Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

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Kunst des Lebens

Die Kunst des Lebens bestand doch dar­in, zwar nach Höhe­rem zu stre­ben, sich aber klu­ger­wei­se mit dem zu begnü­gen, was man krie­gen konn­te

—Bri­git­te Gla­ser, Büh­ler­hö­he, 432

Leben

Unser größ­ter und längs­ter Irr­tum ist, daß wir das Leben, d.h. sei­nen Genuß, wie die Mate­ria­lis­ten das Ich, in sei­ner Zusam­men­set­zung suchen, als könn­te das Gan­ze oder das Ver­hält­nis der Bestand­tei­le uns etwas geben, das nicht jeder ein­zel­ne Teil schon hät­te. Besteht denn der Him­mel unsers Daseins, wie der blaue über uns, aus öder mat­ter Luft, die in der Nähe und im Klei­nen nur ein durch­sich­ti­ges Nichts ist und die erst in der Fer­ne und im Gro­ßen blau­er Äther wird? Das Jahr­hun­dert wirft den Blu­men­sa­men dei­ner Freu­de nur aus der porö­sen Säe­ma­schi­ne von Minu­ten; oder viel­mehr an der seli­gen Ewig­keit sel­ber ist kei­ne ande­re Hand­ha­be als der Augen­blick. Das Leben besteht nicht aus 70 Jah­ren, son­dern die 70 Jah­re bestehen aus einem fort­we­hen­den Leben, und man hat alle­mal gelebt und genug gelebt, man ster­be, wenn man will. —Jean Paul, Titan, Ers­ter Band, Ers­te Job­el­pe­ri­ode, 2. Zykel

Leitsatz

Leit­satz

Fürcht nicht die Stun­de, da du stirbst.
Die Welt, oh glaub’s nur, kann dich mis­sen.
Kein Stern, um des­sen Licht du wirbst,
wird mit dir in den Tod geris­sen.

Solang du lebst, wirst du gebraucht.
Soll dich das Leben nicht ver­ges­sen,
sorg, dass die Tat nicht unter­taucht,
an der du dei­ne Kraft gemes­sen.

Leb’, dass du stünd­lich ster­ben kannst,
in Pflicht und Freu­de stark und ehr­lich,
nicht dich, – das Werk, das du begannst,
mach für die Mensch­heit unent­behr­lich!
Erich Müh­sam, 1929

Ins Netz gegangen (21.1.)

Ins Netz gegan­gen am 21.1.:

  • Max Reger: Akkord­ar­bei­ter im gif­ti­gen Kli­ma der Moder­ne | Der Stan­dard – roland pohl im stan­dard über max reger, sei­ne rezep­ti­on und war­um er so wenig bekannt und geschätzt wird – immer­hin ist in die­sem jahr sein hun­ders­ter todes­tag zu bege­hen …

    Es fällt nicht leicht, nach den Grün­den zu suchen, war­um der deut­sche Kom­po­nist Max Reger (1873−1916) der­art gründ­lich in Ver­ges­sen­heit gera­ten ist. Den meis­ten sei­ner unzäh­li­gen Wer­ke haf­tet eine gewis­se Sprö­dig­keit an. Reger, im pri­va­ten Umgang ein humo­ri­ger Kauz, hat vor allem auf dem Gebiet der Har­mo­nik Epo­cha­les gelei[s]tet.

    Des Meis­ters viel zu frü­her Tod – er ent­schlief herz­krank in einem Leip­zi­ger Hotel­zim­mer – dürf­te auch hun­dert Jah­re spä­ter kein Reger-Fie­ber aus­lö­sen. Die Klas­sik­bran­che fasst den eigen­bröt­le­ri­schen „Akkord­ar­bei­ter“ nicht mit der Kneif­zan­ge an. Einer grö­ße­ren Ver­brei­tung steht die Kom­ple­xi­tät der intro­ver­tier­ten Reger-Musik im Wege.

  • Sport, über­all nur noch Sport: Die geis­ti­ge Macht unse­rer Epo­che | taz – robert rede­cker hat in der taz eine wun­der­ba­re, ful­mi­nan­te abrech­nung mit dem sport und unse­rer obses­si­ven beschäf­ti­gung damit geschrie­ben:

    Die heu­ti­ge Gesell­schaft hat eine neue Vari­an­te des Tota­li­ta­ris­mus erfun­den: den Sport.[…]
    Die­se Sport­an­läs­se beset­zen scham­los und rück­sichts­los den gesam­ten Platz in den Medi­en.
    Wie ein Nim­mer­satt mit unstill­ba­rem Hun­ger ver­ein­nahmt der Sport den gan­zen Platz für sich. Nie­mand kann die­ser erdrü­cken­den Inva­si­on der Sport­be­rich­te ent­ge­hen, die alles ande­re ver­drängt. Die­se Über­do­sis an Sport hat eine zer­stö­re­ri­sche Umkeh­rung der Wer­te und der Hier­ar­chie der Infor­ma­ti­on zur Fol­ge. Statt sich auf ein paar Wor­te am Ende der Fern­seh- und Rund­funk­nach­rich­ten zu beschrän­ken, was ange­sichts ihrer Bedeu­tungs­lo­sig­keit nor­mal wäre, ver­weist die Sport­be­richt­erstat­tung alles wirk­lich Wich­ti­ge auf die Rand­plät­ze.

    Was dage­gen für die Zivi­li­sa­ti­on von Bedeu­tung wäre, wor­an man sich noch Jahr­hun­der­te spä­ter erin­nern wird – die her­aus­ra­gen­den Per­sön­lich­kei­ten der Phi­lo­so­phie, der Male­rei, Dich­tung, Cho­reo­gra­fie, Musik oder Archi­tek­tur – fin­det dage­gen kaum Beach­tung in den Medi­en.

  • David Bowie: Schön dick auf­ge­tra­gen | ZEIT ONLINE – died­rich diede­rich­sen über das bowie-album, das black­star-video und bowies auf­trit­te

    Hier, bei einem Album, das die rund­um zu begrü­ßen­de Devi­se sei­ner Eröff­nungs­oper, „Mehr ist mehr“, bis zum Schluss beher­zigt, hat man bei­des ver­sucht: Jazz-Vir­tuo­si­tät und die dunk­le Eksta­se heu­ti­ger Dance- und Gothic-Kul­tu­ren.

  • Isra­el ǀ Kib­bu­zim: Auf der Suche nach der Identität—der Frei­tag – über die ent­wick­lung der kib­bu­zim von sozia­lis­ti­schen gemein­schaf­ten zu markt­kon­for­men wirt­schafts­un­ter­neh­men – sehr inter­es­sant …
  • Online-Fort­set­zungs­ro­man: Lang lebe der Shan­dy­is­mus! | FAZ – jan wie­le in der faz mit einer ers­ten ein­schät­zung von til­man ramm­stedts gera­de enste­hen­dem „mor­gen mehr“ – sei­ne beob­ach­tun­gen tref­fen sich ziem­lich genau mit mei­nen eige­nen …
  • Trai­nings­la­ger in den Golf­staa­ten : „Der Sport ist ein löch­ri­ger Käse“ – taz.de – die taz sprach mit dem „sport­ethi­ker“ elk fran­ke:

    Die Poli­tik nimmt den Sport gern für sich in Anspruch. Umge­kehrt pro­fi­tiert der Sport auch stark davon. Somit wird der Satz „Der Sport ist unpo­li­tisch“ zu einer ideo­lo­gi­schen Aus­sa­ge, die in der All­tags­pra­xis kei­ne Gül­tig­keit hat.
    […]
    Der Sport ist ein inhalts­frei­es Dra­ma, das eine Iden­ti­fi­ka­ti­on mit allen mög­li­chen Inhal­ten erlaubt. Ein Schwei­zer Käse, in des­sen Löcher aller­hand rein­passt, ohne dass der Geschmack ver­lo­ren geht.

  • Als der Kai­ser muss­te: Eine Unter­strei­chung und die Schuld am Ers­ten Welt­krieg | Akten­kun­de – Als der Kai­ser muss­te: Eine Unter­strei­chung und die Schuld am Ers­ten Welt­krieg – hol­ger ber­win­kel zeigt (mal wie­der) sehr schön, wie wich­tig his­to­ri­sche hilfs­wis­sen­schaft (und genau­ig­keit) ist, auch für „groß­his­to­ri­ker“
  • schle­ef-bil­der – die erben­ge­mein­schaft einar schle­efs hat eini­ge sei­ner bil­der online bereit­ge­stellt

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  • Hil­ti­bold: Wan­de­rer zwi­schen Anti­ke und Mit­tel­al­ter: Das potem­kin­sche Dorf Cam­pus Gal­li – Ein kri­ti­scher Jah­res­rück­blick – hil­ti­bold über die letz­ten ent­wick­lun­gen am „cam­pus gal­li“, wo angeb­lich ver­sucht wird, den st. gal­le­ner klos­ter­plan mit mit­tel­al­ter­li­chen tech­ni­ken und mit­teln zu ver­wirk­li­chen (tl,dr: vie­le ver­zö­ge­run­gen, vie­le feh­ler und unsin­nig­kei­ten, bis­her noch so gut wie nichts geschafft von den gro­ßen zie­len)
  • Auto­de­sign: Hübsch gefähr­lich | ZEIT ONLINE – Burk­hard Straß­mann über die – vor allem für ande­re Ver­kehrs­teil­neh­mer, d.h. Fuß­gän­ger und Rad­fah­re­rin­nen – gefähr­li­che „Ver­pan­ze­rung“ der Autos durch die Design­ent­wick­lun­gen der letz­ten Jahre/​Jahrzehnte, die immer schlech­te­re Sich­ten für PKW-Fah­rer pro­du­zie­ren
  • Das gros­se Uni­ver­sum | Schrö­der & Kalen­der – rai­nald goetz über jörg schrö­der, die bun­des­re­pu­blik, das leben und die welt – ein eigent­lich für den spie­gel 1984 geschrie­be­ner text, dort nicht gedruckt, hier von schrö­der & kalen­der der mit- und nach­welt über­lie­fert

    In Wirk­lich­keit erlebt jeder vie­len, täg­lich Neu­es. Wei­ter­ge­ge­ben jedoch, berich­tet, erzählt, schrum­peln die meis­ten Leben auf ein trost­los Alt­be­kann­tes zusam­men. Ein­fach weil es so schwie­rig ist, sich selbst zu glau­ben, dem, was man sieht, was man denkt. Und beim Zuhö­ren, noch mehr beim Lesen von Schrift gewor­de­nem erzähl­tem Leben befällt einen mani­sche Trau­rig­keit, Schwä­che, gro­ßes Matt­sein und Schmerz.

    Schrö­ders Erzäh­len hin­ge­gen belehrt einen auf eine unschlag­bar unter­halt­sa­me, wahr­haft komi­sche Wei­se, wie genau die Radi­ka­li­tät aus­sieht, die vom eige­nen mick­rigs­ten Küm­mer­lich­keits­eck­chen genau­so unspek­ta­ku­lär spricht wie vom eige­nen Grö­ßen­wahn, und wie genau an die­sem Punkt, wo alle Ent­lar­vungs- und Selbst­ent­lar­vungs­ab­sich­ten längst zu nicht ver­glüht sind, das Ich explo­diert ins tröst­lich Unbe­son­de­re, All­ge­mei­ne, Ver­wech­sel­ba­re.

  • Sachal Stu­di­os‘ Take Five Offi­ci­al Video – nimm fünf! – genia­le cover­ver­si­on des dave brubeck/​paul des­mond-klas­si­kers „take five“ mit dem paki­sta­ni­schen sachal stu­dio orches­tra
  • Debat­te um Flücht­lin­ge: Deut­sche Wer­te mani­pu­liert – Kolum­ne – SPIEGEL ONLINE – die neue kolum­ne von mar­ga­ret sto­kow­ski beim spie­gel-online fängt gut an

    Wie hal­ten es die­se Flücht­lin­ge mit der Gleich­stel­lung Homo­se­xu­el­ler? Und respek­tie­ren sie die Rech­te der Frau­en? Aus­ge­rech­net Kon­ser­va­ti­ve machen sich dar­über jetzt gro­ße Sor­gen – dabei waren ihnen die­se The­men bis­her herz­lich egal.

  • dichterlesen.net – inter­es­san­tes archiv, mit span­nen­den fund­stü­cken und gro­ßem ent­de­ckungs­po­ten­zi­al …

    Dichterlesen.net ist ein gemein­sa­mes Pro­jekt des Lite­ra­ri­schen Col­lo­qui­ums Ber­lin (LCB) und des Deut­schen Lite­ra­tur­ar­chivs Mar­bach (DLA) und seit dem 3. Okto­ber 2015 online. Gemein­sam haben es sich die koope­rie­ren­den Ein­rich­tun­gen zum Ziel gesetzt, ihre Ver­an­stal­tungs­mit­schnit­te aus einem hal­ben Jahr­hun­dert deut­scher und inter­na­tio­na­ler Lite­ra­tur­ge­schich­te der Öffent­lich­keit zugäng­lich zu machen.
    Das Herz­stück des Pro­jek­tes bil­det das Online-Ton­ar­chiv, in wel­chem die Audio-Auf­nah­men lite­ra­ri­scher Ver­an­stal­tun­gen (u.a. Lesun­gen, Dis­kus­sio­nen, Werk­statt­ge­sprä­che und Col­lo­qui­en) der betei­lig­ten Insti­tu­tio­nen welt­weit zum kos­ten­frei­en Nach­hö­ren ange­bo­ten wer­den.

  • Oli­ver Maria Schmitt Pos­ch­ardts Kin­der | TITANIC – Das end­gül­ti­ge Sati­re­ma­ga­zin – oli­ver maria schmitt rech­net mit dem welt-feuil­le­ton ab – sehr tref­fend, sehr gemein & sehr gut:

    »Sprin­ger­ju­gend« nann­te die lin­ke Lügen­pres­se sei­ne Boys und Girls. »Hit­lers Kin­der«, so sann es in Pos­ch­ardts Polo, so nann­te man doch frü­her mal sozu­sa­gen meta­pho­risch die Dep­pen von der RAF. Kohls Kind, das war er im Prin­zip selbst. Und Mer­kels Kin­der, die schrie­ben ihm jetzt das Feuil­le­ton voll. Die ehe­mals von den Lin­ken mono­po­li­sier­te Pro­test- und Ran­da­lier­ges­te war nun im rech­ten Main­stream ange­kom­men, ana­ly­sier­te der Dr. die Gesamt­la­ge auf den Stra­ßen von Groß­ber­lin. Und recht eigent­lich waren es doch sei­ne Kin­der. Ja, das war die Pos­ch­ardt­ju­gend, haha! Flink wie Schoß­hun­de, zäh wie Nap­pa­le­der und hart wie die Kron­kor­ken von Club-Mate.

  • Vor­wür­fe gegen von der Ley­en: Unge­le­se­ne Dok­tor­ar­bei­ten? – sehr gute ein­ord­nung von jür­gen kau­be über das pro­mo­ti­ons­we­sen in deutsch­land, for­schung, qua­li­fi­ka­ti­on, lesen und schrei­ben …
  • NSU ǀ Gehei­me Kommunikation—der Frei­tag – der „Frei­tag“ über hin­wei­se und indi­zi­en, dass der baden-würt­tem­ber­gi­sche nsu-aus­schuss der exe­ku­ti­ve – die er kon­trol­lie­ren soll – hin­wei­se auf aus­sa­gen und hin­weis­ge­ber wei­ter­ge­ge­ben hat.
  • Der Biblio­the­kar als Gate­kee­per der Wis­sen­schaft | KSW Blog – micha­el kno­che, direk­tor der her­zo­gin-anna-ama­lia-biblio­thek in wei­mar, über die not­wen­dig­keit, auch heu­te unter bedi­nun­gen zumin­dest teil­wei­ser elek­tro­ni­scher publi­ka­ti­on, in for­schungs­bi­blio­the­ken noch/​weiter samm­lun­gen auf­zu­bau­en
  • Wider die Akten­gläu­big­keit! Eine Lehr­stun­de bei Egon Bahr | Akten­kun­de – die „Akten­kun­de“ über das dif­fi­zi­le zusam­men­spiel von akten und memoi­ren von poli­ti­kern, inter­es­sant dar­ge­stellt anhand egon bahrs:

    Quel­len­kri­tisch ist das natür­lich ein Pro­blem, denn Zir­kel­schlüs­se dro­hen. Vor allem müs­sen His­to­ri­ker in der Lage sein, die den “Erin­ne­run­gen” zugrun­de­lie­gen­den Unter­la­gen akten­kund­lich ein­zu­schät­zen. Dazu erteilt Bahr in sei­nen Memoi­ren eine Lehr­stun­de: 1968 führ­te er als Pla­nungs­stabs­chef des Aus­wär­ti­gen Amts in Wien ein ver­trau­li­ches Son­die­rungs­ge­spräch mit dem pol­ni­schen Geschäfts­trä­ger in Öster­reich, Jer­zy Racz­kow­ski. Um die­ses Gespräch in sei­nen Memoi­ren dar­zu­stel­len, hat­te Bahr in einem sel­te­nen Glücks­fall nicht nur sei­nen eige­nen Gesprächs­ver­merk zur Hand, son­dern auch den sei­nes pol­ni­schen Gegen­übers.

  • Apfel­ern­te: Ohne Streu­obst­wie­sen kei­nen Apfel­wein
  • Rebuil­ding Berlin’s Stadt­schloss is an Act of His­to­ri­cal White­washing | The May­bach­ufer – sehr rich­tig (und pas­siert lei­der nicht nur in ber­lin):

    By rebuil­ding the Stadt­schloss in place of the Palast der Repu­blik, Ber­lin is air­brushing its own histo­ry. East Ger­ma­ny hap­pen­ed. Phy­si­cal­ly remo­ving the evi­dence of it from the heart of Ber­lin, repla­cing it with what was the­re befo­re, pre­ten­ding it was never the­re, is disin­ge­nuous and it is dan­ge­rous.

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  • Was hin­ter­lässt Gün­ter Grass?: Olymp der Old Boys – taz.de – mar­le­ne stre­eru­witz blickt kri­tisch aus Gün­ter Grass und sein poli­ti­sches Enga­ge­ment zurück:

    Wenn die sozia­le Gerech­tig­keit am Ende doch par­tei­isch gedacht war. Die Moral zer­bricht an so einem Wider­spruch. Das kam wohl auch daher, dass die­se Gene­ra­ti­on von kri­ti­schen Söh­nen sich auf einem Olymp der Mora­li­tät wähn­ten und dort blei­ben woll­ten. Aber unge­stört. Statt also den Olymp zu demo­kra­ti­sie­ren, wur­de die deut­sche Kul­tur zu einem der vie­len old boys clubs, wie sie die Welt immer schon beherrsch­ten. Sol­che Per­so­nen haben viel ver­än­dert und am Ende dann wie­der gar nicht so viel.

  • Die Geschich­te offen­hal­ten (jun­ge Welt) – ingar sol­ty & enno stahl dia­gnos­ti­zie­ren die gesell­schaft­li­che Bedeu­tungs­lo­sig­keit der Lite­ra­tur und machen Vor­schlä­ge, wie sich das ändern lie­ße

    Die­se sozia­len und öko­no­mi­schen Dis­so­nan­zen müs­sen sich in der Lite­ra­tur nie­der­schla­gen, die mons­trö­se Asym­me­trie des Lebens, Momen­te der Schön­heit neben Aus­brü­chen ata­vis­ti­scher Grau­sam­keit, die Ver­stri­ckun­gen des ein­zel­nen im gro­ßen Gan­zen, gera­de wenn er oder sie sich her­aus­zu­hal­ten sucht. Die Lite­ra­tur muss sagen, was Sache ist, muss doku­men­tie­ren, nach­hal­tig auf­be­wah­ren und damit ankla­gen, wel­che Ver­hee­run­gen sich ereig­net haben und wer die Ver­ur­sa­cher sind

  • Mara Gen­schel: Die Erha­ben­heit des Tesa­films | ZEIT ONLINE – Micha­el braun über die wun­der­ba­re und span­nen­de Lyri­ke­rin mara gen­schel
  • Mau­er­fall: Schab­ow­ski-Zet­tel soll gestoh­len wor­den sein – Poli­tik – Süddeutsche.de – Mehr als 20 Jah­re lang galt der Notiz­zet­tel von Gün­ter Schab­ow­ski für die Pres­se­kon­fe­renz, die den Mau­er­fall aus­lös­te, als ver­schol­len. Dann tauch­te er bei der Stif­tung „Haus der Geschich­te“ auf. Schab­ow­skis Ehe­frau erhebt schwe­re Vor­wür­fe gegen Bekann­te.
  • Don’t make bicy­clists more visi­ble. Make dri­vers stop hit­ting them. – The Washing­ton Post – eben weiss hat zwar die usa im blick, sei­ne argu­men­te (etwa in bezug auf die helm­pflicht für rad­fah­rer) las­sen sich aber pro­blem­los auf euro­pa & deutsch­land über­tra­gen:

    Effec­tively, we’ve lost equal access to the public road­ways unless we’re wil­ling and able to foot the hef­ty bill for a car. Ins­tead, what we have is an infra­struc­tu­re opti­mi­zed for pri­va­te vehic­les and a nati­on of sub­si­di­zed dri­vers who balk at the idea of sub­si­di­zing any other form of tran­sit, and who react to a par­king ticket as though they’ve been cru­ci­fied.

  • Blitz­ma­ra­thon: Rasen und wit­zeln – Welt – Tages­spie­gel – inter­es­san­ter ver­gleich:

    Die Römer hiel­ten Gla­dia­to­ren­kämp­fe, also das, was wir heu­te Bar­ba­rei nen­nen, für Spie­le. In einer spä­te­ren Zivi­li­sa­ti­on wird man womög­lich auf uns zurück­bli­cken und sich fra­gen, war­um wir die Bar­ba­rei auf unse­ren Stra­ßen für Sport gehal­ten haben.

  • Der Wort­van­da­le – taz.de – jens uthoff wür­digt rolf die­ter brink­mann zu sei­nem 75. geburts­tag:

    Brink­mann woll­te die unge­fil­ter­te Wirk­lich­keit dar­stel­len, einen unver­mit­tel­ten, ers­ten Ein­druck der Din­ge wie­der­erlan­gen und sprach­lich for­mu­lie­ren.[…]
    Brink­mann ist als Poet, des­sen gro­ßes The­ma Ent­frem­dungs­er­fah­run­gen, die Wahr­neh­mung und das Bewusst­sein waren, noch immer aktu­ell: Die Media­ti­sie­rung ist vor­an­ge­schrit­ten; die Erfah­run­gen sind noch weni­ger als zu Brink­manns Zei­ten unmit­tel­ba­re. Mehr noch: Die media­le Ver­wer­tung des Augen­blicks muss heu­te stets mit­ge­dacht wer­den, erst das Sel­fie dient dazu, uns unse­rer selbst zu ver­si­chern. Und auch sein Stram­peln und Schla­gen „gegen die Sub­jekt­ver­drän­gung“ (Hand­ke), gegen die Ver­ding­li­chung und den Ver­lust natür­li­cher Lebens­wel­ten spie­gelt stets aktu­el­le mensch­li­che Grund­kon­flik­te oder fort­lau­fen­de Pro­zes­se.

  • Die Grün­de, bit­te | law blog – udo vet­ter

    Hier sind nach wie vor die Befür­wor­ter der Spei­che­rung in der Pflicht nach­zu­wei­sen, dass eine Ein­schrän­kung der Bür­ger- und Frei­heits­rech­te über­haupt einen Nut­zen bringt, der den wei­te­ren Aus­ver­kauf des Grund­ge­set­zes und euro­päi­scher Wer­te­stan­dards ver­schmerz­bar erschei­nen lässt.
    Wenn ich schon Ver­zicht üben und künf­tig in einem ande­ren Staat leben soll, der mich als poten­zi­ell Ver­däch­ti­gen beha­nelt, dann möge man mir bit­te plau­si­bel erklä­ren, war­um.

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  • 70. Geburts­tag des Autors Jörg Fau­ser: Er war der Champ – taz.de – ambrow waibel über­legt in der taz, war­um das fau­ser so uncool und ein „lite­rat der loser“ war, aber trotz­dem ein tol­ler autor:

    Das Gro­ße an Fau­ser – SPD-Mit­glied – ist, dass er nie auf­ge­hört hat, mit allem, was er auf­brin­gen konn­te, danach zu stre­ben, sei­ne Schmer­zen zu popu­la­ri­sie­ren. Dar­aus ent­stan­den Geschich­ten: über die, die unten sind, über die, die in der Mit­te sind – und zu denen ganz oben wäre er auch noch gekom­men: Er war­te noch auf den gro­ßen deut­schen Mana­ger­ro­man, hat er 1984 im Fern­se­hen gesagt.

    Das Uncoo­le an Fau­ser war, dass er, als er es ab 1968 und fol­gend woll­te, nicht dazu­ge­hö­ren konn­te zu den Coo­len und Schö­nen sei­ner Gene­ra­ti­on. Das Uncoo­le war, dass er sich die­ser Zurück­wei­sung nicht durch die demü­ti­ge Flucht ins Pri­vat­le­ben, in den Suff oder in den Rei­se­teil ent­zog, son­dern dar­auf beharr­te, ein Schrift­stel­ler zu sein. Der ganz unver­fro­ren auf ein Lese­pu­bli­kum setz­te, das sich nichts vor­schrei­ben ließ.

  • Mythen ǀ Alles Gute, Macker!—der Frei­tag – kat­ja kull­mann über jörg fau­ser, der am 16. juli 70 jah­re alt gewor­den wäre:

    Jörg Fau­ser, der schmäch­ti­ge Hes­se mit der hit­zi­gen Abnei­gung gegen Trend­phä­no­me­ne, hat in die­sem Zusam­men­hang ein post­hu­mes Pro­blem: Er wird heu­te ganz über­wie­gend als Macker rezi­piert – bezie­hungs­wei­se miss­ver­stan­den.

  • Debat­te Über­wa­chung in Deutsch­land: Völ­ker­recht im Glas­fa­ser­ka­bel – taz.de – andre­as fischer-lesca­no:

    Die unver­hält­nis­mä­ßi­gen Über­wa­chungs­maß­nah­men der NSA sind völ­ker­rechts­wid­rig.

    des­halb for­dert er:

    Ent­we­der wir ver­lie­ren uns in trans­at­lan­ti­schen Vor­wür­fen über Spio­na­ge und Geheim­nis­ver­rat. Oder aber wir wid­men uns end­lich dem Wesent­li­chen: der demo­kra­ti­schen Selbst­ver­ge­wis­se­rung über die Gren­zen und Mög­lich­kei­ten der Frei­heit des Inter­nets.

    Die­se Dis­kus­si­on kön­nen wir aber nicht im natio­na­len Rah­men allei­ne füh­ren. Nur wenn wir die Infra­struk­tur des glo­ba­len Rechts nut­zen, wer­den wir wirk­sa­me Siche­run­gen für unse­re Frei­heits­räu­me ent­wi­ckeln kön­nen.

  • Iden­ti­täts­kon­su­mis­mus | Lesen was klü­ger macht – georg seeß­len:

    Den Iden­ti­täts­kon­su­mis­mus hat wohl kei­ne Unter­hal­tungs­in­dus­trie die­ser Welt, nicht ein­mal die US-ame­ri­ka­ni­sche, so per­fek­tio­niert wie die deut­sche. Schla­ger­mu­sik, Trach­ten­mo­de, Volks­fes­te, Event­dra­ma­tur­gie, Fern­seh­se­ri­en, Sport und Mar­ken­zei­chen, sogar Autos und T‑Shirts, sind einem neu­en Iden­ti­täts­mar­ke­ting unter­wor­fen. Im Iden­ti­täts­mar­ke­ting tref­fen sich die ursprüng­lich als Wider­sprü­che agie­ren­den Kräf­te der Super­fle­xi­bi­li­sie­rung und der Event­öko­no­mie mit den fik­ti­ven Kon­ti­nui­täts­kon­struk­tio­nen und der Sehn­sucht nach der ver­lo­re­nen Iden­ti­tät. Dabei wird eine Men­ge Geld umge­setzt. Und eine Men­ge Träu­me gehen ver­lo­ren. Klingt „Schland“ nicht nach einem ver­dammt komisch-trau­ri­gen Abge­sang auf Hei­mat? Der Iden­ti­täts­kon­su­mis­mus trägt die Selbst­ver­ach­tung in sich.

  • Twit­ter /​Things4Strings: „Sounds of Sum­mer“ via Anne … – wun­der­bar! RT @Things4Strings: „Sounds of Sum­mer“ via Anne Aki­ko Mey­ers
  • Umfäng­lich geschei­tert (epic fail) III: Fahr­rad­fah­rer | Rep­ti­li­en­fonds – epic fail 3 by jakob hein:

    War­um gibt man sich die Mühe, das Schloss mit einem Schlüs­sel zu öff­nen und es dann so mit einem Pol­ler zu ver­bin­den? Soll der Pol­ler die sanf­te Umar­mung der Plas­ti­kum­man­te­lung des Schlos­ses spü­ren? Oder möch­te man der Poli­zei im Ver­si­che­rungs­fall sagen kön­nen, man habe alles getan?

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Ins Netz gegangen (27.11.)

Ins Netz gegan­gen am 27.11.:

  • Chro­nist sei­nes Lebens und sei­ner Epo­che: Zum Tod von Peter Kurz­eck – Lite­ra­tur Nach­rich­ten – NZZ.ch – Roman Bucheli weist in sei­nem Peter-Kurz­eck-Nach­ruf in der NZZ sehr rich­tig dar­auf hin, dass die Lebens­er­in­ne­rungs­be­schrei­bung allei­ne nicht das Ent­schei­den­de für die Grö­ße des Kurz­eck­schen Werks ist:

    Nicht Prousts gepfleg­te «mémoi­re invo­lon­tai­re» hat ihn umge­trie­ben, son­dern die pani­sche Angst, das Ver­lo­re­ne und Ver­gan­ge­ne im Ver­ges­sen noch ein­mal preis­ge­ben zu müs­sen. Er über­liess sich nicht dem Strom der Erin­ne­rung, son­dern brach­te sie, mit Nabo­kov, noch ein­mal und – so die uner­füll­ba­re Hoff­nung – lücken­los zum Spre­chen.
    […]
    Kurz­eck heg­te noch ein­mal, als hät­te es die Bruch­stel­len der Moder­ne und die neu­en For­men des Erzäh­lens nie gege­ben, den Traum von einem Gan­zen, das sich im lite­ra­ri­schen Kunst­werk nach­bil­den lässt. Er moch­te dabei auch nicht etwa auf das rhe­to­ri­sche Mit­tel ver­trau­en, dass im Teil das Gan­ze ent­hal­ten sein kön­ne, son­dern nahm sein Ver­fah­ren auf eine gera­de­zu bra­chia­le Wei­se wört­lich: Die Zeit soll­te im erzähl­ten Werk gleich­sam mass­stab­ge­recht noch ein­mal erste­hen. Er stand dar­um Bal­zac näher als Proust, und die deut­schen Erzäh­ler des 19. Jahr­hun­derts waren ihm min­des­tens eben­so ver­traut wie sei­ne an raf­fi­nier­ten Erzähl­tech­ni­ken geschul­ten Zeit­ge­nos­sen.

  • Tod im Neben­satz – taz.de – Jan Süsel­becks klu­ger Nach­ruf auf Peter Kurz­eck in der taz:

    In der Melan­cho­lie die­ser Proust’schen Dau­er­me­di­ta­ti­on, die zu sei­ner Mar­ke wur­de und ihm einen Platz in der Lite­ra­tur­ge­schich­te sicher­te, ging es Kurz­eck aber gar nicht um kon­kre­te Orte. Er war kein Regio­nal- oder gar Hei­mat­schrift­stel­ler. Kurz­eck träum­te sich in einen ganz eige­nen Sound des Den­kens und Schrei­bens hin­ein, in eine detail­ver­ses­se­ne, musi­ka­lisch vor sich hin kon­tra­punk­tie­ren­de Ästhe­tik der Pro­vinz, die tat­säch­lich alles ande­re als pro­vin­zi­ell war. Kurz­eck war auf der Suche nach uto­pi­schen Orten, die hät­ten exis­tie­ren kön­nen

  • Die Wahr­heit über die Wahr­heit: Archi­tek­tur­ge­schich­te (ganz) kurz gefasst – für so etwas muss man das Inter­net doch lie­ben: Archi­tek­tur­ge­schich­te (ganz) kurz gefasst (wirk­lich ganz kurz …)
  • Nach­ruf Peter Kurz­eck: Die gan­ze Zeit erzäh­len, immer | ZEIT ONLINE – Ein sehr anrüh­ren­der, inten­si­ver und lie­be­vol­ler Nach­ruf von Chris­toph Schrö­der:

    Der Tod von Peter Kurz­eck ist das Schlimms­te, was der deutsch­spra­chi­gen Lite­ra­tur seit vie­len Jah­ren pas­siert ist./

  • Koali­ti­ons­ver­trag: Der Kern des Net­zes – Tech­nik & Motor – FAZ – Da hat Micha­el Spehr wohl recht:

    Netz­neu­tra­li­tät eig­net sich also bes­tens als Lack­mus­test für Netzkompetenz./

    Und lei­der gibt es kaum Poli­ti­ker (und Mana­ger) in ent­spre­chen­den Posi­tio­nen, die den Test bestehen …

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