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Tafel und Staat

Der “Spiegel” schreibt über die “Tafel”-Bewegung und ihre Prob­leme. Und er schafft es, das zen­tral­ste aller Prob­leme mit dieser Organ­i­sa­tion vol­lkom­men auszublenden: Ihre Notwendigkeit. Denn sollte es in einem der reich­sten Län­der der Welt nicht selb­stver­ständlich sein, dass der Staat, der dafür man­nig­faltige Instru­mente (die aus Abgaben der Bevölkerung bezahlt wer­den) zur Ver­fü­gung hat, eine grund­sät­zliche Lebenssicherung sein­er gesamten Bevölkerung und nicht nur der arbei­t­en­den gewährleis­ten? Das ist auch genau der Grund, warum ich die “Tafeln” — so ehren­wert sie im Einzel­nen sind — für die falsche Aktion halte: Die gnaden­volle und barmherzig Abgabe von “Rest”-Lebensmitteln an Bedürfti­gen — das ist ein Rück­fall ins katholis­che 19. Jahrhun­dert. Die richtige Lösung ist natür­lich der Anspruch auf entsprechende Ver­sorgungsleis­tun­gen, z.B. eben über aus­re­ichende Hartz-IV-Sätze. Dass der “Spiegel” das nicht merkt, halte ich für ziem­lich schwach — und typ­isch, denn dieser Punkt geht in der Diskus­sion immer wieder ver­loren.

Mancherorts über­nah­men die Wohltätigkeitsvere­ine Auf­gaben des Sozial­staats.

So heißt es dann auch noch — fast wie im Hohn — im “Spiegel”-Artikel, wenn es um Zusat­zleis­tun­gen der “Tafeln” wie Kur­sange­bote etc. geht. Mir bleibt fast die Sprache weg, wenn ich so etwas lese.

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Twitterlieblinge Januar 2014

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Fortschritt

  1. Bei uns im Ort haben sich langjährige Spon­soren aus der Wirtschaft aus der Unter­stützung der Tafel zurück­ge­zo­gen, sodass die Tafel plöt­zlich ohne aus­re­ichende finanzielle Deck­ung da ste­ht. Man kann in ein­er solchen Sit­u­a­tion dann den Stand­punkt vertreten, dass Tafeln ohne­hin ein falsches Konzept ver­wirk­lichen (ich sehe das prinzip­iell genau wie Du) – wir haben von Seit­en der Kom­mu­nalpoli­tik stattdessen den jährlichen Zuschuss deut­lich erhöht. Der Grund dafür ist, dass wir an der Bedürftigkeit der Tafelkun­den nichts ändern kön­nen, weil sie zum Beispiel geset­zlich auf ander­er Ebene erzeugt wird. Wir kön­nen auch nichts daran ändern, dass Wirtschaft­sun­ternehmen Prof­it höher werten als gesellschaftliche Ver­ant­wor­tung. Was wir kön­nen: einen Vere­in unter­stützen, dessen Notwendigkeit bit­ter ist, aber Real­ität. Dessen ehre­namtliche Mitar­beit­er konkret vor Ort helfen, statt über das Sys­tem ins­ge­samt zu lamen­tieren. – Dass neben­bei weit­er daran gear­beit­et wer­den sollte, dass Tafeln unnötig wer­den, ist klar – bis dahin ist aber ein weit­er Weg.

    • Die bit­tere Notwendigkeit der “Tafeln” sehe ich lei­der auch. Aber ich befürchte eben immer ein biss­chen, dass die Exis­tenz der Tafeln dazu ver­leit­et, das grund­sät­zliche Prob­lem nicht anzu­pack­en — das hat ja eine schein­bare Lösung. Ich weiß, dass ist sehr technologisch/systemisch gedacht und lässt das Leid der einzel­nen Men­schen erst ein­mal etwas außen vor. Mir ging es hier ja vor allem darum, die Notwendigkeit der Tafeln immer wieder anzuprangern. Und wenn ein Medi­um wie der “Spiegel” über die Prob­leme der Tafeln, die ver­mut­lich auch nicht geringer wer­den, schreibt, ohne auf den grundle­gen­den Miss­stand wenig­stens hinzuweisen, regt sich in mir eben ein­fach Unbe­ha­gen.

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