Viel­leicht ist es ein Natur­ge­setz, daß Leu­te die Richard Wag­ner nicht mögen, nur mit Leu­ten bekannt wer­den, die gleich­falls Richard Wag­ner nicht mögen. Ich ver­ste­he nichts von Musik, ich höre sie nur gern, auch habe ich nie­mals Nietz­sche gele­sen, aber ich kann mir ein­fach nicht vor­stel­len, daß man die Musik Wag­ners liebt. […] Hun­der­te von Men­schen, von jun­gen Men­schen beson­ders, haben mir das glei­che gesagt: daß sie die­se Musik als irgend­wo und irgend­wie falsch emp­fän­den, als pene­trant unfromm (ohne daß sie dabei frei und heid­nisch wäre), als ein­fach ver­däch­tig. […] Las­sen wir Wag­ner denen, die ihr natio­na­les Res­sen­ti­ment an dem Blech­pa­thos des »Ehrt Eure deut­schen Meis­ter« auf­fr­si­chen müs­sen (weil das ja ein­fa­cher ist, als die jun­gen deut­schen Meis­ter von Hin­de­mith bis Orff ver­ste­hen zu ler­nen).Alfred Andersch, Richard Wag­ner redi­vi­vus? (1947) [In: Alfred Andersch: Gesam­mel­te Wer­ke in zehn Bän­den. Band 8: Essay­is­ti­sche Schrif­ten I. Zürich: Dio­ge­nes 2004, S. 68ff.]