Lesen. Hören. Und ein bisschen schreiben.

Schlagwort: bayreuth

Ins Netz gegangen (12.9.)

Ins Netz gegan­gen am 12.9.:

  • Elke Hei­den­re­ich im Lit­er­atur­club: Die Ver­luderung der Kri­tik | NZZ → der lit­er­aturkri­tik­er der nzz, roman buche­li, hält wenig von der momen­ta­nen fernseh-lit­er­atur-kri­tik:

    Dort die Brüll-Kri­tik, hier die Schleim-Kri­tik, bei­des müsste man nicht ernst nehmen, wäre die Wirkung nicht so ver­heerend, denn die Kri­tik selb­st wird damit beschädigt. Das alles ist umso beden­klich­er, als es aus­gerech­net öffentlich-rechtliche Rund­funkanstal­ten sind, die unter dem Vor­wand, Lit­er­aturkri­tik zu betreiben, sie kor­rumpieren und der Ver­luderung preis­geben. Das ist kein Ser­vice pub­lic, son­dern öffentliche Selb­st­de­mon­tage.

  • Rad fahren in Gronin­gen: Was passiert wenn alle Rad­fahrer ein­er Kreuzung gle­ichzeit­ig grün haben? | RBNSHT → schöne idee/versuch in gronin­gen: an ein­er kreuzung gibt es eine phase, in der alle rad­fahrer aus allen/in alle rich­tun­gen gle­ichzeit­ig grün haben. und es funk­tion­iert …
  • Schuld ist nicht die Dig­i­tal­isierung — Fre­i­t­ext → ein etwas wehmütiger “nachruf” auf die bib­lio­theken, der lei­der in sehr vie­len punk­ten recht hat

    „Tre­ff­punk­te des Aus­tausches, Orte der Begeg­nung“ – so, heißt es auf der Web­site der Zen­tral­bib­lio­thek Berlin, sollen Bib­lio­theken heute sein. Habe ich irgend­was falsch ver­standen? Ich will in der Bib­lio­thek nie­man­dem begeg­nen. Ich will mich auch nicht aus­tauschen, wenn ich in die Bib­lio­thek gehe. Ich will mich an einen stillen Ort begeben, an dem jemand sich ein kluges Sys­tem aus­gedacht hat, in dem Büch­er und andere Medi­en geord­net beieinan­der ste­hen.

  • The myth of the well-admin­is­tered Ger­man city – Homo Lud­di­tus → schön­er blog­post, der am beispiel der baden-würt­tem­ber­gis­chen stadt leon­berg zeigt, wie mis­er­abel es um das öffentliche bauwe­sen in deutsch­land ste­ht (vor allem was die aufsicht/kontrolle von baustellen ange­ht — da muss ich vol­lends zus­tim­men), und wie wenig die städtis­che ver­wal­tung dort (und wieder: das ist ein typ­is­ches phänomen) dem ruf der deutschen effizienz und ord­nung entspricht
  • Auto: Voll outo!? | Zeit → der großar­tige burkhard straß­mann über die mobil­ität von jun­gen leuten und ihre (ange­bliche) abkehr vom auto(besitz)

    Der Mul­ti­modal-Surfer gleit­et in Out­doorhose und Trekkingschuhen durch den urba­nen Dschun­gel, schnell, flex­i­bel und ele­gant, und ist dabei stets mit Leuten über sein Smart­phone ver­net­zt. Alles, was sich bewegt, kann seinem Fortkom­men dienen, U‑Bahn, Taxi, Fahrrad oder Miet­fahrrad, Mut­ters Polo, Mit­fahrgele­gen­heit­en, der Flixbus oder das Long­board.

  • Wahlplakate in der Weimar­er Repub­lik (1919 — 1933) → eine samm­lung von wahlplakat­en, gut auf­bere­it­et und zugänglich
  • „Spitzen­man­ag­er sind da nur arme Schluck­er“ | der Fre­itag → gutes inter­view mit dem elitenforscher=soziologe michael hart­mann über eliten, reich­tum, macht und auf­stiegsmöglichkeit­en
  • Haenchen: Par­si­fal „nochmal richtig machen“ | fest­spiele­blog → ein span­nen­des inter­view mit hart­mut haenchen, dem diri­gen­ten des diesjähri­gen “par­si­fal” bei den bayreuther fest­spie­len, unter anderem über tex­tkri­tis­che fra­gen der wag­n­er-par­ti­tur und das arbeit­en in bayreuth

Bayreuth-Notizen 2016

Eine ganze Woche war ich dieses Jahr in Bayreuth bei den Bayreuther Fest­spie­len. Eine volle Ladung Wag­n­er also: Den kom­plet­ten Ring und den Par­si­fal kon­nte ich sehen und hören, dazu noch die Vil­la Wah­n­fried und das dor­tige Richard-Wag­n­er-Muse­um. Damit ist mein Bedarf fürs Erste mal wieder gedeckt …

Aber es war eine tolle Erfahrung, nach mein­er bish­eri­gen ein­ma­li­gen Stip­pvis­ite (wo ich nur zu ein­er Vorstel­lung kam und direkt danach in der Nacht wieder nach Hause fuhr) mal die Fest­spiele so richtig zu erleben. Naja, was eben so richtig heißt … Bei mir hieß das: An- und Abreise mit dem Zug (hin hat das wun­der­bar rei­bungs­los geklappt, zurück war lei­der der erste Zug ab Bayreuth so ver­spätet, dass ich meine Anschlüsse nicht mehr schaffte), Über­nach­tun­gen in der Jugend­her­berge, die Fest­spiel­haus­be­suche ver­gle­ich­sweise under­dressed (keine klas­sis­che Abendgarder­obe …), dafür aber auch ver­gle­ich­sweise bil­lige Plätze im Balkon.

Der Aufen­thalt in der Jugend­her­berge, die nicht mehr ganz heuti­gen Ansprüchen entspricht (etwa: keine Schränke im Zim­mer, nur Spinde auf dem Flur; eine Dusche pro Flur für ca. 30 Bet­ten …), deren Nach­fol­ger direkt nebe­nan aber schon in Bau ist und im näch­sten Früh­jahr in Betrieb gehen soll, hat­te zwar kleinere Kom­fortein­bußen zur Folge, aber dafür einen großen Vorteil: Ich traf gle­ich dort einige andere Wag­ne­r­i­an­er. Genauer gesagt: Einen Englän­der, einen Japan­er, einen Russen und einen Lux­em­burg­er, die (fast) alle im Gegen­satz zu mir wesentlich überzeugtere Wag­ne­r­i­an­er (und Lieb­haber der Oper des 19. Jahrhun­derts über­haupt) waren. Die kos­mopoli­tis­che Zusam­menset­zung unseres kleinen Trup­ps führte dazu, dass ich zwar Werke des vielle­icht deutschesten aller deutschen Kom­pon­is­ten hörte und sah, son­st aber nahezu auss­chließlich englisch redete (und zum Schluss auch schon dachte). Eine sehr inter­es­sante und sehr bere­ich­ernde Erfahrung war es auf jeden Fall.

Aber zur Haupt­sache: Der Ring also. Die Insze­nierung von Frank Cas­torf hat ja nun schon einige Jahre auf dem Buck­el. Beliebter gewor­den ist sie dadurch beim Bayreuther Pub­likum nicht ger­ade. Das ist auch nicht nur Reflex und Faul­heit, son­dern liegt — ver­mute ich — zumin­d­est teil­weise an der Insze­nierung selb­st. Cas­torf hat näm­lich, kön­nte man sagen, ein­fach seine bewährte The­ater­meth­ode der Drama­tisierung großer Romane auf den Ring des Nibelun­gen ange­wandt. Das funk­tion­iert aber nur so halb­wegs, es kracht an allen Eck­en und Enden. Zum einen hat er für mich keine Idee, was der gesamte Ring eigentlich soll und (bedeuten) will. Zumin­d­est keine erkennbar. Ja, es gibt das Motiv des Öls, das irgend­wie das neue Rhein­gold ist (ger­ade im Rhein­gold_wird das recht stark gemacht). Aber das bleibt eine Idee unter vie­len, die nicht kon­se­quent umge­set­zt ist und in der Göt­ter­däm­merung nur noch eine ferne Erin­nerung ist. (Zumal ist die Idee auch zwanzig bis vierzig Jahre zu spät — heute ist Öl ja nicht (mehr) unbe­d­ingt das wertvoll­ste, da sind Dat­en inzwis­chen viel wichtiger …)

Mein Prob­lem mit der Cas­torf-Insze­nierung als Ganz­er war aber — neben vie­len, vie­len Details, die mir ver­schlossen blieben — ein Grund­sät­zlich­es: Mir scheint, Cas­torf hat nicht das Musik­the­ater­w­erk insze­niert, son­dern den Text gele­sen und damit gear­beit­et. Zwis­chen Musik und Bühne gibt es eigentlich kein­er­lei Verbindung (dass der Diri­gent Marke Janows­ki die Insze­nierung für Unsinn hält, mag da mit eine Rolle spie­len). Vor allem aber passt meines Eracht­ens das The­aterkonzept Cas­torfs (das an sich dur­chaus sehr inter­es­sant ist!) nicht zum Wag­n­er­schen Musik­the­ater. Die Büh­nen­bilder, die Aktio­nen und vor allem die Videos, die nicht nur Live-Über­tra­gun­gen des Büh­nengeschehens, son­dern auch vor­fab­rizierte Ein­spiel­er sind, dazu das Orch­ester, die Sänger und Sän­gerin­nen und der Text: Das alles auf ein­mal lässt sich nicht ver­ar­beit­en, geschweige denn deu­tend entschlüs­seln. Ich befand mit im per­ma­nen­ten Über­forderungsmodus, der Über­fluss an Zeichen und Bedeu­tun­gen führte zur Kapit­u­la­tion …

So span­nend das in eini­gen Momenten ist, so großar­tig die Büh­nen­bilder sind — so richtig aufnehmen und genießen kon­nte ich das nicht. Zumin­d­est nicht beim ersten Sehen und Hören. Das Hören war lei­der auch nicht eines, das mich zu absoluten Begeis­terungstür­men hin­risse. Ja, die Qual­ität aller Beteiligten ist hoch. Aber Janowskis Diri­gat zün­dete für mich nicht so richtig toll. Das lag zum einen an der bere­its ange­sproch­enen Diver­genz zwis­chen Bühne und Musik, zum anderen an einem selt­samen Phänomen: An jedem Abend begann Janows­ki recht schwach, steigerte sich aber zum Schluss hin regelmäßig. Und vielle­icht auch vom Rhein­gold zur Göt­ter­däm­merung hin noch ein­mal. Am stärk­sten ist es mir im Siegfried aufge­fall­en: Der Anfang bis unge­fähr zur Mitte des zweit­en Aktes klang sehr nach über­legter, fein­er, um Details und vor­sichtig-zurückgenommene Fein­heit und Bal­ance bemühter Orch­ester­ar­beit, die es auch den Sängern sehr leicht machen wollte. Irgend­wann schien er aber davon genug zu haben und gab sich der Emo­tion­al­ität und der Über­wäl­ti­gungskraft der Wag­n­er­schen Musik hin, als hätte er sich gesagt: Na gut, dann lasst uns halt mal Spaß haben …

Der Par­si­fal dage­gen, die diesjährige Neuin­sze­nierung des Wies­baden­er Inten­dan­ten Uwe-Eric Laufen­berg, war ein ganz anderes Erleb­nis. Musikalisch ließ er, das heißt vor allem: der einge­sprun­gene Diri­gent Hart­mut Haenchen, (fast) nichts zu wün­schen übrig, das war eine aus­ge­sprochen strin­gente, (auch zügige), gut entwick­elte und span­nende Arbeit, die er und das Orch­ester abliefer­ten. Zumal die vokale Beset­zung auch aus­ge­sprochen fein war: Der wirk­lich run­dum großar­tige, wun­der­bare, her­rliche Georg Zep­pen­feld als Gurne­manz, der sehr gute, jugendlich-starke Klaus Flo­ri­an Vogt als Par­si­fal und eben­falls auf höch­stem Niveau begeis­ternde Kundry von Ele­na Pankra­to­va.

Die Insze­nierung Laufen­bergs hat mich, wenn ich es auf einen Punkt brin­gen müsste, eher gelang­weilt — weil sie mich kaum her­aus­ge­fordert hat, son­dern eher zu deut­lich und zu plaka­tiv ihre Posi­tio­nen zeigte. Laufen­berg hat ja im Vor­feld kaum eine Gele­gen­heit aus­ge­lassen, allen zu verkün­den, wie großar­tig sein Konzept sei. Das beste­ht im Grunde aus der Idee, der Par­si­fal sei eine Kri­tik aller Reli­gio­nen. Das ist natür­lich so ein­fach Unsinn und führte zu eini­gen kuriosen Szenen auf der Bühne. Vor allem passierte auf der Bühne aber immer wieder das: Laufen­berg, so nahm ich es wahr, hat­te eine Idee für ein schönes Bild, ein Tableau. Dann hat er das etwas poli­tisch-reli­gion­skri­tisch aufge­laden. Und fer­tig ist die Par­si­fal-Insze­nierung (ok, das ist jet­zt etwas arg polemisch). Aber so manch­es Geschehen kon­nte ich mir nur so erk­lären. Und so manch­es wird unfass­bar plaka­tiv und kitschig. Und so manch­es wird unpassend, scheint mir mit der Par­ti­tur Wag­n­ers nicht in Ein­klang zu brin­gen. Das ist ja über­haupt ein Prob­lem, das mich zunehmend beschäftigt: Die Musik­er wer­den, was die Beschäf­ti­gung mit und Ausle­gung der Par­ti­turen ange­ht, immer kri­tis­ch­er und feinsin­niger — Haenchen zum Beispiel legte wohl viel Wert auf die unter­schiedlichen Aus­prä­gun­gen der Artiku­la­tion­sze­ichen wie Punkt, Strich oder Keil bei Wag­n­er. Die Bühne dage­gen nimmt sich immer mehr Frei­heit­en, erzählt ja oft eine ganz andere Geschichte, die nur noch punk­tuelle Über­schnei­dun­gen mit der Par­ti­tur hab. Das soll jet­zt keineswegs eine Ablehnung des Regi­ethe­aters sein, es ist nur ein Dilem­ma, aus dem ich kaum eine Lösung sehe …

Was noch?
Die Fes­ti­val-Atmo­sphäre ist in Bayreuth schon ziem­lich inter­es­sant. In der Stadt (die übri­gens nicht sehr groß, aber sehr hüb­sch ist) selb­st merkt man recht wenig von den Fest­spie­len. Auf dem grü­nen Hügel ist das natür­lich anders. Zum einen kom­men recht viele Besuch­er ziem­lich früh. Dann hat man in Bayreuth immer die Karten­such­er (für den Ring gab es immer prob­lem­los noch Karten zu ergat­tern, für den Par­si­fal war es fast unmöglich) und einen Schwarz­mark­thändler. Und das Pub­likum ist etwas kos­mopoli­tis­ch­er, etwas (nun ja, ziem­lich viel) formeller gek­lei­det als in den meis­ten deutschen The­atern.

Der Zaun (und auch wenn alle Medi­en etwas anderes behaupten): Das Fest­spiel­haus ist nicht eingezäunt gewe­sen. Lediglich die BÜhnene­ingänge waren davon betrof­fen. Und natür­lich war das “Sicher­heit­skonzept”, wie das heute so schön heißt, noch zu spüren. Von Konzept kann man allerd­ings kaum sprechen. Gut, der Sicher­heits­di­enst wachte ziem­lich genau darüber, dass nur Men­schen mit jew­eiliger Tage­sein­trittskarte Zugang zum Gebäude hat­ten. Die erhöhte Polizeipräsenz (da war sie ja schon immer, sie hat ja sog­ar eine eigene tem­poräre Wache in unmit­tel­bar­er Nach­barschaft) war aber in meinen Augen eher Augen­wis­cherei. An jedem Abend funk­tion­ierte das näm­lich anders: Manch­mal standen an den Aufgän­gen zwei oder drei Polizis­ten und schaut­en, manch­mal waren am über­dacht­en Gang vor dem Karten­büro noch einzelne Posten aufgestellt, manch­mal hat­ten sie Schutzwest­en, manch­mal nicht, bei der Göt­ter­däm­merung kon­trol­lierten sie plöt­zlich (ohne dass es, nach ihrer Aus­sage, einen speziellen Anlass gab) auch alle Hand­taschen der Damen am Beginn des Fes­ti­val­gelän­des — mir scheint, die Strenge der Kon­trolle unter­schied sich vor allem nach dien­sthaben­der Polizeiführungskraft erhe­blich. Aber sei’s drum, ein Gutes hat­te das ganze Bohei auf jeden Fall: Erst­mals gab es eine Gepäck­auf­be­wahrung, bei der man bequem seine Tasche mit Verpfle­gung für die lan­gen Abende deponieren kon­nte …

Ach ja, die Sitz­plätze in Bayreuth. Ich war durch­weg im Balkon. Für den Ring hat­te ich Karten in der fün­ften Rei­he — die Bayreuth-Ken­ner wis­sen, dass das keine nor­malen Sitz­plätze mehr sind, son­dern in Nis­chen nach hin­ten ver­steck­ten Sitze. Da wird es schön warm und stick­ig und die eigentlich aus­geze­ich­nete Akustik des Fest­spiel­haus­es wird doch auch etwas gedämpft, mit etwas Pech hat man auch noch eine Säule im Blick­feld. Zum Glück kon­nte ich aber für Siegfried und Göt­ter­däm­merung einige Rei­hen nach vorne rück­en, weil Plätze frei blieben — das war eine deut­liche Verbesserung der Akustik und des Kom­forts. Das lässt sich Bayreuth aber auch immer gut bezahlen, denn es gibt zwar bil­lige Plätze, aber sowie Sicht und Akustik etwas bess­er wer­den, steigen die Preise sehr schnell recht steil nach oben. Und für den Ring braucht man eben immer gle­ich vier Karten …

(Und natür­lich habe ich wieder mal keine Fotos gemacht …)

Was Bauern und Städter wirklich unterscheidet …

Was Bauern und Städter wirk­lich unter­schei­det …

, via Insta­gram

Ins Netz gegangen (20.7.)

Ins Netz gegan­gen am 20.7.:

  • «Dig­i­tal Human­i­ties» und die Geis­teswis­senschaften: Geist unter Strom — NZZ Feuil­leton — sehr selt­samer text von urs hafn­er, der vor allem wohl seine eigene skep­sis gegenüber “dig­i­tal human­i­ties” bestäti­gen wollte. dabei unter­laufe ihm einige fehler und er schlägt ziem­lich wilde volten: wer “human­i­ties” mit “human­wis­senschaften” über­set­zt, scheint sich z.b. kaum auszuken­nen. und was die verz­er­rende darstel­lung von open access mit den dig­i­tal human­i­ties zu tun hat, ist auch nicht so ganz klar. ganz abge­se­hen davon, dass er die fäch­er zumin­d­est zum teil fehlrepräsen­tiert: es geht eben nicht immer nur um close read­ing und inter­pre­ta­tion von einzel­tex­ten (abge­se­hen davon, dass e‑mailen mit den dig­i­tal human­i­ties unge­fähr so viel zu tun hat wie das nutzen von schreib­maschi­nen mit kittler’schen medi­en­the­o­rien …)
  • Lyrik: Reißt die Seit­en aus den Büch­ern! | ZEIT ONLINE — nette idee von thomas böhm, die lyrik zu vere­inzeln (statt in lyrik­bän­den zu sam­meln), das gedicht als optis­ches sprachkunst­werk zu ver­mark­ten (auch wenn ich seine argu­men­ta­tio­nen oft über­haupt nicht überzeu­gend finde)
  • Ein­sam auf der Säule « Lyrikzeitung & Poet­ry News — gute kri­tikkri­tik zur besprechung des aktuellen “Jahrbuchs für Lyrik” in der “zeit”, die auch mich ziem­lich ver­wun­dert hat.

    Unter­schei­dung, Alter­na­tiv­en, Schw­er­punk­t­set­zung? Fehlanzeige. Rez. zieht es vor, sich als scharfe Kri­tik­erin zu insze­nieren, jede Dif­feren­zierung schwächte das Bild nur. Lieber auf der Schul­ter von Riesen, hier neben Krüger, Benn & Co. vor allem Jos­sif Brod­sky, auf die behauptet magere deutsche Szene her­ab­blick­en. Ein­sam ist es dort oben auf der Säule!

  • Verkehrssicher­heit: Brun­ners let­zte Fahrt | ZEIT ONLINE — sehr inten­sive reportage von hen­ning susse­bach über die prob­leme der/mit altern­den aut­o­fahrern (für meinen geschmack manch­mal etwas trä­nen­drüsig, aber ins­ge­samt trotz­dem sehr gut geschrieben)

    Urlaub­szeit in Deutsch­land, Mil­lio­nen Reisende sind auf den Straßen. Da biegt ein 79-Jähriger in falsch­er Rich­tung auf die Auto­bahn ein – fünf Men­schen ster­ben. Ein Unglück, das zu ein­er brisan­ten Frage führt: Kann man zu alt wer­den fürs Aut­o­fahren?

  • Lyrik und Rap: Die härteste Gan­gart am Start | ZEIT ONLINE — uwe kolbe spricht mit mach one (seinem sohn) und kon­stan­tin ulmer über lyrik, raps, rhyth­mus und the­men der kun­st

    Dass ich mit meinen Gedicht­en kein großes Pub­likum erre­iche, ist für mich etwas, worunter ich sel­ten lei­de. Ich möchte das, was ich mache, auf dem Niveau machen, das mir vorschwebt. Dabei nehme ich auch keine Rück­sicht mehr. Ich gehe an jeden Rand, den ich erre­ichen kann.

  • Rainald Goetz: Der Weltab­schreiber | ZEIT ONLINE — sehr schöne und stim­mende (auch wenn das the­ater fehlt …) würdi­gung rainald goet­zes durch david hugen­dick anlässlich der bekan­nt­gabe, dass goetz diesjähriger büch­n­er-preis-träger wird

    Die einzige Reak­tion auf die Zudringlichkeit der Welt kann nur in deren Pro­tokoll beste­hen, die zugle­ich ein Pro­tokoll der eige­nen Über­forderung sein muss.

  • “Panora­mafrei­heit”: Wider den Urhe­ber­rechts-Extrem­is­mus — Süddeutsche.de — leon­hard dobusch zum ver­such, in der eu das urhe­ber­recht noch weit­er zu ver­schär­fen:

    Wir alle sind heute ein biss­chen wie Licht­en­stein oder Warhol. Wir erstellen und teilen ständig Fotos und Videos, in denen Werke ander­er vorkom­men. Zeit, dass das Urhe­ber­recht darauf einge­ht.

  • Stravinsky’s Ille­gal “Star Span­gled Ban­ner” Arrange­ment | Tim­o­thy Judd — ich wusste gar nicht, dass es von straw­in­sky so ein schönes arrange­ment der amerikanis­chen hmyne gibt. und schon gar nicht, dass die ange­blich ver­boten sein soll …
  • Essay Griechen­land und EU: So deutsch funk­tion­iert Europa nicht — taz.de — ulrich schulte in der taz zu griechen­land und der eu, mit vie­len sehr guten und tre­f­fend­en beobach­tun­gen & beschrei­bun­gen, unter anderem diesen

    Von CSU-Spitzenkräften ist man inzwis­chen gewohnt, dass sie jen­seits der bay­erischen Lan­des­gren­ze so dumpf agieren, als gössen sie sich zum Früh­stück fünf Weiß­bier in den Hals.
    […] Das Char­mante an der teils irrlichtern­den Syriza-Regierung ist ja, dass sie einge­spielte Riten als nackt ent­larvt.

  • Sich „kon­struk­tiv ver­hal­ten“ heißt, ernst genom­men zu wer­den | KRZYSZTOF RUCHNIEWICZ — Stel­lung­nahme ehe­ma­liger Mit­gliedern des Wis­senschaftlich Beraterkreis­es der (sowieso über­mäßig vom Bund der Vertreibenen dominierten) Stiftung Flucht, Vertrei­bung, Ver­söh­nung zur Farce der Wahl des neuen Direk­tors unter Kul­turstaatsmin­is­terin Moni­ka Grüt­ters
  • Kon­sum: Kleine Geschichte vom richti­gen Leben | ZEIT ONLINE — marie schmidt weiß nicht so recht, was sie von craft beer, handgeröstetem kaf­fee und dem ganzen zele­bri­erten super-kon­sum hal­ten soll: fetisch? rückbesin­nung alte handw­erk­liche werte? oder was?
  • Alle Musik ist zu lang — wun­der­bare über­legun­gen von diet­mar dath zur musik, der welt und ihrer philoso­phie

    Alle bere­its vorhan­dene, also aufgeschriebene oder aufgeze­ich­nete Musik, ob als Schema oder als wieder­gabefähige Auf­führung erhal­ten, ist für Men­schen, die heute Musik machen wollen, zu lang, das heißt: Das kön­nen wir doch nicht alles hören, wir wollen doch auch mal anfan­gen. Wie gesagt, das gilt nicht nur für die Werke, son­dern schon für deren Muster, Prinzip­i­en, Gat­tun­gen, Tech­niken.
    […] Musik hält die Zeit an, um sie zu ver­brauchen. Während man sie spielt oder hört, passiert alles andere nicht, insofern han­delt sie von Ewigkeit als Ereig­nis- und Taten­losigkeit. Aber bei­de Aspek­te der Ewigkeit, die sie zeigt, sind in ihr nicht ein­fach irgend­wie gegeben, sie müssen hergestellt wer­den: Die Ereignis­losigkeit selb­st geschieht, die Taten­losigkeit selb­st ist eine musikalis­che Tat.

  • Lit­er­atur­blogs are bro­ken | The Dai­ly Frown — fabi­an thomas attestiert den “lit­er­atur­blogs” “fehlende Dis­tanz, Gefall­sucht und Harm­losigkeit aus Prinzip” — und angesichts mein­er beobach­tung (die ein eher kleines und unsys­tem­a­tis­ches sam­ple hat) muss ich ihm lei­der zus­tim­men.
  • Inter­view ǀ „Ent-iden­ti­fiziert euch!“ — der Fre­itag — großar­tiges gespräch zwis­chen har­ald fal­ck­en­berg und jonathan meese über wag­n­er, bayreuth, kun­st und den ganzen rest:

    Ja, ich hab total auf lieb Kind gemacht. Ich merk­te ja schon, dass ich im Wag­n­er-Forum so als Mon­ster dargestellt wurde. Ich bin kein Mon­ster. Ich wollte das Ding nur radikalisieren. Ich hab auf nett gemacht und so getan, als wäre ich gar nicht ich selb­st. Was ich ja immer tue. Sei niemals du selb­st. Keine Selb­st­suche, bitte. Keine Pil­ger­fahrt. Keine Möncherei. Ich bin ein­fach wie ’n Spielkind da range­gan­gen, und ich dachte, jet­zt geht’s ab.
    […] Kul­tur ist genau­so beschissen wie Gegenkul­tur. Main­stream ist genau­so beschissen wie Under­ground. Kul­tur und Gegenkul­tur ist das Gle­iche. Poli­tik kannst du nicht mit Kul­tur bekämpfen. Son­dern nur mit Kun­st. Du kannst nicht eine neue Partei grün­den, weil sie genau­so scheiße ist wie jede andere. Du kannst keine neue Reli­gion grün­den, weil sie genau­so scheiße ist wie alle anderen. Du kannst keine neue Eso­terik schaf­fen, weil sie genau­so scheiße ist wie jede andere. Du kannst keine Spir­i­tu­al­ität schaf­fen, die bess­er wäre als alle anderen.
    Jede Partei ist gle­ich scheiße, jede Reli­gion ist gle­ich zukun­ft­sun­fähig, jede Eso­terik ist abzulehnen. Ich benutze Eso­terik, aber ich iden­ti­fiziere mich nicht damit. Ich iden­ti­fiziere mich nicht mit Wag­n­er, ich iden­ti­fiziere mich nicht mit Bayreuth, ich iden­ti­fiziere mich mit gar nichts.
    Ent-iden­ti­fiziert euch! Seid nicht mehr! Seid eine Num­mer! Seid endlich eine Num­mer!
    Das ist geil. Seid kein Name! Seid kein Indi­vidu­um! Seid kein Ich! Macht keine Nabelbeschau, keine Pil­ger­reise, geht niemals ins Kloster, guckt euch niemals im Spiegel an, guckt immer vor­bei!
    Macht niemals den Fehler, dass ihr auf den Trip geht, euch selb­st spiegeln zu wollen. Ihr seid es nicht. Es ist nicht die Wichtigtuerei, die die Kun­st aus­macht, son­dern der Dienst an der Kun­st. Die Kun­st ist völ­lig frei. Meine Arbeit, die ist mir zuzuschreiben, aber nicht die Kun­st. Die spielt sich an mir ab.

  • Eine Bemerkung zur Kom­pe­ten­zori­en­tierung by Fach­di­dak­tik Deutsch -

    »Fak­ten­wis­sen« kommt nicht zuerst, wenn Kom­pe­ten­zori­en­tierung ernst genom­men wird – Kön­nen kommt zuerst. Kom­pe­ten­zori­en­tierung bedeutet, die Ler­nen­den zu fra­gen, ob sie etwas kön­nen und wie sie zeigen kön­nen, dass sie es kön­nen. Weil ich als Lehren­der nicht mehr zwin­gend sagen kann, auf welchem Weg dieses Kön­nen zu erre­ichen ist. Dass dieses Kön­nen mit Wis­sen und Moti­va­tion gekop­pelt ist, ste­ht in jed­er Kom­pe­ten­zde­f­i­n­i­tion. Wer sich damit auseinan­der­set­zt, weiß das. Tut das eine Lehrkraft nicht, ist das zunächst ein­fach ein­mal ein Zeichen dafür, dass sie sich nicht mit Kom­pe­ten­zori­en­tierung beschäftigt hat. Fehlt diese Bere­itschaft, müssen zuerst die Voraus­set­zun­gen dafür geschaf­fen wer­den.

  • Essay zum UN-Weltkul­turerbe: Mord mit besten Absicht­en — taz.de -

    Und immer noch drän­geln die Städte, die Dör­fer, die Regio­nen, dass sie ja als Erste ein­bal­samiert wer­den. Wie die Län­der, die sich um Olymp­is­che Spiele bewer­ben, ohne sich klarzu­machen, dass sie damit ihren Unter­gang her­auf­beschwören wie Griechen­land mit Athen.

  • Wie man nicht für die Vor­rats­daten­spe­icherung argu­men­tiert | saschalobo.com — sascha lobo seziert den tweet von rein­hold gall. wie (fast) immer exzel­lent. schade (und mir unver­ständlich), dass solche texte in den großen, pub­likum­swirk­samen medi­en keinen platz find­en — warum ste­ht das nicht im print-spiegel, der gedruck­ten faz oder süd­deutschen?
  • Sex (und gen­der) bei der Fifa | Männlich-weib­lich-zwis­chen — ein schön­er text zum prob­lem der bes­tim­mung des geschlechts, des biol­o­gis­chen, wie es die fifa ver­sucht — näm­lich über den testos­teron-spiegel. mit dem (inzwis­chen erwart­baren) resul­tat: so kann man das jeden­falls nicht machen.

    an darf also ver­muten und hof­fen, dass auch diese Def­i­n­i­tion von sex zu sportlichen Zweck­en dem­nächst, wie bish­er alle anderen Def­i­n­i­tio­nen auch, als unbrauch­bar und absurd erweisen – aber wohl, eben­falls wie immer, erst zu spät.

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