Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: swr

Ins Netz gegangen (20.7.)

Ins Netz gegan­gen am 20.7.:

  • Ter­ro­ris­mus: „Unse­re Welt gerät aus den Fugen“ | Zeit → harald wel­zer hat im inter­view mit der „zeit“ wenig genau­es oder ori­gi­nel­les zu sagen, aber das sagt er sehr gut

    Aber man muss im Auge haben, dass Ängs­te poli­tisch mobi­li­sier­bar sind. Das ist die eigent­li­che Kata­stro­phe. Eine Poli­tik der Angst führt immer zur Pola­ri­sie­rung der Gesell­schaft und damit zu dem, was die Ter­ro­ris­ten beab­sich­ti­gen.

  • Lann Horn­scheidt: „Es ist eine Fra­ge der Zeit, bis wir bei der Geburt kein Geschlecht mehr zuge­wie­sen bekom­men“ | zeit → lann horn­scheidt im lan­gen inter­view mit zeit-wis­sen, natür­lich über sex, gen­der, geschlecht, spra­che, iden­ti­tät und gesell­schaft. und hass.(kanada ist übri­gens gera­de dabei, sich um die im titel ange­spro­che­ne ver­än­de­rung zu küm­mern …)
    (und wie immer: die kom­men­ta­re sind trotz nicht gera­de weni­gen löschun­gen nicht so wirk­lich erfreu­lich)
  • Coun­ter­te­nor über Geschlech­ter­rol­len: „Es ist so ein Erfüllt­sein“ | taz → ein wun­der­ba­res inter­view mit dem gro­ßen andre­as scholl, der ganz viel rich­ti­ges und wich­ti­ges sagt …

    Das Kon­zert, und da kom­men wir wie­der zurück auf die Reli­gio­si­tät, auf die Spi­ri­tua­li­tät, hat die Auf­ga­be, trans­for­mie­rend zu wir­ken. Das heißt: Das Publi­kum betritt den Saal. Und wenn das Publi­kum den Saal ver­lässt, ist es ver­än­dert.

  • Das Post­post oder Wege aus dem Ich | Per­len­tau­cher → char­lot­te kraft beim „per­len­tau­cher“ über die gegen­wär­ti­ge jun­ge lite­ra­tur und ihre inhal­te

    Was prägt also die­se Zeit und ihre Lite­ra­tur: Die Angst vor Epi­go­na­li­tät, die Angst vor Mei­nun­gen, die Angst vor Ent­schei­dun­gen, die Angst vor dem uner­gründ­ba­ren Frem­den, vor Träu­men, Lei­den­schaft und Nai­vi­tät, denn all dies bedeu­tet Aus­schluss, gefähr­li­che Ein­di­men­sio­na­li­tät. Lei­den­schaft für das eine schlös­se Lei­den­schaft für all das ande­re aus, das Frem­de ist nie in sei­ner Gän­ze zu begrei­fen, die gan­ze Wahr­heit bleibt immer unaus­ge­spro­chen und das Bewusst­sein dar­über ist unser Dra­ma. Am Ende kann ich mich nie für eines ent­schei­den. Am Ende bleibt nur die Resi­gna­ti­on und das Ver­lan­gen, über mei­ne Not zu schrei­ben, zu reflek­tie­ren und die­se Refle­xi­on wie­der­um zu reflek­tie­ren und immer so wei­ter. Die Kon­zen­tra­ti­on auf ein ande­res The­ma als das Ich, das Zen­trum unend­li­cher Mög­lich­kei­ten, scheint unmög­lich. Ego­zen­tris­mus ist kei­ne Ent­schei­dung.

  • Der Fall Rockel-Loen­hoff: Eine Heb­am­me und die töd­li­che Brauch­tums­pfle­ge (Teil 2: Täte­rin und Tat) | Psi­ram → Psi­ram legt die gescheh­nis­se anhand der urteils­schrift dar – wesent­lich nüch­ter­ner als etwa die „süd­deut­sche“ in ihrem ten­den­ziö­sen pro-heb­am­me-arti­kel vor eini­ger zeit
  • The Open Let­ter Denoun­cing Trump You’re Going to Read on Face­book for the Next Four Months | The New Yor­ker → der new yor­ker hat den repu­bli­ka­nern mal etwas arbeit abge­nom­men und einen mus­ter-blog­post (schön gene­risch) zur indi­vi­du­el­len distan­zie­rung und ver­dam­mung von donald trump ver­fasst
  • Fran­çois-Xavier Roth: „Rund­funk­or­ches­ter sind unglaub­li­che Maschi­nen für die Musik, für die Zukunft“ | nmz

    Es wäre natür­lich bes­ser gewe­sen, wenn das Orches­ter erhal­ten geblie­ben wäre, aber die­se Ent­schei­dung neh­me ich nicht per­sön­lich. Es geht nicht um mich. Aber ich habe viel gelernt dar­über, in wel­cher Zeit wir leben. Dass sich die Ten­den­zen in Deutsch­land gera­de gegen die Kunst rich­ten. Die­se Fusi­on war ein ers­tes Kapi­tel – und ich hof­fe, es war auch das letz­te. Die­se Ent­schei­dung hat sehr viel zu tun mit Popu­lis­mus. Ich bin sehr ent­täuscht dar­über, dass sich Ver­tre­ter der Rund­funk­or­ches­ter Deutsch­lands nicht an einem run­den Tisch getrof­fen haben. Nach unse­rer Geschich­te, die wir erle­ben muss­ten, wäre dies wirk­lich abso­lut not­wen­dig. Rund­funk­or­ches­ter sind unglaub­li­che Maschi­nen für die Musik, für die Zukunft. Aber man muss dies her­aus­strei­chen in der öffent­li­chen Dis­kus­si­on. Man muss sehr laut und krea­tiv sein.

Ins Netz gegangen (13.11.)

Ins Netz gegan­gen am 13.11.:

Achtsame Abendmusik

Ingrid Laubrock Octet, Zürich ConcertDas NewJazz-Mee­ting des SWR bringt oft span­nen­de Musik her­vor. 2011 war so ein guter Jahr­gang: Da durf­te die sowie­so inter­es­san­te und span­nen­de Saxo­pho­nis­ten Ingrid Lau­b­rock ein Oktett zusam­men­stel­len und mit dem eige­ne Kom­po­si­tio­nen pro­ben und auf­füh­ren. Bei Intakt – nicht ohne Grund eines mei­ner Lieb­lings­la­bel … – ist nun der Mit­schnitt der Zür­cher Auf­füh­rung, das „Zürich Con­cert“, erschie­nen.

Das ist sozu­sa­gen Jazz jen­seits des Jazz. Eigent­lich ist das näm­lich eher Kam­mer­mu­sik mit Musi­kern, die sich (auch) aus­ge­zeich­net aufs Impro­vi­sie­ren ver­ste­hen. Will sagen: Zum grö­ße­ren Teil ist das kom­po­nier­te Musik. Und das hört man auch durch­aus. Lau­b­rock hat eini­ge fas­zi­nie­ren­de Stü­cke ent­wor­fen. Aus­ge­feil­te Klän­ge und vor allem Zusam­men-Klän­ge des unge­wöhn­li­chen Instru­men­ta­ri­ums ver­bin­den sich mit lan­gen, im Klang ver­wo­be­nen Lini­en. Manch­mal – gera­de in dem über zehn­mi­nü­ti­gen „Novem­ber­dood­le“ etwas – wirkt das wie ein erstarr­tes, ver­steif­tes Bild der Bewe­gung. Ein Klang­bild mit ganz fei­nen Zise­lie­run­gen, mit sehr vor­sich­tig und aus­ge­spro­chen sorg­sam aus­ta­rier­ten Klang­schat­tie­run­gen. Manch­mal wirkt das fast über­kul­ti­viert und über­de­ter­mi­niert, fast zu vor­sich­tig. Aber dann kom­men wie­der Abschnit­te wie das frei impro­vi­sier­te „Blue Line & Sin­ker“, die die­sen Ein­druck schnell zurecht­rü­cken.

Über­haupt macht die Viel­falt der betei­lig­ten Musi­ker das gan­ze sehr span­nend und ein­drück­lich: Neben Lau­b­rock und ihren Trio­part­nern Liam Noble am Kla­vier und Tom Rai­ney am Schlag­zeug, der hier aller­dings auch als aus­ge­zeich­ne­ter Xylo­pho­nist auf­tritt, sind der Trom­pe­ter Tom Arthurs, der Cel­list Ben Davis, Bas­sist Drew Gress und die groß­ar­tig-ver­schro­be­ne Gitar­ris­tin Mary Hal­vor­son sowie der Akkor­deo­nist Ted Reich­man beim „Ingrid Lau­b­rock Octet“ dabei. Die bestimmt mit ihrem wun­der­ba­ren Solo das ganz vier­tel­stün­di­ge „Chant“ – der Auf­takt sozu­sa­gen zum leben­di­ge­ren Teil der Auf­nah­me. Denn nach dem sehr herbst­lich-novem­bri­gen Beginn nimmt die Musik deut­lich an Fahrt auf. Ohne dabei aller­dings ihr Geheim­nis zu ver­lie­ren. Nicht nur Hal­vor­sons Solo bleibt leicht ent­rückt und ver­zückt, auch wei­te Tei­le der rest­li­chen Kom­po­si­ti­on und Impro­vi­sa­ti­on frö­nen der laby­rin­thi­schen Klang­welt: Das ist oft nur schwer zu durch­schau­en, kaum vor­her­zu­se­hen – und gera­de des­halb ja so inter­es­sant und fas­zi­nie­rend. Auch wenn man­ches fast her­me­tisch wirkt: Die­se in sich ruhen­de Abend­mu­sik hat eine gro­ße Anzie­hungs­kraft.

Und hier gibt’s noch ein klei­nes Fea­ture aus den Pro­ben:


Beim Kli­cken auf das und beim Abspie­len des von You­Tube ein­ge­bet­te­ten Vide­os wer­den (u. U. per­so­nen­be­zo­ge­ne) Daten wie die IP-Adres­se an You­Tube über­tra­gen.

Ingrid Lau­b­rock Octet: Zürich Con­cert. SWR NewJazz Mee­ting. Intakt CD 221. 2014.

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén