ger­li­cher-adli­ger Jugend­stil-Salon. Eine leben­di­ge, umfas­sen­de Aus­tel­lung zur Geschich­te Wiens in Schlag­lich­tern.

Den Nach­mit­tag wid­me­ten wir aus­führ­lich der Karls­kir­che, dem äuße­ren und inne­ren Bild­pro­gramm, ihrer Pla­nung, Ent­ste­hung und Aus­füh­rung. Und natür­lich bes­od­ners den Fres­ken der inne­ren Kup­peln, weil noch die Mög­lich­keit bestand, das ehe­mal szu Restau­rie­rungs­ar­bei­ten auf­ge­stell­te Gerüst mit dem Lift (und eini­gen abschlie­ßen­den Trep­pen) zu nut­zen, die Fres­ken aus wirk­lich unmit­tel­ba­rer Nähe zu bestau­nen – erstaun­lich, wie detail­reich die aus­ge­führt wur­den, obwohl sie doch eigent­lich für die Betrach­tung vom Boden aus ange­legt waren. Aus der Later­ne ganz oben konn­te man sogar einen schö­nen, wei­ten Blick über die Wie­ner City wer­fen – nur scha­de, dass man nicht hin­aus konn­te: Das wäre span­nend gewe­sen … Den Rest des Nach­mit­tags ver­brach­ten wir dann mit einem Spa­zier­gang über den Gra­ben und auf dem ange­nehm ent­spann­ten Ern­te­dank­fest, wo es auch lecke­ren Saft gab – bei gut 30 °C und wei­ter­hin purem Son­nen­schein ein wah­re Genuss. Abends lan­de­ten wir dann zu Speis und Trank im „Bet­tel­stu­den­ten“, der uns mit einem groß­zü­gi­gen Gut­schein über die Hälf­te des Rech­nungs­wer­tes über­rasch­te – damit war der Plan für Mon­tag auch klar …

Aber noch war es nicht so weit. Der Mon­tag begann näm­lich noch etwas frü­her – wegen des Auf­bruchs um 8:30 Uhr fiel mein Mor­gen­lauf aller­dings auch etwas kür­zer aus. Unser Pro­gramm führ­te uns zunächst zum Haus‑, Hof- und Staats­ar­chiv, mit inter­es­san­ter, weit aus­grei­fen­der Füh­rung. Inter­es­sant nicht nur die Geschich­te des Archi­ves, son­dern auch die des Archivs­baus, einer Stahl­trä­ger­kon­struk­ti­ons mit Git­ter­bö­den (für die bes­se­re Luft­zir­ku­la­ti­on) in den Depots, die auch über erstaun­lich kunst­voll gear­bei­te­te Metall­re­ga­le (die zugleich Teil der tra­gen­den Kon­struk­ti­on sind) aus dem 19. Jahr­hun­dert ver­fügt. Und in denen natür­lich wahn­sin­ni­ge Schät­ze lagern … Sehen durf­ten wir – neben eini­gen Fak­si­mi­les – davon eini­ge der pri­va­ten Tage­bü­cher Karl VI. Inter­es­sant, wie sich so eine Schrift im Lau­fe der Jah­re ver­än­dert. Und wie auf man­chen Sei­ten mehr Zif­fern als Buch­sta­ben zu fin­den sind, weil Karl gera­de in spä­te­ren Jah­ren doch eini­ges nur chif­friert notier­te. Dem Besuch der „archi­va­li­schen Sät­ze“ schloss sich ein Besuch der welt­li­chen an: In der Schatz­kam­mer der Burg bestaun­ten wir vor allem die Reichs­in­si­gni­en (mit Refe­rat, natür­lich), die alte Kai­ser­kro­ne, Szep­ter, Schwert, Reichs­ap­fel und den gan­zen wert­vol­len Krem­pel, nicht zuletzt die Krö­nungs­ge­wän­der. Und natür­lich auch den Schatz des Ordens vom Gol­de­nen Vlies, den uns ein ande­res Refe­rat schon vor­ge­stellt hat­te.

Nach unse­rer klei­nen Pau­se im Café Cen­tral – ein Kaf­fee­haus­be­such pro Wien­be­such ist ja sozu­sa­gen obli­ga­to­risch – fuh­ren wir mit U‑Bahn und Bus nach Klos­ter­neu­burg, bestaun­ten unter­wegs schon den Karl-Marx-Hof, eines der größ­ten Pro­jek­te des Sozi­al­woh­nungs­baus und wid­me­ten dann viel Auf­merk­sam­keit dem Stift Klos­ter­neu­burg, sei­ner baro­cken Kir­che mit ihrer fast pro­no­gra­phi­schen Pracht und vor allem dem Resi­denz­teil, den mage­ren Res­ten des Escori­al-Plans Karls VI. (allein die Reichs­kro­ne auf der Mit­tel­kup­pel hat jagi­gan­ti­sche Aus­ma­ße auch wenn sie nur aus Kup­fer ist …) und sahen auch, wie sol­che Pracht­bau­ten im Roh­bau aus­sa­hen … Auf dem Rück­weg kehr­ten wir noch beim Heu­ri­gen ein und genos­sen aus­rei­chen­de Men­gen des „Sturms“, wie die Öster­rei­cher den Feder­wei­ßen nen­nen. Abschlie­ßen muss­ten wir den Abend natür­lich mit einer Rück­kehr zum Bet­tel­stu­den­ten – schließ­lich brann­te der Gut­schein ein Loch in unse­re Tasche (über­leb­te aber natur­ge­mäß den Abend nicht …).

Am Diens­tag schließ­lich ging es noch ein­mal frü­her los, jetzt klin­gel­te mein Wecker um 6:15 Uhr – so lang­sam wur­de es hart. Und die Lust, über­haupt zu lau­fen, schwand auch merk­lich … Nach dem Früh­stück zogen wir um 8 Uhr los, die Kof­fer schon ein­mal in Wien Mit­te für den Flug auf­ge­ben und wid­me­ten uns dann noch, ganz zum Schluss, der habs­bur­gi­schen Memo­ri­al­kul­tur: Zunächst in der schö­nen Augus­ti­ner­kir­che, wo vor allem die Herz­gruft Beach­tung fand, dann in der Kapu­zi­ner­gruft mit den irr­sin­ni­gen Sakro­pha­gen der Habs­bur­ger, vor allem den Pracht­ex­em­pla­ren von etwa Karl VI. oder dem gemein­sa­men Sakro­phag von Maria The­re­sia und ihrem Gemahl Franz Ste­phan. Und das war’s auch schon fast: In der ver­blei­bendne Frei­zeit gin­gen wir zu dritt noch ins Mumok, in die groß­ar­ti­ge, gera­de erst eröff­ne­te Aus­stel­lung „Muse­um der Wün­sche“ – so etwas wie eine Retro­spek­ti­ve des Muse­ums, aus der eige­nen Samm­lung v.a., die gran­dio­se Klas­si­ker der Moder­ne mit zeit­ge­nös­si­schen Ver­rückt­hei­ten kom­bi­niert und ver­sucht, da so etwas wie Ord­nung hin­ein­zu­brin­gen: Unge­mein fas­zi­nie­rend wirk­lich in fast jedem Raum, nur halt wahn­sin­nig viel …

Nach dem abschlie­ßen­den lecke­ren Käse­krai­ner düs­ten wir mit dem CAT zum Flug­ha­fen – und dann auch schon Up & Away nach Deutsch­land, mit der S‑Bahn von Frank­furt zurück nach Mainz, wo mein Bett mich sozu­sa­gen schon erwar­te­te …

Eine span­nen­de Exkur­si­on war das, sicher, auch ziem­lich anstren­gend – aber schön. Und lehr­reich. Und inter­es­sant. Nicht zuletzt wegen der ange­neh­men Grup­pe ;-)

PS: Der Titel ist natür­lich eine pop­kul­tu­rel­le Refe­renz [die mit Wien nix wei­ter zu tun hat …] – wer findet’s her­aus?

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